Neue Zeitung, 1969 (13. évfolyam, 1-52. szám)
1969-09-12 / 37. szám
GYÖRGY GRÄBER: Die Lage in Westberlin III. Was für eine Stadt Westberlin ist? Mir kommt sie — äusserlich betrachtet — trotz jeder eigenartigen Charakteristik und der Lage entspringenden Merkwürdigkeit so vor wie alle anderen westlichen Grossstädte. Lichtreklamen, grosser Autoverkehr, viele Warenhäuser, Geschäfte, dicht bei dicht Striptease-Bars, in den Kinos Sexfilme usw. Es ist aber etwas da, was Westberlin von den anderen Grossstädten Europas — über die besondere Lage hinaus — unterscheidet. Es sind dies die breiten Strassen. Nicht nur deshalb ist das Parken leichter und der Verkehr reibungsloser in dieser Stadt, weil nach dem Krieg im wesentlichen alles wiederaufgebaut werden musste, sondern, wie man mir im Informationszentrum der Stadt sagte, auch deshalb, weil in Westberlin auch heute noch die Ende des vorigen Jahrhunderts von der Munizipalbehörde der Stadt getroffenen Verfügungen bestehen, dass jede Strasse so breit sein muss, dass ein mit vollen Fässern beladener, mit zwei Pferden bespannter Bierwagen sich um seine eigene Achse drehen kann. Wer sich vergegenwärtigt, wie Anno dazumal die von den Mecklenburger stattlichen Pferden gezogenen und mit riesigen Fässern beladenen Bierkutschen ausgesehen haben, kann sich vorstellen, dass das in einer schmalen Gasse unmöglich ist. Striptease und Hippies Das Strassenbild ist äusserst interessant. Bunt und manchmal voller Dissonanzen. Auf den Treppen der schon erwähnten Gedächtniskirche sah ich eine phantastisch gekleidete Hippie-Gesellschaft, ein Teil von ihnen lieferte Beatmusik, der andere wiegte sich dazu rhythmisch im Takt. Die Kleidung der Hippies: üblich phantastische Hemden und Blusen, Jungens und Mädchen gleicherweise in Hosen, barfuss, zotteliges Haargewuschel —■ fragwürdige Sauberkeit. Für mich war an den sich hier tummelnden Hippies neu, dass sie den Kreuz-Kult noch weiter entwickelten. Fast jeder von ihnen trägt an einer dicken Kordel oder Metallkette ein mit bunten Glassplittem ausgelegtes, griechisch-orthodoxes Kreuz, das ihm bis auf die Mitte der Brust herunterbaumelt. Und das andere, was ich bisher bei Hippies noch nicht bemerkte: sie bettelten auch. Eine 3—4köpfige Kapelle spielte — selbstverständlich auf den Kirchenstufen hockend — was vor, und die übrigen warfen sich wie üblich nach dem Rhythmus hin und her, während eine struppig-struwwelige Figur mit einem speckigen steifen Hut reihum ging und milde Gaben einsammelte, offensichtlich für die Hippies selber. Wenn wir schon beim dissonanten Anblick angelangt sind, lassen Sie mich noch dazusetzen, dass in mir der Reklamefeldzug der zahlreichen Striptease-Bars in keinem Falle einen guten Eindruck hinterliess. Allenfalls kann man noch gelten lassen, dass einzelne Bars nach der Strasse hin ein Schaufenster einrichteten; in dem höchstwahrscheinlich als „Appetitsanreger” die eine oder andere Szene des Programms zu sehen sind. Obwohl sich darüber streiten lässt: wozu muss man dies auch 12-—14jährigen Kindern zeigen? Denn so oft ich die Gegend passierte, sah ich jedesmal eine Gruppe von Jungens und Mädchen im Pubertätsalter vor dem Schaufenster herumlungem. Ich halte es einfach für geschmack-los, dass im verkehrsreichsten Zentrum der Stadt, im Europa-Center, 13—15jährige Mädels die visuelle Reklame der Striptease-Bars verteilen. Ich konnte mir die Frage nicht verkneifen, wieso sie denn zu dieser Arbeit kämen? „Wir haben Schulferien und hier bezahlt man am besten”, gibt mir eins der Schulmädels lachend Bescheid. Seltsame Werbung der Kripo Es gibt in Berlin Merkwürdigkeiten, die den Besucher, in erster Linie uns, überraschen. Ich stiess immer wieder auf ein riesengrosses Plakat, in dessen Mitte ein gutaussehender Mann steht, der ein rundes Polizistenabzeichen in der Hand hält.. Die Aufschrift: „Die Kripo sucht Nachwuchs. ''Nenn Sie 19—39 Jahre alt sind und zu uns gehören