Kassa-Eperjesi Értesitő, 1872 (Jahrgang 34, nr. 1-104)

1872-04-20 / nr. 32

IEEE DRENTHE WOERNER set TART ATTYA SPITE 3 XXXIV. Jahrgang 1872. Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. Pränumeration für Kaschau vierteljährig 1 fl. 25 fl., mit Postver­­sendung 1 fl. 50 kr. Pränumeration wird jeden Tag angenom­­men bei der Administration der Kaschauer Zeitung, Hauptgasse Nr. 60, bei al­­ Megjelen minden Szerdán és Szombaton, Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Nr. 32. Raschau, Samstag 20. Kpril. YPokalblatt für Volks-, Haus- und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. „Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petit­­bei größeren Ankündigung­­en und öfterer Einschaltung entsprechenden Nachlaß. In Wien übernehmen Inserate für uns die Her­­ren A. Oppelik, Wollzeile Nr. 22,­­ Haassenstein , Vogler, Neuer­ Markt Nr. 11 und Rudolf Mosse Annoncen - Expedition. In Pest L. Lang's internationale Annoncen-Expedition und Alexander Singer. In Verlin, 8. Kornik. In Stuttgart, E. Stöckhardt. In Paris Havas Laffitt-Bullier & Comp. Place de la Bourse. Anonym­e Briefe werden nicht berück­­sichtigt und Manuskripte nicht zurück­­gegeben. Den Postanstalten u. Buch-, handlungen. aschauer Zeitung und Kundschaftsblatt für Kaschau und Spezies. (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ.) zeile. — JInseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Kaschau, 19. April. Sehr langsam und inmitten der heftigsten Parteikämpfe beginnt die französische Republik sich zu konsolidiren. Die Orleans und Heinrich von Frohsdorf konnten sich nicht ver­­söhnen, die Fusion scheiterte und die Reise des letzteren nach Belgien nahm ein klägliches Ende, nachdem durch sie der innere Friede eines gastfreien Volkes gestört und überdieß reit viel­ diplomatischer Staub aufgewirbelt worden war. Die Royalisten in der französischen Nationalversammlung zu Versailles haben sich zum Abwarten günstigerer Umstände entschlossen. Thiers scheint sich als Präsident der französischen Republik tun gefallen und­ dieselbe täglich mehr: lieb zu ge­­­winnen, woher es wohl gekommen sein mag, daß er sich mit dem Exdiktator Gambetta auf einen freundschaftlichen Fuß gesezt und wahrscheinlich mit demselben ein Geheim­­bündniß zum Scuße der Republik geschlossen hat. Die Rede, welche Gambetta in jüngster Zeit zu Angers in der Vendée gehalten hat, und die sich durch eine sehr gemäßigte Sprache und durc Aeußerungen des Vertrauens zu Thiers von seinen früheren Reden auffallend unterscheidet, berechtigt an der Vermuthung, daß es zwischen ihm und Thiers zu einem Ausgleiche gekommen ist. Im Allgemeinen hat sich die Stimmung in Frankreich gegen Deutschland nicht ge­­bessert und es ist noch immer der Vergeltungskrieg, auf welchen Bolt, Parlament und Regierung in Frankreich un­­ablässig sinnen und worauf sie sich mit Hintansezung der dringlichsten Bedürfnisse der eigenen Volkswirthschaft vorbe­­reiten. Während die ganze Welt durch die Katastrofe des Jahres 187971, durc das Gebahren der französischen Natio­­­­nalversammlung und insbesondere durc die Enthüllungen bei den Processen gegen hervorragende französische Staatmän­­ner und Generale zu der klaren Erfenntung dessen gelangt ist, wie tief das französische Volk unter dem zweiten Kaiser­­reiche und in Folge seiner schlechten Volksschulen gesunken ist und wie es eines durchgreifenden Regenerationsprozesses bedarf , um dasselbe wieder auf das Niveau der meist vorgeschrittenen Nationen zu bringen, fährt man in