Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1942. május (89. évfolyam, 98-121. szám)

1942-05-01 / 98. szám

\ ■■ ■ 5 i % J 89. Jahrgang > ~J*trttapest, J*reitagr Iff42____________________________Nr. 98 ' - ________________________________ Verordnung über O RPEHI TIE W Tf JTkEiTlfEi Lashio Einschränkungen |S# Ha Ij WU RUf i 1 llf 11 geräumt rLoiLIi LLUIil - : MORGENBLATT Juslizminister Radocsay über die Reinheit des öffentlichen Lebens Abschluß der Debatte über den Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus Das Abgeordnetenhaus beendigte in seiner heutigen Sitzung die zwei­tägige Debatte über die Vorlage be­treff end die Sicherung der Gesetzlich­keit und Reinheit des öffentlichen Lehens und beraumte die Abstimmung für die Freitngsitznng an. Die Debatte war in jeder Hinsicht beruhigend und erfreulich, sie war der großen parla­mentarischen Überlieferungen Un­garns würdig, war sachlich, ernst und frei von jeder parteipolitischen 'Vorein­genommenheit. Die Aussprache schloß Justizminister Dr. Raclocsay mit einer von großem juristischem Wissen durch­drungenen, von der ernsten Gesinnung des ungarischen Juristen getragenen Rede, die auf allen Seiten des Hauses mit aufrichtigem Beifall aufgenonnnen wurde. Die Ausführungen des Justiz­ministers veröffentlichen wir in un­serem nachstehenden ergänzenden Sitzungsbericht. Sinn und Bedeutung der Rede, sowie des Gesetzentwurfes behandeln wir in unserem Leitartikel. Zoltán Szabó (MÉP) bezeichnete die Vorlage als das noch feh­lende Kapitel des ungarischen Lebens, das die Ethik des öffentlichen Dienstes nicht nur in bezug auf die Beamtenschaft, son­dern auch in bezug auf die Allgemeinheit sicherstelle. Die ungarische öffentliche Mei­nung sei hinsichtlich der Ethik der Beam­tenschaft außerordentlich empfindlich. Mit den durch die Gesetzvorlage aufgeworfe­nen Problemen hänge auch die Frage der Bureaukratie zusammen. Er führte eine Reihe von Einzelfällen an, um die Lage auf diesem Gebiete zu kennzeichnen. Würde die Bureaukratie rascher arbeiten, so müßten sich die Abgeordneten weniger mit den Angelegenheiten ihrer Wähler vor den Behörden befassen. Die in der 'Bureau­kratie herrschenden Mängel seien ein Erbe des Bach-Regimes. Eh bat die zuständigen Stellen, auf die Beamtenschaft im Geiste der Vorlage erzieherisch einzuwirken. Schließlich wies er noch auf die große Be­deutung der Autorität der öffentlichen Ämter hin und nahm die Vorlage in der Überzeugung an, daß sie zur Erreichung der auch von ihm angeführten Ziele bei­tragen werde. László Nagy (Ung. Erneuerung) beschäftigte sich vor allem mit den Aus­führungen des Vorredners über die Bureau­kratie und wies darauf hin. daß eine gründliche Änderung auf diesem Gebiete nur kommen könne, wenn das ganze Sy­stem eine Änderung erfahre. Es sei be­dauerlich, daß die Frage der Inkompatibi­lität der Abgeordneten noch immer nicht gelöst sei. Weiterhin bemängelte er, daß I:c t r tile gegen Preis.reiber nicht strenge durehgeführt werden. Er reichte einen Be­schlußantrag ein, demzufolge das Haus den Justizminister anweiseu soll, die Liste alter rechtskräftigen Urteile gegen Valnta­­sihicber und Preistreiber zwischen dem I. Januar 19,35 und den 1. Mai 19i2 dein Hause voTzulcgcn. In diesem I licht solle genau a.