Neue Zeitung, 1969 (13. évfolyam, 1-52. szám)

1969-11-21 / 47. szám

In der DDR gehört, gesehen, erlebt (4. Fortsetzung) Menschen in Bautzen „Bautzen müssen Sie unbedingt gese­hen haben!”, riet mir ein Kollege in Dresden. Ich befolgte seinen Hat und habe es nicht bereut. Bautzen, eine Stadt mit 45 000 Ein­wohnern im Südosten der DDR, im Dreieck, wo sich die Grenzen zwischen der DDR, der CSSR und Polen treffen, ist bestimmt eine Reise wert. So viele grossartige Baudenkmäler vor allem aus dem Mittelalter auf einem Haufen wie hier kann man nur in wenigen Städten unseres Kontinents kennenlernen. Die Ortenburg, eine erhalten géblie­­bene Grenzfeste auf steilem Fels, der Petridom, eine spätgotische vierschiffige Kirche auf der höchsten Geländeerhe­bung, strahlen den Geist früherer Zei­ten aus, sind Zeugen des Lebens und Kampfes früherer Generationen genau­so wie die gewaltige Befestigungsanla­ge mit ihren dicken Mauern, zierlichen Toren, viereckigen und runden Türmen — so der Lauenturm, der Reichenturm und der Wendische Turm aus dem 14. und 15. Jahrhundert, und nicht weniger die im Barock- und Rokokozeitalter er­bauten Häuser vor allem im Zentrum der Stadt. Sehr oft verheerten Kriege diese Ge­gend. Während Burg und Türme der Verteidigung der Stadtbevölkerung dienten, hob ein von der Spree getrie­benes gewaltiges Mühlrad des Bauwer­kes Alte Wasserkunst schon im 16. Jahrhundert Quellen- und Brunnen­wasser in 50 Meter Höhe, auf die was­serarme Anhöhe. Slawen und Sachsen bauten die Stadt, prägten ihr Gesicht. Fast ein Jahrtau­send hindurch. Aber auch Ungarn hin­­terliessen hier Spuren. Der Torturm und die Schlosskapelle der Ortenburg wurden unter Matthias Corvinus er­richtet. Ein schmuckes Denkmal über dem Tor erinnert an den ungarischen König. „Alles Mögliche wird getan” Die in dieser Gegend, in der Ober­und Niederlausitz, in den Bezirken Dresden und Cottbus lebenden Slawen nennen sich Sorben. Ihre Zahl beträgt etwa 100 000. Sie sind die einzige Na­tionalität in der DDR, und Bautzen ist Mittelpunkt des Sorbentums in der Oberlausitz. Hier befinden sich wichti­ge Einrichtungen für die Pflege der sor­bischen Kultur und Sprache. Stunden hindurch berichteten mir der Vorsitzende der Domowina, Kurt Krenz, der Chefredakteur der sorbischen Zei­tung, Max Pilop, sowie einige ihrer Mit­arbeiter über das Gestern und Heute der Sorben. Von dem Gehörten und Ge­sehenen kann ich hier nur einen Bruch­teil wiedergeben. Ein Satz des Vorsit­zenden soll dazugehören: „Partei und Regierung tun alles, um die Sprache und Kultur des Sorbentums zu fördern. Ja, mehr als sie tun, könnte schon gar nicht mehr getan werden.” Die Domowina, der Bund der lausit­­zer Sorben, ist eine demokratische na­tionale Massenorganisation. Sie wirkt im Rahmen der Nationalen Front und verfolgt im wesentlichen die gleichen Ziele wie der Demokratische Verband der Deutschen in Ungarn. „Sie wurde 1912 als Dachorganisation sorbischer Vereine zur Abwehr der verschärften Unterdrückung durch den deutschen Imperialismus gegründet, 1937 von den Faschisten verboten und 1945 als anti­­faschistisch-demokratische Organisation erneuert”, führte Kurt Krenz, Sohn ei­nes sorbischen Arbeiters, ehemaliger Porzellandreher und Steinbrucharbei­ter, aus. Er leitet die Domowina seit 1951 und sieht seine wichtigste Arbeit darin, „die Kraft und die Fähigkeit der sorbischen Menschen für den Aufbau des Sozialismus zu aktivieren” und setzte und setzt sich gleichzeitig mass­geblich dafür ein, „die sorbische Kultur und Sprache neuzubeleben”. In den Leitungen vertreten Der Bund lausitzer Sorben kann sich bei seiner weitverzweigten Tätigkeit auf den