Kaschauer Zeitung, Januar-März 1888 (Jahrgang 50, nr. 1-38)

1888-02-23 / nr. 22

PT 20: EI % + Eu GEH x / x = Fünfzigster Jahrgang 1888, . Neueste Nachrichten. Eine Petersburger Depesche meldet, es schweben auf "Initiative Deutschlands lebhafte Unterhandlungen ZU. den Kabineten Wien, Berlin, Petersburg und Konstantinopel bezüglich der bulgarischen Frage. Alle vier Kabinete betrach­­­ten die Absezung des­ Prinzen Ferdinand von Koburg einstimmig als nothwendig. Oester­­reich will aber früher einen Vorschlag über dessen Nachfolger­­ gemacht sehen. Ungarn. Budapest. Minister Trefort werde wegen des Konfliktes mit dem Primas in der Kon­­gruafrage d­emissioniren. Die Krankheit des Mini­­sters soll eine Folge der Aufregung sein. Das Finanzgeseß wurde mit überwiegender „Mehrheit vot­rt. Oesterreich. Wien. Anläßig der Publizirung "des Bündnißvertrages hat der Wiener Magistrat eine Ad­­resse an Graf Andr­ássy gerichtet, auf welche dieser dan­­kend antwortete, wobei er das Hauptverdienst den beiden Souverainen zuerkannte, die langjährigen Traditionen entsa­­„gend, der Sicherheit ihrer Reiche auch gewisse Sympathien zu opfern bereit waren. Rußland. Petersburg. Hier verlautet aus sicherer Quelle, daß der Czar im Frühlinge eine Reise nach Pozen unternehmen werde, um die Arm­ee FXorp3 an der österreichischen und deutschen Grenze zu Visiteren. Deutschland. Berlin. Die Gerüchte, wonach das Kaiserpaar beabsichtigte, nach San Remo zu reisen, entbehren bisher der Bestätigung. Der „Börsencourier“ will­­ wissen, es werde die Bereitstellung eines Salonzuges zur Ueberführung des Kronprinzen nach Berlin erwogen. Die­­ Ausführung dieses Planes, der an sich nicht unwahrscheinlich ist, dürfte durchaus vom Zustande des Kronprinzen abhängen. Der Kaiser empfing den Fürsten Bismarck zu einer längeren Conferenz. Abends erhielt der Reichskanzler einen längeren Besuch des Prinzen Wilhelm. Großbritannien. London. Lord Dufferin “wird im Monat August zum Botschafter in Rom,­­an Stelle Lumley's ernannt werden. Frankreich. Paris. Der französische Mi­nister des Auswärtigen M. Flouren­s hat am 17. b. unmittelbar nach seiner Rückkehr von seiner Kan­­didatenreise Gelegenheit genommen, bei seinem allmöchentlichen Freitags-Empfang dem diplomatischen Korps die beruhi­­gendsten Erklärungen bezüglich seiner in Bri­­ancon und Gap gehaltenen Reden abzugeben. Italien. Rom. Die marokkanische Gesandtschaft ist am 19. hier eingetroffen. König Humbert und der Kronprinz würden dem Kaiser Wilhelm, wenn er nach San Remo kommt, entgegen­­reisen. Ach Zanardellis Demission ist bevor­­stehend. Türkei. Constantinopel. Es­ wird berichtet, daß die Pforte eine Rote nach Petersburg sendete, worin sie verlangt, daß die bulgarischen Schwierig­­keiten diplomatisch gemeinsam mit den die Herzegovina und Bosnien allwo willkürlich unterdrückt die Muselmanen würden, betreffen­­den Fragen verhandelt werden und daß eine Wiederher­­stellung der türkisc­hen Oberhoheit ange­bahnt werde. Am Ende hilft der Russe de­m­ Tür­­ken noch, um einen Verbündeten gegen und mehr zu haben. Mehr braucht der­­ Türke nicht ! Rumänien. Bukarest Die Kammern wurden am 19. eröffnet. Grund zu glauben. Die königliche Thronrede sagt : Wir haben daß die für die Aufrechterhal­­tung des Friedens allenthalben gemachten Anstrengungen zum Ziele führen werden, ohne uns einen Augenblick von dem Wege der Klugheit zu entfernen, den wir­ von An­­beginn betreten haben. 