Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1895 (Jahrgang 57, nr. 115-152)

1895-10-10 / nr. 119

=== Siebenundfünfzigster Jahrgang 1895, an aller bei "PRÄNUMERATIONSPREIS" DER „KASCHAUER ZEITUNG“ ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. fl. 2.50, vierteljähr. fl. 1.25 Für Kaschau: Mit Postversendung: ganz­. fl. 6.60, = A. 3.30, > Beilnseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile, oder deren mit 5 kr. berechnet, — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. fl. 1.65 Raum . | Erscheint Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Kaschau, Donnerstag 10. October. Mit Postversendung: fl. 5.—, halbjähr, 4.­2.59, vierteljähr. A. 1.4 ganzj. A. 6.60, „ E30 og Ale Bei Inseraten, welche grösseren Raum einnehmen und öfter eingeschalt­­werden, wird ein entsprechender Nachlass gewährt. KASSA-EPERJESI ÉRTESIT“. jeden Dienstag, Donnerstag . 7 . PRÄNUMERATIONSPREIS DER „KASCHAUER ZEITUNG“ und Samstag. 5 Kaschau: ganzjährig Neueste Nachrichten. Ungarn. Die israelitische Landeskanzlei hat eine Versamm­­lung der israelitischen Distriktsprä­sidenten für den 21. d. nach Budapest, einberufen, um Berathungen zu pflegen über die Verfügungen, welche ange­­sichts der durch das Instehentreten der kirchenpolitischen Gesetz im Allgemeinen und insbesondere durch die Rezeption der jüdischen Religion geschaffenen neuen Lage zu treffen wären. Oesterreich. Abgeordneter Graf Anton Wo­dziki ist zum künf­­tigen galizischen Bundsmann-Minister designirt, da soll dessen Ernennung erst im Winter er­­folgen. Deutschland. Außer den letzten arretiscten zwei Franzosen wurden in den legten Tagen noch zwei Spione und ein Buch- Halter bei Gruson, Namens Apfelbaum, unter starker Bewachung nach Leipzig überführt. Die Angelegenheit soll bereits in den allernächsten Tagen vor dem Reichsgerichte zur Verhandlung kommen. Großbritannien. Am 7. Oktober hielten die Parnelliten eine Versamm­­lung. Der Borfigende John Redmond erklärte, Irland ber­stände auf Hom­er­ule und wäre mit bloßen Besserungs­­maßregeln nicht zufrieden. Wenn ein Krieg in Europa aus­­bräche, würden die Iren unter den Klängen der Marseillaise, nicht aber unter jenen des „God save the queen“ marschiren. Die Versammlung nahm eine Resolution zu Gunsten des Home rule und der Amnestie der politischen Gefangenen an. Türkei. An Stelle des bisherigen Ministers des Weißern Turkhan Pasca wurde dessen Vorgänger im Amte Said Pascha wieder zum Minister des Aus­wärtigen ernannt. Madagascar. Die Königin erließ eine Proklamation, in welcher sie die Armee der Feigheit beschuldigt und die Weigerung aus­spricht, die Stadt zu verlassen. Die Howas­ sehen den Widerstand fort. Das Observatorium wurde zerstört. Die Fremden können die Stadt nicht verlassen, weil die Regierung die Anwerbung von Trägern untersagt. Die Franzosen stehen 30 Meilen von Antanarivo ent­­fernt und rücken rasch vor. Die Howas bereiten einen legten Widerstand in Ambohimanga vor. König Menelik Abessinien­ soll sie in Marsch gesezt haben und das Kontingent von Harcar gegen Shoa vorrücken haben lassen. Ras Mangajdja hat die ersten Verstärkungen erhalten. Angesichts dieser Sachlage beschloß General Baratieri, auf Adigrat vorzugehen, um zu verhindern, daß der Gegner Verstärkungen an sich ziehe und um die Gefahr eines Ein­­bruches hintanzuhalten. Baratieri hat seinen Vormarsch am 6. d. begonnen. Cuba. General Ehague hat am 25. September mit 1500 Mann eine von Antonio Maceo geführte 3—4000 Mann starke Insurgentenbande in der Nähe des Flusses Guayable geschlagen. Aus dem Reichstage. In der Abgeordneten-Haus-Situng vom 5.