Frank­­­rei< durchchnittlich fort, sich für die große Nation zu hal­ten, die „an der Spite der Civilisation marschirt" und sucht die Ursachen der erlittenen beispiellosen Niederlage nicht in den eigenen Mängeln und Fehlern, sondern im Verrathe und in einem tückischen Verhängniße. Von dieser Selbsttäuschung sind in Frankreich nur wenige auserlesene Geister frei ge­­blieben und zu diesen zählen weder der Präsident der fran­­zösischen Republik, Herr Thiers, noch die übrigen, auf den Gang der inneren Politik Frankreichs in maßgebender Weise einwirkenden Männer. Diese Befangenheit des öffentlichen Urtheils bildet das wesentlichste Hinderniß, welches der wirths­­schaftlichen und sittlichen Ausrichtung Frankreichs entgegen steht, und es wird nd mancher bitteren Lehre bedürfen, um die Franzosen von ihren Wahnvorstellungen gründlich zu heilen. Durch den Rückfall in das Schußzollsystem und die damit verbundene Kündigung des Handelsvertrags mit Eng­­land hat sich Frankreich neuerdings alte Freunde abwendig gemacht, dur< das aufre<t erhaltene Bündniß mit der ultra­­montanen Partei hat es die Sorge Deutschlands und Italiens wach gerufen und dann wahrscheinlich eine Defensivallianz dieser beiden Mächte veranlaßt. Gambetta hob in seiner vorerwähnten Rede hervor, daß die republikanische Idee in ganz Frankreich gleich starke Wurzeln geschlagen habe und die republikanische Partei ganz allein den Nationalgeist repräsentire. Einige Stellen dieser merkwürdigen Rede dienen insbesondere zur Charakteristik der gegenwärtigen französischen Zustände und Ansichten, von denen wir die nachstehenden hier mittheilen. „IH bin der Meinung, sagte Herr Gambetta, daß „wir­ bei einer besonderen Periode der Geschichte der franzö­­sischen Revolution angelangt sind, und ich betone dieß unter dem frischen Cindrude der namenlosen Unglücksc­hläge, welche Frankreich verstümmelt und erdrüct, aber Dob unoch lange nicht ruinirt haben. Nein, überall sieht man die Keime der Lebensfähigkeit wieder aufsprießen , die Herzen Muth fassen, die Zukunft sich abzeichnen, so daß man mit Sicher­­heit sagen kann: diese Nation, welche ihre Ehre zu retten wußte, wird auch den ihr in der Welt gebührenden Rang z­ieder zu gewinnen wissen. Das zweite Kaiserreich fiel nicht durc eine Emeute, sondern so zu sagen durch eine Art physischen Ex­ kess, durc­h eine Art von allgemeinem Aufstossen (par une Sorte de hoquet public). Es gibt in unserem Lande eine Partei, sagt er, die aus Leuten besteht, welche viel mehr unschuldig als boshaft sind, (die Legitimisten) und die vermöge ihrer Geburt, ihrer religiösen Erziehung, ihres Neihthums einen eigenthümlichen Standpunkt einnehmen. Sie tragen den Ereignißen, die sich seit einem Jahrhundert nndt nur in Frankreich, sondern in ganz Europa und in der neuen Welt begeben haben, ebenso wenig Rechnung, wie den Principien der Volkswirthschaft und den Errungenschaften der freien Forschung. Sie halten sich aus einer gewissen Ritterlich­­keit des Charakters und der Gesinnung für verpflichtet, inmitten unserer modernen Gesellschaft die Rolle von unbekehrbaren Paladinen zu spielen. Man spreche ihnen nicht von Bernunft, sie kennen nur den Glauben ; man spreche ihnen nicht von den neuen und gewaltigen Kräften der Demokratie, man sucje ihnen nicht begreiflich zu machen, daß der Boden in den Händen des Pflügers, daß die Werkstätte in den Händen des Arbeiters, daß das Kapital selbst in den Händen des Financiers Kräfte der Demokratie sind, daß niemand sich seinen Pflichten gegen die Gesellschaft entziehen