Banater Deutsche Zeitung, April 1925 (Jahrgang 7, nr. 87-97)

1925-04-17 / nr. 87

Er : Seite 9 TE eg Semi € «Shenngrein zy = = re * Freitag, den 17. April 1925. | tte er um ja auch durch seine kirchenfeindliche Politik die Zahl seitens der Franzosen als Vorstoß der Hohenzollern hingestellt und leidenschaftlich ausgenüßt wird, son­­dern auch in England und Amerika ernste Bedenken hervorgerufen zu haben scheint. Herriot mußte fallen. In unkluger Weise seiner Gegner vermehrt, die finanziellen Schwierig­­keiten haben ihm den To­desstoß gegeben! Nur zum Scheine diese; denn er konnte mit Recht darauf hin­­weisen, daß die Zerrüttung der französischen Finanzen durch den kostspieligen Militarismus seiner Vorgän­­ger verursacht wurde. Eigentlich ist er mit seiner Außenpolitik zusammengebrochen, welche ihre Stärke im Genfer Protokolle hätte und durch Vereitlung der­­selben ihre Stütze verlor.­­ Darin liegt eben die Gef­ahr für den Frie­­den Europas. Denn mag nun Briand oder Painleve oder wer immer kommen, es bleibt fraglich, ob er imstande sein wird, die vergiftete außenpolitische Atmosphäre zu reinigen, das neu­­angefachte französische Angstgefühl zu beschwichtigen, die Annahme des deutschen Garantie-Angebo­­tes durchzusehen und dadurch wieder jene Beruhi­­gung der Gemüter anzubahnen, welche­ eine Vorbe­­dingung des Friedens ist. 5 Und wenn auch wir Rus­land3deutsche dem reichsdeutschen Parteigetriebe ferne stehen und nur die friedliche Entwiklung des Gesamtreiches und am Herzen liegt, fragen wir uns doch besorgt, ob nicht eine Wahl Hindenburgs­ zum Reichspräsidenten neue Komplikationen hervorrufen und die erwünschte Beruhigung erschweren würde? Gewiß sind all' die Verdächtigungen, welche von feindlicher Seite gegen den geraden, ehrlichen, nur auf das Wohl des Reiches bedachten deutschen Heros erhoben werden, unbegrün­­det. Aber in der Politik üben oft auch falsche Voraus­­fegungen und Gefühlsmomente seinen geringeren Einfluß aus, wie wirkliche Tatsachen. Darin liegt das besorgniserregende Element, welches das deutsche Volk bei der bevorstehenden Wahl nicht ganz wird außer Acht lassen dürfen. ) ? Die rumänisch­e Gesandtschaft im Haag wird wieder aufgestellt Bukarest, 15. April. (L.) Die­­ Gesandtschaft im Haag, die seinerzeit wegen Ersparungsrücsichten aufge­­lassen wurde, wird nun wieder aufgestellt werden. Der Grund für diese Maßnahme ist die Tätig­keit des Schiedsgerichtshofs, die Haag zu einem der wichtigsten internationalen Plätze macht. Zum Gesandten wurde der 27 Sektionschef im Außenministerium Carp er­­nannt.­­ B; Der wiederauflebende Balkanbund Neuerliche Verhandlungen in Athen Bukarest, 15. April. (2.) Der rumänische Gesandte in Athen Ra­șanu hatte die Besprechungen­ zwei 3 Ab­­schlusses eines griechisch-rumänischen Bündnisses wieder­­ aufgenommen. Da gleichzeitig auch analoge Verhandlun­­gen zwischen Griechenland und Jugoslawien stattfinden, ist die Schaffung eines Balkanbundes in absehbarer Zeit nicht ausgeschlossen.­­ Der Führer der türkischen Aufständischen gefangen­­ Konstantinopel, 15. April. Der Führer der Aufstän­­dischen, Said Scheif, wurde gefangen genommen. ves - In Hannover wurde gestern der Menschenschlächter Haarmann mit irdischer Gerechtigkeit" gerichtet. Eine Bestie in Menschengestalt, wie sie in­ der Nachkriegszeit schon in mehreren Exemplaren "entde>t wurden, hat leider zu spät seine blutige Lebensbahn unter Henkers­ hand beschlossen. Für die vielen Opfer, die Haarmann auf tierische­­ Weise abschlachtete, hat er nun mit seinem Leben gebüßt, womit wohl den Geseß, aber nicht den Eltern und Kindern Genüge geleistet wurde, denen­­ Haar­­mann die­ Söhne und Väter ermordete. Ueber die Hinrichtung wird aus Hannover nachfol­­gendes gemeldet: In der Nacht wurde im Hofe des hiesigen Gerichts­­gebäudes ein hohes Holzgerüst aufgestellt und es wurde Morgen, ehe die Richtstätte fertiggestellt war. mann, der wegen vierundzwangzigf­achen Mordes Haar­­zum Tode verurteilt war, wurde in den Hof geführt und vom Magdeburger Henker Gröpler und­ dessen Gehilfen, in Empfang genommen. Der Massenmörder während der Erledigung der Formalitäten große bewahrte­ Ruhe und teilte dem ihm begleitenden Geistlichen leise mit, daßs er seine Verbrechen bereue. 