Paragraphen 40 der Verfassung der DDR stützen, in dem es unter anderem heisst: „Bürger der Deutschen Demokratischen Republik sorbischer Nationalität haben das Recht zur Pflege ihrer Muttersprache und Kultur. Die Ausübung dieses Rechts wird vom Staat gefördert.” Die Sorben werden ihrem Prozentsatz entsprechend in alle leitenden Körper­schaften einbezogen. Zum Wiederbeleben, zur Pflege dev sorbischen Volkskultur wurden zahlrei­che Ensembles ins Leben gerufen. So u. a. das Staatliche Ensemble für sor­bische Volkskultur, dessen Aufgabe dar­in besteht, „den Reichtum der sorbi­schen Folklore an Lied, Musik und Tanz zeitgemäss zu erschliessen”. Es entfaltete eine aktive Tourneetätigkeit, gastierte wiederholt auch im Ausland, so auch in Ungarn, wo es sein niveau­volles Programm in Budapest und Csolnok zeigte. Ausserdem betätigen sich in zahlreichen sorbischen Siedlun­gen Kulturgruppen. Der volkseigene Domowina-Verlag bringt u. a. Lehrbücher für den Sor­bischunterricht und die Zeitung „Nowa doba” heraus. Der Sender Cottbus strahlt seine Programme — wöchent­liche Sendezeit 290 Minuten — in ober­und hiedersorbischer Sprache aus. Den sorbischen Kindern wurden brei­teste Möglichkeiten zum Erlernen ihrer Muttersprache eingeräumt. Die sorbi­schen Bildungsanstalten haben einen guten Ruf. Sie werden auch von zahl­reichen deutschen Schülern, Studenten besucht. In bester Eintracht Vor 1945 verdienten die Sorben vor­wiegend in der Landwirtschaft ihr Brot. Infolge grossangelegter Industrialisie­rung der Lausitz — Braunkohlenkombi­nat Lauchhammer, Kombinat Schwarze Pumpe in Hoyerswerda, Kraftwerk bei Vetschau und Boxberg, Waggon- und Maschinenbau in mehreren Städten — gingen sehr viele sorbische Bauern in die Industrie. Meine Gastgeber fuhren mich in ei­nem Wagen der Domowina in den VEB Schamottewerk Wetro im Bezirk Baut­zen, wo feuerfeste Steine für Öfen und Heizanlagen hergestellt werden und wo in überwiegender Mehrheit Sorben ar­beiten. Hier besuchten wir die Handfor­­mer-Brigade, die den Namen des Do­mowina-Vorsitzenden Kurt Krenz trägt. Ihr Leiter ist Jan Straube: „In unserer Brigade arbeiten — wie auch in allen anderen Brigaden — Sor­ben und Deutsche in bester Eintracht zusammen. Wir Sorben sprechen alle auch gut Deutsch, und viele Deutsche verstehen auch Sorbisch. Wir haben überall die gleichen Rechte und Pflich­ten und grosse Möglichkeiten zur Pfle­ge unserer nationalen Sprache und Kul­tur. Mit unseren Kindern sprechen wir zuhause gewöhnlich sorbisch, und wir bestehen darauf, dass sie auch in der Schule Sorbisch lernen.” Das einzige weibliche Mitglied der Brigade meinte: „Seit 1945 ist für uns Sorben sehr viel getan worden. In jeder Hinsicht. Wir revanchieren uns durch gute Arbeit. Zum Jahrestag unserer Re­publik z. B. haben wir uns verpflichtet, 200 Tonnen Produkte zusätzlich zu er­zeugen. Nun, wir haben bereits 265 Tonnen erreicht.” Die Mitglieder der Brigade, die aus den umliegenden Dörfern kommen, sind fast alle auch Aktivs der Domo­wina. Sie ermuntern die sorbischen El­tern, ihre Kinder zum muttersprachli­chen Unterricht zu schicken, organisie­ren Vorstellungen sorbischer Ensem­bles, besuchen oft gemeinsam das Deutsch-Sorbische Volkstheater und nahmen 1968 auch gemeinsam am gro­ssen Kulturfestival der Sorben teil. Sorbischer Kindergarten im Kreis Kamenz Vereinigte sorbische Laienchöre (aus vier Orten) beim Konzert anlässlich des Bundeskongresses der Domowina im Februar 1969 BUDAPEST, 21. NOVEMBER 1969 Sichere Existenz aufgebaut Hier in Bautzen begegnete ich auch Landsleuten — Schwaben aus Ungarn. Stefan Lemle, die beiden Heinrich Ge­sellmann und die zwei Konrad Gesell­mann