-geführt sein, ob die Urteile durrh­­geführ! worden seien adzr nicht, ts sei sehr erfreulich, führte er weiter aus, daß strenge Bestimmungen gegen unbeiugte Vermittlung bei den Behörden vorgesehen werden. Wir sind uns alle darin einig, daß dieses Übt! endlich cinmai 1 Vioben wer­den müsse und der Gesetzentwurf ist un­streitig ein Mittel, um dieses Ziel zu er­reichen. Die Begründung der Vorlage ist eine ausgezeichnete juristische .Arbeit. Er freute sich, daß der Minister die Reinheit des öffentlchen Lehens sicherstellen wolle. In der Hoffnung, daß seine Anregungen berücksichtigt werden, nahm er die Vor­lage an. Die Rede des Justizministers Justizminister László Radocsay schloß die Debatte mit einer sehr aufmerk­sam verfolgten, wiederholt mit allgemeinem Beifall aufgenommenen Rede ab, deren Inhalt wir wie folgt zusammenfassen: Der Minister dankte dem Hause für die richtige Erfassung der Tendenz der Vor­lage, der keineswegs ein Zweifel an der Integrität der öffentlichen Beamten zu C-runde gelegen sei, sondern die einzig und allein von der Absicht der Prävention ge­tragen werde. Die allgemeine Moral und die ethische Auffassung der Gemeinschaft seien in jedem Kriege von gewissen wirtschaft­lichen und sozialen Auswirkungen bedroht, denen man auch strafrechtlich Vorbeugen müsse. Die Ursachen der strafbaren Hand­lungen könne man natürlich auch in diesem Falle, wie allgemein bei allen Strafsachen, mit einem Geselz nicht erfassen. Die dies­bezügliche Einwendung des Abgeordneten Szendröi-Kovdcs sei demzufolge nicht stichhaltig, ebenso wie jene Einwendung, daß der 'Eitel des Gesetzentwurfes dem In­halt nicht entspreche, denn er löse nicht die Frage, enthalte bloß einige strafrecht­liche Bestimmungen, bilde aber keinen Kodes der Reinheit und der Gesetzlichkeit des öffentlichen Lebens. Daran habe man aber bei der Schaffung des Gesetzes über­haupt nicht gedacht. — Es gibt meiner Meinung nach keinen Gesetzgeber, fuhr der Minister fort, der es unternehmen würde, einen Kodex der Ge­setzlichkeit oder der Reinheit des öffent­lichen Lebens zu schaffen, weil die For­men hiefür einfach unkodifizierbar sind, da die meisten Normen des öffentlichen Lebens Vorschriften der Ethik und der Ge­sittung sind. (Allgemeiner Beifall rechts.) Gewisse Fragen kann man kodifizieren, was teilweise geschehen ist, teilweise ge­schehen wird, wo sich aber eine Gelegen­heit ergibt, muß man die Fragen teilweise regeln. In seinen weiteren Ausführungen spen­dete der Justizminister unter allgemeinem Beifall vorbehaltloses herzliches Lob der ausgezeichneten und patriotischen Arbeit der opferbereiten und patriotisch gesinnten ungarischen Beamtenschaft, der die Regie­rung wie die ganze Öffentlichkeit Ungarns größte Achtung und Anerkennung entgegen­bringen. Bei der Behandlung der einzelnen Bemer­kungen quittierte der Justizminister mit Dank, daß alle Redner, die der Opposition mitinbegriffen, die Statuierung des neuen Deliktes, der geschäftsmäßigen Verwertung des Einflusses, als vollkommen richtig er­kannt und auch angenommen haben. Er führte dann die Gründe an, warum man die einschlägigen Bestimmungen des Straf­rechts auf noveilarischem Wege ergänzen und abändern mußte und in tiefschürfen­den juristischen Ausführungen begründete er, warum man dem richterlichen Ermes­sen die Entscheidung der Frage überlassen müsse, wer strafbarer sei, der Bestecher oder der Bestochene. Vor allem müsse man jene Elemente treffen, die in der krankhaf­ten Mentalität aufgewachsen seien, man könne durch Geld alles erreichen. Die Einwendung, daß § 5 die Ausübung der Täligkeit des Rechtsanwaltes beeih­­trächtigen könnte, widerlegte der