Kaschauer Zeitung, Juli-September 1873 (Jahrgang 35, nr. 53-78)

1873-08-02 / nr. 62

me 64 £­­ . Kaschau, Mittwoch 2. August. XXXV. Jahrgang 1873. Erscheint jeden Mittwoch und Samstag. Pränumeration — für Kaschau vierteljährig 1 fl. 25 fr., mit Bestver­­sendung 1 fl. 50 fr. Pränumeration wird jeden Tag angenom­­men bei der Administration der Kaschauer Zeitung, Hauptgasse Nr. 60, bei al­­len Postanstalten u. Buch­­handlungen. TC Inserate, 5 kr. für eine fünfmal gespaltene Petit­­zeile. — Inseratenstempel 30 tr. für jede Anzeige. Bei größeren Ankündigung­­en und öfterer Einschaltung entsprechender Viachlai­. In Wien übernehmen Inserate für uns die Her­­ren A. Oppelik, Wollzeile Nr. 22, Haassenstein , Vogler, Neuer­ Markt Nr. 11 und Rudolf Messe Annoncen - Expedition. Megjelon minden Szerdán és Szombaton. unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Ingerate übernimmt für uns die Inter­­nationale Annoncen - Expedition von Lang & Schwarz Pest, Badgasse und Wien, Wollzeile 6. — In Berlin S. Kornik. In Stuttgart E. Stöck­­hardt. In Paris Havas Laffitte Bullier & Comp; Kundschaftsblatt für Kalchau und Ípertes. Anonyme Briefe werden nicht berüc­­sichtigt und Manuskripte nicht zurück­­gegeben. Fokalblatt für Volks-, Haus- und Landwirthschaft, Industrie und geselliges Leben. (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ.) Kaschau, 1. August. Die Gemeinde der Hauptstadt unseres Landes hat vor einigen Tagen die Vertreter der meisten fremden Staaten bei der Wiener Weltausstellung zu Gast nach Budapest ge­­laden und dieselben haben dieser Einladung in unerwartet großer Anzahl auch Folge gegeben. Auf zwei vortrefflich für ihren Dienst eingerichteten und prachtvoll geschmückten Eilschiffen der Donaudampfschifffahrts-Gesellschaft machten diese Gäste unter Begleitung eines hiezu von dem Gemeinde­­rathe der Stadt Budapest nach Wien entsendeten Fest­­ausschusses ihre Reise von dort nach der Hauptstadt unseres Landes, alswo sie von einem überaus zahlreichen Publikum in später Abendstunde auf das Herzlichste begrüßt wurden, nachdem ihnen schon während der Fahrt ein festliches und freudiges Willkommen von beiden Ufern der Donau in Ungarn entgegen gerufen worden war. Die Festlichkeiten, welche von Seite der Regierungen, der Gemeinden und Körperschaften zu Ehren des Besuches von fürstlichen Persönlichkeiten veranstaltet werden, der Poinp und der Glanz, die hiebei entfaltet zu werden pflegen, die Begrüßungsreden und Gelegenheitsgedichte, welche bei solchen Anlässen concipirt und gesprochen, die Bankette und Solisen, die von competenter Seite gegeben und die Menüs, die hiebei den geladenen Gästen in prachtvoll decorirten Räumlichkeiten aufgetistt — sowie endlich die Tonstüce, die von den anwesenden Musikkapellen aufgeführt und die Toaste, welche von redegewandten Tischgästen ausgebracht wer­­den, tragen sämmtlich ein gemeinsames Gepräge und es ist zu deren Beschreibung bereits ein „Schimmel“ für den Zeitungsreporter ganz gut zugeritten, den er bei vorkom­­menden Fällen benügen und dem er etwa bei ungewöhn­­licher Begabung ein neues Kunststückchen lehren kann. Diese Besuche befigen überdies heutzutage nicht mehr jene hohe politische Bedeutung, wie ehedem, und die Zeiten, wo der Czar von Rußland sich nach dem Westen Europas begab, um die Schiffsbaukunst eigenhändig zu erlernen, sind glück­­licherweise scon lange vorüber, daher derartige Fürsten­­besuche, denen ein culturhistorisches Interesse innewohnt, fünfzighin