mit Familien stammen aus Ka­­posszekcsö, Elisabeth und Heinrich Müller aus Nagyhajmás. Ich verbrachte zwei Abende in ihrer Gesellschaft, genoss ihre herzliche „schwäbische” Gastfreundschaft und liess sie — in gemütlicher Runde — über ihr Leben von gestern und heute erzählen. Ihr Schicksal, ihr Leben wurde und wird von der allgemeinen Entwicklung in der DDR bestimmt. Sie haben — wie die Alteingesessenen — die schwe­ren Nachkriegsjahre miterlebt: die Zeit der Lebensmittelmarken, der knappen Löhne, der notdürftigen Unterkünfte, der „Zusammenrückungen” in den Wohnungen. Sie waren mit dabei, als die Trümmer beseitigt, die erste Brücke über der Spree, die Friedensbrücke, die ersten Wohnungen und Betriebe wie­derhergestellt, neuerbaut wurden. Sie helfen auch heute — als gerngesehene Arbeitskräfte und geschätzte Bürger — in den verschiedensten Bereichen der Wirtschaft, Verwaltung und Kultur mit, das Rad der Entwicklung nach vorn zu drehen. Und sie hatten und haben natürlich auch einen gehörigen Anteil an den Früchten der Arbeit, des um­fassenden Aufstiegs. In Ungarn pflügten sie einst die Äk­­ker, pflanzten Weinreben, züchteten Rinder und Schweine. Heute bedienen sie Maschinen, bauen und planen Häu­ser und Waggons, bedienen Kunden, verwalten Materialien. Der Wandel vom Bauern zum Arbeiter, Facharbeiter, In­genieur, Verkäufer und Angestellten ver­langte von ihnen natürlich viel Energie, Zeit und Ausdauer. Aber sie haben es geschafft, sie haben sich bewährt. „Wir haben uns ausnahmslos alle ei­ne gute, sichere Existenz aufgebaut, fühlen uns hier zuhause und hegen für Ungarn sehr freundschaftliche Gefühle.” So äusserte sich Heinrich Gesellmann, und alle in der Runde stimmten ihm zu. (Fortsetzung folgt) Géza Hambuch Herbstarbeiten in Mike Auf den fettschwarzen Äckern zie­hen surrende Traktoren die Sämaschi­nen. Hinter der Kukuruzerntemaschi­ne und den Kartoffelrodern bilden sich Staubwolken. Die Schuppen füllen sich mit an Schnüren aufgezogenen Tabak­blättern. Noch gar nicht lang ist es her, dass die Strohhalme Ähren trugen, jetzt deckt Stroh die sich von Tag zu Tag vermehrenden Kartoffelmieten. Auf dem Hotter der LPG „Rákóczi” in Mike im Komitat Somogy herrscht herbstlicher Hochbetrieb. Der Arbeit in diesen Tagen und Wochen fällt nicht nur hinsichtlich der Einbringung der Herbstfrüchte, sondern auch hinsicht­lich der Sicherung der Ernte im kom­menden Jahr eine wichtige Rolle zu. Das Doppelte Frau Katharina Schott und Frau Ju­dith Brandmüller leeren die Körbe sor­tierter Kartoffeln in die Säcke. Soweit das Auge reicht, sieht man Frauen in weiten Röcken mit tief in die Stirn ge­zogenen Kopftüchern. — Wir haben auf 254 Joch Kartof­feln angebaut — berichtet mir LPG­­Vorsitzender Julius Frank. — Pro Joch ernteten wir dieses Jahr 120 Doppel­zentner Kartoffeln, diese Menge ist ge­nau das Doppelte gegenüber vom vo­rigen Jahr. Dank besserer Agrotechnik, besserem Pflanzenschutz, der Verwen­dung von Chemikalien. Und natürlich hat auch das günstige Wetter dazu bei­getragen. Was die Kartoffelernte betrifft, sie ist völlig mechanisiert. Wir besit­zen zwei Kartoffelkombinen und zwei Sortierer, sie stammen aus der DDR. Wir planen noch nächstes Jahr einen sogenannten Sortiertisch zu besorgen, das würde die Arbeit der Frauen sehr erleichtern. Mit dem Einbringen der Herbsternte haben vor allem die Kombinenführer grosse Arbeit. Seit zwei Jahren wird der Kukuruz mit der Kombine einge­bracht. Verhältnisse kein schlechtes Ergebnis — sagt der Kombinenführer Laurenz Haasz. — Morgen beende ich hier auf diesem Acker die Arbeit, und dann fah-re ich auf eine andere Tafel, helfe bei der Aussaat, damit