Justiz­­minister und erklärte, daß der Rechtsan­ walt im gesetzlichen Rahmen seines Beru­fes auch seinen größeren Einfluß geltend­machen könne. Außerhalb der gesetzlichen Rahmen sei aber der Anwalt ebenso zu bestrafen wie jeder andere. Um dies klar ersichtlich zu machen, sei er geneigt, eine entsprechende Stelle in den Motivenbericht aufnehmen zu lassen oder andere zweck­mäßige Vorschläge im Ausschuß zu be­rücksichtigen oder wenn das Haus es wünscht, den Text des Gesetzes sinngemäß zu ergänzen. Der Justizminister widerlegte sodann die Einwendungen des Abgeordneten Révész, namentlich in bezug auf das Verfahren vor den kirchlichen und Disziplinargerichten, beschäftigte sich sehr eingehend mit den Anregungen und Bemerkungen des Ab­geordneten Stefan Biró betreffend die Denunziation und das Strohmannsgstem. Denunziation könne nach den gültigen Strafgesetzen entweder- als falsche Anklage oder als Verleumdung bestraft werden; wollte man aber das Strohmannsystem mit Strafbestimmungen aus der Welt schaffen, so würde man gezwungen sein, das ganze Jahr hindurch strafgeselzliche Vorlagen zu verhandeln, denn man müßte alle Belange des Wirtschaftslebens, «ja des ganzen ge­sellschaftlichen und öffentlichen Lebens durch strafrechtliche Bestimmungen re­geln. Die Abschaffung des Strohmann­systems sei eine Frage der nationalen Er­ziehung. Nach der kurzen Beantwortung der Ein­wendungen des Abgeordneten Mosongi, dem der Minister die Antwort gab, daß der Gesetzentwurf notgedrungen nicht bloß Heus Strafbestimmungen zur Sicherung der Reinheit des öffentlichen Lebens einführe, sondern auch nahestehende novellarische Ergänzungen enthalte, kam der Minister dann auf die Beschlußantrüge zu sprechen. Er erklärte, den ersten Beschlußantrag des Abgeordneten Közi-Horväth nicht an­­nehmen zu können, denn die darin ent­haltene Anregung, pensionierte öffentliche Beamte, die den Wiedereintritt in den Dienst mit Berufung auf ihren Gesundheits­zustand verweigern, ärztlich untersuchen zu lassen und dem gesund Befundenen das Ruhegehalt zu entziehen, sei überflüssig, da ein Verfahren in diesem Sinne bereits im Zuge sei. Den zweiten Beschlußantrag des Abgeordneten Közi-Horväth nahm der Ju­­stizminisler unter allgemeinem Applaus des ganzen Hauses an. Dieser Beschluß­antrag erteilt der Regierung die Weisung, zu verhindern, daß öffentliche Beamte nach ihrer Pensionierung in den Dienst von Unternehmungen treten, die mit dem Beam ten vor der Pensionierung in Verbindung standen oder mit dem Amte, bei dem sie Dienst leisteten, auch weiterhin in Verbin­dung stehen. Den Beschlußantrag des Ab­geordneten László Nagy, der einen Aus­weis über alle Strafsachen in Valutaangele­­genhejlen, bzw. über die Vollstreckung der Urteile forderte, lehnte der Minister mit der Begründung ab, daß er in konkreten Fällen die Untersuchung einleiten werde. Er wies die Zumutung zurück, als hätte er in irgendeiner Angelegenheit zur Ver­tuschung einer Strafsache der Anklage­behörde Weisung erteilt. Schließlich erklärte der Minister, daß er gern bereit sei. alle einschlägigen Vor­schläge im Ausschuß in Erwägung zu ziehen und bat das Haus, die Vorlage an­zunehmen. (Allgemeiner Beifall.) Der Präsident legte dem Hause das Mandat des an Stelle des zurückgetretenen Abgeordneten Sütő einbertifenen Abgeord ueten László Bogár vor. Nächste Sitzung Freitag vormittag 10 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen die Ab­stimmung über den Gesetzentwurf