Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1873 (Jahrgang 35, nr. 79-105)

1873-12-03 / nr. 97

A­p­EEE­­ entgegennehmen zu wollen. Kaschau, 1. December. Die Beglü>wünschungs - Deputationen bei Sr. Majestät dem König in Buda­pest. Die wehenden Tricoloren an den hervorragenden Ge­­bäuden der Hauptstadt, der reichbeflaggte Hafen, die Fahnen des königlichen Hauses, die ungarische und die croatische Nationalfahne auf der Osner Königsburg waren die äußeren Zeichen der Feier des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums der Regierung Sr. Majestät des Königs. An den beiden Brücenköpfen harrte eine zahlreiche Menge, um die glänzenden Deputationen bei der Auf­­fahrt in die Burg bewundern zu können, auf dem Schloß­­platze selbst hatten bereits um 9 Uhr zahlreiche Neugierige Poste gefaßt. Um 10 Uhr begann der Empfang bei Sr. Majestät. Zuerst erschienen die Generäle und Stabsoffiziere der Honved - Armee unter der Führung des Erzherzogs Josef. Dann kam das ungarische Ministerium unter der Führung des Ministerpräsidenten Szlávy.­­Es folgten die Deputationen des Oberhauses unter der Führung des Prä­­sidenten Majläth und des Abgeordnetenhauses unter der Führung des Präsidenten Bitts, die Deputation des croatischen Landtages unter der Führung des Präsidenten Zsivkovics. Der ungarische röm.-katholische Episkopat folgte nun unter Führung des Fürstprimas Simor. Dann kamen die Deputationen der helvetischen, der protestantischen und gr. - pr. - röm. Kirche und die Deputation der königlichen Curie, nun Unter der Führung des Ministers des Innern brachten die Deputationen der Munizipien ihre Gratula­­tionen dar. Die Deputation der Hauptstadt Buda­pest unter der Führung des Oberbürgermeisters Karl Räth­ folgte Darauf kamen die Deputationen der wissenschaftlichen Institute : die Akademie der Wissenschaften unter Führung ihres Präsidenten, des Grafen Melchior Lónyay, die Buda­­pester Universität unter Führung des Rector magnificus burger Universität unter der Führung des Unterrichts­­ministers Trefort. Zuletzt erschienen die Deputationen des landwirthschaft­­lichen Vereines unter der Führung des Präsidenten Ladislaus Korizmics und des Vereines „Concordia“ unter Führung des Präsidenten C. L. Posner. Se. Majestät der König empfing sämmtliche De­­putations-Mitglieder huldvollst und erwiderte jedem Führer , Julius Kautz, das Josef8-Polytechnikum und die Klausen­­­ derselben auf ihre Ansprache in anpassender Weise mit ge­­In der vorigen Nummer unseres Blattes faßten wir in Kurzem die Grundsätze einer correcten Staatshaushaltung zusammen, wie sie Graf Lönyay in den ersten zwei Abthei­­lungen seines Buches umständlicher entwickelt hat; in der dritten übergeht er sodann auf die Anwendung dieser Prin­­cipien auf besondere Verhältnisse. Mit der Sparsamkeit — sagt er — müsse man schon beim Abgeordnetenhause anfangen. Der Verfasser ist ein Gegner der Taggelder für die Abgeordneten , sollten diese jedoch nicht, abgeschafft fühlvoller Wärme und dem Ausdruß des Wohlwollens und der Versicherung Seiner königlichen Huld, sowie der be­sonderen Befriedigung, die dargebrachten Huldigungen als Zeichen der treuen Anhänglichkeit in würdiger Anerkennung Graf Lönyay'3 neues Buch. (Schluß ) werden können, so müßte man sie versuch­en, und zwar sollte man den Abgeordneten einen Jahres­gehalt von 1600 oder 2000 fl. bestimmen, ferner, sollte die Zahl derselben vermindert werden, so daß, z. B. auf je 50.000 Einwohner ein Abgeordneter käme, die Zahl der letzteren sonach nicht mehr als 300 betragen würde. Auch in der Organisation der Ministerien müßten Veränderungen vorgenommen werden. Das Handels- und Communications­­ministerium sollte vereinigt, dagegen ein besonders Ministerium für Ackerbau und Landwirthschaft errichtet werden, welchem auch das Montan- und Domänenwesen, wie auch die Fondationsgüter unterstellt werden sollten. Das Ministerium um die Person Sr. Majestät, wie auch das croatische Ministerium seien als überflüssig aufzulösen. Im Mini­­sterium des Innern könnten auch Aussc­heidung solcher Ausgaben, welche dem Kreise­­ der municipalen oder gesell­­schaftlichen Autonomie angehören, wesentliche Ersparungen erzielt werden.