63 liegt uns dennoch unter den schwie­­rigen Verhältnissen, “welche Europa durchmacht, die Pflicht ob, unaufhörlich auf unsere Kräftigung im Innern Bedacht zu nehmen, um der Zukunft mit Vertrauen entgegen zu sehen. Montenegro. Cetinje. Die Prinzessinen M­i­­­litßa und Stan­ja begeben sich, in Folge direkter Einla­­­dung ihrer Majestäten sofort nach Petersburg. China. Peking. Die Mansc­hurei gleicht einem Kriegslager ; China rüstet ebenfalls und dürfte bei europäischen Bezwh­lungen auch eine Rolle spielen. e | EN KES TI GIE FR 8 # Kaschau, Donnerstag 23. Februar. fl. 1.65 Nr. 22.­­ Kaschauer Zeitung Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. | Präm­merationspreis ohne „Slufir. Unterhaltungsblatt“ > vierteljähr. fl. 1.25 Für Kaschau : ganzjährig fl. 5.--, halbjähr. fl. mit Postversendung 3 ganz]. fl.­6.69, u fl. 3.30, 5 Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren­ Raum mit­­ 5 tr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Bei Inseraten, welche größeren Raum einneh­men und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. Be­­it dem „Zunftr. Unterhaltungsplatz“ ganzjährig fl. 7.—, halbjähr. fl. es vierteljähr. ha­te Für Kaschan : Mit Postversendung : ganzs.. fl. 8.69, „ KASSA-EPERJESI ERTESITO. en Lofal-Rachrichten. — Statutsgenehmigung. Die Statuten des K­ar­scha­uer Juristen-Vereins (jogäszegylet) wurden seitens des kön. ung. Ministeriums des Innern mit der Verordnung unter Zahl 10645, mit der geseßlich erforderten Einreichungs- Klausel versehen. — Handels- und Gewerbekammerwahlen. Zu der am 4. März stattfindenden Wahl der 32 Kammermit­­glieder haben das Handelsgremium einerseits­­ und die Ge­­werbekorporation andererseits Kandidatenlisten zusammenge­­stellt, in welchen sie je 16 ordentl. und 8 Krlegmitglieder*) zur Wahl empfehlen. Die von Seite der Gewerbecorporation *) Diese Distinction soll den Wähler gar nichts kümmern, er hat 24 Herren zu wählen und die Stimmenmehrzahl entscheidet dann ohne dem, wer ordentl. und wer Kriagmitglied ist. Candidarten können wir hier mittheilen ; es sind die Herren : Michael Halyko sen., Julius Maurer, Michael Repäßky, Wilhelm Dunkel, Simon Leßter, Ladislaus Tettmayer, Josef Wagner, Heinrich Elischer, Julius Sztudinka, Josef Lukács, Alexander Vas8, Emerich Kontuly, Karl Kukovsky, Johann­ Gilänyi, Andreas Hapay, Emerich Haydn, Karl Werfer, Mi­­cael Berzäczy, Johann Jachmann, Ferdinand Kupka, Karl Haußer, Josef Szabó, Samu Lux, Jakob Lepesch. Die Gewerbecorporation fordert im Interesse des Ge­­werbestandes die sämmtlichen Gewerbler unserer Stadt auf, sich gewiß bei der Wahl, welche am genannten Tage von 9 Uhr Früh bis 4 Uhr Nm. im Saale der­ Handels- und Gewerbekammer Hauptgasse Nr. 60 I. Sto. stattfindet, ein­­zufinden. Die Gewerbecorporation erachtet es für ihre Pflicht und ihren Beruf, daß sie dort, wo es das Interesse ihrer Mit­­glieder erheischt, ein deren Vertrauen rechtfertigendes Vorge­­hen beobachte und selbe vor Agitationen schüße, deren Beweg­­grund meist nur Partikularinteresse bildet. — Die Gewerbekorporation hat uns den Aus­­weis über das Resultat des heutigen Közvacsova am 11. ds. mitgetheilt, dem wir entnehmen, daß die Einnahmen 559 fl. 30 kr. betrugen, die Ausgaben 439 fl. 30 kr., demnach zur Einrichtung der Herberge 120 fl. verbleiben. Dieses Resultat ist meist den Ueberzahlern zu danken, deren Namen wir hier folgen lassen: Graf Johann Hadik, Wilhelm Dunkel, Heinrich Elischer je 10 fl., Peter Jakob, Emerich Kerekes, Stefan Havrilla, Johann Gilányi, Lud­­wig Saad, Daniel Varkoly je 5 fl., Josef Docskalik, X. 9. je 3 fl., Emerich Lang, Samuel Leganyi, Josef Király, Peter Haltenberger je 2 fl, Michael Halyks, X. Y. je 1 1 50, Francz Mikitovics 1 fl. 20, Eduard Buliczka, Franz Schöller, Johann Szabó, Josef Billy, Karl Sichert, Prof. Josef