be­treffend die Gesetzmäßigkeit und Reinheit des öffentlichen Lebens, sowie die Abstim­mung in zweiter Lesung mehrerer kleinerer Vorlagen. Schluß der Sitzung kurz nach 2 Uhr. Preis 12 Fillér Ethos und Staat Budapest, 30. April In der Rede, mit der der Justiz­minister Ungarns die zweitägige außer­ordentlich interessante und würdige Debatte im Abgeordnetenhause über die Gesetzlichkeit und Reinheit des öffent­lichen Lebens abschloß, sprach er einige Worte, die blitzartig die ganze Tiefe des Problems beleuchteten, dessen einzelne faßbare* Erscheinungen im Gesetzentwurf als Tatbestände neuer Delikte qualifiziert oder aber als bereits geregelte strafbare Handlungen strenger und härter geahndet werden. Die Wechselbeziehungen zwischen Recht und Gesittung, zwischen Staats­­führnng und Gesetzlichkeit, zwischen geschriebenem Gesetz und ungeschrie­bener Rechtsempfindung sind uralte Probleme der Menschheit. Gesetzgeber, Philosophen und Moralisten, von den indischen und chinesischen Weisen, von Plato und den Meistern der Stoa bis zu den großen Lehrern und Gesetzgebern des Mittelalters und der neuen Zeit haben diese Probleme immer wieder erschöpfend behandell. Das sittliche Ideal blieb immer ein unerreichbares Ziel; die Rechtssysteme der einzelnen Staatsgebilde stellen den Versuch dar, die Imperative der Moral in der mit Schwächen und Fehlern behafteten menschlichen Gesellschaft wirksam zu gestalten. Der antike Staat erkannte das Pro­blem der notwendigen Diskrepanz zwi­schen Moralität und Loyalität ebenso wie alle Staaten der europäischen Menschheit, die nach dem Niederbruch der Antike entstanden sind. Plato pro­phezeite unheilvolle Folgen den Staa­ten, in denen Philosophen und Gewalt­haber sich nicht zu einem einzigen menschlichen Typus verschmelzen; er sah die Gefahren, die aus dem unaus­geglichenen Zusammenlegen der Armen und der Reichen in derselben staat­lichen Gemeinschaft entstehen können, merkwürdigerweise war aber der einzige große Staat der menschlichen Ge­schichte, der von Philosophen verwal­tet und regiert wurde, das kaiserliche China, wo die Korruption ihre höchsten Blüten trieb, die Armen unterdrückt und geplündert wurden, wie nirgend sonst. Im modernen Staat besitzt das Pro­blem eine Bedeutung wie noch nie zu­vor. Der zeitgenössische Staat mit sei­­pen fast unbeschränkten Machtmitteln, seinem komplizierten Mechanismus, der alle Erscheinungen des Lebens er­faßt, mit den' sofortigen und weit­reichenden Auswirkungen all seiner Maßnahmen hat die Pflicht, mit einer bisher nie gekannten gespannten Sorg­falt darüber zu wachen, daß Gesetz und Vollziehung in vollem Einklänge bleiben, daß die Vollzugsorgane ihre Pflichten gewissenhaft erfüllen, die ihnen anvertraute Amtsgewalt, niemals mißbrauchen; denn eine Erschütterung des Vertrauens in die Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit des Staates und die Anwendung seiner Machtmittel hat, wie dies zahllose Beispiele aus der Ge­schichte der vergangenen Jahrhunderte beweisen, schwere und verluslreiche Störungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gleichgewichts zur Folge. Bei der Lösung des Problems sicht sich aber auch der moderne Staat denselben Schwierigkeiten gegenüber­­gestellt, die alle Großstaaten seit dem bureaukratisch regierten Römischen Reich Diocletians meistern mußten. Die größte Schwierigkeit liegt darin, daß es sich hier um Probleme und Er-

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