­0. wurde die Mandats-Niederlegung des Abgeordneten Adolf Zay angemeldet und das Präsidium zur wahl im Bezirk­ Kronstadt angewiesen. Ausschreibung der Neu- Die Petition des Nográder Komitats in Angelegenheit der B­estaatlichung des Volks­unterrichtes, die Petition der Stadt Debreczin in Angelegenheit der landwirthschaftlichen Krise und die Petition der kön. Freistadt Szegedin in An­­gelegenheit der Errichtung einer Militär-Akademie in Ungarn, gehen an den Pe­titions-Ausschuß. Der Präsident läßt das Interpellationsbuch verlesen, in welches acht Interpellationen eingetragen sind, und meldet gleichzeitig, daß der Abgeordnete B­áz­­­m ändy die am 28. November v. a. eingebrachte Inter­­pellation in Angelegenheit der Hermannstädter rumänischen Nationalversammlung zurückgezogen habe. Dient zur Kenntniß. Graf Nikolaus Tho­roczkay legt den Bericht des vollswirthcchaftligen Ausschusses in Angelegenheit des Gejik­­entwurfes über das Verbot der Verfälschung landwirthschaft­­licher Produkte vor. Der Präsident beraumt sodann die nächste Situng für Dienstag an und will die jgige schließen, als die acht Jn­­tecpellanten ihre Anliegen vorzubringen beginnen ; diese werden den Ressortministern zugestellt. Ambrus Neményi überreicht die Berichte des Fi­­nanz-Ausschusses und des Ad:rbau-Ausschuss­s über die Se­­­gentwürfe betreffend die Schaffung eines Landesfonds zur Hebung der Viehzucht und betreffend die Reguiirung der mittleren Donau. Diese Berichte werden gedruckt und seinerzeit auf die Tagesordnung gesetzt werden. Am 8. dss. wurde der Gelegentwurf über die Ve­r­­fälschung landwirthshaftlicher Pro­­d­ukte mit etlichen su­larischen Renderungen im Allgemeinen und Speziellen angenommen. Bloß bei 8­1 wurde mit Zu­­stimmung des Aerbauministers ein Antrag Mecey's ange­nommen, nach welchem der Minister verhalten werden soll, alle zwei Jahre über das Verbot der Verfälschung im Gesetze nicht erwähnter Artikel Bericht zu erstatten. Minister Graf Festetich beantwortete B­ej­ez­ny­ey's Urgenz wegen Erledigung der Abrechnung der Temesz-Begat­al-Regulirungs-Gesellschaft, sodann eine Anfrage Remete's in Sachen der Murregulirung, um schließlich in Beantwortung einer Interpellation Bela Be­r­­n äth's zu erklären, daß er bereits demnächst in der Lage sein werde, einen Gelegentwurf über die staatlichen Begünstigungen einzureichen, welche den durch die Reblaus geschädigten Weingartenbe­­figerm gewährt werden sollen. Local-Nachrichten. — Dank des Ministers. Der k. u. Handelsminister hat der oberungar. Baugesellschaft für die unentgeltlige L -­gung des Keramik-Trottoirs vor der hies. Maschinen-Gewerbe?­­chule seinen Dank ausgesprochen. Personalien. — Unser verehrte Abgeordnete Herr Akusius Beöthy wird Anfangs November (wahrscheinlich am 10.) seinen „Rechenschaftsbericht der Kaschaner Wahlbürgerscaft abstatten ; bei dieser Gelegenheit kommt“ auch" Herr Graf? Albert A­p­­ponyi mit mehreren Reichstagsabgeordneten nag Kasc­hau, wo ihrer Aller ein sehr soleaner Empfang harrt, ? — Herr Handeskammersekretär Eugen Deil ist am 8. d. vom Congreße der Handelskammersekretäre in Pecs zurücgekehrt. — Bei dem feigen Pferderennen zu Krakau stürzte der Honved-Hußaren-Rittmeister Herr Leopold H­o­fffm­a­n­n, der von seiner hief."Gurmisonirung Dertbelatm­te gute Reiter­­offizier, mit dem Pferde ; derselbe hat jedoch schon am 7 d. das Mil.-Spital verlassen, daher dessen Todesnachri<t sich er­­freulicherweise nicht bewährt. Todesfälle. — Gestern den 9. d. verstarb zu Jako­be. Hochwürden der Prämonstratense. Domherr Georg zS . war­b im 50. Lebensjahre und findet das Leichenbegängniß alldort mor­­gen statt.