Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1877 (Jahrgang 39, nr. 114-151)

1877-11-22 / nr. 136

. /­­ Gehalts-Erhöhungen. In Folge Finanz-Ministerial- Erlaß wurde den beim hiesigen Steuer-Inspectorate angestellten Rechnungsbeamten I. Classe Franz Balogh und Josef Csanat das Gehalt von jährlich 900 fl. auf 1000 fl. und den Rechnungsbeamten II. Classe Moritz­­ Knoll und Michael Hallyko von 700 fl. auf 800 fl. erhöht. — Nachahmungswürdig. Im Anfange dieses Jahres bildete sich in unserer Stadt auf Anregung der edelmüthigen Baronesse Georgine Melczer ein Verein von Damen, welcher sich zur Aufgabe gestellt, von Monat zu Monat dafür zu sorgen, daß in die Vereinscaffa von Seite eines jeden Vereins-Aus­­sc­huß-Mitgliedes eine per 10 Kreuzer gesammelte Summe ein­­laufen solle. Jedes Ausschuß-Mitglied hatte die Pflicht zehn soldde Spender zu werben, welche diese geringe Summe willig bezahlen. Das eingeflossene Geld wird zur Unterstüzung armer Schulkinder verwendet. Es wurden im Ganzen 60 Büchlein vertheilt und auf jedes dieser Büchlein ist jeden Monat 1 fl. eingezahlt worden. Hier hat sich das Sprichwort wirklich bewahrheitet, daß von vielen geringen Sümmchen ein großes Quantum wird — denn bei der am 18. d. gehaltenen Zu­­sammenkunft der edeln Vereins-Ausschuß-Damen ergab sich schon rehr eine Summe von mehreren hundert Gulden. Im kommen­­den Monat, am 23. December, wird die Beschenkung der armen Kinder mit, durch hiesige Industriellen gearbeiteten, Kleidungs­­ftüden geschehen. — Die Staatsprüfungen für das forsttechnische Hilfspersonale wurden hier am 19. und 20. November ab­­gehalten, bei welchen die Herren Ferdinand Bi­kkal, K. ung. Forstrath aus Marmaros-Sziget, Emil Haste, städt. Forst­­meister und Wilhelm Roxer, k. ung. Cataster-Juspector, als vom ung. 5. Ministerium ernannte Prüfungscommissäre fungirten; von den zur Prüfung zugeladenen drei Prüfungs- Candidaten wurde Einer als vorzüglich brauchbar, Einer als brauchbar anerkannt, während der Dritte die Prüfung nicht bestand. — An dem Leichenbegängnis­ des verblichenen Bürgers Josef Samuel v. Moll nahmen viele Bürger-Veteranen und hervorragende Persönlichkeiten aus allen Ständen, seine hier­­artigen und aus der Ferne gekommenen Verwandten und zahl­­reiches Publikum theil. Der prachtvolle Metallsarg, in welchem der BVerblichene ruhte, war mit Kränzen, Bandschleifen und dem Familien-Wappen geziert. Gefolgt von einer zahlreichen Menschenmenge, langte der Trauerzug in dem evang. Fried­­hofe an, wo Hoc­hw. Pfarrer Csiskó eine längere, ergreifende Rede hielt, nach welcher die Leiche der Allmutter Erde geben würde. Friede seiner Asche ! Ehre seinem Andenken ! über: — In der kürzlich abgehaltenen Generalver­­sammlung des städt. Municipiums wurde eine Commission mit der Aufgabe betraut, Daten einzusammeln und einen Vorschlag zu machen, auf welche Art die städtischen Wälder für die Stadt einträglicher gemacht werden könnten. Diese Commission hielt in voriger Woche ihre Sitzungen , setzte sich mit dem Bevollmächtigten der Unternehmungsfirma Gregersen in Berührung, erkundigte sich um den Preis von Dampf­­locomobilen und wird demnächst die Aufstellung einer Dampf­­sägemühle dem Municipium vorschlagen. Der Aufwand, den diese Investirung von Seite der Stadt erfordern wird, wäre unserer