Ungarische Rundschau für Historische und Soziale Wissenschaften 1. (1912)

1912 / 1. szám

Verlag von Duncker & Humblot in Leipzig. Theologische Literaturzeitung (1907, 22): „Was der Verfasser versprach, damit einen Beitrag zu der allgemeinen Kultur­geschichte des Geistes und zum Verständnis der zeitlosen Bedeutung der Gedanken beider Philosophen zu leisten, das hat er in reichem Maße erfüllt.“ Neue Freie Presse: „Man mag sich zu Simmels relativistischer Anschauung bekennen oder nicht, nirgends bewährt sich diese Auffassungsweise in ihrer unendlichen Beweglichkeit und Empfänglichkeit, ihrer gerecht abwägenden Unparteilichkeit, ihrer subjektiv vielfarbigen Objektivität, ihrer stimmungsvollen Leidenschaftslosigkeit besser als hier, in der Charakteristik der beiden subjektivsten, parteiischsten, leidenschaftlichsten Denker, die auf dem Boden der Neuzeit gewachsen sind. Simmel ist wohl der sokratischste Geist, der heute lebt. Er hat wie keiner heute die Leidenschaft des Intellekts: Schopenhauer aber und Nietzsche hatten den Intellekt der Leidenschaft, und darum mußten sie jenem verfallen als dem Richter, der Uber sie kommt. — — Das Leben braucht Gewichte — und darum mußten Schopenhauer und Nietzsche kommen; aber es braucht zu den Gewichten auch eine Wage, und eben darin, im wägenden Geist, sehe ich die Rolle und Leistung, die Notwendigkeit des Simmelschen Buches. Der Tag (27. April 1907): ... dürfen wir uns doch dem vollen Genuß der Bilder hingeben, welche Simmels feiner Geist von Schopenhauer und Nietzsche entwirft. Man kennt die ihm eigene große Kunst der Nuancierung, das Verzichten auf die harte philosophische Schulsprache und seine suggestive Fähigkeit, den Leser in die Eigenart seines Denkens hineinzuzwingen, das den abstraktesten Begriffen in abstraktester Sprache doch eine gewisse Bildlichkeit abzugewinnen versteht und den Ideen eigene seelische Energien verleiht, welche die Fortbewegung der Gedanken gewissermaßen fordern. Die Probleme der Geschichtsphilosophie. Eine er kenntnistheoretische Studie. Dritte, erweiterte Auflage. 1907. 179 S. IX. Preis: Geheftet 3 Mark 20 Pf. Blätter für die Fortbildung des Lehrers und der Lehrerin (11. Dez. 1907): „Der berühmte Verfasser zeigt in sehr gründlicherWeise, wie aus dem Stoffe der unmittelbaren gelebten Wirklichkeit das theoretische Gebilde wird, das wir Geschichte nennen; weiterhin, daß diese Umbildung eine radikalere ist, als das naive Bewußtsein anzunehmen pflegt. Freunden der Geschichtsphilosophie sei das !Verk angelegentlich empfohlen.“ Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften (V, 1) : „Wie der Verfasser aus diesen Voraussetzungen heraus neuen geschichtsphilo­sophischen Möglichkeitswerten — und sie sind oft von blendender Eigenart — Raum gibt, kann nicht Aufgabe dieses Referates sein. Wir sehen hier eine Geschichtsbeurteilung, die mehr als irgend etwas anderes auf ein reiches, weites Gelehrtenleben hin weist, auf psychologische Reproduktion von Geschehen, das tiefste Beweglichkeit und Schönheit ausstrahlt. Nur wer so Gefühltes und Gewolltes mitzufühlen und mitzuwollen versteht, wird Seelengestalter und Historiker.“ Schmollers Jahrbuch (XXX, 2): „Der Verfasser will etwas Ähnliches leisten gegenüber der geschichtlichen Welt, wie Kant gegenüber der Naturwelt geleistet hat: er will zeigen, daß der Mensch, als erkennendes Subjekt, auch die Geschichte aus sich heraus, den Formen seines Geistes gemäß, produziert, während er, als Objekt der Erkenntnis betrachtet, selbst als ein Produkt von Natur und Geschichte erscheint. Die Kritik der Marxistischen Geschichts­theorie bei Simmel ist wohl das Treffendste, was bisher darüber gesagt worden ist. Es zeigt sich dabei, daß eine wirklich gründliche Auseinandersetzung mit derartigen Theorien nur auf dem Boden der Erkenntnistheorie möglich ist.“

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