kaum mehr vorkommen dürften. Hiermit will jedoch nicht gesagt sein, daß die große Reformbewegung, welche unter den asiatischen Völkern, die zwar nicht die Cultur, aber die Cholera nach dem Westen tragen, gegen­­wärtig stattfindet, derartige interessante Besuche nicht noch hervorrufen könne ; denn die jetzige Bereisung Europas durch den Schah von Persien ist offenbar durch diese Re­­formbewegung veranlaßt worden, und wir wünschen, daß die Perser, unter denen die Hungersnoth vor nicht langer Zeit so fürchterlich gewüthet hat, die Früchte dieser Reise nicht in einer Steuerlast, sondern in der Verbesserung ihrer Regierung recht bald empfinden mögen. Diesmal haben jedoch die hohen Ehrenbezeugungen, welche die Gemeinde unserer Reichshauptstadt — mächtig und erfolgreich hierbei — unterstüt von Seite der Regie­­rung unseres Landes — den geladenen Jurymitgliedern der Wiener Weltausstellung erwies, und die ebenso herzliche wie gabenreiche Gastfreundschaft, die sie denselben ange­­deihen ließ, einen unvergleichlich edlen Zweck, nemlich: den Preis und die Ehre der nützlichen monst­­­igen Arbeit. Nicht einzelnen, wenn auch durch Ge­­burt und Rang, durch großen Reichthum oder durch seltene Geistesgaben hervorragendere Persönlichkeiten, auch nicht den einzelnen noch so nicht den einzelnen, ausgezeichneten Körperschaften und auch auf der Wiener Weltausstellung ver­­tretenen Nationen galt die Ovation, welche unser Land, „vertreten durch seine Hauptstadt, jenen Jurymitgliedern während den jüngst verflossenen Tagen gebracht hatte, son­­dern der nüßlichen menschlichen Arbeit, welche in ihrer außerordentlichen Mannichfaltigkeit als das werthvollste Gut und als die höchste Zierde der Menschheit betrachtet werden muß. Ungarn wollte mit dieser Einladung und mit dieser überaus glänzenden, sowie gleichzeitig herzlichen Bewirthung der Weltausstellungs-Jury öffentlich aussprechen, — und unser Handelsminister hat dies persönlich auch gethan — daß seine­­ Bewohner in die Reihe jener Nationen getreten sind, welche in der nützlichen Arbeit die eigentliche Bestim­­mung der Menschheit, in der Entwicklung der geistigen und­­ physischen Kräfte der Menschen zum Zwecke der möglichst vollkommenen Leistung auf dem Gebiete dieser Arbeit den wichtigsten Theil der Aufgabe des Staates, in der Befähi­­gung zu dieser Arbeit die werthvollste Eigenschaft und in der gelungenen Verrichtung derselben die höchste Ehre erblichen, — wie sie erkannt haben, daß die nüßliche menschliche Ar­­beit in Folge der außerordentlichen Entwicklung der Com­­munikationen, der wunderbaren Mannichfaltigkeit der Roh­­stoffe und Kräfte, dann der unermeßlichen Ausdehnung, welche das Princip der Arbeitstheilung bereits auf der ge­­sammten bewohnten Erdoberfläche erlangte, eine wirthschaft­­lichen Interessensolidarität aller Völker geschaffen hat, die zum BVölkerfrieden hindrängt und die BVölkerfreundschaft erzeugt. Von diesem Standpunktt betrachtet erscheint uns jene Einladung als ein löblicher Act der Buda­pester Gemeinde­­repräsentanz, welchen wir daher vollständig billigen. Mit aufrichtiger Freude zollen wir der tactvollen und würdigen Theilnahme unserer Landesregierung an der Begrüßung und Bewirthung dieser Festgäste der Landeshauptstadt unsere volle Anerkennung sowie das ganze Land sich über die un­­gewöhnliche Gelungenheit freut, mit welcher die Gastfreund­­schaft Ungarns an der Weltausstellungs-Jury von Seite der Buda­pester Bürgerschaft geübt wurde. Weit über