Deutsche Tageszeitung, August 1935 (Jahrgang 2, nr. 244-270)
1935-08-01 / nr. 244
Seite 2 Anstand und Ehre, daß dem Volksratvorsißenden in der Versammlung das Wort „Zügner“ zugerufen worden sei. Zu allen diesen Vorwürfen ist nun zu bemerken, daß jeder Mensc so berhandelt wird, wie er es verdient. Es muß bei den angeblich dreitausend Volksgenossen schwach, bestellt sein mit der innern Ueberzeugung von der Gerechtigkeit und Richtigekeit ihres Standpunktes. » Sonst wären sie vielleicht weniger schwankend geweser, und hätten in der heiligen Niederzeugung von der Gerechtigkeit der von ihnen vertretenen Sache, die an Zahl weit unterlegenen Gegner mit Reichtigkeit aus dem Versammlungslokal entfernen können. Die heilige Ueberzeugung von der Gerechtigkeit der Sache war aber auf der anderen Seite und das gab der kleinen Schar tapferer Kämpfer für die Deutsche Volksgemeinschaft in Rumänien auch den Mut und die Kraft zum Hurchhalten allen Angriffen zum Trob. Aber auch die Obmänner unserer Volksorganisation sind selbst schuld daran, daß es zu derartigen Szenen in der Versammlung kommen konnte. Es geht nicht an — wir haben mehrere Male davor gewarnt — die Einrichtungen der Volksorganisation zur Irreleitung des Volkes zu bewußen, und die überpartierliche Organisation der Nachbarschaften für eine Parteiversammlung einzuseßen. Die Leiter des Hermannstädter Kreis und Ortsausschusses haben in dieser Versammlung nur geerntet, was sie vorher gesät haben. Entweder die Versammlung war, wie es zuerst hieß, eine ZTreuerkundgebung für Friß Fabrisius, dann hätte aber die Volksorganisation nicht für sie eingeseßt werden dürfen. Oder es war eine „Wählerversammlung“, wie es später lautete, dann mußte aber den eingeladenen Wählern Gelegenheit zu einer Ausprache gegeben werden, wie es bisher immer schon üblich war. Die Ablehnung jeder Aussprache durch die Versammlungsleitung aber kann nur mit der Furt vor der Wahrheit erklärt werden, und die Einiegung der Volksorganisation für eine Parteiversammlung stellt nichts anderes dar, als einen unerhörten Mißbrauch des Vertrauens des Volkes in die von ihm gewählten Einrichtungen. Unser Sauernstand und sein Kleid jedoch it gewiß nicht von den Angehörigen der Erneuerungsbewegung, eher aber vom Volksratspräsidenten Wolff beleidigt worden, ebenso, wie das Wort , tügner" nicht ohne Ursache gefallen sein dürfte. Man frage nicht nur Gegner von Wolff, sondern auch Anhänger von ihm. Wenn sie ehrlich sind, werden sie zugeben müssen, daß in der Art, wie Wolff es tat, noch Rein jähriicher Volksratspräsident gesprochen, und wo Rein Sahle im Bauernkleid fi benommen hat. Volksratspräsidenten sollen sich, wenn sie Anspruch auf Acnung erheben, entsprechend benehmen. Für Schauspieler und Komödianten ist kein Blaß in der Rettung der fähsiihhen Volksorganisation! Bezeichnenderweise schließt Plattner seine Ausführungen mit dem Sag: „Nun mit frischem Mut und neuen Kräften ans Merz!" Nichts Hätte eindeutiger aufzeigen künnen, wo der eigentliche Nutnießer der fetten Ereignisse steht, als diese wenigen unvorsichtigen Worte eines sonst Uebervorsichtigen. Nichts Hätte aber aug flarer die Tragis dessen hervortreten lassen können da; Fri Fabritius, nachdem er durch Jahrzehnte für die Erneuerung gekämpft hat, nun daran geht, sie mit Hilfe jener Leute zu bekämpfen, die einst seine größten Feinde waren. Fri Fabritius und Hermann Plattner gehen gemeinsam „mit frischem Mut und neuen Kräften ans Werk!