wollen, dann bewerben Sie sich bitte beim Herrn Polizeipräsidenten in Berlin, Abteilung K. 1, Berlin 62, Goethestrasse 19, Tel.: 710-571. Apparat: 1437.” Nun, ich glaube nicht, dass man selbst in den Vereinigten Staaten die Detektive so anwirbt, wie auf dem Westberliner Plakat zu sehen. Charakteristisch für die Lage Westberlins ist übrigens, dass die Menschen hier gar nicht zur Bundesrepublik zu gehören wünschen. Im Gf genteil! Ihren Gesprächen kann - vielmehr entnehmen, dass s; stolz sind auf den Sonderst Stadt. Ein Ingenieur erzählte rr Perron einer S-Bahn, w beide auf den Zug warte Herr, unsere Gesetze sind matisch die Gesetze des Bu bei uns treten sie nur dann wenn auch unser Parlarri. stimmt.” Genau dieselbe Ir erhielt ich von Herrn Petei Pressechef des Senats, nu weitert: „Das Berliner Pd. übernimmt die Gesetze des Bu ges” (das kommt schon näher Wahrheit hären, denn im chen ist ja die Abstimmung im 'Vv berliner Parlament nur eine Formsache). „Bei uns sind die Notstandsgesetze nicht in Kraft.” (Auch darauf brauchen die Westberliner nicht besonders stolz zu sein wie auf das Zeichen der Selbständigkeit, weil das Notstandsgesetz einfach wegen der dreier Besatzung in Westberlin nicht gültig sein kann.) Es gibt kein besonderes Militärgesetz, und deshalb kann man auch nicht in die westdeutsche Armee einmustern. (Westberlin hat nämlich keine Verfassung, gerade der Besatzung wegen.) Dagegen betrachtet Westberlin die Finanz-, Steuer-, Wirtschafts-, Bürger- und sonstigen Gesetze für sich genauso obligatorisch wie in der BRD. Hieran will ich hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage von Westberlin noch einige Worte knüpfen. (Fortsetzung folgt) Solche und ähnliche Fotos verteilen die Teenager während der Sommerschulferien BUDAPEST, 13. SEPTEMBER 1969 * KFZ 20 Jahre Die Ungarische Volksrepublik sicherte den auf ihrem Gebiet lebenden Nationalitäten die in ihrer Verfassung verankerten Rechte, u. a. auch die Möglichkeit zum Unterricht der Muttersprache und zur Pflege der nationalen Kultur. Unsere Unterrichtsbehörden begannen schon in den Jahren nach der Befreiung, aber hauptsächlich nach der Verstaatlichung der Schulen mit der Bildung des Nationalitäten-Schulnetzes, damit dadurch der Anspruch auf Muttersprachunterricht der Nationalitäten befriedigt werde. Bücher für 70 Millionen In Verbindung damit sorgte man auch für die der Ausbildung von Nationalitätenpädagogen auf verschiedenen Ebenen. Die zustandegekommennen Nationalitätenschulen mussten auch mit entsprechenden Lehrbüchern versorgt werden. Für mehrere Schultypen mussten die Lehrbücher in fünf Sprachen in einer sehr kleinen Auflage herausgegeben werden. Die Organisierung der Lehrbuchausgabe für die Nationalitäten stellte unsere Unterrichtsbehörden vor eine grosse Aufgabe. Die Lösung derselben wurde noch dadurch erschwert, dass es wenig sachkundige Fachleute gab und die entsprechenden Erfahrungen fehlten. Ferner ermöglichte es die dringende Lösung dieser Aufgabe nicht, die Lehrbücher aufgrund von Lehrplänen oder wenigstens von Unterrichtsplan-Entwürfen anzufertigen. Den Anfang der heimischen Nationalitäten-Lehrbuchausgabe können wir auf das Jahr 1949 verlegen. Sie entwikkelte sich während der seither vergangenen 20 Jahre enorm und funktioniert verhältnismässig gut. Bis jetzt haben wir — mit Berücksichtigung der die Lehrbücher ergänzenden Kolleghefte und auch der vom Ausland importierten Schulbücher — den Nationalitätenschulen schätzungsweise rund 800 verschiedene Lehrbücher einschliesslich der verschiedenen methodischen Wegweiser, richtungsweisenden Lehrpläne und Handbücher im Werte von rund 70 Millionen Forint zur Verfügung gestellt. Die Hilfe, die wir in den letzten Jahren von den Ko-Verlagen in der Tschechoslowakei und DDR, in Jugoslawien und Rumänien für die Redigierung und Lektorierung der in einer Nationalitätensprache abgefassten Manuskripte erhielten bzw. erhalten, war für uns