Der Spiegel, 1843. január-június (16. évfolyam, 1-51. szám)

1843-06-03 / 44. szám

340 Der Spiegel 1843. rükte. Beim Eintritte in die Wirthsstube machte er der Marquise drei tiefe Büklinge und nahte ihr mit einem so siegsgewissen Gesichte, daß die Dame sich zusammen neh­men mußte, um nicht durch Lachen aus der Rolle zu fallen. — »Anbetungswürdige Dame!" begann er, während er wie ein Fisch in einem Zuber zappelte, da er das un­­genirte, freie Wesen junger Lebemänner von Stande nachmachen wollte, »Ihr habt mich durch das Wirthsmädchen dort zu Euch bescheiden lassen ... da bin ich." — »Habe ich die Ehre, den Herrn Herzog von Bassompierre vor mir zu sehen?" fragte die Marquise im harten Kampfe mit ihren Lachmuskeln. Der angebliche Herzog schrieb diese Verlegenheit jedoch dem Eindruke seiner liebenswürdigen Erscheinung zu und be­theuerte mit wachsender Zuversicht: „Gewiß, der Herzog, Frau Marquise." — »Ich wünschte Euch, Herr Herzog, in der That zu sprechen, denn mir liegt das Glük niei­­ner kleinen Franziska am Herzen. Das gute Kind war so harmlos und fröhlich, bis Ihr auftratet und ihm Herz und Frieden raubtet. Ich muß Euch gestehen, daß Euer Benehmen unverantwortlich ist." — »Ihr habt Recht, hohe Frau; ich gestehe, daß ich ein arger Weiberheld bin. Aber bedenkt, ich heiße Bassompierre, und Zeitvertreib muß man doch haben." — »Also blos zum Zeitvertreibe war ich dem Herrn Herzoge gut genug?" fuhr Jungfer Pivois auf. — »Wie herzlos, wie abscheulich, Herr Herzog!" fegte die Marquise hinzu. — »Möglich, aber was ist zu thun!" — »Macht Euer Unrecht wie­der gut." — »Aber wie?" — „Die Sache ist sehr einfach! Ihr gabt Euer Wort, folglich müßt Ihr das arme Kind heirathen." —- „Ich, der Herzog? Ihr scherzt; aber auf Ritterehre, der Spaß ist allerliebst, Frau Marquise." — »Was findet Ihr denn Lächerliches dabei?"---------­In dieser Weise wurde das Gespräch noch eine Zeitlang fortgefegt und der angeb­liche Herzog erschien immer keker und sicherer in seiner Rolle. Schon stand er auf dem Punkte, der Marquise knieend eine Liebeserklärung zu machen, als an der Stubcnthür ein Geräusch entstand und mehrere Bewaffnete aufrükten. Schnell waren alle Ausgänge besezt und nun trat der Anführer mitten ins Zimmer und fragte nach dem Herzoge von Bassompierre. — »Was wollt Ihr? Ich bin der Herzog!" fuhr Niklas den Fra­ger an und warf den Kopf in den Naken. — »Wenn Ihr der Herr Herzog seid, so fordere ich Euch im Namen des Königs auf, mir Euren Degen zu geben. Der Wagen hält vor der Thür; ich habe Befehl, Euch als Gefangenen in die ^Bastille zu transpor­­tiren." — »In die Bastille?" rief der Müllerknappe entsezt. — »Ja, Herr Herzog und leider kann ich Euch nicht verhehlen, daß Eure Sache sehr schlecht steht. Ihr werdet in der Bastille wahrscheinlich nicht lange verweilen . . ." ■— »Gott sei gedankt! Ihr nehmt mir einen Stein vom Herzen." •— »Thut mir leid, daß ich Euch denselben wie­der aufwälzen muß, denn ich hörte vom Greveplaze, von Köpfen und dergleichen re­den! . . . Also, vorwärts, in den Wagen!" — Die Bewaffneten machten Miene, sich des Gefangenen zu bemächtigen. —- »Halt, meine Herren!" rief der angebliche Her­zog in Todesangst. »Keine Uebereilung! Von Köpfen sprächet Ihr? Was Hab' ich denn verbrochen?" — »Ihr habt allenthalben auf den Kardinal geschimpft und die Un­­terthanen Seiner Majestät zum Aufruhr aufgereizt." — »Das ist nicht wahr! Ich will hängen, wenn ich jemals ein Wort gegen den Kardinal gesprochen habe. Ich kenne den Mann gar nicht." — »Wie, Herzog, Ihr kennt den Kardinal nicht?" —■ »Zum Teufel mit Eurem Herzog! Mag er verzehren, was er eingebrokt hat. Ich sage mich von ihm los; denn ich bin ein simpeler Müllerbursch; laßt mich also in Ruhe." ■— »Wär's möglich? Ihr könntet Euren Stand Angesichts der Gefahr abläugnen? Wer hätte das von dem heldemnüthigen Herzoge erwartet? Doch diese Anwandlung von Feig­heit liegt so wenig in Eurer Natur, daß ich überzeugt bin, Ihr sterbt, wie Ihr ge­lebt, als Held; Ihr laßt Euch so kaltblütig köpfen, wie die Herren von Montmorency, Marillac, Chalais und wie die adeligen Herren, die gegen den Kardinal konspirirten, alle heißen mögen." — »Ihr habt gut reden!" klagte der angebliche Herzog, der immer mehr aus der Rolle fiel und bald so sehr die Haltung verlor, daß er flehend die Hänve gegen die Bewaffneten erhob, an allen Gliedern zitterte und mit Heulen und Zähnklap­pern betheuerte, daß er unschuldig und daß er nicht der Herzog, sondern Niklas Grillon sei. Doch gegen alle Einwendungen und Versicherungen blieb der Anführer taub; er zukte höchstens die Achsel und schnitt ein Gesicht, das man sowohl für Spott, als für Grimm nehmen konnte. —»Vorwärts!" rief endlich der Anführer, »es ist höchste Zeit!

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