Neue Zeitung, 1999 (43. évfolyam, 1-53. szám)
1999-03-06 / 10. szám
4 GEMEINSCHAFTEN DER U N G A R N D E U T S C H E N NZ 10/99 „..die Volksmusik lebendig werden lassen...“ Wettbewerb Budapester Grundschüler Musikanten das Publikum mit schönen deutschen Volksliedern und Volksliedbearbeitungen, in einer Vortragsweise, die viel Sympathie und riesigen Beifall hervorrief. Anton Hermann, der einst im berühmten Schorokscharer Akkordeonensemble unter Antal Farkas mitwirkte, seitdem an der Spitze vieler Kapellen seiner engeren Heimat stand und heute in der János-Galambos- Musikschule unterrichtet, ist ein hervorragender Kenner der deutschen Volksmusik, deren stilgerechte Interpretierung er erfolgreich auch seinen Schülern weiterzugeben bemüht ist. Dafür erhielt das Ensemble von der dreiköpfigen Jury mit Recht die Urkunde in Gold. Der gleiche vornehme Preis wurde auch dem Chor der Grassalkovich- Grundschule verliehen. Für mich war diese Gleichstellung ein wenig verblüffend, und ich kann diese Entscheidung der Jury nur damit begründen, daß im Gremium kein richtiger Fachmann der deutschen Volksmusik vertreten war und man vor allem auf die schöne Volkstracht der Sängerinnen achtete. Auf ihrem Programm stand u.a. eine bekannte Perle der bayerischen Mundartlieder „Nantschal steh auf...“ mit einer inkorrekten Textvariation und einer ganz schlechten Aussprache. Ja, das wäre noch verzeihlich gewesen, denn die heutigen Kinder tun sich schwer mit der Mundart, und die Lehrerin spricht halt kein Deutsch, doch was darauf folgte, erinnerte eher an eine Geburtstagsfete als einen Volksmusikwettbewerb! Den Schlager „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ sangen die Schorokscharer Mädchen aus voller Kehle, den Rhythmus der Akkordeonbegleitung völlig außer acht lassend. Diese Selbstsicherheit der Lehrerin, Frau Helfrich, ist mir unerklärbar. Sie läßt sich in der eigenen Grundschule, wo der zweisprachige Unterricht schon seit über zehn Jahren erfolgreich erteilt wird, falsch oder gar nicht beraten. Eine Urkunde in Silber wurde an den Chor der Grundschule aus dem XVIII. Bezirk unter Frau Éva Paulik-Karcagi für einen zweistimmig vorgetragenen Liederstrauß vergeben. Bei dem Mädchenduo aus der gleichen Schule muß das zweistimmige Singen noch viel geübt werden. (Bei der Verbreitung der deutschen Gesangs- und Musikkultur sollte man nicht vergessen, daß es Menschen gibt, die zwar keine Fachleute, jedoch Kenner ihrer eigenen Volksmusik sowie der deutschen Sprache und auch der Mundart mächtig sind). Die zahlreichen Teilnehmer des Volksmusikwettbewerbs und ihre Begleiter hatten nachher auch die Möglichkeit, die interessanten Ausstellungen des Museums kostenlos zu besichtigen, so auch die Fotoausstellung von Ludwig Hartmann „Ungamdeutsche zwischen den Weltkriegen“. Árpád Hergenröder Seit langem hatte das Budapester Ethnographische Museum wohl nicht so viele Besucher als beim traditionellen Volkmusikwettbewerb der Grundschüler der Hauptstadt am 19. Februar. Die große Aula schallte von Gesang und Musizieren wider, aus der einen Ecke hörte man ein Zitherensemble, aus der anderen eine Akkordeongruppe, aus der dritten Sologesang, denn man machte schnell noch eine Probe, um vor der strengen Jury die beste Leistung zu zeigen. Da zum ersten Mal in den jährlich vom Pädagogischen Institut der Hauptstadt veranstalteten ungarischen Volksliedwettbewerb auch Instrumentalspiel aufgenommen wurde, stand er nun unter dem Motto „Wettbewerb der ungarischen Volksmusik“. Und es gibt noch eine Neuigkeit: Beteiligen an dem namhaften Wettstreit konnten sich auch die Nationalitäten. „Wir wollten die ungarische und auch die Volksmusik der in Budapest ansässigen Nationalitäten in ihrer Vollständigkeit und Vielfarbigkeit lebendig werden und miterleben lassen“, meinte die Hauptorganisatorin, Deutsch- und Gesangslehrerin Marta Nits, die nach dem vor sechs Jahren gemeinsam gestarteten Kammerchorwettbewerb die Abteilungsleiterin im Ethnographischen Museum, Ágnes Fehér, auch bei diesem Unterfangen für eine ersprießliche Zusammenarbeit gewann. Dank der gründlichen Vorbereitung der Organisatoren lief alles wie am Schnürchen. Das Hauptanliegen, nämlich die Volksmusik auf einem architektonisch erhebend schönen Schauplatz lebendig zu machen, kam gleich eingangs hervorragend zum Tragen. 