Ansicht nach ein derartiger, daß er bei dem großen Reichthum der Wälder, der Stadt gewiß sehr gute Zinsen tragen könnte. — Benefice des Frl. Lina Gerő. Heute Donnerstag gelangt zur Aufführung: „A szerencse gyermeke", vorzügliches französisches Schauspiel in 5 Acten. Unser kunstsinniges Publikum wird durch zahlreichen Be­­such, unserer beliebten und talentirten Beneficiantin den schönsten Beweis der Anerkennung zollen. — Vergnügungs­-Anzeiger. Heute findet in der Bier­­halle zum „freiw. Feuerwehrmann“ in der Faulgasse, das von uns bereits erwähnte , Cäcilien-Fest" statt, welches sehr animirt sich gestalten wird, wie wir aus dem uns vorliegenden Programme ersehen. — Urtheil8- Abänderung. Der bei einer jüngsten Verhandlung das Urtheil löbt. Magistrat hat — laut welchem seinerzeit über Herrn Heinrich Willm­otter in betreff der Beleuchtungsaffaire eine Geldbuße im Betrage von 50 fl. zu Gunsten des Armenfondes verhängt wurde — dahin abgeändert, daß von diesem Betrage 30 fl. für Degung der geschädigten ärarischen Gebäude und nur 20 fl. dem Armenfonde zufallen. — Selbstmord eines Unbekannten. Vorgestern in den Vormittagsstunden logirte sich in einem hiesigen Gasthause ein kräftig gebauter, junger Mann, im beiläufigen Alter von 24—26 Jahren, ist. Confession, ein. Nachdem derselbe sein Zimmer bis gestern Nachmittags nicht verließ, muthmaßte man ein Unglück und erstattete hierüber bei der Stadthauptmannsc­haft Meldung. Das Zimmer wurde sonac geöffnet und man fand obigen jungen Mann in einer Blutlache auf dem Fußboden todt hingestreut. Es wurde constatirt, daß sich derselbe beiläufig um 11 Uhr Vor­­mittags mittelst einer in seinem Besitze befindlichen Hinterlader- Damask-Pistole ins Herz schoß. Der Unglückliche hat etwas über mittelmäßige Größe, ein längliches Gesicht, braune Augen, braunes Haar und braunen, kurzen engl. Badenbart, das Kinn war ausrasirt. Seine Bekleidung bestand aus einer braunen Pantalon­­hose, ebensoll em Gilet, aus einem braunen Herbst-Rot und ebensol<em Ueberzieher, einem schwarzen Hut, in dessen Innerem die Firma: „Szaksz János Szepesvárallja" ersichtlich ist. Am kleinen Finger seiner rechten Hand befand sich ein Siegel­­ring mit den gothisc­hen Buchstaben H. W. eingravirt. In der Tasche seiner Hose hatte derselbe eine braunlederne abgenütze Börse mit 24 fr. Kleingeld, einen blechernen Zündholz-Behälter, einen Koffer-Schlüsfel und ein paar abgetragene Handschuhe. Diejenigen, welche nach diesem Signalement Aufsc­hluß zu geben wissen , wollen sich in der II. Abtheilung des hiesigen Stadthauptmannamtes sofort anmelden. — Bitte an den redlichen Finder. Der Buchhalter des Herrn J. Ratkowsky hat gestern auf dem Wege vom Fabrikslocale bis zur Stadt einen Geldbetrag von 103 fl. nebst anderen Papieren verloren. — Spurlos verschwunden. Ein junger Mann suchte bei dem hiesigen israel. Zuderbäder Aron Friedmann um Ber­schäftigung nach . Herr Friedmann übergab dem Bittsteller einen Kasten mit diverser Bäderei behufs Verkaufes Dog seitdem sind Tage verflossen und der Verkäufer derselben­ ist noch nicht zurückgekehrt.