4 % . Die Hinrichtung dauerte nur wenige Sekunden. Das breite Beil des Henkers sauste Durch die Luft und Haar­­mann hatte aufgehört zu leben. Be m Ueber Haarmanns Hinrichtung wird weiter gemei­­chnen: Als­ ihn die Henkersknechte ergriffen, sprach er zur „Nur vorsichtig, meine Herzen, mur vorsichtig! Auf. Wiedersehen!“ - „Vaterunser mit, , sondern mit Dies sagte er nicht etwa ernster Ueberzeugung. Als sein Kopf in den mit Sägemehl gefüllten Korb rollte, beteten alle Anwesenden mit dem Geistlichen das spöttisch,­­ Jarmann wurde hingerichtet Der Massenmörder in Henkershand — Des Sünders späte Reue - - Die Erzeugung von Weißmehl wird verboten Scharfe Maßnahmen in Sicht Bukarest, 15. April. Dienstag­vormittag fand im Innenministerium unter Vorsit­zes Ministers T­atarescu eine Konferenz statt, an welcher­­ die Präfekten und die Bürgermeister der größten Städte teilnahmen. Die Präfekten und­ Bürgermeister haben der Reihe nach Rechenschaft über die Art und Weise abzule­­gen gehabt, wie sie die Verordnung über das Einheit­srot seit der Einführung desselben bis heute durchge­führt hatten. An Hand von Daten und Zahlen bewiesen die Präfekten und Bürgermeister die Schwierigkeiten, auf welche sie­ bei der Einführung gestoßen sind. Desgleichen ha­­ben die Präfekten jener Komitate, wo Weizen in großen Mengen gefeh­rt wird, die zur Verfügung stehenden Wei­­zene und Mehlmengen angegeben. Die Konferenz hatte bloß einen informativen Charakter. Angesichts der Schwie­­rigkeiten, die sich dem Innenministerium bei der Versor­­gung der größeren Städte mit dem nötigen Weizen und Mehl ergö­ben, würden die mit der Durchführung der Verordnung über das Einheitsmehl und Einheitsbrot be­­­trauten Amts­personen­ zur Beratung einberufen. Auf Grund dieser eingelieferten Daten wird die Regierung darüber entscheiden, ob das System des Einheitsmehls aufrechterhalten, oder zu anderen Mitteln, gegriffen wer­­den muß. ; es Bukarest, 15. April. (L.) Die Regierung ah sich zivers Sicherstellung der Brotversorgung der städtischen Bevölkerung bis zur nächsten Ernte veranlaßt, neue ver­­schärfte Maßnahmen zu treffen. In der gestrigen­ Kon­­ferenz, die zwischen Takare 35cu und den Präfek­­ten und Bürgermeistern der größten Städte stattfand, wurde beschlossen, die Erzeugung von Weiß­­mehl vorläufig vollkommen zu verbieten. Jeder Wucher oder Versuch einer künstlichen Teuerung soll mit den schärfsten Mitteln unterdrü>t werden. Schwierigkeiten bei der belgischen Kabinetts­­bildung Brüssel, 15. April. (L.) Die Betrauung V­ander­veldeg mit der Kabinettsbildung begegnet Schwierig­keiten, da die Liberalen vorläufig von einer aktiven Mit­­arbeit nich­t­s wissen wollen. Ohne Liberale können aber die Sozialisten, die­ im» Parlamente nur die relative Mehrheit inne­­haben, nicht regieren. V­andevelde hofft, die Liberalen wenigstens zu einer wohlwollenden Neus­­tralität zu bewegen. Eine Aktion des Völkerbundes gegen den Paß­­und Visum zwang Genf, 15. April. Der Völkerbund bereitet eine große europäische Konferenz vor, in der Über die Abschaffung des Papp- und Visumzwanges beraten werden soll. Die Einladungen zu dieser Konferenz werden noch in dieser Woche sämtlichen europäischen