Vadiß, Géza Mihalik, Andreas Hapay, Anton Tür­­ner je 1 fl., Josef Skalát, Wilhelm Linz, Josef Szupa, Leopold Mondl je 80 kr., Archivar Kemeny 60 kr., Math. Schöller 50 tr., Samuel Alper, Johann Csanár, Anton Halácsi, N. N., Samuel Gelmann, Mi­­chael Stenczel, Eduard Pauluß, Orban Sztehlik, N N., Franz­ Lang, Julius Maurer, Ernst Hensch, Wenczel Kremla, N. Kasimir, N. N., Karl Ambrózy, N. Mihalsky je 40 kr., Irma Janoska 30 fr, Andreas Papis 20 kr. Die Gewerbecorporation dankt hiemit den edlen Ueber­­zahlern, welche dieses schöne Resultat erzielen halfen. — Der Consumverein hält Sonntag den 26.4. um 3 Uhr Nm. im Physiksaale der Oberrealschule seine Ge­­neralversammlung. — Militärisches­­digungs-Ministerien Die Landeswerb­er­­haben den Landwehr-Kom­­manden eröffnet, daß die Militär- (Landwehr-) Pen­­sionisten ohne Militärcharakter der Landsturmpflicht nach Maßgabe der Wehrfähigkeit, und zwar bis zum 60. Lebensjahre unterliegen und daß sie demgemäß, ohne Rücksicht darauf, ob sie den Offiziers- oder Beamtencharakter freiwillig abgelegt haben, oder desselben . 4 ; mm = << mmh ;­­ Der Schubgeist. Roman von Carl Zastrow. (20. Fortsezung.) Dann schritt er nach dem Tender, prüfte die Quantität des Wassers und Brennmaterials und untersuchte jedes ein­­­zelne Metervertüd und Werkzeug mit peinlicher Sorgfalt. “Ebenso rasch war er wieder unten. Die Finger glitten prüfend über eine Achse des Ten­­­ders. Sie war vorschriftemäßig geschmiert. Noch ein Blick auf die Bahnräume. Es war Alles in bester Ordnung. Ruhig sah ihm der Lokomotivführer zu. Das leise Lä­­cheln in seinen Zügen schien zu sagen : „Sa, suche nur! man sieht wohl, daß Du sehr viel von der Sache verstehst, aber finden wirst Du schwerlich­­ etwas. Der Meister Straff weiß schon, wie man eine Ma­­schine bedient.“ Zeit zu ferneren Reflexionen hatte er übrigens nicht.­­ Der gefürchtete Geheime Rat stand wieder neben ihm. „Sind Sie über den Stand des Wassers und der Dampfspannung im Reinen ?“ fragte er mit hochemporge­­­zogenen Augenbraunen. „Haben Sie schon die Gangprüfung rei ni & „Noch nicht, Exzellenz es sollte gerade geschehen, als “Euere Exzellenz erschienen.“ 4 WX Eine kurze Bewegung mit der Rechten sagte dem Mei­­ter Straff, daß er mit dem Manöver zu beginnen habe. ‚ Nach einem kurzen Bli auf das den Wasserstand anzeigende Glasrohr öffnete und schloß er die Probierhähne. Während der Heizer, seinem Winke folgend, sich auf­­ den Tender begab und den Bli" vorschriftsmäßig rückwärts "wandte, vollzog der Führer mit außerordentlicher Gewandt­­heit die erforderlichen Handgriffe. Der Eisenriese stieß unter Geprassel einen feinen Sprüh­­regen in die Luft. Es war, als wollte er mit der Glut, die in seinem gewaltigen Bauche brodelte, die Atmosphäre rings amber mit Gewitterschwüle erfüllen. Dann glitt er langsam den Bahnhof hinab und zu­­rid, noch einmal vorwärts, und­­ als der Direktor mit der „Hand “ wintend das Zeichen zum Stillstehen gab, hielt er, gehorsam dem Drucke des Führers „Genügender Dampf im Kessel ! — Spannung im Steigen !“ meldete der Führer in militärischer Kürze. „Gut! — ziehen Sie die Tenderbremse an, schließen Sie den Regulator ! — rücken Sie die Steuerung aus! — fest die Cylinderbahnen geöffnet, den Dampf in den Tender gelassen !