Ungarische Rundschau für Historische und Soziale Wissenschaften 1. (1912)

1912 / 2. szám - Kleine Beiträge zur deutschen Literatur: - J. Peisner: Petőfi-Kultus

Petöfi-Kultus. Die Renaissance Ungarns, seine Umgestaltung zu einem modernen Staate, seßt mit der reformatorischen Tätigkeit Stephan Széchenyis ein; was er begonnen, wird von Kossuth, Deák und Andrássy einem gedeihlichen Ende zugeführt. Die materielle Erstarkung seines Vaterlandes ist des »größten Ungarn« Ziel; Kossuth betreibt die Befreiung des Volkes von den jahr­hundertelangen Fesseln der Feudalität, die Befreiung des Staates vom poli­tischen und wirtschaftlichen Joche, das Österreich ihm auferlegt; Deák und 1 Joh. Franz. Hieronymus Brockmann (1745—1812) Schauspieler, Verfasser des später von Meisl überarbeiteten Stückes »Die Witwe von Kecskemét« und anderer Stücke. (Goedeke, Grundriß V. 336 f.) Er spielte in der Tragödie den Herzog von Burgund. J Peisner: Petőfi-Kultus. 479 auf einen freundschaftlichen Brief von ihr und einem artigen Mädchen muss man keine Antwort schuldig bleiben! Verliebt bin ich nicht in sie, ich kann also mit Gleichmut rufen : dass der Engel vomHimmel in die Gersdorfische Pfütze herabgestürzt sey. Brockmann1 hat vollkommen wahr gesprochen, da er Ihnen sagte : Schillers Jungfrau von Orleans sey in Wien ganz verhunzt worden. Dieser Jungfrau- Verschneider heisst Escherich, ist Polizeyfliege, ein thätiges Werkzeug der Obscuranten und unwissender Bücherbeschauer auf der Hauptmaut in Wien. Trotz dieser dreyfachen Eigenschaft war der Polizeyminister Sauran so gerecht zu Verbieten: dass auf der Theateraffiche Schillers Namen nicht erscheinen soll, um das Publicum nicht zu täuschen, ja er wollte sogar: der Jungfer-Verschneider sollte sich auf der Affiche nennen. Escherich konnte nur durch Viele Krummwege dieser öffentlichen Pro­stitution ausweichen. Doch ich erinnere mich: dass ich Ihnen dies alles bereits zu seiner Zeit geschrieben und Ihnen pünktlich alle die ab­geschmackten Veränderungen angegeben habe, es gieng also mein Brief an Sie also verlohren, was mir nicht lieb ist! Um Ihnen unnötiges Porto zu ersparen, so schicke ich das bey Wallishauser gedruckte Mach­werk Escherichs durch Schaumburg zur Michaelis-Messe nach Leipzig. Um den ernsthaften Ton der Berl. Monatschr. ein wenig zu unterbrechen, so widmen Sie ein paar Blätter dem Vergleiche zwischen Schiller und Escherich! Dies giebt einen komisch interessanten Aufsatz und Sie verbinden mich dadurch persönlich, eigentlich als eine Cabale gegen mich entstand diese Frage, ich stimmte damals als Kotzebues Nachfolger in Absicht auf die Jungfrau von Orleans wie der letzte Jesuitengeneral: sie ganz zu geben, wie sie ist, oder gar nicht! Die Nachricht von Stilfölten ist falsch, eben durch seine Intriguen um Bischof und Erzieher des Kronprinzen zu werden, war er von den Jesuiten selbst gestürzt und zwar für immer —- was ich Ihnen letzthin hierüber schrieb, ist alles buchstäblich wahr. Ayrenhoff grüsst Sie von Herzen und ich bleibe mit der alten Hoch­achtung und Freundschaft der Ihrige Retzer. Nicolais Anmerkung: 1803 10. Sept. v. Retzer, Wien — 4. Okt. beantw. Robert Gragger.

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