Die neue Zeitung, Juli-September 1937 (Jahrgang 8, nr. 1361-1373)

1937-07-04 / nr. 1361

, Garten Capitol mit Evi Maltagliati und Gino Ceroi INN BOX ; Bucuresti, Str. Lipscani Idebaran NNT­ETERITERENN] INNINNHNN Snternationales Shahfurnier am Semmering Der Oesterreichische Schachverband versendet zusammen mit dem Grandbolel Bauhaus Einladungen zu einem großen internationalen Schachturnier, das vom 20. August bis 25. September 1937 auf dem Semmering Rati finden soll. Die von den Biranffalfern veröffentlichte Einladungs- Iffe lautet: Dr. Eume, Dr. Aljechin, Capablarca, Bot­winnik, Dr. Lasker, Fine, Reihervsky, Keres,B.Frydmann, Sir Thomas, Alexander, Stahlberg,, Bozoljubow, A. Richter, Prof. Doktor DVidmar, Pirc, Castaldi, Hr. Tarlakower, Flohr, Leistental, 2. Steiner, Follys, Kashdan, sowie vier bis fünf österreichische Meister. Sollte das Turnier in dem geplanten Umfange zustande­­kommen wird es sicherlich eine der bedeutendsten Schach­­veranstaltungen der lekfen Zeit werden. Besuchen Sie Bukarest! Neben dem Nordbahnhofe Hotel Imparatul Traian ([mil)) Eigentum der Bank „Oasia“ 8. A. Sıbiu XI. Cales Grivigei 177 — Fernruf 35214 Einbettige Zimmer von Lei 88­- aufwärts Haus ersten Ranges, Aufzug, Zentralheizung, Fliessendes Kalt- und Warmwasser in jedem Zimmer. Bad Zuvorkommende Bedienung — Beliebter Treffpunkt der Siebenbürger Unser Hoteldiener erwartet Sie am Nordbahnhofe Eine neue Frucht In Amerika hat ein Gärtner eine Kreuzung zwischen Himbeere und Brombeere herausbekommen. Zwölf Jahre plagte er sich mit den Versuchen. Nun hat er die neue Studi, die wie eine sehr große Brombeere aussiebt, patentieren lassen. Die neue Zeitung Sonntag, den 4. Juli 1937 — 1361 Das Bekeimnis der Feilungen von Lourdes 2400 Xerzie, die in einer eigenen Lourdes Bers­einigung zusammengefaßt sind, haben sich die schwierige Aufgabe gestellt, die einwandfrei nachgewiesenen wunder­­vollen Hitlerfolge von L­ourdes mit volljeinhaftlicen Methoden zu untersuchen. Diese Forscher rekrutieren ih aus Medizinern von zwanzig Nationen und nahezu die Hälfte von ihnen sind Spezialisten auf den verschiedenen Zweiggebiesen der ärztlichen Willensh­aft. Eine halbe Million Kranke An der Spike der ganzen Körperschaft steht der bes­rühmte französische Nervenarzt Professor Balleni. Kürzlich gab dieser Gelehrte in­ einer Unterredung die Vorauss­tehung bekannt, unter denen die wilsenschaftliche Erforschung des Wunders von Bourdes vor sich gehen sol. Sahraus­ jahrein wird dieser Bandenort von mindestens einer halben Million Kranken besucht; unter ihnen befinden sich rund 25.000 Menschen, deren Beiden mit den Hilfsmitteln der ärztlichen Wissenschaft nicht geheilt werden konnten. Seder Patient, der von einem Mitglied der Vereinigung behandelt wird, bringt von seinem Arzt eine genaue K­rankheitsgeschichte nach Lourdes mit. Hier meldet er sich im Ärztlichen Bureau der Vereinigung; diese unter­­hält in Bourdes auch eine modern ausgestaltete Klinik. Itan wird in die Krankengeschichte Einsicht genommen und der Patient aufs genaueste unterfuhr. Eis nach allerstrengster Prüfung wird ein Gutachten darüber abgegeben, ob der Kranke als geheilt zu betrachten sei oder nicht. Eine „Wunderheilung‘‘ wird nur dann an­erkannt, wenn sie innerhalb von vierund­­zwanzig Stunden ohne jedes ärztliche Zu­ tun in Lourdes erfolgt ist; außerdem wird der Kranke noch ein Jahr b hindurch an seinem Wohnort Ärztlich beobachtet und nach dem Ablauf dieser Frist neuerlich in Lourdes untersucht. Wenn seine Genesung auch bei dieser Nachprüfung einwandfrei bestätigt wurde, wird er in die Liste der Geheilten aufgenommen. Der „Urteilsspruch“ wird von einer Jury gefällt, die sich aus 25 namhaften Aerzten zusammenjeßt. Zehn M­ätsel im Jahr Die große Zahl der Nervenkranken, die Lourdes ges beilt verlassen, wird hierbei überhaupt nicht in Betracht gezogen. Aber neben diesen Erfolgen, für die man noch eine wissenschaftliche Deutung finden kann, ereignen sich alljährlich ungefähr zehn