Die Woche, 1985. Juli-Dezember (18. évfolyam, 916-941. szám)
1985-08-23 / 923. szám
Die Woche Nr. 923 / 23. August 1985 Franz Gebbel ist im Zeitraum 1863—1877 eine führende Persönlichkeit der Siebenbürger Sachsen gewesen. Er unterscheidet sich aber von den meisten anderen Volksführern dadurch, dass er nie ein höherer amtlicher Würdenträger gewesen ist, keine Ehrenstellen angestrebt und auch keine Bücher geschrieben hat. Selbst die vielen von ihm verfassten Zeitungsaufsätze sind fast alle ungezeichnet erschienen. Er trat in der Öffentlichkeit vor allem als Politiker und Journalist in Erscheinung. In seinem eigentlichen Beruf, dem des Sekretärs der evangelischen Kirche, wirkte er mehr in der Stille. Franz Gebbel erblickte am 25. Juli 1835 — also vor 150 Jahren — in Klausenburg das Licht der Welt. Sein Vater war Beamter des siebenbürgischen Guberniums, das damals dort seinen Sitz hatte. Beide Eltern stammten aus alteingesessenen sächsischen Beamtenfamilien. Zu Gebbels Vorfahren zählte auch der teschkircher Königsrichter Michael von Brukenthal, der .Vater des Gubernators Samuel von Brukenthal. Der hochbegabte Junge besuchte fn Klausenburg das unitarische Gymnasium und lernte perfekt ungarisch sprechen, was für ihn später, im Abwehrkampf gegen die Magyarisierung, von grosser Bedeutung war. Er blieb das einzige Kind und schon zehnjährig verlor er den Vater. Die Mutter bemühte sich, dem Sohn eine vielseitige Ausbildung zukommen zu lassen. 1849 übersiedelte sie mit ihm nach Hermannstadt, wo er das sächsische Gymnasium besuchte und 1852 mit Auszeichnung beendete. Anschliessend bezog, er die Hermannstädter Rechtsakademie. 1853 verlor Gebbel auch seine Mutter, aber da ihn ein Onkel unterstützte, konnte er seine Studien fortsetzen und beenden. Gebbel war bestrebt, seinen geistigen Horizont nach allen Richtungen hin zu erweitern. Darum machte er 1854—1855 Reisen durch Oberitalien, Mitteldeutschland, die Schweiz, Belgien und zur Weltausstellung nach Paris. Danach setzte er ln Wien das Studium der Rechte fort, studierte aber auch lateinische Klassiker, Philosophie und Pädagogik und wandte ebenso seine Aufmerksamkeit der deutschen, ungarischen, französischen und englischen Literatur zu; gleichzeitig vertiefte er sich in die Rechts- und Kulturzustände Siebenbürgens. In Wien, wo er sieben Jahre lang blieb, wurde er mit dem damaligen stellvertretenden Sachsenkomes Konrad Schmidt bekannt, der ihn mit verschiedenen Aufgaben in Wien betraute. Schmidt, der Gebbels Fähigkeiten richtig einschätzte, ernannte ihn zum „Accesisstenten“ seiner Kanzlei und veranlasste ihn 1862 nach Hermannstadt heimzukehren. Da hier aber weitere Kreise auf seine Tüchtigkeit aufmerksam wurden, wurde er schon 1863 zum stellvertretenden Aktuar der evangelischen Kirche berufen und 1865 zum Landeskirchensekretär gewählt, einen Posten, den er bis zu seinem Tode hauptamtlich innehatte. Als 1867 Siebenbürgen ein Teil Ungarns wurde,, ist das sächsische Volk aus der Geborgenheit eigenständiger Daseinsgestaltung jäh herausgerissen worden, stand, ohne in-nerlich darauf vorbereitet gewesen zu sein, in einem gewaltigen geschichtlichen Umbruch und war in Gefahr, sich in innerem Hader zu zerreiben. Gebbel schaltete sich sofort tatkräftig in den Kampf um die Erhaltung der siebenbürgischen Gesetze ein, nahm sogleich die geistige Führung des Widerstandes der Sachsen gegen die Magyarisierungsbestrebungen in die Hand und verteidigte mit Sachkenntnis und spitzer Feder die Rechte seines Volkes. 