Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1942. december (89. évfolyam, 273-296. szám)

1942-12-01 / 273. szám

__ 89. Jahrgang Nr. 273 Bn^j^b^bíeiistag) I. Dezembdf Beginn der Verdunke­lung um 20 UhrPESTER LLOYD MORGENBIÄTT Tagung der Internationalen Filmkammer in Budapest (Siehe Seife 5) Die italienische Ruffassung über die Rusfäile Churchills Oie Drohungen mit unmenschlichen Terrorangriffen können Italien nicht . einschüchtern - Die Churchiiischen Angriffe ein indirekter Beweis der hohen Bedeutung Italiens % Telephonische Meldung unseres Berichterstatters Rom, 30. November Die Rundfunkrede Churchills von Sonn­tag, von der sich ein ansehnlicher Teil direkt gegen Italien richtete, ist seitens der hiesigen maßgebenden Kreise entsprechend beachtet worden. Die italienische Presse veröffentlicht allerdings keine Auszüge aus der Rede und nimmt von ihr überhaupt nicht Notiz. Aber an zuständiger Stelle wurde sie dessenungeachtet ausführlich kommentiert. „Es gehört zur Verwirk­lichung seines Kriegsplancs“, meint man hier, „wenn Mr. Churchill seine besondere Aufmerksamkeit und seine offensten Drohungen mit weiteren Luftangriffen ge­rade gegen Italien richtet.“ Das italieni­sche Volk wisse sehr wohl, daß es sich hier um keine leeren Drohungen handelt. Es habe hievon bei den Bombardements Í ‘ der norditalienischen Städte bereits seine erste Prüfung erlebt. Diese Angriffe seien vor allem mit dem Ziel der moralischen Einschüchterung, der . Terrorisierung des italienischen Volkes unternommen wor­den. Und Churchill gebe dies in seiner Rede indirekt dadurch zu, daß er sich an das italienische Volk mit Appellen wendet, die einen ausgesprochen einschüchternden und erpresserischen Charakter tragen. Auf die Bemerkung Churchills, daß die gegen Italien gerichteten britischen Luft­angriffe von nun an mit „wissenschaftlicher Methodik“ erfolgen würden, entgegnet man hier, daß es „vor allem die brutale Un­menschlichkeit der britischen Luftangriffe sei, die einen fürwahr wissenschaftlichen Charakter“ tragen. Die Ankündigungen Churchills von weiteren Luftangriffen auf italienische Städte werden hier mit dem Ausdruck „apokalyptische Drohungen“ be-zeichnct. Trotz ihrer zweifellosen Fürchler­­lichkeit seien diese Angriffe jedoch von der italienischen Zivilbevölkerung mit Mut und Standhaftigkeit ertragen worden. Hier­aus folgte ein iibrigesmal, meint man wei­ter, daß „in diesem Kriege Luftangriffe kein entscheidender Faktor sein können; und daß es sich damit tatsächlich so verhält, das hat England im Jahre 1940 selbst be­wiesen“. Insofern dürften die von Churchill ausgesprochenen frühzeitigen Vorwürfe und Drohungen gerade die entgegengesetzte Wirkung,haben, wie überhaupt die Worte Churchills das gerade Gegenteil dessen zei­gen, was sie offenbar bezweckt hatten. Sie zeigen nämlich deutlich, „welch großes Ge­wicht Italien in diesem Krieg zukommt und wie unendlich viel den Angloamerikanern daran gelegen ist, gerade diesen entschei­denden Faktor zu neutralisieren“. Zum Schluß berührte man hier an zu­ständiger Stelle auch in einigen kurzen Worten jenen Teil der Rede Churchills, die im besonderen gegen Mussolini gerichtet war. All die Drohungen und Beleidigungen, die der britische Premier in seiner Rede mit besonderer Heftigkeit gegen Italiens Regierungshaupt geschleudert hat, können, meint man hier, „italier.ischerseits nicht das Thema einer Polemik' darstellen“. Auf Beleidigungen und Anwürfe seitens des Gegners pflege man im Krieg mit den Waf­fen zu antworten. Und außerdem vermögen die gegen Italien gerichteten Schmähungen Churchills „weder an dem Kräfteverhält­nis der beiden kriegführenden Parteien, noch an den moralischen und juridischen Aspekten des gegenwärtigen Weltkonfliktes etwas zu ändern“. Georg Popoff „Oie Drohungen Churchills gegen Italien siri!t nicht nur in Rom, sondern auch in Berlin gehört worden“ - wird in der Wilhelmstraße erklärt Berlin, 30. November (MTI) Von zuständiger deutscher Seile wird mitgeteilt: Die Stéllungnahme der Wilhelmstraße zur Rundfunkrede Winston Churchills be­wegt sich im allgemeinen auf der Linie der Gedankengänge, die bereits in einer vom DNB verbreiteten Auslassung ver­zeichnet worden sind. Was man in der Wil­helmstraße besonders herausstellt, ist der Angriff Churchills auf die Ehre und den Widerstandswillen Italiens. Iliezu