kann, und daß die Armee selbst eine soziale Dienstleistung darstellt, zu welcher jeder Bürger angehalten ist. Sie würden es nicht ver­­stehen und antworten, man sei ein Schänder des Heiligthums und ein Feind des Glaubens. Diese naiven, vom Himmel besonders begnadigten Leute sind die Blüthe der legitimisti­­schen Partei." Gambetta schließt seine Rede mit folgenden an die Adresse des Herrn Thiers gerichteten Worten : „Nein ich glaube an die Zukunft, weil es mich bedanken will, daß der Mann, welcher an der Spitze der Re­­gierung steht, weder seinen Ursprung, nor seine Studien, uoch die Lehren der Erfahrung vergessen kann. Er weiß, er muß w­issen, daß es nur etwas schöneres gibt, als die Annalen der französischen Revolution geschrieben zu haben, das ist, diese Revolution zu vollenden und sein Werk durch die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit seiner Regierung zu krönen." Diese Worte gelangen an die richtige Adresse und der Präsident der Republik, der eben den Anfang macht zu zeigen, daß er es ist, wird schon seinen Nuten daraus zu ziehen wissen. Mit der Mehrheit der Nationalversammlung kann er es zu nichts bringen ; denn sie verlangt einen König und die Bur­kgabe des Kircenstaates an den Papst, sie würde selbst eine österreichische Besaßnung in Ancona dulden. Thiers muß sich an die Republikaner fest anschließen, hiezu zwingen ihn die politische Lage Frankreichs und die Beschaf­­fenheit der inneren Zustände dieses Staates. Der Schluß der dreijährigen Reichstags­- Periode hat am 16. b. Mts. Mittags um 1 Uhr zu zest-Ofen stattgefunden. Um die bezeichnete Stunde erschien Sr. Majestät im großen Saale, u­m welchen das Gefolge Aufstellung nahm­. Dem Throne Sr. Majestät gegenüber befand sich der Thron der Königin (an deren linker Seite der Kronprinz, Erzherzogin Gisela, Prinz Leopold und Erzh. Joseph saßen), und links von diesem die Tribüne der ausländischen Diplomatie. Auf der dem königl. Throne nächsten Stufe stand rec­hts der Stellvertreter des k. k. Oberst-Stallmeisters, und eine Stufe tiefer der k. k. Oberst-Hofmeister, links der Stellvertreter des k. k. Oberst-Kämmerers , am Fuße des Thrones aber rects der ungarische Leibgarde-Kapitän, links der k. k. Leib­­garde-Reiter-Kapitän und der k. k. General-Adjutant. Links und rects vom Throne an der Wand standen ungarische Leibgardisten in voller Parade. Auf der linken Thronseite gegen die Mitte des Saales zu stellten sich die Minister auf. Zwischen dem Throne des Königs und der Königin standen die Reichsbarone, während den übrigen Theil des Saales die Mitglieder der beiden Häuser des Reichstages füllten. Nachdem Se. Majestät der König auf dem Throne sich niedergelassen und das Haupt mit dem Kalpag bedeckt hatte, hielt Allerhöchst derselbe folgende Thronrede : Geehrte Herren Magnaten und Abgeordnete, Liebe Getreue ! Als Wir vor drei Jahren diesen Reichstag persönlich eröffneten und die Magnaten und Abgeordneten Unseres Ungarns freudig begrüßten, lenkten Wir ihre Thätigkeit auf große und wichtige Aufgaben hin. Nachdem der frühere Reichstag die Fragen des in der Schwebe gewesenen staatsrechtlichen Verhältnisses gelöst hatte wurden die, beide Hälften der Monarchie gleichmäßig betref­­fenden Angelegenheiten [chon während fünf Jahre mit gehö­­riger Würdigung der wechselseitigen Interessen im besten Einvernehmen und mit Erfolg erledigt. Dem gegenwärtigen Reichstage wurden die Aufgabe zu Theil, mit Fortsetung der Arbeit der Regelung das geistige und materielle Wohl des Landes zu fördern. Dieser Aufgabe entsprach der Reichs­tag durc die Re­­gelung des Gerichtswesens und der Verwaltung. Es wurden Gesetze über die Ausübung der richterlichen Gewalt und über die Verantwortlichkeit der Richter geschaf­­fen. Hiedur< wurde einerseits den Mißbräuchen mit der richterlichen Gewalt vorgebeugt.