MŰVÉSZETTÖRTÉNETI ÉRTESÍTŐ 43. ÉVFOLYAM (1994)

1994 / 1-2. sz. - G. GYŐRFFY KATALIN: A veszprémi Szentháromság-emlék : felvetések egy mű sorsával kapcsolatban

DIE DREIFALTIGKEITSSÄULE IN VESZPRÉM. VERMUTUNGEN ÜBER DAS SCHICKSAL EINES WERKES Die meisten Monumentalstatuen des Barocks wurden in den ungarischen Städten nach ihrer Errichtung im 18. Jahrhundert mehrmals erneuert und stehen in vielen Fällen auch nicht mehr an ihrem ursprünglichen Standort. Änderungen im Niveau der Plät­ze oder der Straßen haben das Verhältnis dieser Werke zu ihrem architektonischen Milieu deutlich gewandelt. Das bezieht sich nicht nur auf die leichter zu bewegenden Denkmäler mit einer einzigen Statue, sondern auch auf die großen, aus 12-15 Statuen bestehenden Gruppen. Die ursprüngliche Anordnung der Dreifaltigkeitssäule in Veszprém, die 1750 im Auftrag des Veszprémer Bischofs Márton Padányi Bíró ausgeführt wurde, erfuhr durch die vielen Erneue­rungen (1784, 1787, 1831, 1836), und durch die städtischen Ter­rainregulierungen in den 1910-er Jahren und in 1936 so viele Änderungen, daß man über sie nur Vermutungen anstellen kann, eine Rekonstruktion ist nicht mehr möglich. Der dreiseitige Obelisk, der sich über einem zweistöckigen Unterbau vom Grundriß eines konkaven Dreiecks erhebt, trägt Darstellungen der Dreifaltigkeit und der Immaculata. Auf dem unteren Teil des Unterbaus sind die heiligen ungarischen Könige Stephan und Emmerich sowie der heilige Florian angebracht, auf dem oberen Teil stehen Statuen der Heiligen Nikolaus, Martin von Tours und Johannes von Nepomuk. Die Seitenwände sind mit Reliefs geschmückt: die südliche Schauseite zeigt über dem Altar die stehenden Heiligen Martin und Rosalia, die Nordwand die Heiligen Petrus und Anna, die Ostwand die Heiligen Paulus und Katharina. Am Fuß des Obelisks erscheint die Immaculata, begleitet von drei Engeln. Auf der Balustrade um das Denkmal herum sind die Statuen der beiden Pestheiligen, Sebastian und Rochus sowie des Heiligen Georgs aufgestellt. Nach unserer An­nahme wurden diese Figuren bei einer Umgestaltung, sicher noch vor 1907, vertauscht. Infolge dieser Umstellung entstanden Miß­verhältnisse und unbegründete Verdeckungen zwischen Statuen von unterschiedlichen Maßstab. Nach den ikonographischen Ge­wohnheiten stehen Sebastian und Rochus auf den meisten Denk­mälern in der Nähe des Rosalien-Reliefs oder der Immaculata-Statue, zumeist am Fuß der Säule oder des Obelisks. An der Ausführung der Veszprémer Dreifaltigkeitssäule wirk­ten der aus Pest stammende, aber in Veszprém seßhaft gewordene Bildhauer Josef Franz Schmidt, und Thomas Walch, ein älterer, damals bereits in Várpalota lebender Steinmetz mit. Schmidt arbeitete nur als Holzschnitzer, so lieferte er nur die Entwürfe, das Makett und das Modell der Figuren, die dann von Walchs Werk­statt in Stein gehauen wurden. Die Belohnung der Arbeit drückte diesen Unterschied aus: Schmidt bekam 440, Walch 1000 Gulden. Die Stilmerkmale beider Künstler lassen sich an den Statuen erkennen. Die Kunst von Walch ist durch eine mildere, lyrische Stimmung gekennzeichnet. Die rundlichen Formen der Gesich­ter, der Arme, die großen, mandelförmigen Augen und die femini­nen Münder sind außer an den Statuen der Veszprémer Dreifal­tigkcitssäule an einer seiner ersten bekannten Arbeiten, den Por­talfiguren des Rathauses in Székesfehérvár aus 1717, ferner an den Altarstatuen in der Friedhofskapelle von Várpalota erkennbar, die nach neuesten Forschungen ebenfalls seinem Lebenswerk zuzu­ordnen sind. Den plastischen Stil des Josef Franz Schmidt konnte man bisher nur schwer erfassen. Wir kennen außer der Veszprémer Dreifaltigkeitssäule nur die kleinen, holzgeschnitzten Dreifaltig­keitsgruppen, die er im Auftrag des Veszprémer Bischofs für seine Diözese reihenweise herstellte. Zur besseren Kenntnis der Kunst von Schmidt verhelfen uns nun ein Altarentwurf und ein Vertrag aus dem Jahre 1742. Aufgrund dieser neuerlich zum Vorschein gekommenen Dokumente kann man den Hochaltar der Stephans­kirche in Nagyvázsony zu seinen Werken zählen. Die anatomisch nicht immer korrekt gestalteten Statuen sind von einem liebli­chen, naiven Scharm durchdrungen. Die Gesichter der Figuren sind charaktervoller und schmaler als die von Walch geschaffenen Gesichter, aber die Armhaltung, die Behandlung der Mantel und der Draperien kommen auch bei den Statuen der Veszprémer Dreifaltigkeitssäule vor. Wahrscheinlich stammt die großzügige Gesamtkonzeption des Werkes von Schmidt, aber den bildhaueri­schen Stil können wir Walch zuschreiben. Das Vorbild der Veszprémer Dreifaltigkeitssäule könnte die im Jahre 1717 aufgestellte und 1810 abgetragene Dreifaltigkeits­säule von Pest gewesen sein, dabei weist sie auch viele Ähnlichkei­ten mit dem 1742 errichteten Denkmal in Kecskemét auf. 63

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