Literarische Berichte aus Ungarn 2. (Budapest, 1878)

4. szám - III. Eugen Abel: Die Bibliothek des Königs Matthias Corvinus

DIE BIBLIOTHEK DES KÖNIGS MATTHIAS COBVINUS.* Unter jenen vom Humanismus in Ungarn hervorgerufenen Institutionen, welche die allgemeine Aufmerksamkeit am leb­haftesten und anhaltendsten auf sich zogen, nimmt unbestreitbar die «Bibliotheca Corviniana» oder «Budensis» des Königs Matthias den ersten Platz ein. Schwerlich vermögen wir eine andere im Zeitalter der Renaissance gegründete Bibliothek namhaft zu machen, welche in solchem Masse die Poeten und Panegyriker, die Geschichtsforscher und Culturhistoriker, die Bibliographen und Philologen beschäftigt hätte, wie die königliche Bibliothek zu Ofen. Wenn wir uns nun trotzdem nicht scheuen, die Zahl der über die Corvina veröffentlichten Monographien und Abhandlun­gen um eine neue zu vermehren, so geschieht dies nur in der Absicht, den «gegenwärtigen Stand der Corvinafrage» kurz darzu­legen, und aus den zahlreichen, auf die Corvina bezüglichen, widersprechenden Behauptungen und Hypothesen älterer und neuerer Gelehrten dasjenige zusammenzustellen, was wir für gesichert oder wenigstens für höchst wahrscheinlich betrachten dürfen. Das Jahr der Gründung der Bibliothek ist in undurch­dringliches Dunkel gehüllt, welches zu zerstreuen es nicht an Versuchen gefehlt hat. Gewöhnlich nimmt man an, die Cor­vina sei bald nach 1476 gegründet worden, indem man von der Voraussetzung ausgeht, die Bibliothek könne vor der im Jahre 1476 erfolgten Vermählung des Königs Matthias mit der gelehrten und kunstliebenden Beatrix von Arragonien unmöglich bestanden haben. Diese besonders im Auslande viel verbreitete Annahme müssen wir entschieden bestreiten. Wir wissen, dass Johannes Hunyady, der Vater des Königs Matthias, manche Werke der Neulateiner eifrig las und auch besass, dass König Matthias selbst, * Nach einem, am 4. März 1878 in der ungarischen Academie der Wissenschaften gehaltenen Yortrage des Verfassers.

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