1868 wurde Gebbel nebenamtlich Schriftleiter des neugegründeten „Siebenbürgisch-Deutschen Wochenblattes“ und behielt dieses Amt bis zum 31. Dezember 1873, als die Zeitung eingestellt wurde. Gebbel war die Seele dieses Blatts. In der ersten Nummer schrieb eri „Das Wochenblatt wird bestrebt sein, sich loszulösen von den Schlacken des Tages; es wird nicht naehjagen jeder neuen Wasserblase, die heute auftaucht und morgen verschwindet. Es wird trachten das Geschehen zu prüfen, und nach Wahrheit zu ringen.“ In fast jeder Nummer verfasste er die „Wochenschau““, die er „Offene Briefe an meine Freunde“ nannte. Diese „Briefe“ zeichneten sich durch ruhige Sachlichkeit aus. Pathos war ihnen fremd. Manchmal berichtete Gebbel über Vorgänge, von denen er bescheiden zugab, sie nicht genügend durchschauen zu können, um eine Meinung zu äussern. Eine seiner Hauptaufgaben sah Gebbel darin, den Kampf zwischen den konservativen „Altsachsen“ und den nachgiebigeren „Jungsachsen“ zu beenden und die auseinanderstrebenden Kräfte und Meinungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Dazu schrieb er: „Die Deutschen in Siebenbürgen sind ihrer Zahl nach nicht stark genug, sich den Luxus des Parteiwesens zu erlauben.“ Er setzte sich für Glaubens- und Gewissensfreiheit ein: „Halten wollen wir an dem uralten Recht der bürgerlichen Gleichheit aller seiner Bewohner“. Mit allen Nationen in Frieden zu leben, war sein Wunsch. Sein Blatt setzte sich für die Aufrechterhaltung des alten Munizipalrechtes des „Königsbodens“ ein. Auch die Belange der Rumänen in Siebenbürgen verfolgte er aufmerksam. 1872 beschäftigte sich das „Wochenblatt“ mit dem rumänischen Nationalprogramm. Als man 1872 auf dem Mediascher Sachsentag eine gemeinsame Grundlage fand, ist das in erster Linie ihm zu verdanken. Gebbel war der Hauptträger der Gedanken, die damals im „sächsischen Nationalprogramm“ ihren Niederschlag fanden. Auf dem Sachsentag hat er mit eindrucksvollen, „flammenden Worten“ gegen den Hader im Inneren Stellung genommen und scharf die Friedensbrecher verurteilt. Als glänzender Redner ist er seinen Zeitgenossen im Gedächtnis geblieben. Im Laufe der Jahre stellte sich heraus, dass ein nur einmal wöchentlich erscheinendes Blatt nicht genüge, um das politische und kulturelle Leben der Sachsen entsprechend zu erfassen. So entschloss sich der Freundeskreis um Dr. Karl Wolff, dem auch Gebbel angehörte, das Wochenblatt einzustellen und von 1874 das „Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt“ herauszugeben. Dieses wurde nun von Wolff geleitet, aber Gebbel blieb sein treuer Mitarbeiter. Bei Einstellung des Wochenblattes schrieb er in der letzten Nummer: „Ein Kind seiner Zeit ist das Wochenblatt gewesen. Es war die erste Zeitschrift Siebenbürgens, die ihren Weg fand, weit über die Grenzen des Landes hinaus.“ Gebbel starb unverheiratet am 16. Mai 1877, erst 42jährig. Seine Zeitgenossen waren sich dessen wohl bewusst, welch grossen Verlust sein Tod für das sächsische Volk bedeutete. Dies zeigte sich darin, dass gleich nach seinem Tod für einen Gedenkstein auf dem alten Friedhof in Hermannstadt eine Sammlung eingeleitet wurde. Am 5. Mai 1880 fand die Enthüllungsfeier des Denkmals statt und anschliessend wurde von Heinrich Wittstock ein Gedächtnisvortrag gehalten. Kennzeichnend für Gebhel war seine grosse Heimattreue und Liebe zum Volk, dem er angehörte. Wenn auch eine grosse Zuneigung zur Kultur der deutschen Länder in seinem Herzen lebte, so beherrschte ihn „weit mächtiger und gewaltiger die Liebe zu dem Boden dieses Vaterlandes, der seine Heimatstätte war und zu dem sächsischen Volk“. „Aus der bedrängenden Gegenwart sich hinauszuflüchten über die Grenzen der vaterländischen Erde in den friedlichen Hafen der Fremde, um das Dasein in ungestörter Ruhe gemessen zu können, das war ihm feiger Verrat an dem eigenen Volk, das war ihm feiges Aufgeben einer sittlichen Pflicht.