Der Spiegel, 1839. január-június (12. évfolyam, 1-52. szám)

1839-06-01 / 44. szám

von uns erhalten haben. Sie warten nur auf Gelegenheit, uns Beides mit dem schönsten Theile unseres Vermögens zu nehmen, und uns durch eine Heirath zu entfliehen, wie die Bankerottirer über die Grä'nze entweichen. Wir haben nicht mehr das süße Vorrecht, die jungen Haushaltungen mit unseren Flügeln zu bedeken. Das Hochzeitgemach hat aufgehört, ein Tempel zu sein. Der Engel des Haus­altars ist zum Himmel zurükgekehrt . . . , und sobald wir die Mitgift bezahlt, und unfern Segen gegeben haben, läßt man uns in unfern Schlössern, und enteilt nach einem andern Welttheil." — „Vei Strafe, gemeiner Sitten und bürgerlicher Verheirathung beschuldigt zu werden." — „Meiner Treue, es wäre immer noch besser, sich am allerbürgerlichsten zu vcrheirathen." — „Zum Bei­spiel, wie dieser gute Pächter des Vicomte, der vor dem Altar der heiligen Jungfrau kniet." — „Die Leute dort werden ihre Ehe nicht auf der Landstraße feiern, und darum nur um so glüklicher sein." Dieses philosophisch-moralische Gespräch, das troz einiger menschenfeindli­chen Vorurtheile einer gesunden Wahrheit nicht ermangelte, hatte kürzlich in ei­ner ländlichen Kirche der Normandie statt. Zwei Heirathen wurden zu gleicher Zeit vor dem großen und kleinen Al­tar geschlossen; die eine von Fräulein von Villeroy mit dem Vicomte von Ma­rilláé, die andere von einem Pächter des Lezteren mit des Fräuleins Milchschwe­ster. Der Geistliche vollzog jene, während der Vikar bei dieser die Trauung vor­­nahm, und das ländliche Paar schien eben so zufrieden, als die vornehmen Gat­ten es zu scheinen sich weigerten. Nickt, alS hätten nicht alle vier das gleiche Reckt gehabt, sich zu freuen, denn alle vier zählten jedes zwanzig Jahre und waren folglich verliebt, aber zwei verschiedene Mächte herrschten bei der Doppel­feier : die Natur bei den Pächtern, die Etikette bei den Gnädigen. Ein Land­­mann von einfachem Herzen und munterem Geiste, Wilhelm, heirathete die schöne Margarethe, um mit ihr glüklick zu sein. Ferdinand dagegen, ein würdiger Re­präsentant des Pariser Modetons, wollte aus seiner Heirath mit der reizenden Valentine einen weltlichen Roman machen, und die Entführung seiner Frau, diese seltsame, der vornehmen Gesellschaft von England entlehnte Mode, hatte gerade durch ihre Sonderbarkeit die ehrgeizige Einbildungskraft des jungen Mannes gereizt. Die Genüsse eines häuslichen Stilllebens verachtete er, als zu gemein, und opferte einem poetischen Traume die Neigungen seiner Kindheit und seiner Jugend. „Seine Gemahlin entführen," hatte er zu sich selbst gesagt, „das muß pikant und originell sein, das muß das Vergnügen verdoppeln, und ihm einen ganz besonderen Reiz verleihen. Welches Glük, welcher Triumph, mit einem Streiche die Bande seines früheren Lebens zu zerreißen, und sich ganz den tau­send Wechselfällen eines neuen Daseins hinzugeben, durch ein Abenteuer die kal­ten prosaischen Kleinlichkeiten einer Hochzeitfeier zu schließen, sich einer lästige« Menge von Menschen zu entziehen, um mit der Gemahlin, die man liebt, allein zu sein; diesen Schaz im Angesichte des Himmels und der Gestirne in einem Wagen, wo man nur für sich selbst Plaz hat, im Galopp Allen aus den Augen zu führen, und so weit man will, bis Florenz, Venedig oder Rom zu reifen! Heißt das nicht alle Feffeln zerbrechen, um jede Freiheit zu erringen? nicht, alle Langeweile abschütteln, um sich allen Genüssen der Natur hinzugeben? nicht,

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