Ivánka Endre: Die aristotelische Politik und die Städtegründungen Alexanders des Grossen - Magyar-görög tanulmányok 4. (1938)

DIE ARISTOTELISCHE POLITIK UND DIE STÄDTE­GRÜNDUNGEN ALEXANDERS DES GROSSEN. Wenn die Zeit der großen Schöpfungen der griechischen Kultur auch das klassiche Zeitalter, das V. und IV. Jahrhundert ist, so ist doch vom Standpunkte der Verbreitung dieser Kultur, ihrer Fortdauer und ihres Fortwirkens im Osten wie im Westen, die hellenistische Zeit die entscheidende Epoche. Ohne ihr Einwirken auf die römische Kultur wäre sie nie grundlegend für die moderne westliche Kultur geworden, ohne ihre Verbreitung im Osten wäre sie nie die Grundlage der einheit­lichen Bildung der Mittelmeerländer in der Spätantike gewesen, von deren Überlieferungen der Islam ebenso zehrt wie der lateinische Westen. Diese Verbreitung und Weiterwirkung der in der klassischen Zeit errun­genen Kulturwerte wäre aber nicht möglich gewesen, wenn sie nicht in der hellenistischen Zeit eine solche Umformung mitgemacht hätten, die sie für fremde Völker verständlich werden ließ, und geeignet machte, aus rein nationalen Kulturgütern Elemente einer allgemeinmenschlichen Bildung zu werden. Außer dieser inneren Umwandlung, die mit der griechischen Bil­dung vor sich gehen mußte, wenn sie das gemeinsame Bildungselement einer ganzen Menge von Völkern werden und sie einigend durchdringen sollte, war aber auch eine äußere Bedingung erfordert, ohne die eine so intensive kulturelle Durchdringung dieser Völker nicht möglich ge­wesen wäre : sie mußten, um nicht nur (wie es schon in der Perserzeit geschehen ist) hie und da, in dieser oder jener Hinsicht mit griechischer Bildung in Berührung zu kommen, sondern um auf allen Gebieten des Lebens von der griechischen Bildung erfaßt zu werden, mit den Griechen in einer Staatseinheit zusammengefaßt, ein gemeinsames Wirtschafts-, Gesellschafts- und Staatsleben leben. Es ist nun höchst bezeichnend für den Hellenismus, daß die Staats­form, in der diese Zusammenfassung geschah, die alte orientalische blieb, wenn auch die Zusammenfassung selbst das Werk der erobernden

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