“ In der Reinheit des Charakters, in der strengen Sachlichkeit, die keine Rücksicht der Person kennt, sondern nur das Ziel im Auge behält, andere erhebend in der Liebe zu der Heimat und im Glauben an die Zukunft, kann er ein leuchtendes Beispiel auch für spätere Generationen von Sachsen sein. Nur das Ziel im Auge Ein sächsischer Journalist und Volksmann: Franz Gebbel, 1835 bis 1877 Von Dr. Hellmut KLIMA Wann und woher kamen unsere Vorfahren? Deutsche Siedlergruppen in Siebenbürgen (II) im ersten Teil dieses Beitrags von Dr. Hellmut Klima wurde in chronologischer Reihenfolge die Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen (12. bis 14. Jahrhundert), der Habaner (17. Jahrhundert) und der Landler (erste Hälfte des 18. Jahrhunderts) dargestellt. Der zweite und letzte Teil führt bis ins 20. Jahrhundert. Er behandelt eine Zeit, in der nur noch kleinere deutsche Siedlergruppen nach .Siebenbürgen zugezogen sind. 1761—1763: Etwa 1500 Gefangene und Deserteure aus dem Heer König Friedrichs II. von Preussen, die im Laufe des Siebenjährigen Krieges in die Hand der Habsburger gefallen sind, werden nach Siebenbürgen gebracht. Diese meist evangelischen Preussen verstreuen sich über mehrere Ortschaften Südsiebenbürgens, ohne geschlossene Gruppen zu bilden. Manche sind nach Friedensschluss in ihre Heimat zurückgekehrt, andere sind in Siebenbürgen geblieben, von denen mehrere hier geheiratet haben. "Unter den Hiergebliebenen ist auch der Berliner Schneidergeselle Joachim Witt- Stock gewesen, der Stammvater der bekannten Familie Wittstock, die zahlreiche Geistesschaffende hervorgebracht hat 1770: Aus dem „Hanauerland“ am Rhein, gegenüber von Strassburg, wandern etwa 700 ev. Hanauer nach Siebenbürgen aus. ln Mühlbach werden 175 von ihnen angesiedelt, bilden dort eigene Gassen und werden im Lauf der folgenden Jahrzehnte, nach anfänglichen Spannungen, eine Ein. heit mit den dort schon früher angesiedelten Durlachern. Die übrigen Hanauer verteilen sich in den Stühlen Mühlbach, Modiasch. Hermannstadt, Sehässburg und Reussmarkt, wo ihre Nachkommen Sachsen werden. Mit diesen Hanauem kommen auch einige Elsässer mit. 1773—1776: Aus der Pfarre .Stadl in der Steiermark wird die letzte Deportation von Protestanten nach Siebenbürgen vorgenommen. 187 Personen werden nach Siebenbürgen gebracht, wo die meisten ein frühes Ende im Elend finden. Allein in Neppendorf sterben 1774—1776 35 von ihnen. Nur wenige von den Stadlern haben Nachkommen hinterlassen. Nirgends siedelten sie in grösseren Gruppen. 1779: Einige böhmische und mährische Familien wandern aus ihren Heimatländern aus und nach Hermannstadt zu. 1804: Mit Unterstützung der Wiener Regierung kommen 47 Familien aus der damals an Frankreich abgetretenen Grafschaft Falkenstein in der Rhein pfalz nach Siebenbürgen und werden in der damaligen Kameralherrschaft Hunedoara angesiedelt, wo ihre Nachkommen magyarisiert sind. 1844—1846: Auf Betreiben von .Stephan Ludwig Roth und mit Förderung des Siebenbür. gischen Landwirtschaftsvereins wandern 1886 ev. Württemberger aus und lassen sich in verschiedenen Orten Siebenbürgens nieder, ohne jedoch irgendwo grössere Gruppen zu bilden. Sie sind mit den Sachsen verschmolzen. 