­­ Senilleion. PATE ER. (Nachdru> verboten.) Erlauchte Musiker. Bon Friedr. N Regensberg. Als echte Himmelstochter macht die holde Muse der Tonkunst keinen Unterschied unter den Sterblichen , die die Paläste so gut heim, wie die dürftigen Behausungen sucht der Armen, überall die Menschen tröstend und erhebend. So hat es denn auch von jeher gekrönte Häupter gegeben, die als ausübende Musiker und als Zonieer thätig gewesen sind. — Desire: Clary, in zweiter Ehe die Gemahlin des Mar­­schalls Bernadotte, an dessen Seite sie nach dem Tode Karl­s XIII. den scwedischen Thron bestieg, liebte die Musik sehr, übte sie jedoch nicht mehr aus, seitdem sie Königin gewor­­den war. „I< spielte gerade die Ouvertüre zum "Chalifen von Bagdad", erzählte sie selbst später einmal, „als man mir den Tod Karl­s XIII. meldete. Von der Stunde an habe ich keine Taste mehr berührt, denn ich war der Meinung, daß eine Königin nicht schlech spielen dürfe !“ Das ist gewiß richtig — es gab und gibt aber auch Potentaten, die gut spielten und sich deshalb nicht scheuten, mitunter auch öffentlich als ausübende Musiker oder Kom­­ponisten aufzutreten. König David, der Sänger der Psalmen, war bekannt­ is ein Meister auf der Harfe; Nero trat öffentlich als Sänger und Rezitator auf und in späterer Zeit vermehrt sich die Liste solcher erlauchter Musiker derartig, daß wir uns auf die Anführung einzelner besonders berühmter Bei­­spiele beschränken müssen. König Karl der Kahle soll ein „Officium sancti su­­darii“ in Musik geseßt haben, und König Robert II. von Frankreich, von dem die schöne Weise des noch in den ka­­tholischen Kirchen gesungenen „Veni, sancti spiritus“ herrührt, galt für einen der ersten Hymnenkomponisten seiner Zeit. Von seinen Nachfolgern war Karl IV., der unselige Miturheber der Bartholomäusnacht, ein tüchtiger Tenorist und wirkte als solcher in der Regel bei seiner Hofmusik und nicht selten auc in den musikalischen Aufführungen mit, die allwögendlig in dem Basf’schen Hause zu Paris stattfanden. Von Ludwig XII., dem Sohne Heinrich’­­IV., ist ein vierstimmiger Vokalsaß seiner Komposition: „Tu crois, o beau Soleil“ auf uns gekommen. Wenden wir uns nun zu den deutsch-österreichischen Fü­rstenhöfen, so begegnet uns an diesen eine sehr lange Reihe gekrönter Musiker, beginnend mit den Kaisern Ferdinand III. und Leopold I. Auch am Münchener Hofe wurde mit Eifer musiziert. Kurfürst Karl Albrecht, der spätere Kaiser Karl VII., spielte fertig Klavier und Violine und versuchte sich aug als Kom­­ponist. Maximilian Joseph komponirte ebenfalls einige Kir­­chenstücke und wird als ein hervorragender Gambenspieler ge­­rühmt. Sein Nachfolger Karl Theodor, zuerst Kurfürst von der Pfalz und bei Rhein, der 1777 in die bayrische Erbfolge trat und von Mannheim nach München übersiedelte, spielte Violoncello und blies die Flöte, war überhaupt ein begeister­­ter Verehrer der Tonkunst. Chr. Fr. Daniel Schubart be­­richtet über ihn aus seiner Mannheimer Zeit: „Er zog nicht nur die ersten Virtuosen der Welt an seinen Hof, errichtete musikalische Schulen, ließ Landeskinder von Genie reisen sondern verschrieb auch noch mit vielen Kosten die trefflichsten­­ Stück aus ganz Europa, und ließ sie durch seine Tonmeister aufführen. Das Theater des Kurfürsten und sein Konzertsaal waren gleichsam ein Odeum, wo man die Meisterwerke aller Künstler carakterisirte.