­­ Er hat bei seiner Installirung ein Zeugniß auf den Namen Karl Vilany, Kellner aus Miskolcz vorgewiesen, das­­selbe dürfte aber gefälscht sein. — Der Verschwundene war anständig gekleidet, trug einen grauen Mantel, und spricht deutsch und ungarisch. — Der gestern abgehaltene Elisabeth-Jahrmarkt war im Allgemeinen zufriedenstellend. Die p. t. Diebe hatten sich diesmal zahlreicher eingefunden. — Der Thäter des­­ Einbruchsdiebsta­hls, welcher am 29. v. M. an dem Kutscher des Herrn Andreas Molnár, auf der Szepsier Straße verübt wurde und im Ersterem diverse Effecten aus dem Stalle abhanden Folge: dessen gekommen sind, wurde doch umsichtige Nachforschung der städtischen Civilwac­hmannschaft zu Stande gebracht. Derselbe heißt Josef Vojakovits, ist aus Pany gebürtig und 26 Jahre alt. Er­be bereits der Staatsanwaltschaft zur Bestrafung über­­wiesen. — Die Kanalisirung der Taubengasse wäre ein längst gefühltes Bedürfnis. Wie wir vernehmen ist dieselbe auch im 1878er Budget außer Acht gelassen. Vielleicht überraschen uns die Väter unserer Stadt und veranlassen wenigstens die Egalisirung dieser Bergstraße im Jahre des Heiles 1878. — Die städtische statistische­ Commission genehmigte in der am 18. J. M. abgehaltenen Litung die bezüglich des heutigen Ernte-Resultats eingelangten Daten. Es wurden an einem Hektar Boden an Herbst-Weizen-Frucht 20 Hektoliter, Stroh = Meter Centner [7] Herbst-Korn „ 17 " 2 " n Frühlings-Weizen,, 14 - 26 HF vo­n Gerste ,, = 17­­ 21 « „ Hafer REN 12 " „ Mais­rät­e 21 2 „ Widen 7 L, 21 $ n Hülsenfrüchte „vi“ 1442 Ye -- 18 „m Erdäpfel 2.2.99 18 _ X „ Futterrüben ““ hr 2:26 4: „ Kunstfutterwaaren : Luzerne, Klee ec. , = I, 56.5 " Widengemisch Fen<h 2c. 17 49 fi „, Naturfutterwaaren : Heu und Grummet — hr 50 FA im Durchschnitte erzeugt. Angekommene Freunde am 19. und 20. November. Grand Hotel Schalkház. Am 19. November. Pfeifer und Andrássy (Wien), — Reis (N.-Mihaly), — Leopold Schwarcz (Wien), — Moll (Brüg), — Majláth (N.-Mihály) — Neumann (Leutschau), — J. Gisvay (Budapest), — Gustav Pach (Wien), — Ralicza (Lemberg), — Emerich Csenge (Galszecs), — Lux (Debreczin), — Hamersberg (Tolcsva), — Am 20. November. Kohn (Budapest), — Schönberg (Munkács), — Friedmann (Torna), — Finger (Ham­­burg), — Reis, Szeghy, Szöke, Zsoldos, Fränkl und Mihnay (Mis­­kolcz),, — Weisz und Reiner (Wien), — Fränkl (Budapest, — Krieger (Dresden), — Teglassy (Korlat), — Szentimrey (K.-Varda), — Dunkel (Eperies), — Franz Taus (Budapest), — Metzner (Korlat). Hotel Schifbeck. Am 19. November. Martin Griger (Rakacza), — Adolf Szakady (K.-Vajda), — Keresztessy (Miskolcz), — Johann Bott (Leutschau), — Moritz Weisz (Berlin), — Ignatz Boros (A.-Medgyes), — Gustav Böhm (Budapest), — Geiger, Neu­­mann und Schuster (Szántó), — Am 20. November. (A.-Füged), — Kölkei (Szala), — Stefan Fay (F.-Mera), Stefan Jassay — Policzer und Felderber (Galszscs), — Hamburg (Forró), — Davidovits (M.­­Szigeth), — Alexander Bargazi und Georg Sziraky (Vilmäny), — Johann Gaál (Szala), — Schwarcz (Metzenseifen), — Jonas Czipper (N.­Ida), — Graubart (Lucska), — Johann Schürger und Gedeon (Metzenseifen), — Victor Viter (P.