den atlantischen Ocean und über­­ das amerikanische Festland hinaus bis an die fernen Ufer des stillen Meeres, an den Heimstätten der uralten asiatischen Kultur sowie in den Regionen der Wende- und Polarkreise wird in naher­ Zu­­kunft durch das lebendige Wort der heimkehrenden Jury­­mitglieder die Nachricht vor zu dem alten Ruhme verbreitet werden, wie das Ungar­­des Besitzes großer politischen und militärischen Tugenden in jüngster Zeit noch denjenigen hinzugefügt hat, an dem Cultus der nützlichen menschlichen Arbeit, wovon die Pflege der Wissenschaft und der Kunst den edelsten Theil bildet, eifrigen und begeisterten Antheil zu nehmen. Inmitten der Bedrängnisse durch Mißwachs und Epidemien, unter denen Oberungarn und seine uralte Hauptstadt seit einem Jahre leiden, bleibt unsere Hoffnung auf eine bessere Zukunft fest in der Ueberzeugung begründet, daß der Cultus der Arbeit und der Sparsamkeit allmählig bei uns immer größere Verbreitung findet, daß die Zahl seiner Jünger sich rasch vergrößert unter allen Ständen und Berufsclassen und daß sie in unseren Municipien und in unserem Parlamente die entscheidende Mehrzahl bilden werden. Im „Gebete und in der Arbeit" wird auch künftighin das Heil der Menschheit ruhen, wenn in jedem davon das rechte Maß und die gute Art vorhanden sein werden. Aus der Weltausstellung. Der RALLEE (Schluß.) Nach Java gelangte der Kaffeestrauß aus Arabien Ende des XVII. Jahrhunderts. Anfang ging es mit seiner Cultur nicht recht vorwärts und noch 1735 stand dieselbe so ungünstig, daß man nahe daran war, sie aufzugeben. Jetzt gedeiht die Pflanze hier in der gemäßigten Höhen­­region von 2000—4500 Fuß, stellenweise sogar bis 5000 Fuß so ausgezeichnet, daß nicht blos die jährliche Ernte auf 140 bis 150 Millionen Pfund veranschlagt werden kann, son­­dern, daß das Product selbst zu den vorzüglichsten gehört. Neben Menado ist Javakaffee jedenfalls unsere beste Sorte. Auf der Insel Celebes, welche jährlich an 10 Millionen Pfund Kaffee liefert, findet die ausgedehnteste Kultur des Kaffeestrau<s im nördlichen Theile in der Landschaft Mina­hassa statt ; von hier stammt der berühmte, durch eine an­­sehnliche, hellgelb- bis hellrötlichbraune Bohne ausgezeich­­nete Menadokaffee ab. Sumatra erzeugt vorzüglich auf der Hochebene von Padang (Padang's<e Bovenlanden) in Höhenlagen von 1500—4000 Fuß eine dem Javakaffee in der Qualität im Allgemeinen nachstehende Sorte in einer Menge, die auf 30 Millionen Pfund jährlich geschätt wird. Ihren Hauptniederlagsplatz findet sie in Padang an der Westküste, von wo sie größtentheils nach den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika wandert. Was davon nach Europa gelangt, wird wohl größ­­tentheils von Holland verbraucht. Von geringerer Bedeu­­tung ist die Kaffekultur auf Timor, der südlichsten Grenze des asiatischen Kaffeegebietes, sowie in den übrigen hollän­­dischen Colonien. Ueberall hier ist, wie bekannt, der Kaffee Monopol der Regierung. Das Gesammt-Erträgniß wird von den Regierungsbehörden gegen einen festgelegten Preis übernommen und an die niederländisc­h-ostindisc­he Handels­­gesellscaft übergeben, welche dasselbe in neun jährlich zu Amsterdam und Rotterdam stattfindenden Kaffee-Auctionen verkauft. Die Gesammt-Production der niederländisch-ost­­indischen Colonien kann auf jährliche 200 Millionen Pfund veranschlagt werden. Dieser großartigen Production ent­­sprechend, sind auch dieselben auf der Ausstellung durch eine ansehnliche Reihe