“ Der Gedanke ist erschütternd! Er sol ung aber an eine Zehre sein : Nichts oder zu lassen und zielstrebig und ohne Rücksichten unseren Weg zu gehen, den unnsere Neberzeugung und unsere Pflicht gegenüber dem deutschen Volke in Mitmänierung vorschreiben. „Bis hieher und weiter — tro& allem“, das soll die Losung für die Zukunft sein ! Deutsche Tageszeitung Aussichten auf friedliche Beilegung des abessiniischen Streites gleich null faval versucht Zeit zu gewinnen — Hoare nicht weiter nach friedlichen Lösungsmöglichkeiten London, 31. Juli. Entgegen dem ursprünglichen Plan sind Bölkerbundiminister Eden und die übrigen Mitglieder der englischen Völkerbundabordnung zu der am heutigen Mittwoch beginnenden Ratstagung nicht mit der Bahn gereift, sondern haben den Ruftweg über Paris bewußt. Diese Programmänderung geht wie verschiedene Blätter melden, auf den Wunsch des französischen Ministerpräsidenten gaval zurück, der einen neuen Plan für die friedliche Beilegung des aberjinihe italierischen Streites ausgearbeitet haben soll. Ueber diesen Plan selbst veröffentlichen die Blätter jedoch keine Einzelheiten. Sie lasfen im übrigen aber keine Zweifel darüber, daß auch nach gkavals Ansicht die Aussichten auf eine Vermeidung des Krieges glei null sind. Im übrigen betonen die Blätter, das England entschlossen sei, allein zwar nicht zu handeln, aber eine gemeinsame Aktion zu organisieren. Der englische Außenminiser Sir Samuel Soare hatte Sonntagabend eine längere Unterredung mit den Verretern der Dominien, in der er erklärt haben soll, England sei entschlossen, in Genf weiter nach friedlichen Weltungsmöglichkeiten zu suhen. Es werde gleichzeitig aber allen Bersucten, die Streitfrage in diesen feßten kritischen Medien wieder zu vertagen, entschiedenen Widerstand entgegenlegen. Eden, der ursprünglic für die Genfer Verhandlungen freie Hand erhalten hatte, ist nun angewiesen worden, vor allen wichtigen Entscheidungen in Genf erst mit dem Kabinett in London in Verbindung zu freien. In Begleitung Edens befinden sich übrigens der Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes, Malkin, der Reiter der Völkerbundabteilung Strang,der Unterstaatssekretär Lord Grandburne und verschiedene höhere Beamten des Auswärtigen Amtes, darunter mehrere Oberlinien.Fachleute. Hal-Ual joll zuerjt ge regelt werden Paris, 31. Juli. Die Bereicherung des halbamtlichen „BetitPharisien“, daß Raval hoffnungsvoll nach Genf abreisen könne, da England und auch Italien zum Entgegenkommen befreit seien, wird von anderen Blättern nicht unbedingt geteilt. „Q’Deupre“ meint, gaval wolle anscheinend dem Völkerbund vorschlagen, Italien und Xbelsinien aufzufordern, ihre Verhandlungen, lediglich zur Regelung des Swhlhenfalles von Val-Val wiederaufzunehmen, und nur im Falle des Sceiterns, die Prüfung der gesamten Frage nach dem 25. August in Aussicht zu nehmen. Man werde also im Grunde genommen wieder einmal versuchen, Sett zu gewinnen. Konferenz Eden —Laval Paris, 31. Juli. Ministerpräsident und Außenminister Laval hat am Montagabend den englischen Geschäftsträger Campbell empfangen. Die Unterredung drehte sich um den italienischaberinnischen Streitfall. Der englische Diplomat teilte dem französischen Ministerpräsidenten u. a. mit, daß Minister Eden am Dienstagnachmittag in Paris eintreffen werde. Daraufhin wurde eine Unterredung zwischen Eden und Zaval am späten Dienstagnachmittag vereinbart, Eden II sodann mit Zavalabend nach Genf abgereist. Zaval wird von dem Generalsekretär im Quai d’Orsayeger, dem stellvertretenden Direktor Maffighi und Kabinettschef Richard begleitet. England bereitet den Einmarsch nach Abessinien vor Zum „Schaut der englischen Belange“ — Plan einer Bejehung des Tana-See Paris, 31 Juli. Der Londoner Berichterstatter des „Echo de Paris“ meldet: Aus ägyptischer Quelle wird bertätigt, daß die englische Regierung , gegenwärtig im Sudan gewisse militärische Maßnahmen treffe. Sobald der Krieg zwischen Abessinien und Italien ausbreche, würden ägyptiscche und G Sudantruppen die Grenze des Sudans überschreiten. Sie würden Gondal und die Gegend um den Zana--See beseßen, um die englischen Belange zu schüßen. An dem Tag, an dem die Italiener dann nach hartem Kampf an den Quellen des Nils eintreffen, würden sie bereits auf England stoßen, das, da es das Gebiet dann zuerst beseit habe so Al Befit Anspruch erheben werde. Kalkutta, 31. Suli. Italiens Haltung gegenüber Abelsinien und die Unfähigkeit der imperialistischen Mächte, den Frieden zu büßen, wurden auf einer von führenden Indern einberufenen Masj senverZwischenleitung eingegangen wäre, sodaß