Der Spiegel, 1829. július-december (1. évfolyam, 52-104. szám)

1829-10-10 / 81. szám

selbaft. Einige der Anwesenden, welche als große Menschenkenner Miß Alice während der Untersuchung im Auge gehabt hatten, woll­ten ihr Benehmen durchaus natürlich gefunden haben,, denn sie schien halb entrüstet über die Anklage, halb bekümmert über den Fall, der f,e veranlaßt. Ihre Unschuld ward nicht sobaldden Nachbarn bekannt, alS sie die Wittwe ob dem erlittenen Unrecht höchlich bedauerten und sich wunderten, wie man solch boshaftes Gerede nachsagcn könne. Nach einigen Tagen sollte der selige Master Shard in Miß Alices Fami­liengruft in der St. Michaelskirche beigesezt werden, welche, so ge­räumig sie war, Miß Alice mit lauter Ehemännern fällen zu wollen schien. Die St. Michaelskirche liegt am östlichen Ende vonCoxnhill, und halbwegs dieser Kirche und Miß Alices Haus war eine Schenke zu „den sieben Sternenwo an dem Nachmittag der Beisezung Ma­ster Shard's eine lustige Gesellschaft ehrsamer Bürger voll guter Dinge beisammen saß, denn Master Martin Lessomour, ein junger Kaufmann, war glüklich von einer langen Reise in's Mittelmeer zu­­rükgekehrt, und dieses frohe Ereigniß sollte gefeiert werden. Lessomour war noch kein Dreißiger, schlank, stark und wohlge­­l aut, hatte schöne, männliche Züge, aus den großen, blauen Angen sprach ein edler, freier Sinn; seine Gesichtsfarbe war von Natur fein, aber durch Sonne und Wetter gebräunt, die auch sein blondes, in langen Loten über Naken und Schultern wogendes Haar etwas dunkler gefärbt hatten; kurz es war ein stattlicher Bursche , und er wußte es auch. Wenn er seine rosenfarbne Laune hatte, war er der Lustigste unter den Lustigen; rief aber das Geschäft, ward er so ernst und nüchtern, als ob nie ein Scherz, nie ein Extraglas Kana­­riensekt über seine Lippen gekommen wäre; so daß er bei Ernsthaften und Fröhlichen gleich gut angeschrieben war. Die ältesten und reich­sten Bürger nikten ihm im Vorbeigehen wohlgefällig zu, eine Höflich­keit, welche er jedoch zum Theil seinem hochbetagten, steinreichen Oheim verdankte, dessen Liebling und einziger Erbe ec war. An ge­dachtem Nachmittag nun saß tt mit seinen Zechgenossen eben in der lustigsten Stimmung beisammen, als einer, der zunächst dem Fenster saß, den Leichenzug des Master Shard herankommen sah und die an­dern aufmerksam machte. Als rechtgläubige Christen unterbrachen sie ihre Lustbarkeit und eilten nach dem Fenster, um sich das Leichenbe­­gängniß anzusehen, das nach der Sitte der Zeit ausnehmend prächtig war. Die meisten Anwesenden kannten die näheren Umstände dieses Falles, und Master Lessomour horchte begierig der wundersamen Ge­schichte von der reichen Wittwe von Cornhill, als sie selbst, mit nie­dergeschlagener, jammervoller Miene, wie'S einer Leidtragenden gc-

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