Gábor Áron (Csók István Galéria, Székesfehérvár, 1986)

ARON GABOR Aron Gábor gehört zur Generation jener jungen ungarischen Künstler, deren Start von zwei entgegen­gerichteten Geisteseinwirkungen beeinflußt wurde: die erste war die Budapester Akademie der Bilden­den Künste (wo vorwiegend Technologie unterrichtet wurde), die zweite war die stimulierende INDIGO Gruppe, geleitet von Miklós Erdély (in welcher eine allgemeine unorthodoxe Atmosphäre herr­schte, wo die Kreativität gefördert wurde und wo die Mitglieder durch die Theorie und Praxis der künstlerischen Interdisziplin narität weitgehend angespornt wurden). Etliche Künstler von INDIGO waren mit Aron Gábor anwesend an der Ausstellung ”ln Anführungs­zeichen” in Székesfehérvár in der István Csók ^.alerie. Es war eine Ausstellung, die groteske, epische, figurative und ironische Werke von Künstlern sammelte, die sich nicht leicht in die Ka­tegorie der Welle der sogenannten "Neuen Malerei” einordnen lassen. Diese trockene, kunsthistorische Einordnung war notwendig, um die geistig-künstlerische Herausfor­derung zu demonstrieren, die Aron Gábor be­kämpfen muß, wenn er wirklich Revelatorisches schaffen will. Er scheint jetzt halbwegs zu sein zwischen dieser künstlerischen Umgebung und seinem Ziel, (das ich vielleicht etwas willkürlich definiert habe). Es herrscht eine Art von ’’fruchtbarem Chaos” in seinen Graphiken und Gemälden. Der Beobachter sieht zuerst eine bunte, anscheinend chaotische Formgestaltung, kann aber allmählich die einzelnen .xtotiven unterscheiden. Die größeren, umfang­reicheren Forme (z.B. eine groteske Silhouette, an eine menschliche Form erinnernd) zeigen einen schlauen Übergang in klare Gesten oder non­­figurative Textur. In anderen Fällen übernehmen kleine, figurative Motiven die Rolle der Textur der Oberfläche. Eine Katzenfigur, die eine Art von ’’individueller Mythologie” darstellt, ist von zent­raler Wichtigkeit sowohl auf den Gemälden, als auch auf den Graphiken zu beobachten. Sie ist im Allgemeinen mit einer Leiter dargestellt, und sie ist wegen ihrer labilen Position schwer zu erkennen oder mit der schon erwähnten Menschen­figur leicht zu verwechseln. Kühne Motiven­­wechsel bringen technische Vielfalt mit sich. (Auffallend ist das Mischen von graphischen und malerischen Methoden) und verursachen selbst­verständlich eine komplexe 3-dimensionale Sicht. Das Mischen der verschiedenen Verfahren kann gut beobachtet werden auf den graphischen Blättern. (Alle sind mit gemischter Technik verfertigt worden.) Meistens ist der Ausgangspunkt ein Offsetdruck nach Photographien, dessen Detaile Aron Gábor mit graphischen Mitteln hervor­zuheben vermag. Danach trägt er neue Schichten mit Siebdruck auf: rennende Figuren, Comic-strips Figuren oder erotische japanische Radierungen. Auf oder zwischen die so entstandenen Form Übergänge werden wieder andere Oberflächen - Texturen gemalt oder gezeichnet. Schließlich erscheinen die größten, umfangreichen (Ovale, Dreiecke und Unendlichkeitszeichen) Forme mit dem Pinsel, der Malerkreide oder gesprayt. Alle Schichten sind gleichzeitig anwesend, da die graphischen Linien höchstens nur durchsichtige, dichte Gitter bilden, die malerischen Darstellungen dagegen meistens lasurisch werden. Die lockere Komposition, die an Stelle der ge­schlossenen entsteht, kann nur zum Teil mit dem heutzutage herrschenden gemischten Geschmack erklärt werden. Aron Gábors"Eklektizismus”stammt von seinem vielseitigen Interesse: neben dem Malen und der Graphik beschäftigt er sich mit derselben Intensivität mit Photographie und Film. Ein Bild, das er mit Hilfe des einen Mediums herstellt, trägt er ins andere über, aus dem Zweiten ins Dritte, u.s.w. Die verschiedenen Mitteln übergehen ineinander - auf ähnlicher Basis - nur viel subjektiver - wie einst bei László Moholy-Nagy oder später bei Andy Warhol. In Aron Gábors Tätigkeit erscheint in letzter Zeit auch die Plastik. Er stellte eine interessante, dreidimensionale Figur von einander kreuzenden Katzenfiguren in der Ausstellung "In Anführungs­zeichen" aus. Das andere Werk, das er dort aus­stellte, war eine Natur-ähnliche Plastik aus Keramik. Es ist sicher, daß diese neuen Experimente Aron Gábor den Aufschwung geben werden, wobei er seine Formgewebe nach neuen Prinzipien einord­nen wird. April 1987 László BEKE

Next