330 Kinder - begleitet von ihren Lehrerinnen, Eltern und Freunden —, Solosängerinnen, Duos, Trios, Chöre, oft mit Musikbegleitung, sowie verschiedene Musikformationen wetteiferten in 9 Kategorien um den besten Platz, unter ihnen auch die Vertreter der Deutschen Nationalitätengrundschule in der Üllői Str. (XVIII. Bezirk) sowie der Grassalkovich-Grundschule in Schorokschar (XXIII. Bezirk). Aus Schorokschar kamen gleich zwei Gruppen, ein Mädchenchor unter Leitung von Elisabeth Helfrich- Szente sowie das Akkordeonensemble geleitet von Anton Hermann. Das junge Akkordeonensemble konnte das Budapester Publikum schon beim Galaprogramm „Junge Talente“ im Dezember erleben. Auch diesmal erfreuten die jungen Jetzt, zu Beginn ihrer Arbeit, kann die Deutsche Selbstverwaltung (DS) mit großer Unterstützung des Gemeinderates und der Bevölkerung rechnen. Sie will ja nicht nur für die Deutschen des Dorfes arbeiten. „Es leben hier viele arme Menschen, die Hilfe brauchen,” meint DS-Vorsitzender Dr. Georg Kántor. „Unser Gremium wird sich für das ganze Dorf stark machen”. Ein Projekt mit dem Bürgermeisteramt ist ja schon ausgearbeitet, mit dem die Gemeinde 3-4 Millionen sparen kann. Das dies wenig mit den Deutschen und ihren Traditionen zu tun hat, finden die Mitglieder uninteressant. In Kocsola ist sehr viel zu tun. Die Arbeitslosigkeit ist enorm hoch, die Jugend zieht weg, nur die Älteren und die Sozialhilfebedürftigen bleiben im kleinen Ort, obwohl er viel zu bieten hat: Fischteiche, Schwimm- und Heilbäder in der Nähe, den schönen Wald, die Nähe einer Hauptstraße und die Abgeschiedenheit eines kleinen Dorfes. Das Vorhaben der Deutschen Selbstverwaltung ist vielschichtig: Für den Erhalt und das Fortführen der kaum noch vorhandenen deutschen Traditionen soll ein Verein sorgen. Diesem und der Selbstverwaltung wurde vom Gemeinderat ein Raum zur Verfügung gestellt, der aber zuerst renoviert und eingerichtet werden muß. Zur Gründung einer Tanzgruppe und eines Chores fehlen in erster Linie die Jugend und die interessierte Basis. Das Museum der Ortschaft soll durch Sammlung von Gegenständen auch einen deutschen Charakter erhalten. Aber der größte und wichtigste Plan ist der Ausbau partnerschaftlicher Beziehungen zu einer Gemeinde ähnlicher Größe in Baden-Württemberg. „Von der Partnerschaft würde jeder Vorteile haben. Nicht nur die Ungamdeutschen”, so Vorsitzender Kántor. “Man würde die Wichtigkeit der deutschen Sprache im Dorf erkennen. Wir könnten viel von dem deutschen Partner lernen und sie sicher auch einiges von uns.” Denn voran es am meisten hapert, das ist der Unterricht der deutschen Sprache. Nach den ersten Unterredungen zwischen Schule, Kindergarten und Deutscher Selbstverwaltung scheint kein Einverständnis zu herrschen. In der Schule werden lediglich die Pflichtdeutschstunden absolviert und nachmittags Deutschzirkel abgehalten. Aber sowohl die Leitung der Schule als auch die des Kindergartens begründen die von ihnen nicht forcierte Einführung eines intensiveren Deutschunterrichtes mit finanziellen Problemen und fehlenden Sprachlehrern. Die Deutsche Selbstverwaltung hat schon für das ganze Jahr Pläne, die für das ganze Dorf Veranstaltungen bedeuten. Der Schwabenball am 20. Februar war nur der Auftakt. Folgen sollen ein Pfingstfestival, ein Kindertag und ein Weinlesefest, wodurch sicher auch Gäste ins Dorf gelockt werden. Wie die Finanzierung gelöst wird, weiß man noch nicht, denn das deutsche Gremium kann nur auf die staatliche Unterstützung bauen. Die Gemeinde kann finanziell nicht helfen, wie es aussieht, wird eher die Deutsche Selbstverwaltung der Ortschaft unter die Arme greifen müssen. In den kommenden vier Jahren möchte die Minderheitenselbstverwaltung dem Dorf so gut es geht helfen, nicht nur den Deutschen, sondern der ganzen Gemeinschaft. Judit Klein Für die ganze Gemeinschaft arbeiten Aufgaben der Deutschen Selbstverwaltung in Kocsola Die Kneipe trägt den Namen Keller, so heißt der Inhaber. Auch einige deutsche Familiennamen sind zu finden, aber sonst merkt man kaum etwas von dem einen Drittel Deutschen in der 1450 Menschen zählenden Gemeinde Kocsola in der Tolnau, wenn da vergangenes Jahr nicht der Vertreibungs-Gedenktag stattgefunden hätte. Im März 1948 mußten die Deutschen aus Kocsola ihr Heimatdorf verlassen und wurden zerstreut in Deutschland angesiedelt. 50 Jahre später wurde in diesem Dorf zum ersten Mal eine Veranstaltung mit deutschem Inhalt abgehalten. Diese hatte aber eine unerwartet gute Wirkung auf die Einwohner. Denn bei den Kommunalwahlen im Oktober gründeten sie eine Deutsche Minderheitenselbstverwaltung. 902 Stimmen erhielt die deutsche Liste.