­Mera). Neueste telegrafische Depeschen, Konstantinopel, 20. November. Eine Proclamation des Gouverneurs des Vilayets Kossowa fordert alle Muslims auf, die Waffen zu ergreifen, um eine eventuelle serbische Invasion zurückzuweisen. — Telegramme anderen Punkten melden nur Geringfügiges, aus Rasgrad und Petersburg, 20. November. Offiziell aus Weron­­kaleh vom 19. d.: Der Sturm auf Kars wurde gegen die südöstlichen Forts geführt, mit Demonstrationen gegen die übrigen Forts; die Forts Hafiz, Kauli und Suvari wurden durt Sturmkolonnen genommen, welche sodann in die Forts KaradaH und Arab eindrangen, die duch Volontäre un­­vermuthet genommen wurden und zwar Ersteres vom Rücken und Lebteres von der Fronte. Des Morgens versuchte die Garnison der verlassenen Forts sich in die Berge zu flüchten, wurde aber umzingelt und gefangen. Die Zahl der Gefangenen beträgt 10.000 Mann, in den Spitälern wurden 4500 Ver­­wundete und Kranke gefunden; erbeutet wurden 300 Geschüge und massenhafte Vorräthe; der Verlust der Russen war 2500 Todte und Verwundete. Wien, 20. November. Der „N. Fr. Pr.“ wird aus London vom 19. b. telegraphirt: Die Leitartikel sämmtlicher Journale besprechen den Fall der türkischen Festung Kars mit sehr ernster Besorgniß. — „Morning Post“ meint, wenn die Neutralität Englands früher vielleicht weise war, so müsse jetzt England seine Unthätigkeit aufgeben, denn die Integrität der Türkei in Asien bildet das Bollwerk der Integrität Englands. Die „Times“ meint, England müsse aus humanitären und egoistischen Gründen vermitteln. — „Daily Telegraph“ glaubt, die Türkei werde den Kampf noch nicht aufgeben. — „Standard“ schreibt den Fall Kars’ russischem Golde zu. „Standard“ meldet, daß Mehemet Ali Pascha Sonntags an der Spitze der Armee in Sophia einlüd­e, Paris, 20. November. Das „Journal Officiell“ meldet daß die Minister dem Präsidenten Mac Mahon ihre Demission überreichten, welche angenommen wurde, bis zur Ernennung ihrer Nachfolger mit Die Minister bleiben der Fortführung der Geschäfte betraut. Paris, 20. November. Das „Journal wird erst Donnerstag das neue Cabinet veröffentlichen. “ Nach einem Gerüchte in Parlamentskreisen wird das neue, aus der Rechten und dem rechten Centrum gebildete Cabinet folgenderweise zusammengeseßt sein: General Rochebouet, Cabinets­­präsident und Krieg ; Depeyre, Justiz ; Welche, Inneres ; Barbie, Unterricht; Pouyer Quertier, Finanzen; Banneville, Aeußerei ; Dupuydeloine, Handel ; Montgolfier Arbeit, und Gicquel, Marine. Moskau, 20. November. Die „Moskauer Zeitung“ meldet, daß sich die Hauptmacht der Russen gegen Erzerum wandte und Wien, in Kars nur eine Bejagung zurücließ. 20. November. Der „Bol. Corr.“ wird aus Gettinje vom 20. b. telegraphirt: Die Montenegriner nahmen das Spizza beherrschende Fort Nehap, nachdem sich Spizza vor vier Tagen widerstandlos ergab. Fürst Nikolaus befindet sich in Antivari, dessen Citadella dem Bombardement der Montenegriner widersteht. Offiziell" Aus Heimat und Fremde. " Maajestätsbeleidigung. Dem Journalisten Julius Verhovay wird wegen Majestätsbeleidigung der Proceß gemacht. Das Substrat des Processes bildet ein von Verhovay verfaßter, im Organ der äußersten Linken erschienener Artikel über den Kasc­hauer Toast des Königs von Ungarn. — Aus Furcht vor dem Untersuchungsrichter. Der Föther Einwohner Stephan Z­sigry, ein 48er-Honved, hat sich am 19. d. Früh Morgens erhängt. Der Unglüciche schoß ge­­legentlich der lezten September-Manöver auf einen der Soldaten,­­ IE EIE SEN­­­ AIRE ? GET EEE ET Pr 8 = gr j; we FEH E die des Nachts die Fether Weingärten plünderten und brachte demselben eine gefährliche Wunde bei. In dieser Angelegenheit war er für heute zu­ dem Untersuchungsrichter für den Pester Landbezirk, Stephan Décsi, vorgeladen, worüber er dermaßen einbrach, daß er in der vorhergehenden Nacht seinem Leben ein Ende bereitete. Z­sigry ist derselbe Landmann, welcher vor Kurzem — wie wir seiner Zeit berichteten — ein längeres „Politisches Gespräch“ mit dem Könige: Hatte, der ihn wohl­­gelaunt mit einem Dukaten beschenkte.