erklärt man, daß solche Versuche, eine Bresche in die Schicksalsgemeinschaft der Achse zu legen, nicht neu sind, habe doch Churchill vor einem Jahr mit ähniiclirn Drohungen einen Keil zwischen das deutsche Volk und seine Führung treiben wollen. Chur­chill und seinesgleichen hätten jedoch keine Vorstellung vom Geist und Wesen des Nationalsozialismus und des Faschis­mus. Ein Volk wie das italienische werde niemals von seiner Ehre lassen. Es wisse genau, daß die Niederbrennung von Kunst­denkmälern, so bedauerlich sic sein möge, niemals die politische Flamme der Er­neuerung auslöschen könnte, mit der Ita­lien sich einen wesentlichen Anteil an der Zukunft Europas erstritten habe. (MTI) Berlin, 30. November (MTI) An zuständiger deutscher Stelle wird mitgeteilt: Die Drohungen Churchills gegenüber Italien sind — wie man in politischen Kreisen der Reichshauptstadt betont — nicht nur in Rom, sondern auch in Berlin gehört worden. Der britische Premiermini­ster befinde sich — so wird unterstrichen —- im Irrtum, wenn er etwa annehmg, daß Terrormaßnahmen aus der Luft gegen Italien Deutschland gleichgültig lassen würden. Die „wissenschaftlichen Bombar­dierungsmethoden“, auf die Churchill sich berufen hat, seien auch in Deutschland wei­ter vervollkommnet worden, und zwar in einem Ausmaß und bis zu einem Grad der Vollendung, den der britische Premier­minister und das britische Volk kennenzu­­lernen Gelegenheit haben würden, falls die Engländer tatsächlich glauben sollten, an Italien ihr Mütchen kühlen zu können. (MTI) Churchills Eingeständnisse und Wunschiräume Berlin, 30. November Der diplomatische Korrespondent des DNB schreibt: Das Bild, das der britische Premier­minister in seiner Rundfunkrede vom Sonntag entworfen hat, ist ein „echter Churchill“. Es zeichnet sich aus durch jene Schwarz-Weiß-Malerei, die den Anschein der Objektivität erwecken will, in Wirk­lichkeit aber den düsteren Untergruiid durch keinerlei Fata-Morgana-Farben ab­zudecken vermag. Churchill selber ist zu dem Eingeständnis genötigt, daß England sich darauf vorbereiten müsse, mit den „Schicksalsschlagen eines ernsten und schrecklichen Jahres“ fertig zu werden. Er gibt weiter zu, daß bisher kein Geschehnis zu der Hoffnung auf ein baldiqes Kriegs­ende berechtige. Der Optimismus, durch den er einige Hörer zu immer neuen An­strengungen — Schweiß, Rlut und Tränen — anspornen möchte, wird gedämpft durch eine pessimistische Note, die in der War­nung ausklingt: „Wir wollen uns nicht durch schöne Trugbilder des Glücks ver­leiten lassen.“ Das gilt in erster Linie von der militäri­schen Situation, die Churchill als vielver­sprechend zu schildern versucht, ohne in­des die Schlagkraft des Gegners und ins­besondere seiner Unterseebootwaffe, be­streiten zu können. Das Ziel, das nach seinem Eingeständnis mit der Offensive in Ägypten und dem darauf abgestellten Ein­bruch der Amerikaner in Französisch- Afrika erreicht werden sollte, d. h. die \Ter­­nichtung des deutsch-italienischen Afrika­korps durch eine Zangenbewegung, ist nicht erreicht, so daß das zugegebene weitere Ziel, von Nordafrika aus als Sprungbrett gegen Europa vorzustoßen, noch zu er­kämpfen bleibt. Die Enttäuschung darüber, daß es nicht gelungen ist, sich mit Hilfe einer französischen Verräter-Clique in den Besitz wichtiger südfranzösischer Stütz­punkte oder gar der französischen Flotte zu bringen, macht sich in einem Wutaus­bruch gegen die Sichcrungsmaßnahmen der Achse und in übelsten Drohungen mit Terrorangriffen auf das -italienische Volk, sowie in wilden Beleidigungen des Duce Lust. Churchills Behandlung der italienischen wie übrigens auch der französischen Frage läßt interessante Rückschlüsse auf die mi­litärische Ausweglosigkeit der „Alliierten“ zu, die durch politische Spekulationen kom­pensiert werden soll, als ob die Völker Euro­pas nichts aus dem ersten Weltkrieg ge­lernt hätten, als ob vor allem Erpressungs­versuche ihre Schicksabgemeinsehaft er­schüttern könnten. Um die Antwort Italiens braucht Churchill sich nicht zu sorgen. Immerhin ist er vorsichtig genug, seinen eigenen Generalen in Afrika nicht allzu­­viele Vorschußlorbeeren zu spenden, wie er auch aus naheliegenden Gründen die „Lei­tung und Verantwortung des majestätischen Unternehmens in Französisch-Afrika“ be­reitwilligst dem Präsidenten der USA über­läßt. Die Rückzugslinie hat er sich offen gelassen mit der betonten Feststellung, er gebe keine Prophezeiungen über Schlach­ten, bevor sie durchgekämpft seien. Als besonders aufschlußreich haben Churchills Ausführungen über die Kriegs­ziele zu gelten. „Die schmerzlichste Erfah­rung würde uns bevorstehen,“ so erklärte er, „wenn wir uns darüber streiten woll­ten, was wir mit unserem Siege anfangen können, noch bevor er errungen ist.