­­ Die Organisirung der Gerichte erster Instanz, die Trennung der Justiz von der Administration werden die erwarteten Resultate herbeiführen, die öffentliche Sicherheit erhöhen, den Kredit befestigen. Die Regelung der Munizipien und Gemeinden, da durc dieselbe, dem Geiste der Verfa­ssung des Landes ent­sprechend, die Administration auch in diesen, auf den Grund­­rat der Selbstverwaltung und der persönlichen Verantwort­­lichkeit basirt wurde, brachte die Staatsverwaltung und die Munizipal- und Kommunalverwaltung in Harmonie und sichert auf diese Art die genaue Vollziehung der Geseße. Durch die Gesetze über die Regelung der Verhältnisse, welche aus dem mit dem Gesetzartikel IX: 1848 beseitigten Urbarialverbande zurückgeblieben waren, durch jene über die Rodungen und Siebenbürgen betreffend, über die Propor­­tionirung und Kommassation, ferner über das Jagdrecht wurde ein großer Fortschritt zur endgültigen Regelung der Besitzverhältnisse erzielt. Diese Gesetze, sowie jene über Flußregulirung, Deich­­polizei und Gewerbe, ferner die Ratifizirung der von Meiner Reg­erung abgeschlossenen Handelsverträge liefern den Be­­weis, daß die Sorgfalt des Reichstages den Ansprüchen des öffentlichen Lebens gleichmäßig geregt zu werden bestrebt war. Und während Sie auf diese Art die Förderung der öffentlichen Interessen und hiedurc die Hebung des Wohl­­standes getreulich angestrebt, trachteten Sie die bedeutend ge­­stiegenen öffentlichen Einnahmen zweckmäßig zu verwenden. Die Verbesserung des Gerichtswesens, die Entwie­­lung des öffentlichen Unterrichts und des Kultus, die Er­­gänzung des Eisenbahnnetzes, die Umgestaltung des Fran­­zens-Kanals, sowie die Hebung der Hauptstadt waren der Gegenstand ihrer Obsorge und Sie wotlrten für diese Zwecke namhafte Beträge. Obzwar die Erhöhung der gemeinsamen Wehrkraft Unserer Monarchie größere Ausgaben beanspruchte, bewilligten Sie mit Bereitwilligkeit die Kosten, welche erforderlich waren zur Entfaltung der, einen so schönen Aufsc­hwung nehmenden Institution der Landwehr in großem Maßstabe. Es ist ein erfreulicher Beweis des zunehmenden Wohl­­standes, daß Sie all dies ohne Erhöhung der Steuerposten und ohne Kontrahirung unproduktiver Anleihen zu bewerk­­stelligen im Stande waren. Die auf Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht bereits ins Werk gesetzte zweimäßige Regelung der Wehrkraft ge­­stattete Uns theils die Anbahnung, theils die thatsächliche Inangriffnahme der Provinzialisirung der Militärgrenze. Wir hoffen, daß der Zeitpunkt nicht mehr ferne liegt, wo in Unserem Reiche kein Bruchheil der Bevölkerung mehr existiren wird, der die“ verfassungsmäßigen N Rechte nicht in vollem Maße genießen könnte. (Eljen.) Wir müssen Unserem Bedauern darüber Ausdru> geben, daß die genaue Feststellung des Tahlgesetes und die Regelung der Hauptstadt nicht­ erfolgen konnte, sowie auch mehrere andere von Unserer Regierung eingebrachte gemein­­nützige Gesetzentwürfe m­it Unserer Sanktion unterbreitet werden konnten, da in der legten Zeitperiode des Meidse­tages bei den Berathungsregeln des Abgeordnetenhauses die Vereitelung der Verhandlung möglich wurde. 2 ZEE SRE Ge HERE 1.24 . 2 Fs ii en YT ES 9 Een 497

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