Der Spiegel, 1842. július-december (15. évfolyam, 55-105. szám)

1842-07-09 / 55. szám

LL4 DER »PIfieEL 1648. er verließ seinen langbewahrten Posten und stellte sich grollend an einen Spieltisch, um gedankenlos in die Karten zu sehen. Die junge Dame schien sein Weggehen nicht zu be­merken. — Nach einer Weile erhob sie sich langsam halb in ihrem Sessel und nahm von dem Tische eines der vielen daliegenden Albums, um darin zu blättern. — Es war die Fürstin Lauenstein, erst seit einigen Monaten mit dem alten kränklichen Fürsten vermählt, der sie aber ungestört alle Freuden der Gesellschaft genießen ließ. Ihren Vater hatte sie vor zwei Jahren verloren, ihre Mutter schon als Kind, und ihr Vormund hatte fiit sie den Gatten gewählt. Obgleich es nicht ihre eigene Wahl war, fühlte sie sich nicht un­­glüklich: war sie doch ihre eigene Herrin geworden, bewundert von aller Welt und in einer Stellung, die ihr erlaubte, den Ton anzugeben. Neben ihr saß eine Dame mit auffallender Phisiognomie; das regelmäßige, scharfgezeichnete Profil verrieth die italienische Abkunft; sie war bedeutend älter als die Fürstin, noch immer schön, aber ganz verschie­den von ihr. Ruhig und aufrecht satz sie aus ihrem Plaze, unbefangen wanderten ihre dunkeln Augen im Saale umher. Den Herren, die sich mit ihr unterhielten, antwortete sie mit natürlicher, angenehm klingender Stimme, höflich und theilnehmend, während die junge Fürstin, languissant und kaum die Augen öffnend, mit leiser, stokender Stimme nur das Allernöthigste sprach und in jeder Bewegung eine krankhaft „dedaigneuse" Ma­nier zeigte, die ihre schöne Erscheinung wie ein trüber Schatten verdunkelte. — Diese Art Manieren waren Mode — ich kann mich nicht anders ausdrüken — bei einigen. Da­men der ersten Gesellschaft in W—, und die Fürstin hatte sie besonders ausgebildet. Ihr schöner Mund war immer nachlässig und fast verächtlich an den Enden heruntergezogen. Kein freier, natürlicher Laut, kein lebhafter, munterer Blik. Sie war wie eine schöne Pflanze, die fern vom Lichte int tiefen Schatten steht: sie blüht wohl, aber ohne Inkar­nat, ohne Leben. Vielleicht fehlte auch der Fürstin nur der belebende Strahl, um sie ihrer ursprünglichen schönen Natur zurükzugeben. — Sie wandte sich jezt zu der Italie­nerin und bat diese, ihr ein ferne liegendes Buch zu reichen. Die Dame gab ihr fein lächelnd das Verlangte, denn sie durchschaute die List ihrer Nachbarin, der dieses Anliegen nur ein Vorwand war, um die wohlausgedachte fl'nrebe eines ungarischen Magnaten zu unterbrechen und scheinbar zu überhören. Das Buch war eine Sammlung vAn Zeichnun­gen aller Arten von Kostümen zu Maskenbällen. Die Italienerin, eine Gräfin Pimen­­telli, zeigte und erklärte der Fürstin einige neapolitanische Trachten. — -.Gehen Sie mor­gen auf den Maskenball, Fürstin Alma?" fragte die Italienerin. — „Ich? o nein! wie sollte ich? ich bin so ängstlich!" — „Fehlt es Ihnen nur an Muth, so gehen Sie mit mir; ich werde auf jeden Fall die Redoute besuchen und wollte eine meiner Bekannten dazu einladen; macht es Ihnen aber Vergnügen, so biete ich mich Ihnen mit Freuden als Begleiterin an." — In den matten Augen der Fürstin blizte etwas aus; es war aber ein Licht, welches sogleich wieder verlöschte. Dann sagte sie, offenbar etwas unschlüssig. „Die Idee kommt mir so überraschend, ich bin noch nie an einem solchen Orte gewesen; ich weiß mich da gar nicht zu benehmen. Ich habe gewiß gar keinen Esprit zu Masken­­intriguen ■— nein, lassen Sie mich zu Hause; das ist nichts für mich; das Gedränge und die Hize allein schon würden mich tödten." — Aber die Gräfin schien sich in den Kopf gesezt zu haben, die junge Frau zur Redoute zu verkoken. „O wenn Sie noch nie an einem solchen Orte waren, so müssen Sie wenigstens einmal hingehen, um dieses Vergnügen kennen zu lernen. Ich bin da wie in meinem Elemente. Völlig unerkannt zu fein, welche Lust! Jede Bosheit ist erlaubt, und welch reichen Stoff geben unsere Herren dazu! Liebe Fürstin, Sie müssen mitgehen! Mein Mann geht auch hin; freilich können wir nicht zusammen sein, da er unmaskirt ist; aber wir haben doch im Nothfall einen Schuz, unter den wir uns jeden Augenblik begeben können. Morgen Nacht um zwölf Uhr hole ich Sie ab; Sie werden es mir danken." — Alma wollte noch einen Einwurf machen, aber es war nicht möglich; mehrere Herren, aus der Oper kommend, umringten den Tisch, und die beiden Damen konnten ungestört kein Wort mehr wechseln. Nur als die Gräfin sich erhob, flüsterte sie schnell ihrer Nachbarin in's Ohr: „Um zwölf Uhr — im schwarzen Domino." — Die Fürstin bejahte nicht, hatte aber auch eben so wenig Entschlossenheit, zu verneinen, und so blieb es denn dabei. Den folgenden Abend, um Mitternacht, erschien wirklich die Dame im Fiaker vor der Fürstin Haus. Diese warf den Domino um, band die Larve vor und flog die Trep­pen hinab. — Zitternd drängte sie sich an ihre Freundin, als an der Eingangsthüre des

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