bedeutend. Für die Nationalitäten-Grundschulen mit gemischter Unterrichtssprache gaben wir bisher 310 neue Lehrbücher heraus: 36 deutsche, 63 rumänische, 118 serbo-kroatische, 86 slowakische und 6 ungarische Nationalitäten'bücher. Für die Nationalitäten-Mittelschulen mit gemischter Unterrichtssprache, d. h. die zweisprachigen Gymnasien erschienen 163 Lehrbücher, und zwar 35 deutsche, 34 rumänische, 46 serbo-kroatische und 48 slowakische. Für den Unterricht von Sprache und Literatur gaben wir Grammatiken und literaturgeschichtliche Lehrbücher heraus, die wir zum Teil importierten. Im nächsten Jahr beenden wir die Übersetzungen der der Schulreform entspre•henden Lehrbücher für die Nationaliiten-Gymnasien. Auch die Manuskrip,e für die Liedersammlungen der Nationalitäten (deutsche, rumänische, serbo-kroatische, slowakische) sind inzwischen fertig geworden. Für die Schulen mit Muttersprachunterricht gaben wir 53 neue Grammatiken heraus, die sich in 14 deutsche, 7 "umänische, 14 serbo-kroatische, 16 slovakische und zwei sonstige Lehrbücher etztere ist eine illustrierte Grammatik nd das dazu gehörige Handbuch) gliern. Teute sind wir bereits bei der Herébe der zweiten grammatischen hserie für den Unterricht der deuti, serbo-kroatischen, slowenischen slowakischen Sprache. Die deutund die leichter abgefasste Slowake Grammatikserie kommt in Kürleraus. ‘is zum vergangenen Unterrichtsjahr den in der 1. und 2. Klasse der :nülen mit Muttersprachunterricht die ationalitätensprachen im Rahmen von ^^rechübungsstunden anhand von extra für diesen Zweck herausgegebenen Handbüchern gelehrt. Für die Anfertigung der Grammatiken diente die audio-visuell-strukturell-globale Methode. Für den Gebrauch der Grammatik wurde extra ein Handbuch herausgegeben, das vorläufig nur in ungarischer Sprache erschien, aber bald auch in deutscher, rumänischer, serbo-kroatischer, slowenischer und slowakischer Sprache herausgegeben werden soll. Die illustrierte Grammatik und das Handbuch dazu löste im Kreise der Sprachlehrer Anerkennung aus, hoffentlich tragen diese Publikationen zur Hebung des Niveaus im Sprachunterricht bei. Die nächsten Aufgaben Die Versorgung der zweisprachigen Nationalitäten-Grundschulen mit neuen Lehrbüchern einschliesslich der Ergänzung von Lesebuchserien (3.—8. Klasse) und importierter Grammatiken wollen wir womöglichst bald beenden. Wir untersuchen die Möglichkeit, welche Lehrbücher wir anstelle der im Inland herausgebrachten literarischen Lesebücher von den befreundeten Ländern einführen könnten. Für die zweisprachigen Gymnasien geben wir das Geschichtsbuch für die 4. Klasse in vier Sprachen heraus und beenden damit die Herausgabe der Übersetzungen für die in der Reform vorgesehenen Schulbücher (Geographie, Geschichte). Für das deutsche und zum Teil für das rumänische Gymnasium sind neue Lehrbücher für den Unterricht der Grammatik und Literatur in der Muttersprache vorgesehen. Wir beenden auch die begonnenen Grammatik-Serien für die Grundschulen mit Muttersprachunterricht (deutsch 7. und 8. Klasse, slowakisch 5. und 6., 7. und 8. Klasse) und geben neue Bücher für Grammatik für die slowenischen Schulen heraus (drei Lehrbücher). Für die Herausgabe von Nationalitäten-Lehrbüchern wollen wir mit den Ko-Verlagen der befreundeten Länder einen noch besseren Kontakt als bisher ausbauen. Wir halten ihre Lektortätigkeit, ihre Fachkritiken, ihre Übersetzungstätigkeit und ihre Fachpublikationen für unsere Verlagsarbeit für unentbehrlich und wollen auch durch ihre Mitwirkung erreichen, dass unsere Nationalitätenschulen mit immer besseren Lehrbüchern versorgt werden. Gyula Szabó Chefredakteur des Nationalitäten-Lehrbuch-Verlags Nationalitäten-Lehrbuchausgabe Perspektiven einer neuen Messe Ein neuer Beweis für die rasche Entwicklung der Industrie in der Provinz war die in diesem Jahr das erste Mal veranstaltete Industriemesse des Komitats Baranya, die in Pécs Mitte August über 