“ Im Finanzministerium könnten durch eine ‚ vorzunehmende Reform der Finanzwache, ferner durch Auf­­lassung des Katastersystems, welches mit der Einführung der Commassirungsmappen und deren Ergänzung vertauscht werden könnte, große Summen erspart werden. Auch beim Montanwesen ließe sich Vieles ersparen. Vor Allem sei jedoch das Communicationsministerium einer radikalen Met­form zu unterziehen. Das Straßenwesen und die Regulirung der Nebenflüsse müsse man, wie bereits bemerkt, den Muni­­cipien überlassen, wodurch bedeutende Ersparnisse möglich würden. Im Handelsministerium könnte beim Gestütswesen Bedeutendes erspart werden, andererseits aber könnte man die Einnahmen beim Post- und Telegraphenwesen bedeutend erhöhen. Im Ministerium für Cultus und Unterricht könnte ein Theil der Ausgaben für Unterrichtszwece den Gemeinden übertragen werden, im Allgemeinen aber sei das System der Lernfreiheit einzuführen, wodurch gleichfalls Ersparungen zu erzielen sind. Im Justizministerium könnten bei der Justizpflege sehr bedeutende Beträge erspart werden durch Einführung von Friedens- und Einzelrichtern, ferner durch Vereinfachung der Prozeßordnung. Auch bei der Honosed- und der gemeinsamen Armee sei es nicht nur möglich Ersparungen durchzuführen, sondern es sei auch nothwendig, denn man müsse erwägen, daß die Macht des Staates nicht allein von der Wehrfähigkeit desselben, son­­dern auch von dessen materieller Erstarkung bedingt. Es sei jedoch nicht genügend, blos Ersparungen anzu­­streben, es müsse auch für eine Vermehrung der Staats­­einnahmen gesorgt werden. Die ohnehin sehr hohen directen Steuern zu erhöhen, sei zwar nicht rathsam, dagegen ließe " sich eine um vieles bessere Ausbeutung der indirecten Auf­­lagen durchlegen, ferner sei eine Luxussteuer einzuführen, und im äußersten Falle müßte man das Mittel einer be­­sonderen Einkommengebühr anwenden, um das Gleichgewicht im Staatshaushalte herzustellen. Von den Investitionen handelnd, entwickelte "Graf Vóupap die Bedeutung derselben umständlich, und führt aus, daß man die zu fruchtbringenden Investitionen verwendeten Sum ein Uebergewicht gegen die Staatsschuldenlast bilden ; es seien jedoch auch solche Anlagen gemacht worden, welche vorläufig hätten vermieden werden können. Man müsse daher sämmtliche, bereits festgestellte Staatsbauten einer Revision unterziehen, und Alles, was nicht unaufschiebbar­­ ist, auf spätere Zeiten lassen, auch sämmtliche Bauten, wenn dies ohne besonderen Schaden angeht, einstweilen einstellen. Nach dem bisherigen stürmischen Vorwärtseilen müsse man eine Pause der Ruhe eintreten lassen und die übernommenen Lasten nach Möglichkeit zu erleichtern suchen. Eine der bedeutendsten Lasten sei die Zinsengarantie für die Eisenbahnen. Es sei freilich unrichtig, daß die mißliche Lage der Finanzen diesen Lasten zu verdanken sei, denn der Nuten, welchen die Eisenbahnen auf den­ wirthschaftlichen Aufschwung des Landes, und somit auf dem allgemeinen Wohlstand ausübten, sei ein augenfälliger ; troßdem­ müsse man für die Erleichterung dieser Lasten sorgen. Zuerst müsse man trachten mehrere Linien zusammenzufassen und von großen Gesellschaften verwalten zu lassen, ferner müsse eine gewissenhafte und strenge Inspection ausgeü­bt werden, auch habe die Regierung auf den Tarif der garantirten Eisenbahnen Einfluß zu nehmen, besonderer Zinsengarantiefond zu bilden. Desgleichen soll ein anderer Fond gebildet werden, damit in Zeiten, wenn die Staatseinnahmen spärlicher einfließen, von­ demselben Gebrauch gemacht werden könne, und man nicht gezwungen sei, zur Contrahirung von schwebenden Schulden seine Zuflust nehmen zu müssen. Nun übergeht der Verfasser­­ auf die neue Creditope­­ration. Er hält das neue Anleihen für sehr theuer und drühend, zumal man einsehen könne, mit welchen Mitteln das­­ neue Ansehen zurückgezahlt werden solle, wenn nicht mit einem