der Krieg und neues Unheil in Genf vermieden worden wäre. Inder gegen Mussolini Mafsolini klagt England an Mailand, 31. Juli. Die abessinische Antwort an den Wölkerbund wird von der italienischen Bresse als spisfindig und lüdenhaft bezeichnet und die Polemik gegen England mit unverminderter Schärfe fortgelegt. Mussolinis „Bopolo d’Italia“ kommt dabei zu dem Schluß, daß im italienisch-abessinischen Streit der Krieg nur Damm vermieden werden könne, wenn England den italienischen Vorschlag auf Errichtung eines italienischen Protestorates über Abessinien annehme. Abessinien würde dadurch eine ähnliche Stellung erhalten, wie Aegypten. Es liege auf der Hand, daß ohne Englands Unterstügung der Negus nachgegeben hätte und auf eine . August 195 — sammlung in harten Worten getadelt. So wurden auch die Ausführungen des italienischen Ministerpräsidenten über die farbigen Völker zurückdgewiesen. Der 7. Weltkongres der Komintern Moskau, 31. Stil. Der siebente Weltkongreß der Komintern hielt vorgelers zwei Sitzungen ab. Die Vormittagsfigung wurde mit dem Bericht eines Vertreters der kommunisftfen Jugendinternationale eröffnet. Der Redner erklärte, es soll ein neuer Typ von Jugendlichen geschaffen werden, die in erster Linie gute Verichter der weltrevolutionären Ideen sein sollten. Dann trat ein Vertreter der Ukrainer auf, der wüste Drohungen gegen Polen ausstieß. Neue Todesurteile gegen Geistliche in Sowjetrusland Genf, 31. Juli. „Journal des Geneve" berichtet über neue Todesurteile gegen evangelische Geistliche in Sowjetrußland. Der Pfarrer Johann Göring, der seit mehreren Monaten in Kiew gefangen gehalten wurde, ist zum Tode verurteilt worden. Das Urteil ist bestätigt worden. Man weiß aber nicht ob es bereits vollstreckt ist. In gleicher Lage befindet sic Pfarrer Kleudt, der auch in der Ukraine gesangen gehalten wird, Untersuchung des Varsailler Anschlages abgeschlossen Paris, 31. Juli. Die Voruntersuchung über den Anschlag auf König Alexander von Gadjlamien und Barthou ist nunmehr endgültig abgeschlossen. Die Schriften des Untersuchungsrichters sind an die Staatsanwaltschaft von Wil les Bains gegangen, wo voraussichtlich der Prozeß im Oktober dieses Jahres beginnen wird. Haftbeschwerde Nacht - Balatoresen abgewiesen Bukarest, 31. Juli (fernmündl.). Geffern gelangte der Appell zur Verhandlung, den der Polizeiquärter Calatorescu und der Betrüger Paul Nacht gegen die Bestätigung ihres Haftbefehls durch den Bukarester Gerichtshof angestrengt hatten. Nach einer längeren Beratung stellte das Appellgericht fest, daß zum Gedeihen der Untersuchung , die weitere Inhafthaltung der beiden Angeklagten unbedinge notwendig sei, und wies ihr Ansuhen zurück. Austrenrat und chinesische Banditen entführen deutschen Zeitungsschreiber Der deutsche Zeitungsvertreter Dr. Müller und der Engländer Hames wurden von chinesischen Banditen entführt. 500 chinesische Gendarmen sind zur Verfolgung der Banditen eingelegt worden. Italienische Munitionsfabrik in die Zuft geflogen Die italienische Munitionsfabrik bei Bareje is in die Zuft geflogen. Die Erplofion war so heftig, daß sie in weitem Umkreis gehört wurde und in der Bevölkerung eine große Panik hervor» rief. In dem von der Erplosion zerfferten Teil der Fabrik wurden Sandstücke für Sandgranaten angefertigt. Im Kreis von vielen Kilometern wurden sämtliche Sensterscheiben eingedrückt. Aus den Trümmern der Fabrik wurden 55 Tote geborgen, größtenteils Frauen und Mädchen, die in der Back- und Beitandabteilung arbeiteten. Die Leichname sind zum Teil furchtbar verstümmelt. Die genaue Anzahl der Opfer ist noch unbekannt. In der Fabrik arbeiteten insgesamt 500 Angestellte, größtenteils Frauen und Mädchen. Die Anzahl der Berichten it auch noch nicht beskannt; sie sind alle schwer verlegt. Das Unglück entstand vermutlich in der Backabteilung infolge Fallenlaffens einer Kiste mit Explosionsstoffen. Während Moses Schmiere fand... Im Nordosten Berlins wurde ein Verbrechen aufgedeckt, das vor wenigen Tagen durch einen 1bjährigen Juden a nA