schöner Kaffeeproben aus Java, Sumatra, Celebes und Timor vertreten, deren Sprtirung nach den Abstufungen des Farbentones, nach ihrer Reinheit, der Zu­­bereitungs-Methode, nach den Culturorten und Stapel­­plätzen 2c. durchgeführt ist. ALS dem besten Javakaffee gleichkommend gilt das auf den Philippinen erzielte Product. Die Kaffekultur ist hier in neuerer Zeit im Aufschwunge begriffen, zumal auf der Insel Luzon. K­onen Pfund jährlich im Ganzen kommen fekt­an 6*/2 Mil zur Ausfuhr, wie es scheint, vor­nehmlich nach Nordamerika; zu uns gelangt Manila-Kaffee nur ausnahmsweise. Auch auf dem indischen Festlande, von woher einige Kaffeeproben in der englischen und französischen Abtheilung vorliegen, ist die Kaffee-Production in Borbert Indien in Zunahme begriffen. Ihren Hauptsitz hat sie im südlichen Dekhan, in den Nilagherri-Bergen und in Mas­labar. Auch in Britisch-Sikkim im Himalaya, in bes trächtlichen Höhenlagen hat man vor einigen Jahren mit dem Kaffeebau begonnen. Wichtiger als Vorder-Indien ist für die britisch-indische Kaffeekultur die Insel Ceylon. Seit etwa zwanzig Jahren hat dieselbe hier einen sehr be­­deutenden Umfang angenommen (die jährliche Ausfuhr dürfte an 103 Millionen Pfund betragen), zumal in der Cen­­tralprovinz, in Höhen von 1500 bis 3600 Fuß. Der Ceylonkaffee, in der indischen Abtheilung, in schönen und reichen Mustern ausgestellt, ist eine auch bei uns häufige Sorte, die zu den besten gehört. Besonders gilt dieses von dem auf regelrechten Pflanzungen erzielten, sehr sorgfältig be­­handelten „Plantagen-Kaffee“, während der von den Einge­­borenen auf eigene Faust gewonnene "Native-Kaffee" weniger geschäßt ist. Hinter­ Indien hat wohl auch Kaffeebau an der Küste von Tenasserim bis in die Halbinsel Malakka herab, sowie auf den kleinen Inseln Pula Penang und Singapore, von denen die erstere jährlich über 6 Millionen Pfund expor­­tiren soll , doch bringt die Ausstellung unseres Wissens kein Muster von daselbst erzieltem Kaffee. Dagegen finden wir interessante Belege fü­r die Kaffeekultur in Oceanien, von den Sandwich-Inseln, von Tahiti und Neu-Caledonien. Der auf Hawaii erzielte Kona-Kaffee ist eine sehr schöne und, wie Reisende versichern, dem besten Mokka oder Java gleichzustellende Sorte. Tahiti liefert klein- und groß­­bohnigen, hellbräunlichen, Ne­u- Caledonien einen groß­­bohnigen, wenig hübschen Kaffee. Versuche, den Kaffeestrauch zu cultiviren, hat man auch in Queensland gemacht ; es liegen wenigstens kleine Proben eines, wie es scheint, allerdings nur im botanischen Garten zu Brisbane erzielten Kaffees vor. In Amerika wurde die Kaffeepflanze Anfangs des 18. Jahrhunderts aus Java nach Surinam verpflanzt, und von da gelangte sie zunächst nach den englischen und französischen Befrgungen in West-Indien. Sie gedieh hier so vortrefflich, daß die Antillen anfangs geradezu den mei­­sten Kaffee in den Handel lieferten. Die geänderten socialen Verhältnisse, insbesondere die Sclaven-Emancipation, führten eben hier einen sehr bedeutenden Rückschritt in der Kaffee- Production herbei ; dafür ist dieselbe in Central-Amerika, besonders in Costa Rrica und Guatemala, vor Allem aber in Brasilien, in stetigem, im legtgenannten Lande geradezu in riesigem Anwachsen begriffen. In West- Indien lie­­fern Domingo und Portorico noch den meisten Kaffee die Insel Cuba, welche vor etwa 45 Jahren allein noch 50 Millionen Pfund jährlich abführte, ist der- -

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