“ Noch während der Rat sprach, geschah dies alles, und auf dem Antlitz des Lokomotivführers gab sich eine troßige Verwunderung darüber zu erkennen, wie man ihm diese dienstlichen Verrichtungen befehlen konnte, die sich ja von selbst verstanden. „Stellen Sie die Lokomotive vor dem Zug,“ befahl der Rat weiter. Von Neuem gehte der Koloß sich in Bewegung. Ohne den leisesten Stoß zu verursachen, glitt er an den Zug heran, der Heizer schlüpfte unter den Puffern durch und hate die mächtigen Kuppelketten ineinander. Als sich der Direktor mit einem raschen Bli von der prompten Ausführung überzeugt hatte, verließ er die Lokomo­­tive und schritt den Abfahrtsperron entlang. Der „Zug“ be­­stand aus zwölf funkelnagelneuen leeren Personenwagen er­­ster und zweiter Klasse und einem Salonwagen. Ein Strahl der Befriedigung leuchtete­ in dem dunkeln Auge des Beo­­bachters auf, als es längs der glänzenden, dunkelbraunen Holzfläche hinglitt, von der sich die sauberen, schwarzen Tritt­­bretter, die blanken Messingriffe und die blauseidenen Fenster­­gardinen ebenso zierlich, als elegant abhoben. Gleich darauf runzelte sich die eherne Stirne wieder. Die Thüren sämtlicher Coupees waren geschlossen, nur die des Salonmwagens stand offen. Der Zugführer stand ruhig vor seinem Wagen. Drei Schaffner schlenderten­ gemütlich um­­her und machten sich allerlei wißig sein sollende Bemerkungen über den Zug ohne Passagiere. Sie hatten wohl noch nicht zu viel von dem strengen, diensterfahrenen Eisenbahn-Direk­­tor gehört. Dieser sah sich mißmutig rum. Er schien jemand zu suchen, den er für den Unterlassungsfehler verantwortlich machen konnte. Dienstbeflissen eilte der Betriebs-Direktor herbei, um den geschossenen Bo> auf seine Schulter zu laden. „So Habe ausdrüclich gesagt, der Zug sollte ganz so behandelt werden, als wenn er vollständig beiegt sei !“ schraubte der Rat ihn an. „Die Wagen thüren auf!“ rief der Betriebs-Direktor. Die Schaffner leisteten augenblinlich dem Befehle Folge Der Zugführer trat neben den Salonwagen, um dem hohen Vorgesetzten beim Einsteigen behilflich zu sein Dieser winkte fahl ablehnend mit der Hand. Die Glocke läutete. Die drei lezten Schläge hallten scharf durch die Halle. Unmittelbar darauf folgte das Zu­­schlagen der Thüren. Die Fahrbeamten klimmten die Leitern nach ihren Sißen empor. Der Zugführer b­at einen schrillen Pfiff mit der Mundpfeife und fast in demselben Augenblic­klang das sc­harfe, schneidende Signal der Dampfpfeife. Die Lokomotive keuchte schwer auf, eine schwarze Rauchwolke quoll in die Luft. Erneutes Keuchen. In regel­­mäßigen Tempos schossen die Wolken aus dem Schlot em­­por. Der Zug war in Bewegung Erst reht sprang der Rat auf die Lokomotive und stellte sich wieder neben den Führer Dieser warf dem Hei­­zer einen ernsten Bli zu. „Sieh­ Dich vor,“ sagte dieser Bli, „er geht darauf aus, einen Fehler zu finden, wegen dessen er uns strafen kann. Was mich betrifft, so wird er schwerlich eine Veran­­lassung zum Tadel finden.“ Mit verschränkten Armen starrte der Rat auf das fern im Abenddunkel verbämmernde Geleise. Immer rascher stieß der Koloß seine schweren Atemzüge aus. In immer kürzeren Tempos schleuderte er die Rauch­­wolken in die Luft. Der Bahnhof lag hinter ihm. Zu beiden Seiten der Bahn zogen sich freie Felder hin. Das Terrain erhöhte sich allmählich. „Wie „Eins ist die Steigung ?“ examinierte der Rat­ zu Zweihundert !“ antwortete der Lokomotiv­­führer kaltblütig. Der Lokomotivführer schien überhaupt die Gegenwart des hohen Vorgesetzten vollständig vergessen zu haben. Festen Blickes beobachtete er die Scienenstrebe, die Weichen und Krümmungen. Genau auf die Sekunde gab er die vorgeschriebenen Signale der Dampfpfeife. Unablässig kontrollrte er Feuerung und Dampfspan­­nung, den Zustand der Ventile, die vorschrifsmäßige Spei­­sung des Kessels, durch die Pumpen, den Wasserstand u. s. w. (Fortsezung folgt.) ; \ \ 1

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