­­ Ein Krankenhaus für Eisenbahnbeamte in Bud­apest zu erbauen, wird soeben in den betreffenden Kreisen geplant. Das Project wird in der nächsten Conferenz der ungarischen Eisenbahn-Directoren zur Berathung gelangen. — Naubmordversuch in einem Postamte. Aus Neutag wird gemeldet: Die Fahrpostexpedits-Halle im hiesigen k. ungarischen Postamte war in der Mitternachtsstunde vom 15. auf den 16. b. der Schauplatz einer gräßlichen Blut­­t­at. Der Post-Offizial Stefan Erds erschien am verflossenen Freitag gegen 1 Uhr Morgens in dem erwähnten Locale, in welchem der Postbeamte Zettel und der Postdiener Georg Leitner zum Nachtdienste anwesend waren. Den Lettern hieß Erös sich schlafen legen, mit dem Erstern, der an einem Schreibtische arbeitete, auf welchem unter Anderem eine an das Regiments­-Commando des 51. Linien-Infanterie-Regiments adressirte Geldsendung von 9000 fl. lag, begann Erös == auf­­und abgehend — eine harmlose, zum Theil scherzhafte Conversation. Seither hatte der Aufforderung Folge geleistet und sich auf dem Fußboden an jener Wand niedergelegt, der Zettel den Rüden zukehrte. Ein auffallendes Geräusch bewog­­ Zettel aufzustehen und sich umzubliken. Das blutige Drama hatte seinen Anfang genommen ! Auf dem Fußboden rang der bereits aus mehreren Wunden blutende­ Leitner mit Eros, der offenbar mit einem der im Locale vorgefundenen, zum Schutze der reisenden Conducteurs dienenden scharfen Säbel den schlafenden Leitner meuclings überfallen hatte. Infolge des Dazwischen­­tretens Zettel­s ließ nun Erös von seinem Opfer ab, das noch so viel Kraft hatte, hinauszustürzen. Hierauf bemächtigte sich Erős des vorerwähnten Geldpaketes und begann gleichzeitig unter grimmen Drohungen seinen Collegen Zettel mit blut­­triefender Hand am Halse zu würgen. Dieser erwehrte sich so gut er konnte, suchte sich des Packets zu bemächtigen und rief dabei um Hilfe, worauf Eros, das Paket zurücklaffend, das Local verließ und sich nach Hause begab, wo er, nachdem sofort die Anzeige erstattet ward, von dem mit einigen städtischen Panduren herbeigeeilten Polizeicommissär Bukovics verhaftet und zu provisorischer Detention aufs Stadthaus gebraut wurde. Im Laufe des gestrigen Vormittags wurde der Thatbe­­stand festgestellt und von Seite des k. ung. Untersuchungsrichters G. Ivanovits sowohl mit Leitner (dem noch in der Nacht Stadtphysikus Joikics­ ärztliche Hilfe gespendet hatte und der troß seiner schredlichen Wunden am Kopfe und Arme bei voller Besinnung war), als auch mit Eros nommen. Leitner und Eros sind verheirathet, ein Verhör vorge­­dieser ist Vater eines Sohnes, jener ein Tochter. Erös ist beim hiesigen k. ung. Postamte seit 1870 bedienstet, lebte Anfangs auf großem Fuße, war letzterer Zeit stark verschuldet und befand sich in Folge bedeutender Gageabzüge in gedrü>ten Verhältnissen. Der Zus­­tand Leitner­s ist nahezu hoffnungslos; in Folge seiner furcht­­baren Kopf- und Gesichtswante kann ihm flüssige nur mühsam beigebracht werden und fürchtet man einen Nahrung tödt­­lichen Ausgang.