Neue Zeitung, 2010 (54. évfolyam, 1-53. szám)

2010-01-08 / 2. szám

4 Meine Freundin Annamária Soproni-Schmidt und ich wis­sen zwar fast alles voneinan­der, unlängst konnte sie mich dennoch überraschen. Wir waren auf dem evangelischen Friedhof zu Ödenburg/Sopron. In der Aufbahrungskapelle zeigte sie auf die Christusfigur auf dem Altarbild und sagte: Das ist mein Großvater. Ich schaute sie verdutzt an, worauf sie mir mit einem Lächeln ver­sprach, darüber mehr zu erzählen. Dazu kam es dann an einem dunklen Wintertag, an dem ihre Mutter, Magdolna, und sie über die Familie spra­chen, deren Schicksal typisch für die Monarchie war. Annamarias Urgroßmutter Maria Hauser und deren Bruder Karl Hau­ser lebten im 19. Jahrhundert in Ödenburg in der Wiener Gasse, wo ihr Vater, Ludwig Hauser, eine Tisch­lerwerkstatt besaß. Es lag auf der Hand, daß Karl, der Sohn, zu seinem Vater in die Lehre ging. Er wurde dort Geselle, doch das Handwerk konnte er wegen einer Krankheit nicht weiterführen. Da er aber schon in der Schule mit seiner Geschick­lichkeit im Zeichnen hervorstach, schickte ihn sein Vater zum Kunst­studium nach Wien. Nach dem Abschluß unterrichtete er als diplo­mierter Zeichenlehrer in diversen Schulen Freihandzeichnen, unter anderen in der 1870 neu gegründeten Staatlichen Hauptrealschule. Er wurde in Ödenburg zu einem anerkannten Landschafts- und Por­ GEMEINSCHAFTEN DER U N G A R N D E U T S C H E N NZ 2/2010 Ödenburger Familien im Porträt Die Schmidts trätmaler, dessen Gemälde heute zum Teil im städtischen Museum zu bewundern sind. Er machte auf Bestellung des Stadtrates Ölgemälde von Ödenburg und auch das schon erwähnte Altarbild auf dem evangelischen Friedhof. Als Modell für Christus wählte er seinen Neffen, Annamaries Großvater. Karls Schwester wieder­um, Marie Hauser, heiratete den wohlhabenden Schuster­meister Johann Schmidt, der mit seinen selbstgefertigten Schuhen die ganze Umge­bung von Ödenburg beliefer­te. Der Ehe entstammten zwei Söhne und zwei Töchter. Beide Söhne studierten Jura. Johann, Schani genannt, wurde Amtsrat von Eisen­stadt und dem Burgenland, Franz, Annamaries Großvater, kehrte nach dem Studium nach Ödenburg zurück. Seine Laufbahn ist ein Musterbei­spiel für die Monarchiezeit: 1883 in Ödenburg geboren, studierte er nach der Matura im Evangelischen Lyzeum in Preßburg, promovierte in Klausenburg und holte sich seine Ehefrau aus Wien. Zum Leben der Jugend von damals gehörten die Bälle, die sie im ganzen Komitat, aber auch in Wien besuchte. Bei einem der Bälle in Wien lernte Dr. Franz Schmidt seine spätere Gat­tin, Marianne Ziering, kennen. (Wohlbemerkt, Mariannes Mutter war Ödenburgerin, die nach Wien geheiratet hatte.) Marianne war die Tochter eines kaiserlichen Beamten im Kriegsministerium. Die Familie wohnte in einem Außenbezirk von Wien, in Baumgarten. Da wurde eine neue Kirche gebaut, zu deren feier­licher Einsegnung auch Kaiser Franz Joseph erschien. Marianne rezitierte bei der Feier ein Gedicht. Der Kaiser wurde deshalb auf das kleine Mäd­chen und den Vater in Uniform auf­merksam und schickte dem Mädchen am nächsten Tag als Anerkennung für den Auftritt ein goldenes Arm­band. Das Armband bewahrt die Familie immer noch in Ehren auf und es wird immer der ältesten Tochter weitervererbt. Marianne Ziering heiratete also den schneidigen Juristen Dr. Franz Schmidt und zog mit ihm nach Öden­burg. Außer einem Satz, und zwar „Éljen a haza!“, lernte sie nie Unga­risch, denn sie meinte, in Ödenburg spreche sowieso ein jeder Deutsch. Den Schmidts wurden zwei Töchter und ein Sohn geboren. Der Sohn bekam bei der Taufe den Namen Karl, nach Mariannes Bruder, der im Ersten Weltkrieg den Heldentod gestorben war und dessen Name auch heute noch unter den Gefallenen am Hel­dentor in Wien zu lesen ist. Karl wuchs deutschsprachig auf. Er besuchte das Evangelische Lyzeum, dann wählte er die Offi­zierslaufbahn: Er studierte an der Militärakademie in Budapest. Nach­dem er 1941 sein Studium absolviert hatte, wurde er gleich an die Front geschickt. 1944 heiratete er Magdol­na, doch kurz nach der Hochzeit mußte er erneut an die Front. Wegen einer schweren Verletzung kam er aber bald ins Spital. Für seine Hel­denhaftigkeit wurde ihm der Orden Signum Laudis verliehen. Da in den Jahren nach 1945 ein ehemaliger Offizier als Klassenfeind galt, mußte er seine Familie zuerst durch Hilfsar­beiten unterhalten, bis er dann einen Beruf erlernen durfte. Seine Tochter Annamarie konnte deshalb auch nicht einfach weiterlemen. Die Tatsa­che, daß sie dann als Geschäftsfrau in der internationalen Modewelt große Anerkennung fand, war nicht nur für sie eine späte Genugtuung. Annamarie vergißt ihre deutsche Abstammung nicht, pflegt die Tradi­tionen und gibt diese auch ihrem Sohn und Enkelsohn weiter. Sie blieb in der Seele, genauso wie ich, immer eine Ödenburgerin. Während unseres Gesprächs in ihrer Budapester Woh­nung zeigte sie stolz auf ein von Karl Hauser gemaltes Ölbild, das sie auch an ihre Ödenburger Wurzeln erinnert. Judit Bertalan Annamarie und ihre Mutter vor dem Gemäl­de von Karl Hauser Aus der Branau Der aus Boschok/Palotabozsok stammende Germanist Dr. Josef Schwing gab in Deutschland das Buch „Die Namen der Stadt Pécs“ heraus. Die Buchvorstellung fand am 15. Dezember in der Fünfkirchner Komitats­­bibliothek statt. Das Wemender Quartett ist Träger des Kulturpreises Nikolaus Lenau 2009. Die Auszeichnung überreichte der Vorsitzende des Lenau-Vereins Lorenz Kemer am 12. Dezember im Wemender Kulturhaus. Am 26. Dezember las Diözesanbi­­schof Michael Mayer in der Fünf­kirchner Innenstädtischen Kirche eine deutschsprachige Messe für die Verschleppten. Dies tut der Bischof seit 20 Jahren. Auch seine Familie war durch die Verschleppung zu „malenki robot“ hart getroffen wor­den. Bei der Messe wirkte der Chor aus Großnarad/Nagyn yárád mit. Foto: Johann Habel

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