“ zeigen Was Friedrich der Große als Komponist geliefert hat, seine erschienenen musikalischen Werke. Von ihm als Flötenspieler rühmte Chr. Fasch, der ausgezeichnete Begrün­­der der Berliner Singakademie, daß der König neben Franz Benda und Emanuel Bach das rührendste Adagio geblasen hätte. Und Burney berigtet über ihn: „Sein Kan war rar und eben, seine Finger brillant und fein G­ fhhmach rein und ungefünftelt. IH war sehr erstaunt über­ die Stetigkeit seines Vortrages in den Allegro, sowohl als über seinen empfindungslo­en Ausdrug in den Adagios; kurz, sein Spiel übertraf in manchen Punkten Alles, was ig bisher unter Liebhabern oder selbst von Flötisten von Profession ge­­hört hatte.“ Sein Nachfolger, Friedrich Wilhelm II, war ein Vir­­tuose auf dem Cello, ein zweiter Neff: des Königs, der später bei Saalfeld gefallene Prinz Louis Ferdinand, ein wirklich genialer Klavierspieler und Komponist, dessen Schöp­­fungen selbst die Anerkennung eines Beethoven fanden. Sein vollendetes Werk ist ein Pianofo­to-Quartett in F-moll.­­ Von Kompositionen der verstorbenen Kaiserin Augusta ist Verschiedenes bekannt geworden, so namentlich ein schwung­­voller Armeemars< und die Musik zu einem Ballet „Die Madskerade“. Kaiserin Friedrich war von Jugend auf eine eifrige Pflegerin der Tonkunst und hat selbst Sonaten und fi­ngere Musik­tüde komponirt. Prinz Albrecht von Preußen, der Regent von Braunschweig, ist ein­­ begeisterter Verehrer und Ausüber der klassiscen Musik und Hat fig mehrfach in eigenen Kompositionen versucht. Eine Virtuosin auf dem Flügel und im Gesange ist die verwitwete Prinzessin Fried­­rich Karl, aug sind bereits verschiedene Hefte von ihr in Musik geseßter Lieder erschienen, die stimmungsvoll und eigen­­artig sind. Der Bruder des Kaisers, Prinz Heinrich von Preußen, ist Komponist und spielt Violine und Piano. Kaiser Wilhelm II. ist sein ausübender Musiker, interessirt er aber — gleich seinem unvergeßlichen Vater, Kaiser Friedrich III. — lebhaft für die Tonkunst ; er schärt insbesondere Wagner's Schöp­­fungen und wendet auch der Militärmusik seine Aufmerksam­­keit zu. Schon als Kronprinz tadelte er es, wenn die Kapellen zu oft die Operettenmärsche spielten, und brachte die alten traurigen Weisen der geschichtlichen Märsche wieder zu Ehren. Des Kaisers Schwager, der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, hat die Musik zu den „Persern“ des Aeschylos und zu den „Bachantinnen“ des Euripides nach dem Vorbilde der Men­­delssohn’igen Chöre zur „Antigone“ geschrieben." Auch des Prinzen Schwester, die Prinzessin Marie Elisabeth von Sachse­n- Meiningen, eine Schülerin Theodor Kirchner­s, hat verschie­­dene Kompositionen erscheinen lassen, darunter ein fein em­­pfundenes Wiegenlied für Orchester, einen Walzer für Klavier usw. Von der Königin Olga von Württemberg existirt ein prächtiger Parademarsch, den die Kapelle ihres Stuttgarter Grenadirregiments häufig spielt. Ein sehr fleißiger Zonfeu­r ist der Herzog Ernst II. von Koburg-Gotha, der fünf erfolgreich über verschiedene Bühnen gegangene Opern geschrieben hat: „Zuyre“, „Tony oder die Vergeltung“, „Casilda“, „Santa Chiara“ und „Diana von Solange“, die erst kürzlich wieder in New­ York zur Auf­­führung gelangte. Außerdem sind in weiteren Kreisen vers­­chiedene Kantaten und Hymnen des Herzogs bekannt gewor­­den, namentlich seine für Männerchor und Blechmusik gesetzte Hymne „Die deutsche Trikolore.“ Auch der jüngst verstorbene König Wilhelm III. von Holland hatte eine Oper „der Sklave des Kaimora3“ kom­­ponirt, die in Arnheim zur Darstellung gelangte, seitens des Publikums jedoch eine zwar respektvolle, aber eisige Auf­­nahme fand. Dadurch ließ sich der „lette Oranier“ indessen nicht in seiner Vorliebe für die Musik beirren. (Schluß folgt.) -

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