Staaten zugeschickt. : Bon der Union der Völkerbundligerr England-Deutschland in der Ligenunion Der Generalrat der Völkerbundligen-Union hat an­­läßlich­ seiner legten Tagung im Oktober 1924 beschlossen,­­seinem Generalsekretariate in Brüssel eine eigene Sektion­ anzugliedern, deren Aufgabe die Einteilung der Propa­­ganda für die Union in Deutschland und die Erleich­­terung der Annäherung zwischen Deutschland, England und Frankreich sein sollte. Nachdem die hiezu­ erforder­­lichen Mittel von englischer Seite zur Verfügung gestellt­­­­ wurden, wurde nunmehr der Doktor der Universität in Freiburg im Breisgau, Dr. Walter­ Schlesinger zum Sekretär der Völkerbundeigene U­nion, ernannt. Diese Ernennung erfolgte, wie das Präsidium ausdrücklich feststellte, um den unbedingt internationalen Charakter des Sekretariates zu betonen.­­ Bisher wirkte im Sekretariat der Union neben dem Generalsekretär dem Franzosen Prof. Theodor Rauffen der Engländer William O Molong. \ Die schöne Müllerin Es war einmal! So beginnen alle Geschichten, die ein besonderes Interesse beanspruchen, und die folgende wird, das können wir mit gutem Gewissen behaupten, span­­nend sein vom Anfang bis zum Ende. Also, es war ein­­mal ein junger, strammer Müllerbursche und eine Thöne, junge Müllerin, was beide, anfangs zu ihrem Verdrusse, wechselseitig bald bemerkten. Er ließ sich jedoch nicht än­­dern.­­Es war eben­so. Die Müllerin war Witwe nach ein­­jähriger, etwas unbefriedigender Ehe. Der alte Müller hatte unvermutet rasch das Zeitliche gesegnet und sie na­­türlich recht trostbedürftig zurückgelassen. Sie war schön, wie nur eine junge verwitwete Müllerin im blühenden Alter von­ fünfundzwanzig Jahren schön sein kann, und der Hansl, der Müllerbursche, war die geheime Sehnsucht aller schmucken Dirnen auf zehn Kilometer in der Runde. So weit wären also die Vorausteßungen für eine nicht alltägliche­­ Entwicklung gegeben und das „Es war einmal“ daher auch­ gerechtfertigt. Wenn unsere lieben Leserinnen vielleicht sehht so an ahnen, daß sich die beiden schließ­­lich doch „friegten“ so kommen sie der Wahrheit ziemlich nahe.­­Es wird nach einigem Widerstreben, Rührszenen und sonstigem Zugehör eines spannenden Romanes so sein. Die junge Müllerin ertappte sich zuweilen dabei, daß sie heimlich ihre Elite recht wohlgefällig über den Hans gleiten ließ. Sie errötete dann bei dieser Entdeckung pflicht­­schuldigst, schlug die Augen schamhaft nieder oder schaute verärgert auf die andere Seite, wo der liebe Hansl just nicht stand. Dem Hansl, der neben seinen anderen empfeh­­lenden Eigenschaften, auch nicht gerade auf den Kopf gefal­­len war, konnte dieser Aufruhr im Herzen der jungen Müllerin nicht lange verborgen bleiben und er sah sie daraufhin an, ob sich hier wohl Herz zum Herzen finden möchte.­­Das seine widersprach nicht und es tat daher auch nichts, die aufreimende Liebe zu unterdrücken, wenn er sich auch den üblichen Bedenken nicht ve­rschloß und sich des Unterschiedes bewußt war, der zwischen einer jungen, schö­­nen Müller­witwe und einem armen Müllerburschen be­­stand.­­ Aber er baute auf die Allgewalt der Liebe und deren siegende Kraft und beäugelte seinerseits recht fleißig «die scöne, junge Müllerin, nur errötete er dabei nicht scham­­haft, was­ übrigens bei seinem stets mehlbestaubten Ge­­sichte auch gar nicht wäre bemerkt worden. Er schlug auch die Augen nicht nieder und schaute schon gar nicht zur Seite, um der­­ verehrten Müllerin auszuweichen. Die schöne, junge Müllerin schien aber äußerlich von diesem stummen Werben unberührt zu bleiben, die starre Kruste ihres Witchenscherzens war eben­ nicht so leicht zu Schmelzen. Dieses­­ Hängen und Bangen in schwebender Pein