1849—1861: In der Zeit des österreichischen Absolutismus 20. Jahrhundert kommen als Einzelwanderer zahlreiche deutsche und deutschsprechende Beamte aus allen Teilen des Habsburgerreiches nach Siebenbürgen und setzen sich hier in verschiedenen Orten fest. Ihre Nachkommen haben sich ihrer Umgebung angepasst. 1893—1900: Durch die Vereinsbank von Hermannstadt werden etwa 1100 ev. Schwaben aus der Batschka und aus dem Banat in den westsiebenbürgischen Orten Batiz und Benzenz angesiedelt, woher aber die Mehrheit wieder zurückgewandert ist. Heute leben noch in Batiz etwa 100 und in Benzenz etwa flO Nachkommen dieser Schwaben. 1902—1938: 264 Zipser aus der Nordmoldau wandern in das Nösnerland ein und siedeln sich in mehreren Orten an. Bis 1945 waren von diesen 88 in Wallendorf. 78 in Jaad, 36 in Kleinbistritz, 20 in Bisti'itz und der Rest in neun anderen Orten wohnhaft, wo sie damals noch ihre Mundart sprachen. Gegenwärtig sind sie fast ganz verschwunden. Ausser den erwähnten Einwanderergruppen sind noch zahlreiche Einzelzuwanderungen aus deutschen Ländern vorgekommen. Solche sind schon im 16. Jahrhundert nachweisbar. Manche Zuwanderer sind bedeutende geschichtliche Persönlichkeiten gewesen (Pemfflinger. Haller, Conrad Haas), ln der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind einzelne Flüchtlinge aus Oberungarn gekommen, weil sie dort als Evangelische verfolgt wurden. Ausserdem sind zwischen dem 17. und dem auch zahlreiche Militärpersonen in Siebenbürgen ansässig geworden. HEIMATKUNDE In alten Zeitungen geblättert Die Schwimmkunst vor 150 Die Schwimmkunst ist eine gymnastische Übung für den Menschen, die auch des Vergnügens wegen, welches sie den Schwimmenden verursacht, in der Erziehung keineswegs vernachlässigt werden sollte. Die Bewegungen, welche der Schwimmer im Wasser macht, der schöne Anblick des nassen Elements, das angenehme Anprallen an den Körper, das daher rührende Gefühl der Erfrischung und Stärkung, das Gefühl der Erleichterung jeder Verrichtung, sind die grossen Vergnügen der Schwimmkunst. Die vornehmsten Familien des Altertums nahmen Unterricht in derselben; der Landmann übet sie heute noch mit seinen Kindern mit Vergnügen aus; nur unser heute aufgeklärter Städter findet Bedenken, mit dem Fische zu wetteifern; Vorurteile halten ihn davon ab, die aber auch, wie so viele andere, um so mehr verschwinden werden, als in den meisten Städten die wohltätigen Schwimmanstalten errichtet werden. Welche Vorzüge aber der Geschmeidigkeit des Körpers besonders dem Militär darbietet, bewies die Produktion in der militärischen Schwimmschule, wo in Gegenwart der hohen Generalität und vieler anderer Zuschauer mehrere sehr geübte Schwimmer selbst mit Beibehaltung der Montur nebst Seitengewehr sich im Schwimmen auszeichneten. An dem grossen Wasserbassin werden nebst den vielen separaten Badekabinetts noch Blumen Parapets angelegt, Bäume gesetzt mit Bänken, von welchen die schönsten Gebirgsgegenden zu übersehen sind. Ein gebahnter Weg für Fahrende und Fussgänger, in einigen Jahren mit Bäumen beschattet, ist in Anordnung. Fuit quondam tempus — Es war einmal... Aus „Der Siebenbürger Bothe“, Hermannstadt. Nr. 59 von Mittwoch, dem 29. Juli 1835. und übernommen vom „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt“ Nr. 18674 vom 21. Juli 1935. Hellmut TARTLER Jahren Seite 6