Aquila 42-45. (1935-1938)

Schenk Jakab: Magyar solymászmadárnevek. I. Turul-zongor-kerecsen

354 JAKOB SCHECK [Aquila Und doch ist gerade das am wichtigsten, daß Kézai das Wort Turul als Vogelnamen bezeichnet. Unsere Enttäuschung wird noch gesteigert durch den Umstand, daß dieses Wort verhältnismäßig spät auftauchte, zum erstenmal eist 1237 (allerdings als Name eines Besitztums, welcher schon viel älter sein könnte), um dann nach kaum 150-jähriger Lebens­dauer spurlos zu verschwinden. Erst nach reichlich 500 Jahren erwachte es durch das Bekanntwerden der Chronik Kezai’s zu neuem Leben, diesmal zwar als sehr volkstümliches Wort, aber doch nur als ein Abglanz aus dei Vergangenheit, als ein erneuerter Begriff, nicht aber als Mitglied des lebenden Sprachschatzes. Dieser Umstand erscheint besonders auffallend, wenn wir an die Vogelnamen ,,ölyv“ = Habicht und „sólyom“ = Falke denken, von welchen der erstere schon 1015. der letztere schon 1055 auf taucht und beide Namen auch heute noch lebende Bestandteile des magyarischen Sprachschatzes sind. Dieses spärliche und scheinbar unwichtige Vorkommen des Wortes Turul steht aber bei weitem nicht im Einklang mit der großen Bedeu­tung, die ihm auf Grund der Aufzeichnungen Kezai’s mit Recht zu­­korrimt. Kezai’s Chronik muß besonders von zwei Gesichtspunkten aus eingehend untersucht werden. Erstens : Mit welchem Recht läßt er das Führergeschlecht der landeserobernden Magyaren aus dem Geschlecht des Turul abstammen ? und zweitens : Weher die Behauptung, daß Attila auf seinem Schild den Vogel Turul als Banner führte ? Beide Aufzeichnungen Kezai’s sind überwältigend. Geradezu fassungslos stehen wir seiner Behauptung gegenüber, daß das Führer­geschlecht der einwandernden Magyaren dem Geschlechte des Turul entstammt. Wir können dabei die Tatsache nicht verschweigen, daß es sich hier im Grunde genommen um dieselbe Art der Namengebung handelt, deren sich schon die Begründer des Seldschükenreiches — Toghrul und Tschakyr — bedienten, als sie sich die Namen ihrer besten Beizvögel zulegten. Ein unwesentlicher Unterschied besteht darin, daß das ungarische landes erobernde und staatgründende Geschlecht den Namen des Beizvogels als Geschlechtnamen annimmt, während ihn die Be­gründer des Seldschükenreiches als Personennamen gebrauchen. Wieso ? —müßen wir fragen — war also auch bei den Magyaren zur Zeit der Landeseroberung der Brauch türkischer Völkerstämme Mittelasiens üblich, daß das Führergeschlecht den Namen des hervor - ragendendsten Beizvogels annahm ? Jawohl, dieser Brauch war nicht nur da. sondern geht sogar auf eine noch viel ältere Zeit zurück ; wurde doch Álmos- nach Kézai der erste Führer aus dem TwrwZ-Geschlecht­­im Jahre 819 geboren. Er lebte also 200 Jahre früher als die Begründer

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