50 000 Besucher empfangen hatte. Alle industriellen Unternehmen des Komitats Baranya Hessen sich hier mit den besten Produkten der letzten Jahre vertreten. Ausserdem stellten auch 11 Unternehmen aus den übrigen Komitaten des Landes, darunter 7 aus der Hauptstadt ihre Exponate aus. Die LPG des Komitats brachten ebenfalls ihre nebenbetrieblich erzeugten industriellen Produkte zur Messe. Das Programm der Messe wurde ähnlich der Budapester Internationalen Messe veranstaltet, auch hier gab es Fachtage und Fachschauen. Die Besucher haben sich auch täglich an einer Modenschau ergötzen können, bei denen die hübschesten Budapester Mannequins die schönsten Kollektionen auf dem Laufsteg vorführten. Den grossen Preis der Messe gewann die Ungarische Seidenindustrie, der Sonderpreis des Messekomitees wurde dem Mecseker Bergbauunternehmen zuerkannt. Einen Sonderpreis des Komitatsrates erhielt das Unternehmen für Lokalindustrie Komló. Insgesamt wurden 15 erste, 13 zweite und 9 dritte Preise ausgegeben. Unter den vorbildlich entwickelten und gestalteten Produkten seien hier nur das Wochenendhaus der LPG Pálja, die Möbel der Péeser Genossenschaft für Holzindustrie oder die wunderschönen Keramiken der Pécser Zsolnay-Fabrik hervorgehoben, wobei auch die modernsten Industrieporzellane nicht zu vergessen sind, die den höchsten Ansprüchen der modernen Hochspannungsfernleitung entsprechen. Unsere finanziellen Mittel sind noch ziemlich knapp bemessen — erklärte mir János Hosszú, Direktor der Messe. — Denn diese heutige Messe ist ja unsere erste. Desto reicher sind aber unsere Vorstellungen und konkreten Pläne für die Zukunft der Messe, und wir sind sehr optimistisch. Würden sich mehrere benachbarte Komitate z. B. Tolna, Somogy, Fejér zu einer „Transdanubienmesse” zusammenschliessen, würde sich vielleicht sogar die Grundlage zu einer Weiterentwicklung dieser Messe in eine internatioriale bieten. Interesse aus Jugoslawien haben wir bereits zu buchen. Und Verbindungen mit der Sowjetunion und Finnland sind ebenfalls bereits gegeben. Unsere finnische Schwesternstadt Lahti und unsere sowjetische, Nowgorod, haben sich bereits für die nächste Baranyaer Industriemesse im Jahre 1970 angesagt. István Kenesei Ein Wochenendhaus, hergestellt in der I.Pfl Pálfa Neue Postkutschen in Nagyvázsony Die letzte Postkutsche legte ihren Weg zwischen Balatonfüred und Nagyvázsony zum letztenmal im Jahre 1861 zurück. Am Fusse der Kinizsi-Burg erwarteten die Postmeisterei und Pferdewechselstation die vom Balaton und aus dem Bakony eintreffenden Gäste. Diese alte, mehr als hundertjährige Tradition Hess das Fremdenverkehrsbüro des Komitates Veszprém wieder auf erstehen. Der dem Fremdenverkehr dienende Postkutschenverkehr wurde am 3. August zwischen Balatonfüred und Tihany und am 10. August zwischen Nagyvázsony und Balatonfüred aufgenommen. Es war an einem schönen Sonntagmorgen, als die zeitgenössische Postkutsche, hergestellt von der Handwerkergenossenschaft in Füzesgyarmat, von Balatonfüred nach einer zweieinhalbstündigen Fahrt unter den begeisterten Hochrufen des zahlreich versammelten Publikums vor das Schloss in Nagyvázsony rollte. Dem Postkutscher gönnte man auch hier keine Zeit zum Ausruhen, denn er wurde sofort von den Briefmarkensammlern bestürmt. Sämtliche Briefumschläge und Marken gingen wie warme Semmeln weg, und er konnte das viele Abstempeln kaum bewältigen. Die Rückfahrt der Postkutsche fand nachmittags um 3 Uhr von Nagyvázsony mit zwei jugoslawischen, einem norwegischen, drei ungarischen und zwei Reisenden aus der BRD statt. Die Reisegäste besichtigten in Tótvázsony das Grab des berühmt-berüchtigten Betyárén Jóska Savanyú, das schön gepflegt ist und den guten Ruf des ungarischen Fremdenverkehrs erhöht. Die Postkutsche verkehrt jeden Sonntag zwischen Balatonfüred und Nagyvázsony, alltags dagegen zwischen Balatonfüred und Tihany. Für beide Linien werden gesonderte Poststempel benutzt.