Heilungen, denen auch die gelehrtesten Kritiker völlig ratlos gegenüberstehen. Sie betreffen nämlich schwere organische Reichen, deren plößliches Schwinden wir als Wunder hin­­nehmen mü­­sten, weil wir es einfach medizinisch nicht bes gründen können, inne eme men Die Kinderlähmung Vor kaum hundert Jahren das erstemal beschrieben, ist diese Krankheit heute in aller Welt ein Schreckgespenst. Die große Erregung, die ihr Auftreten in unserer Be­­völkerung, insbesondere aber in Elternkreisen, ausgelöst hat, läßt einige aufklärende Worte darüber erwürscht oder sogar notwendig erscheinen. Der ansteckende Charakter der Krankheit wurde zuerst in einer kleinen Stadt Schwedens bekannt, als innerhalb Monatsfrist vierundvierzig Personen erkrankten. Seither wurden noch häufiger ausgebreitete oder kleine Epidemien beobachtet. Die Körperbeschaffenheit spielt bei der Anstehung keine Rolle. Kräftige und gesunde Kinder erkranken ebenso häufig wie Rhachitisdhe, Skrofulen­ und Anämische. Auch höhere Lebensalter werden nicht ver­­schont, wie aus folgender lehrreichen und zuverlässigen Statistik der Stadt Leipzig hervorgeht. Es erkrankten dort im Jahre 1927 insgesamt 209 Personen, davon 132 Kleinkinder, 64 Schüler und 13 Erwachsene. Davon starben 11 Kleinkinder, 9 Schüler und 7 Erwachsene. Die heißen Sommermonate sind die Zeit der häufigsten Epidemien. Der Ansteckungskeim ist zwar feiner Form und feinen biologischen Eigenschaften nach noch nicht sicher festgestellt, jedoch hat man mit Nasen- und Rad­en­­schleim erkrankter Menschen erfolgreiche Uebertragungen auf Affen vornehmen können und auf diesem Wege das Vorhandensein des Giftes und seine Ansteckungsfähigkeit sicher erwiesen. Der Verlauf nach erfolgter Ansteckung ist sehr verschieden. Sieben bis zehn Tage dauert es, bis die ersten Krankheitszeichen, bestehend in Mattigkeit, höherem oder geringerem Fieber, ziehende Schmerzen im Rumpf, Nacken und Gliedern, oft schon bei einfacher Berührung, starke Schweißausbrüche, dann aber auch Erscheinungen die­ auf Bronchitis oder Verdauungsstörungen hindeuten. Wie man sieht eine bunte Reihe, die aber selbstverständ­­lich nicht vollzählig in Erscheinung tritt, sondern nur das eine oder andere Symptom. Wie­ s später noch zu erörtern sein wird, kann damit der ganze Verlauf nach einigen Tagen erledigt und die Kranken wieder genesen sein. Oder aber es beginnt ein zweites Stadium, meist plötzlich und unvermutet durch Lähmung einzelner oder mehrerer Gliedmaßen, durch welche dann der wahre Charakter der Krankheit offenbar wird. Lebensgefahr tritt ein, wenn die Erkrankung, die ihren Sig in gewissen Teilen des Rückenmarks hat, wichtige Bezirke des Zentralnervensystems ergreift z.B. das Atem­zentrum, wodurch Lähmung der Atmungsmuskulatur und Erfüillung eintritt. Ausnahmsweise gibt es auch stürmisch verlaufende Fälle, die bei abendlichem Krankheitsbeginn sich innerhalb einer Nacht bis zu den vollendeten Lähm­­ungen entwickeln können. Seit dem Weltkrieg zieht diese Krankheit immer weitere Kreise, so daß man begreiflicher­­weise überall nach Mitteln und Wegen spricht, ihr zu begegnen. Zahlreiche Mittel sind erfunden und ange­­priesen worden, ohne daß leider auch nur einem einzigen ein nennenswerter Erfolg beschieden gewesen wäre. Bezüglich der auch in Laienkreisen oft besprochenen Serumbehandlung sei folgendes gesagt: das Serum ist ein Bestandteil des Blutes, welches gewöhnlich künstlich krankgemachten Tieren entnommen wird und welches Scußstoffe in Form von Gegengiften enthält, die dem erkrankten menschlichen Organismus einverleibt werden. So verhält es sich bei der Diphterie, Starrkrampf und andern mit Heilserum behandelten Infektionskrankheiten. Dieser Weg ist bis nach bei der Kinderlähmung nicht gangbar. Die Tiere, mit Ausnahme der Affen, können als Serumspender nicht in Betracht kommen, weil sie gegen diesen Krankheitskeim unempfänglich sind. Aus Affenblut gewonnenes Serum hat sich nicht bewährt. Wohl aber hat man in Deutschland