Der Spiegel, 1844. január-december (17. évfolyam, 1-104. szám)

1844-10-23 / 85. szám

674 Per Spiegel 1844. Lombrageur noch mehr zu erbittern, sondern auch seinen Zorn zu solcher Höhe zu steigern, daß er alle Beherrschung seiner selbst ihm raubte. »Madame,* rief rr mit Donnerstimme auS, indem er den Arm seiner Gattin mit einer Kraft erfaßte, daß sie laut aufschreien mußte, »diese herzlose Frechheit ist nicht zu ertragen! Hätten Sie Scham und Reue wegen Ihres Vergehens empfunden, so würde ich vielleicht nachsichtig gegen Sie gewesen sein, aber Vergebung würde bei so einer verhärteten Person, wie Sie sind, schlecht angebracht sein. Bereiten Sie sich vor, mein HauS morgen zu verlaffen!* — »WaS, mein Herr!" rief Madame de Lombrageur mit sicht­barer Bestürzung, »höre ich recht? Wollen Sie eine so unbedeutende Pflichtverlezung durch den öffentlichen Skandal einer Scheidung bestrafen?* — »Der Himmel verleihe mir Geduld!* schrie der Gemahl, »Sie nennen Ihren Fehltritt eine unhedeutende Pflichtverlezung?* — »Ich weiß, mein Herr, daß ich in gewisser Hinsicht Tadel verdiene, weil ich Ihnen den Schritt, den ich that, verheimlichte, und ich will gern meine Reue beweisen, indem ich meinen Fehler anerkenne. Eine Frau sollte keine Geheimnisse haben, wenn nicht Ihre Vorurtheile sich in einem sol­chen Grade gegen —* — »Schweigen Sie, Madame, und wagen Sie nicht, deS Menschen in meiner Gegenwart zu erwähnen.* — »Mein Herr,* sagte Clementine mit Würde, »der Mensch, wie Sie ihn nennen, ist ein Mann von Ehre, welcher Art auch seine Jrrthümer gewe­sen sein mögen, und er hat zu viel Anspruch aus meine Zuneigung, als daß ich zugeben sollte, daß selbst Sie ihn so unwürdig behandeln.* — Und nun brach sie in einen Thränenstrom auS. — »Ja, weinen Sie, Madame, weinen Sie,* sagte Herr de Lombrageur, indem er sich bükte, um das anklagende Taschentuch aufzuheben und eS mit Ironie seiner Gemahlin überreichte, »und mögen jene Thränen sich mit dem Blute Ihres Liebhabers mischen!* — »WaS soll daS heißen?* fragte Clementine mit unverstelltem Erstaunen. — »Ich will da­mit sagen, Madame, daß ich heute den Baron von Crevecoeur schwer für die Schande, wel­che er über mich gebracht hat, habe büßen lassen.* — Es trat eine Pause von einigen Mi­nuten nach diesen Worten ein, während welcher Madame de Lombrageur vergeblich stch zu bemühen schien, den Sinn und daS Gewicht der Worte, welche ste vernommen, zu begreifen. Endlich sagte fie langsam: »Der Baron von Crövecoeur, wer ist er?*— Ein bitteres Spott­gelächter kam von den Lippen ihres Gatten. — »Erlauben Sie mir, eS Ihnen in'S Gedächt­­niß zurükzuruftn. DaS lezte Mal, als ich mit den Prinzen zu Mendon jagte, wollten Sie mich nicht begleiten und nahmen meine Entfernung wahr, um heimlich einen Miethwagen zu benuzen, welcher Sie nach der Rue Meslay brachte. Habe ich Recht oder nicht?* — »Ganz recht,* erwiderte Clementine. — »In der Rue MeSlay stiegen Sie ab," fuhr er fort, »und als Sie zu dem Wagen zurükkehrten, waren Sie von der Person begleitet, der Sie daselbst einen Besuch abgestattet haben. War nicht Alles so? Ich bitte Sie, mir Einreden zu machen, wenn ich nicht daS Richtige sage.* — »Fahren Sie fort, mein Herr.* — »Er stieg mit Ih­nen in den Wagen und Sie fuhren zusammen nach BatignolleS und von dort auf den Weg nach St. Quen; nach Verlauf einer Stunde kehrten Sie in Ihrem Inkognito nach Paris zurük und fegten Ihren Gefährten in der Rue St. Lazare ab! Noch immer habe ich Recht, nicht wahr? Nun Madame, dieser Begleiter war der, dessen Namen Sie eben nicht kennen wollten, der Baron von —* — »Dieser Begleiter,* sagte Clementine mit einer Röthe ge­rechter Entrüstung auf den Wangen, »war-------mein Bruder Edgar!* (Brschluß folgt.) Feuilleton. Korrespondenz. Wien. Menschen und Pflanzen regeneriren sich, id est — fie werden alt, bringen aber vor ihrem Abgang« von dem irdischen Schauplaze Blüthen und Früchte, die Dust, Genuß und frische Thaten gewähren, damit die greistge Ve­getation nicht versumpft und versauert. Solch eine frische Blüthe, die einem Stamme entsprang, dessen liebliches Blätterrauschen, Flüstern u. Säu­seln einen nicht kleinen Theil Europa'-, beson­ders aber unS Wiener entzükte, ging unS gestern zu Hitzing, in den Dommayer'schen Sälen, in der Person bed jungen Strauß (Sohn) auf, der mit einem neu geworbenen und sehr tüchti­gen Orchester vor einem gewählten u. sehr zahl­reichen Publikum die erste Probe seines Kom< posttionS-Talentes in der Tanzmusik bestand. Der Erfolg war ein sehr günstiger — ja, ein solcher tumultuarischer, daß er mit Fug und Recht (in übertriebener genannt werden kann. Er hatte mehr den Anschein, der verdiente Tri-

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