abermaligen Ansehen. Graf Lönyay glaubt aber auch, daß diese Anleihe hätte vermieden werden können. Er nimmt nämlich an, daß Ungarn bis Ende Februar 1874 höchstens 40--50 Millionen brauchen werde, man sich jedoch diesen Bedarf auf andere Art hätte verschaffen können, und macht diesfalls folgenden Vorschlag: „Als im Frühjahre­­die Bankacte mit Einwilligung Ungarns suspensirt wurde, veröffentlichte die Nationalbank eine Kundmachung, in welcher­ sie sich bereit erklärte, die Pfandbriefe des ungarischen Bodencreditinstitutes mit 70 Procent zu belehnen. Das ungarische Bodencreditinstitut berechnet blos eine Mani­­pulationsgebühr von !/s"/o. Die Direction der Bodencredit­­anstalt hat sich bereits im Sommer bereit erklärt, dem Staate gegenüber von der Vorausbezahlung der halbjähr­­lichen Zinsen abzusehen. Die Ausdehnung der Staats­­domänen beträgt ohne die Grenzwaldungen mehr als 3 Mil­­lionen Catastral-Joch,. Das ist ein Werth von einigen hundert Millionen, auf welchen die Anstalt in kurzer Zeit Pfandbriefe im Betrage von 50--60 Millionen Gulden hätte emittiren können ; auf Grundlage dieser hätte die Bank, so lange die Bankacte suspendirt ist, die Gewährung eines Darlehens nicht abschlagen können. Die Bank hätte dies umso weniger thun können, als der österreichische Finanz­­minister bei ähnlicher Verpfändungsmodalität eine viel größere Summe aus der Bank entnehmen wird, um die Geldkrisis zu bekämpfen. Der Staat hätte somit den Vorschuß nicht mehr als den Lombardzinssat, d. für­ die­­s, 6% gezahlt. Zinsen mit dem Bodencreditinstitut aber hätte der Staat die den auf den eigenen Pfandbriefen befindlichen Coupons entrichtet. Nachdem auf diese Art das dringendste Bedürfniß gehegt worden wäre, hätte man durch Befolgung der größten Sparsamkeit, durch möglichste Befragung der Investitionen, duch Erhöhung mancher Steuergattungen den ernsten Willen zur Herstellung des Gleichgewichtes an den Tag gelegt. Hätte man inzwischen, wie ich es­­ ange­­rathen habe, jene Steuer- und Gebührenrükstände, welche hypothekarisch sichergestellt sind, in eine Amortisationsschuld derjenigen umgewandelt, welche sie schuldig sind und die durch Vermittlung des Staates erzielten Pfandbriefe statt Baarem in Zahlung genommen, so wären auf einmal viele Millionen flüßig geworden. In diesem Falle hätte man zu viel günstigeren Bedingungen eine Anleihe bekommen, von welcher Jedermann auch geglaubt haben würde, daß dies selbe­r den Fall eines Krieges abgerechnet — unsere lezte Anleihe sei“. Gleichwohl hält es Graf Lönyay für nothwendig die Anleihe aufzunehmen, wenn die Ausführung des Planes nicht mehr nüßlich sein sollte. | Vor allem sei aber ein obigen [’ ] - © “ -| | : fewilleton. Amann Das­­chwarze Moor. Erzählung aus dem Englischen. (Bortregung.) So saß er manche lange Stunde, bis der kurze Wintertag sich neigte und die Nacht hereinbrach. Ohne Licht und Feuer saß er in dem dunklen Zimmer, sein eis­­kaltes, bleiches Gesicht horchend nach dem Fenster gerichtet. Endlich vernahm er deutlich den regelmäßigen Tritt vieler Füße, sah die glühenden Fabeln und hörte die feinen Stimmen der Leute, welche langsam die breite Allee herauf kamen und den Leichnam brachten. Durch den Vorsaal ging ihr Weg, die Treppe hinauf, wo das träufelnde Haar bei jedem Schritte Spuren hinter­­lief, die sich im rötllichen Scheine des Fackellichtes wie Blut ausnahmen, — durch die Gänge des Hauses nach Anna's Zimmer, in welchem die bekannten Kleidungsstüke­­und Schmuckachen noch umher lagen, als wenn sie eben erst das Gemach verlassen hätte, — und dann legten rauhe Hände sie sanft auf das Bett, und die Nässe der langen verworrenen Haare und der feuchten Kleider floß tropfen­­weise wie Blut auf den Fußboden. Lorenz stand dicht neben dem Körper. Zett durfte er nicht beben. Die schwarze That, welche im Augenblicke der Leidenschaft begangen worden war, durfte er durch Schwäche und Feigheit nicht verrathen. Er bestand die schwere Probe mit Festigkeit. Selbst Jones, der ihn scharf beobachtete, was Lorenz nicht entging, konnte