es rascher geht. Ausser den Kartoffeln ist der Tabak das Hauptprodukt der LPG. — 100 Joch Tabak von der Sorte „Havanna” haben wir — sagt Julius Frank. — Pro Joch wuchsen 9,5 Doppel­zentner. Wir pflanzen nur die erwähn­te Sorte, die hat sich bewährt. In einem grossen Raum sitzen die Frauen und binden die riesigen Tabak­blätter zu Bündeln. Ihre Hände sind vom Tabak schwarz und klebrig. — Dieses Jahr ist der Tabak besser gelungen als im vorigen Jahr — sagt Frau Helena Schultz. — Voriges Jahr war es zu nass. Bis zum März Draussen im Hof hängen die Tabak­bündel an Gerüsten, sie sind bereits goldgelb von der Sonne. Die 30 Frauen, die hier Tabak auffädeln, arbeiten am Nachmittag bis spät abends hier. Der Tabak sichert den Frauen auch im Winter bis zum Februar Arbeit. Danach ist aber auch ihre weitere Beschäfti­gung gesichert. — Die Frauen werden 50 Waggon Kartoffeln in kleine Säcke zu je zwei Kilo füllen — sagt der Vorsitzende. — Daran arbeiten sie bis März, und dann beginnen ja schon die Frühjahrsarbei­ten ... Ch. M. Frau Katharina Schott und Frau Judith Brandmüller leeren die Körbe Kombinenführer Laurenz Haasz während der Arbeit „Eine wunderbare Erfindung“ — Diese Maschine ist eine wunder­bare Erfindung — sagt der Kombinen­führer. — Mit der Hand würde ein Mensch während 12 Tagen die Fech­sung von einem Joch bergen können. Die Kombine schafft täglich elf Joch. Ich arbeite freilich auch oft, bis es dun­kel wird. — Auf 800 Joch wurde Kukuruz an­gebaut, ein Joch brachte durchschnitt­lich 16 Doppelzentner. Das ist zwar kein Rekord, aber immerhin mehr als im vorigen Jahr und für unsere Boden- Guter Start in Dorog Zu Ehren des 25. Jahrestages der Be­freiung unserer Heimat entfaltete sich auch im Doroger Kohlenbecken ein Ar­beitswettbewerb. Die Doroger Bergleute schlossen sich dem Landesaufruf eben­falls an. Das erste bedeutendere Ergeb­nis des Arbeitswettbewerbs zu Ehren der Befreiung entstand im Oktober, als sich die Leistung sämtlicher Betriebe Dorogs um 7,2 Prozent erhöhte. Die Produktivität an den Arbeitsplätzen steigerte sich in solchem Ausmasse, dass jeweils zehn Werktätige durchschnitt­lich die normalisierte Förderung von elf, in zwei Gruben sogar von zwölf Kumpeln produzierten. In der zweiten Oktober-Hälfte gab es sogar solche Ar­beitstage, an denen auf Unternehmen­ebene das normalisierte Produktivitäts­niveau um 15—18 Prozent überboten wurde. Der im Anfangsstadium des Arbeits­wettbewerbes zu Ehren der Befreiung erreichte Produktivitätsaufschwung be­weist, dass die Bergleute des Kohlen­beckens auch mit einer kleineren Be­legschaft als geplant imstande sind, die Aufgaben zu verrichten. Mit der tech­nischen Entwicklung werden die höhe­ren Erträge an den Arbeitsplätzen gang und gäbe. Bei der Arbeit vor Ort wird immer mehr Kohle abgebaut, und das ist nicht nur hinsichtlich der Produk­tionsmenge für das Unternehmen von Vorteil, es steigert auch die Wirt­schaftlichkeit. Der Wettkampf der Brigaden belebt sich in diesem Kohlenbecken immer mehr. Der Schwung des Wettbewerbs lässt darauf schliessen, dass sie ihre Verpflichtungen restlos bewältigen wer­den. r~---------------------------------------------------­ Bestellung der NZ in der BRD Aus Westdeutschland treffen in unserer Redaktion des öfteren Anfragen ein, auf welchem Wege die Interessenten dort die NEUE ZEITUNG bestellen können. Nach­stehend geben wir zwei Firmen bekannt, bei denen die NZ abon­niert bzw. der Bezugspreis im voraus eingezahlt werden kann: Kubon & Sagner, 8 München 39, Hess-Strasse 39/41, Postfach 68. W. E. Saarbach GmbH., 5 K ö 1 n 1, Postfach 1510.

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