ging so einige Zeit her, ohne daß sich beide ihren Wünschen näher­ gebracht sahen. Es fehlte ihnen noch der Mut zum ents­cheidenden Schritt. Da kamen eines Tages Zigeuner und Zigeunerinnen zur Mühle. Eine davon war alt und häß­­lich. Sie war, wie Üblich, auch die Wahrsagerin des Stam­­mes und mußte die Müllerin zu beschwaken, sich die Zu­­kunft fünden zu lassen. Aufmerksam studierte die­ Zigeur­nerin das zarte, butterweiche Bäu­chchen unserer Müllerin und prafelte alsdann etwas von Herz und Schmerz, von Leid und Freud, von Kindersegen und Glück auf allen We­­gen. Die junge Müllerin wagte dabei kaum aufzubliden, und als sich die Zigeunerin jezt dem Hansl zuwandte, der auch in der Stube war, sah die Müllerin geflissentlich zum Fenster hinaus, achtete aber umso aufmerksamer auf die „Worte der Wahrsagerin. Diese war sich beim Anblick von Hansls kräftig gezeichneten Handlinien und nach einem forchenden Bli nach der Seite wo die Müllerin saß sofort über ihren Spruch im Reinen: „Es ist bestimmt in Gottes Not, daß man vom Liebsten, was man hat, muß scheiden.“ Hansl gab es einen Stich ins Herz. Die Müllerin fuhr auf ihrem­­ Sessel herum und giftig schleuderte sie der Zigeur­­nerin die Worte zu: „Her, alte!“ Zigeunerinnen sind im Punkte der Ehre nicht besonders empfindlich und so trollte sich auch die unsere aus dem Zimmer, ohne sie gekränkt zu fühlen. Der­ Hansl und die Müllerin blieben feßt allein in der Stube zurück... Es herrschte eine beängstigende, schwüle, unheilschwangere Stille. Hans­ unterbrach diese endlich mit den bei solchen Gelegenheiten üblichen Worten, daß heute ein schöner Tag wäre, daß es aber doch noch vor Abend regnen könne. Die Müllerin war natürlich der ge­­genteiligen Meinung, und­ troß des goldigen Sonnen­­scheines bezeichnete sie das herrschende Wetter als scheuß­­lich. Dann trat wieder Stille ein. Hansl wußte zuleth nichts Besseres zu tun, als sich trübselig hinauszuschlei­­chen. Die Müllerin war nun allein, legte die gefalteten Hände in den Schoß, seufzte einigemal, man weiß nicht recht warum, tief auf, und plößlic rannen ihr einiges Tränlein über die zarten Wangen und landeten in deren nedischen Grübchen. Die alte Zenzi, die unbemerkt einge­­treten war, beobachtete längere Zeit die traurige Müllerin und sagte dann mitleidig: „Mei die Müllerin woant, in ebba heint der Denktag vom alten Müller?“ „Dumme Gans!” war dafür der Dank und draußen war die Müllerin. Bald hörte man sie im Hause und der Mühle mit lauter Stimme zanken.­­Erschre>t flüchteten sich die Dienstleute, solchen Tuns ungewohnt, nach allen Seiten und fragten den Hansl: „Was hast denn du der Müllerin antan?“ Wie man sieht, war also die Situation aufs höchste gespannt, die Entscheidung konnte nicht mehr lange auf sich warten lassen und sie kam. Der Abend brachte richtig das von der Müllerin vorgeahnte Gewitter. Bliße sprüß­­ten, der Donner rollte, Regen und Hagel prasselten nieder, wie nur je bei einem Gewitter, und wie die geängstigten Kücken sie um die Henne scharen, sammelten­­ sich­­ alle Dienstleute in der Stube um­ die­ Müllerin. Diese war wohl auch bei diesen­ Toben und Witten der Elemente et­wvas verschüchtert, aber sie bewahrte doch angesichts des Gesin­­des ihre Würde. Pröhlich aber krachte ein furstbarer Don­­­ners<lag. Das Haus erbebte in seinen Grundfesten, alles­­wantte und so w­anfkte, und ehe man sich­­ versah wie es we­­schah, lag die Müllerin in den Armen Hansel3, und sie­­ weinten beide troß Donner und. Blik, vor. Lust , und vor­­ Freude. Der­ Himmel hatte ein Einsehen. Er kürzt: sich, die, Wolken, zogen in die Ferne, und heller, milder Mil­denschein beleuchtete die Szene. Fre 3 - |

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