­­ — Kleine Nachrichten. Die Jigloer Dilettanten- Vorstellung vom 11. d., deren Reinerträgniß zur Renovirung der Bühne Verwendung fand, fiel recht gut aus, und machten sich besonders die Damen um die Darstellung in hohem Grade verdient. — Zu Gunsten der türkiscen Ver­­wundeten wurde am 27. October in Gölnik ein Ball veranstaltet. Der zierlich ges<aüete Saal war von einem gewählten Publikum besucht und der Reinertrag beziffert sich auf 73 fl., die dem ottomanischen Generalconsulate in Budapest eingesendet wurden. Die Unterhaltung war eine recht gemüthliche. — Am Katharinentag, den 25. d., findet in Béla zu Gunsten der türkischen Verwundeten eine Dilettanten-Vorstellung statt, der ein Tanzkränz­en nacfolgt. — In Debreczin hat sich der Profoß des dortigen Stodhauses, Zwirner, am vorigen Freitag erschossen. Wiener Briefe. (Orig.»Corresp.) Mitte November 1877. In den Straßen Wiens hat man schon seit Langem keine folge Auswahl von blauen, rothen, grünen, gelben, weißen und sonst farbigen Studentenmaßen gesehen, als in den lezten Tagen. Wir leben im vollsten Studentenrummel, die Reden fließen in Strömen, der „Stoff“ nicht minder und der Director des Stadttheaters, Herr Dr. Heinrich Laube, ruft den Studenten zu: „Pflanzt sie auf!" Die schwarz-roth-goldene Fahne nämlich, und wo? In der „komischen Oper“" Institut sollte eigentlich „komisches Theater” heißen).­­Dieses . Die Erregung der Wiener Studenten betrifft die ge­­plante Studentenvorstellung zu Gunsten eines „Grün-Lenau- Denkmals". Die Musensöhne sollen den „Tell“ vermimen, was Zeug hält; sie sollen dies thun, um ein Scherflein für das Denkmal zweier österreichischer Dichter beizutragen, und zu diesem Zwecke sollen sie die heute selbst in Jena antiquirte scwarz-roth-goldene Fahne auf dem Giebel der „Komischen“ aufpflanzen. „Pflanzt sie auf!“ Aber siehe da, die Majorität der hiesigen Studentenschaft hat kein Gelüste dies zu thun. In einer ziemlich tumultuösen Versammlung erklärte sich dies­selbe zwar gerne zur Förderung des Dichterdenkmals bereit, verwarf aber das Mittel der Studentencomödie. Sollte aber trogdem die „Tel“-Aufführung zu Stande kommen, so sind die Dilettanten doch um den Nimbus gebracht, den sie sich als Vertreter der studirenden Jugend erhofften. Für den so früh verstorbenen Hofkapellmeister Johann Herber hat gestern im großen Saal der Gesellschaft der Musikfreunde die Todtenfeier stattgefunden. Der Saal war in die Farbe der Trauer gehüllt, und die Mitwirkenden er­­schienen im Trauergewande. Zur Aufführung kam Mozart's „Requiem“. Dieses Werk wurde von Herber kurz vor seiner Erkrankung einstudirt, und ging mit großer Meisterschaft von­statten. Herber's Stelle eines Hofkapellmeister wurde Hrn. Hellmesberger verliehen, Herber ist todt, es lebe Hellmesberger ! Die Vereine beginnen bereits ihre Thätigkeit. Vorigen Samstag fand der erste Productionsabend des Vereins „die Naßwalder“ statt. Es wirkten daselbst mit die Frls. Seydel, Frl. Ringl und die Herren Baumeister, Matras und Ausim. Am meisten gefielen die Frls. Seydel, Frl. Theresine Seydel ist eine eminente Violin-Virtuosin und ihre Schwester Marie

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