erfolgversprechend Menschenserum in Anwendung gebracht, welches in der Rekonvaleszenz befindlichen Kranken abgezapft wird, in besondern Zentralen fachgemäß aufbewahrt und im Bedarfsfalle verschickt wird. Dazu gehört aber nicht nur ungemein genaue Laboratoriumsarbeit, welche gewisse, mit der Uebertragung von Blut von Mensch zu Mensch verbundene Gefahren ausschaltet, sondern auch eine genau klappende O Organisation, durch die das Serum auch immer zur rechten Zeit dort zu haben ist, wo es plößlich gebraucht wird. Denn es liegt auf der Hand, daß solches Rekon­­valeszentenserum nicht in Mengen zur Verfügung stehen kann. Die Wirkung dieses Serums soll nach den bisherigen Erfahrungen gut sein, allerdings mit dem Vorbehalt, daß die Impfung vor dem Auftreten der Lähmungen erfolgt. Dasselbe ist zu sagen von der Einspingung von Elternblut in den erkrankten kindlichen Körper. Auch hier ist nur eine günstige Wirkung im Vorstadium zu erwarten. Aus diesen kargen Andeutungen, die für den Zweck dieser Zeilen genügen müssen, geh­t soviel hervor, daß weder die chemisc­he Industrie, die sonst so viel leistet, noch aber die Serumbehandlung einen Weg gefunden hat, der zuverlässig zur Heilung dieser schrecklichen Krankheit führt. B Je zweifelhafter aber der Erfolg der Bemühungen der Aerzte bei der Behandlung der Kranken ist, umso mehr muß ihre und der Sanitätsbehörden Augenmerk auf die Vorbeugung gerichtet sein. Von größter Wichtigkeit ist es, auftauchende Infektionsherde abzuriegeln um dadurch jede Weiterverbreitung zu verhindern. Mit wertvollen Erfahrungen hat in neuerer Zeit emsige Forscherarbeit unter Wissen in dieser Hinsicht bereichert. Man weiß, daß die Ansteckung nicht nur durch den Kranken, sondern auch durch Personen, welche sich im inf­zierten Luftraum aufgehalten haben, übertragen wird. Noch gefährlicher sind die geheilten Leicht­kranken Wie schon anfangs erwähnt, gibt es eine Reihe von Fällen, deren Krankheits­­verlauf, gar nicht bis zum Lähmungsstadium fortschreitet, sondern die nach dem Ueberstehen der einleitenden Krankheitsvorboten wieder­gefunden. Das hängt eben von einer besondern körperlichen Beschaffenheit, Disposition oder deutsch Erkrankungsbereitschaft, ab. Aerzte von wissenschaftlicher Bedeutung geben an, daß auf einen fall mit typischen Lähmungen neun sogenannte „abortive“ Zälle zu rechnen sind, bei denen es zu keinerlei Lähmungserscheinungen gekommen ist. Alle diese tragen den ansteckenden Stoff (Virus) auf den Schleimhäuten des Racchens und hauptsächlich der Nase mit fi. Sie sind es, die ohne selber krank zu sein in der heute allgemeinen bekannten Rolle als Bazillen oder Keimträger die Ansteckung überall hin verbreiten können. Daraus ergibt sich zur Genüge, mit welcher Gefahr und Ansteckungs­­mögli­chkeiten beim Auftreten von Kinderlähmungsfällen zu rechnen ist Dem­entsprechend müssen auch die Maßnahmen der Sanitätsbehörde getroffen werden. Nicht nur weil die Gefäße es strenge vorschreiben, sondern auch aus der ärztlichen Ethik heraus, ergibt es für den Arzt die Forderung, alles zu tun, um der Sanitätsbehörde die Erfüllung ihrer Pflicht möglich zu machen, für die Eltern aber soll hiemit die Warnung ausgesprochen werden, ihre Kinder zu solchen Zeiten vor allen Infektions­möglichkeiten zu bewahren durch fernhalten von Ansammlungen und Zusammenkünften, Vermeidung von Berührungen, insbe­­sondere mit fremden Personen und vor allen Dingen Ab­­sonderung aller erkrankten Kinder von den Gesunden. Gewilt gehen die meisten Lähmungen im Laufe zweck­mäßiger orthopädischer und elektrischer Behandlung, welche sich über Monate hinausdehnt, zurück, so daß arbeits­­fähige und für das Leben brauchbare Menschen heran­­wachsen. Leider verbleibt aber noch immer ein nicht unerheblicher Rest solcher, die lebenslänglich mit schlaffen, zu keinerlei Arbeit fähigen Gliedmaßen behaftet sind und sich und ihren Eltern Kummer und Sorgen bereiten. Dr. Melzer __

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