Albin Schaedel - Glas (Galerie am Fischmarkt, Erfurt, 1984)

Peter Möller Notizen zur Glaskunst Albin Schaedels Das Erscheinungsbild heutigen kunst­handwerklichen Glases ist entlang der unterschiedlichsten technologischen Mög­lichkeiten mannigfaltig: Formungen kalten Glases durch Schneiden, Schleifen, Gra­vieren, Sandstrahlen, Diamantritzen; Schnei­den und schichtweises Kleben von Flach­glas; Zusammenfügen farbiger Gläser zu Kabinettscheiben. Die Heißverformung in der Hütte und vor der Gaslampe, bei der nicht nur das Glas als transparenter licht­brechender Stoff, sondern vor allem auch seine Eigenschaft als-bei Normaltem­peratur erstarrter - Flüssigkeit nachhaltig erlebbar bleibt. Die Breite dieses Spektrums sollte bewußt sein, will man das Verdienst Albin Schaedels benennen. Es besteht im wesentlichen darin, daß er die Technologie des lampengeblasenen Glases für kunst­handwerkliches Gestalten in seiner heutigen Bedeutung als erster ausgewertet hat. Sein Werk ist nicht nur schlechthin ein wichtiger, konsequent persönlich ge­prägter Beitrag in der Entwicklung der Glasgestaltung. Es setzt vielmehr den Be­ginn und einen Höhepunkt zeitgenös­sischen kunsthandwerklichen Glas­schaffens vor der Lampe. Diese Aussage begründet sich aus der Entwicklung, die von ihm ausgeht. Wichtige Bemühungen, etwa die Jugend­stilgläser Karl Köppings, vor allem aber die Formentwürfe Wilhelm Wagenfelds waren dem Schaedelschen Ansatz beispiel­gebend vorausgegangen. Sie waren - da lampengeblasenes Glas allenthalben im Massenartikel ein erst langsam wieder auf­gewertetes Dasein jenseits von ernstge­nommener Kunst innehatte- Beispiele da­für, daß in dieser Technik auch im besten Sinne gestaltete Leistungen zu erbringen sind. Die in der Folge von Werkbund- und Bauhauskonzeptionen entwickelten For­men Wagenfelds waren eine Grundlage für den Beginn der Gefäßgestaltung Albin Schaedels. Gleichwohl war er nie Ausführender form­strenger Modelle und Skizzen, sondern von Beginn Entwerfer und Ausführender in einer Person, Gestaltender also im besten Sinne. Die Form- und Dekorfindung un­mittelbar im Prozeß des Mächens, als Ein­heit von technisch handwerklichen Können und künstlerischer Ambition wurde zur we­sentlichen Voraussetzung für Weiteres. Sie enthielt die Möglichkeit, Konzepte prozeß­haft zu erarbeiten, zu überprüfen und zu korrigieren. Die in den 50er Jahren aus der Entwicklung begründete Trennung von Kunsthandwerk und dem Bereich, den wir mit dem Begriff Formgestaltung umschrei­ben, setzte den individuell schaffenden Kunsthandwerker in die Lage, unabhängig von den Notwendigkeiten serieller Fertigung Kunstwerke mit dem Anspruch ideeller Wert­setzungen zu schaffen. In anderen Ge­werken hatte sich ähnliches etwa zeitgleich -bezogen auf den Thüringer Raum-in der Arbeit von Walter Gebauer und Günter Läufer vollzogen. Diese Entwicklung hat in jüngster Zeit zu manchem theoreti­schen wie praktischen Problem geführt. Daß die Arbeiten Albin Schaedels in der Erfurter Ausstellung in eine Beziehung zu neuesten Bestrebungen kunsthand­werklicher Glasgestaltung gesetzt wer­den, ist auch als programmatisch in die­sem Zusammenhang zu verstehen. Immer­hin beinhalten die Lauschaer Symposien interessante Bemühungen in dieser Richtung. Die Grundlagen handwerklicher Meister­schaft sind unschwer im Biographischen nachvollziehbar: Perlen- und Glühlampen­körperproduktion in der väterlichen Heim­arbeiterwerkstatt; zehnjährige Arbeit bei Edmund Müller mit der vorrangigen Auf­gabe, Tierkörperfür Parfümflaschen zu bla­sen, schließlich selbständige Arbeit mit dem Ziel, eigene Vorstellungen von figür­licher Gestaltung zu verwirklichen. Albin Schaedel steht mit seinem Werk wie auch persönlich in einer langen Tradition volks­künstlerischer Gestaltung von Glas. Der Aufwand an Energie und Beharrlichkeit bei der Erarbeitung und Verfolgung des künstlerischen Anspruchs bleibt letztlich nur ahnbar: Wünsche einer weiterführen­den Bildung am Lehrerseminar Hildburg­hausen oder der Glasfachschule Ilmenau mußten in der wirtschaftlichen Situation des Vaterhauses unerfüllt bleiben. Hospi­tationen an der Keramischen Fachschule in Lichte und bei Prof. Staudinger in Sonne­berg brachten wesentliche Anregungen, vermittelten Richtungen für einzuschla­gende Wege und Sicherheiten bei der Ver­folgung des schon Erprobten. Schließlich sollte das nicht zuletzt auch wirtschaftliche Risiko nicht gering veranschlagt werden, das er zu Beginn der 50er Jahre einging, als er die inzwischen vertraute und aner­kannte Tiergestaltung zugunsten des Ge­fäßes aufgab. Die langjährig erarbeiteten Erfahrungen plastischer Gesetzmäßigkeiten bei der figürlichen Gestaltung wurden zu einer wichtigen Voraussetzung für die Gefäßge­staltung. Vorbildhaft wirkten formgestaltete Lösungen der jüngeren Vergangenheit. Als tastende Versuche entstanden mit den ersten Gefäßen schlichte Gebrauchs­formen. Über die Auswertung weitreichen­der geschichtlicher Vorgaben wird die Oberfläche durch Auflage von Nuppen

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