“ Er lehnt es auch ab, sich auf eine Dis­kussion über Begriff und Bedeutung von „Empire“ und „British Commonwealth“ einzulassen Damit gibt er zu, daß im angel­sächsischen Lager tiefgreifende Meinungs­verschiedenheiten über die künftige Gestal­tung der Welt bestehen, von den besonderen Wünschen der Sowjetrussen ganz zu schweigen. Churchill würde es — wie er offen ge­steht — begrüßen, wenn der Krieg, in Europa früher als der in Ostasien zu Ende ginge, damit England als Retter in der Not im Pazifik einspringen und damit gewisse Rechte geltend machen könne. Er bringt diesen vielsagenden Wunsch auf folgende Formel: „Während wir derartig im Fernen Osten beschäftigt sind, sollten wir uns mit den USA, Rußland und den sonst inter­essierten verbündeten Mächten an einen Tisch setzen, um die internationalen In­strumente und nationalen Abkommen zu schaffen, die wir für die Auferstehung eines freien Europa brauchen. Es scheint mjr, daß ein Kreigsende in zwei Etappen einen bedeutend größeren Geist der Kame­radschaft aufkommen lassen würde, als seinerzeit bei den Siegern in Versailles. Damals gab es nicht den Begriff einer ge­meinsamen Verantwortung, wie er sicher zutage treten wird, wenn die siegreichen Nationen noch Seite an Seite auf einem anderen Kriegsschauplatz kämpfen.“ Churchill wünscht also geradezu eine Verlängerung des Krieges für die USA, woraus nicht nur die Sorge um das Empire, sondern auch die Furcht vor Diktatoral­­lüren der USA zu sprechen scheint. Im Wissen um ihre Kraft und im Glauben an eine bessere Welt als die, die der britische Premierminister auch gegen besondere Wünsche der USA zu erhalten versucht, antworten die Dreierpaktmächte Winston Churchill mit dem von ihm zitierten Kip­ling-Wort: „Doch denk daran, welch Trug­bild beide sind“. (MTI) Preis 12 Pillér Gaydas flniwort an Nineteenth Century Rom, 30. November (MTI) Im Leitartikel des Wochenblattes Voce d’Italia beschäftigt sich Virginio Gagda mit dem bekannten Aufsatz der englischen Zeitschrift Nineteenth Century, der klare Hinweise darauf enthält, wel­ches Schicksal im Falle eines englischen Sieges des europäischen Festlandes harre. Aus diesem Artikel — so schreibt Gayda — kann ein jeder erfahren, wofür die Engländer kämpfen, und welche Pläne sich hinter der Atlantik-Charta verbergen. Die englischen Pläne gleichen den tyran­nischen Ideen des Zeitalters der Heiligen Alliance. Aus dem Artikel geht hervor, daß sich die Engländer darüber im Klaren sind, daß zur Erlangung der Herrschaft über Europa die Beherrschung des Mittel­meeres unentbehrlich sei, was aber nur nach der Niederkämpfung Italiens vor­stellbar ist. Der englische Artikel leugnet Großbritanniens Ziel, Italien zu einein Sonderfrieden zu zwingen, nicht. IUljeu soll aus dem Balkan verdrängt werden, es soll abgerüstet werden, und Istrien an Jugoslawien abtreten, auf Pantelleria und selbstverständlich auch auf Albanien ver­zichten. Das Schicksal L,Svens und der Cyrenaika würde durch britische strategi­sche Interessen bestimmt werden, es ist aber möglich, daß Italien auf diesem Gebiet Vollkommen ausgeschlossen werden .winde. —: Die Engländer können überzeugt sein — so schreibt Gayda weiter, — daß Italien k-ii-.rrlei Sonderfrieden haben will und daß die Italiener solange kämpfen werden, bis ihre Rechte anerkannt werden. Das eng­lische Blatt enthüllt auch im Zusammen­hang mit Mitteleuropa phantastische Pläne und beabsichtigt ein noch unmöglicheres System von Versailles durch die Schaffung eines größeren Polens, Jugoslawiens und einer größeren Tscheclio-Slowakei zu er­richten. — Das alles kann uns nicht erschrecken — schließt der Leitartikel, — es ist aber günstig, wenn die Engländer gerade jetzt ihre Pläne enthüllen. Die europäischen V óiker werden um so klarer sehen, worum es eigentlich geht, und warum unbedingt gekämpft und gesiegt werden muß.

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