keine Muskel an ihm zucken sehen. Er heuchelte keinen Kummer, und ließ keine Klage hören, sondern betrachtete schweigend den Lichnam stand ruhig am Bett und au „Gut gemacht!" sagte Jones, wie mit sich selbst redend, worauf die Arbeiter, welche die Aeußerung auf sich bezogen, antworteten : „Ja, wir haben auch keine Mühe gespart !” Die Leichensrau fand statt, aber nichts ließ sich erweisen. Niemand war der Frau begegnet, Niemand hatte sie gesehen, und ihr Geisteszustand war notorisch so gestört gewesen, daß ein Selbstmord sehr nahe lag. Der Wahlspruch der Geschworenen lautete deshalb auf „Ertrunken !" und Lorenz verließ das Gerichtszimmer ohne den Schatten eines Verdachtes auf seinem Namen. Er bestattete sie­ mit passendem Glanze, und der Advokat Jones wurde zum Begräbnis eingeladen und spielte eine Hauptrolle dabei. Die alte Mrs. Grantley kehrte in das Haus zurü. Seitdem sie von dem hartnädigem Character ihrer Schwie­­gertochter zu jenem so machvollen Rü>zuge genöthigt worden war, hatte sie im Städchen­ allein gewohnt, erschien aber fest wieder mit allem früheren Stolze, und nahm von­­ Neuem die Zügel der Herrschaft so selbstverständig in die Hand als wenn nie ein Interregnum stattgefunden hätte. Lorenz ließ das Testament eröffnen und nahm das hinterlassene Vermögen seiner Frau in Besitz, und als der Notar, welcher das spätere geheime Testament mitgenommen hatte, in Eile anlangte, um Einsprache zu thun, empfing er ihn mit der ausgesuchtesten Höflichkeit, zeigte ihm Anna's Papiere, öffnete ihre geheimen Fächer, ließ in alle Behält­­nisse selbst untersuchen, und erbot sich sogar, ihm sogar Einsicht in seine eigenen Papiere und Verwahrsame zu ge­­statten, um­ Alles gehörig erforscht und geprüft zu haben. Da sich natürlich kein zweites Testament fand, nicht einmal ein Blättchen Papier mit dem Ausdrucke fetter Wünsche, da ferner die Testatrix todt war und dem Notar seine Aufträge mehr ertheilen konnte, Lorenz Grantley aber „lebte und­ sein“ Ei­nkommen, um Hunderte zu erhöhen ver­­­­mochte, und da es überhaupt klüger gehandelt ist, sich die Lebenden zu Freunden zu machen, als von Wünschen der­­ Verstorbenen zu genügen, so erklärte sich­ der Notar zufrieden­­­ gestellt und kehrte nach London zurück. Ohne Zweifel hatte­­­ er selbst einige Erfahrung in geheimen Umtrieben, und“ deshalb wahrscheinlich die Ueberzeugung, daß irgend etwas Schlechtes hier vorgegangen sei; allein­­ es fehlte an Be­­weisen, ohne die selbst der stärkste Verdacht nutzlos war.“ So ging Alles gut von Statten. Die Besitzungen­­ wurden allmälig entlastet, alte Schulden bezahlt, und die­­ Sonne leuchtete wieder hell über Grantley-Hall, und das Glüh schien Lorenz von Neuem zu lächeln. Er trug seine Trauterkleidung mit Anstand, aber ohne Ostentation, wäh­­rend Mrs. Grantley mit ihrem schwarzen­ Krepp so herr­schwenderisch umging, als die Mode es nur erlaubte. In dem kleinen Dorfe Eagley wurde Jane Gilbert aus dem Armenhause genommen und in eine bequeme Wohnung gesezt und erhielt eine sc­hwarze Kleidung, mit­­ der Weisung sie zu tragen, ohne daß jemand erfuhr, wer„ diese wohlthätige Hand war, und um wen die Alte Trauer“ anlegte. Anna, ihr Sie selbst nämlich hatte keine Ahnung davon, dass Kind gewesen war; nur Jones und Lorenz“ wüßten um das Geheimniß. Die Mutter des Ersteren war Anna's Amme und Wärterin gewesen, und hatte erst auf dem Sterbebett ihrem Sohne Jones mitgetheilt, daß“ die große Erbin Sir Thomas Sibsons, welche allgemein­ für die Tochter seiner in Italien verstorbenen Frau, einer gebornen Lascelle, gehalten wurde, nur das außereheliche Kind der im Armenhause zu Eagley wohnenden ehemaligen Dienstmagd Jane Gilbert sei, welche, während sie Kammer­­mädchen bei Lady Sibson gewesen, von Sir Thomas vers­tährt worden war. Das Kind war der Mutter genommen und einer Wärterin, Namens Brown, zur Aufbringung übergeben worden. Leptere hatte es gepflegt und immer­­ Verschwiegenheit bewahrt; selbst dann, nachdem Sir Th­omas 4 A - 3 * - > x.

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