Neuer Weg - Kalender, 1977 (Anul 29)

Sathmar — Land der Erdbeeren Von Helmut Kamilli Rot — überall leuchtet es rot; Erdbeeren und wieder Erdbeeren. Und erst der köst­liche Duft, den diese gartenfrischen Früchte ausströmen. Das dunkle Rot einer bestimm­ten Sorte dominiert, Madame Moutout (auch eine Sorte) kann da nicht aufkommen. Ne­benbei gesagt : Wohl darum, um die Vor­rangstellung der Erdbeere unter dem Obst hervorzuheben, hat man früher verschiede­nen Sorten wohlklingende Namen gegeben, beispielsweise König Albert, Kaisers Säm­ling, Lucida perfecta, Königin Luise... Wie gesagt, überall leuchtet es rot, man staunt über die vielen Tönungen, die diese Farbe hervorbringen kann. So etwas gibt es nur hier im Sathmarer Land und das auch nur einmal im Jahr. Es handelt sich um das so­genannte Fest der Erdbeeren, das seit eini­ger Zeit jährlich in einer* Dorf des Kreises Sathmar Anfang Juli stattfindet. Etwa 40 Tonnen dieser Früchte, 40 000 Kilogramm Erdbeeren (ausgesucht, denn da werden auch Preise vergeben) werden ausgestellt. Sieben von zehn Gartenbauingenieur Szekely Emö bei der einschlägigen Generaldirektion des Kreises Sathmar zuständig für Erdbeerzucht. Erste Frage : „Sind Sie ein leidenschaftlicher Kon­sument von Erdbeeren ?“ Er teilt das Schick­sal vieler Kellermeister, die einen Krug Bier einem feurigen Tropfen vorziehen : „Täglich esse ich höchstens zehn Früchte.“ Was zuerst zu notieren ist: Sieben von zehn Erdbeeren, die in unserem Land ver­zehrt oder von Rumänien exportiert werden, wachsen im Kreis Sathmar. Dieses Gebiet ist mit Abstand der grösste Produzent dieser begehrten Gartenprodukte. „Wir haben da eine eigene Tradition“, hält der Fachmann fest. Vor einigen Jahrzehnten wuchsen Erd­beeren nur in Hausgärten auf kleinen Bee­ten — so wie man das überall antrifft. Mit der Zeit wurde festgestellt, dass im Oaşer Land und im Codru-Raum gerade ideale Be­dingungen für Erdbeerzucht vorhanden sind. Da man hier schon immer einen ausgepräg­ten Wirtschaftssinn bewiesen hat, griff man zu : Die ersten landwirtschaftlichen Produk­tionsgenossenschaften begannen auf hektar­grossen Schlägen Erdbeerzucht zu betreiben. Vor sieben oder acht Jahren wurde er­mittelt, dass die Sorten, obwohl manche von ihnen die Namen von gekrönten Häuptern trugen, nicht mehr entsprachen. Es wurden hochproduktive Sorten importiert, beispiels­weise aus Amerika, und heute belegen sie mehr als 80 Prozent der Fläche. Übrigens Fläche : Erdbeeren wachsen im Kreis Sathmar auf 1200 Hektar ! Da gibt es bis zu 20 Hektar grosse Schläge. 1976 war der Ertrag sehr gut, man erntete insgesamt 9200 Tonnen oder 9 200 000 Kilogramm Früchte, davon wurden 3000 Tonnen expor­tiert — gartenfrisch. Etwa 1000 Tonnen gin­gen in verschiedene Landesteile ab. Matador der Erdbeerzucht ist, versichert Ing. Szekely, die LPG Turulung. In dieser Wirtschaft wird Jahr für Jahr von 50 Hekt­ar geerntet. Im Vorjahr lieferte diese Wirt­schaft 670 Tonnen Erdbeeren und kassierte dafür mehr als drei Millionen Lei. Oaşer Schnaps Der Jury gehören mehrere Fachleute an. Damit der Geschmack tatsächlich neutrali­siert wird und die Bewertung exakt ist, wird der Mund mit echtem Oaşer Schnaps ge­spült, der höllisch brennt. Ein aufgestocktes Pensum, kann man wohl sagen, haben die Koster zu bewältigen : 42 Sorten sind auf dem „Fest der Erdbeeren“ (1976 in der Ge­­meide Livada veranstaltet) „unter die Lupe“ zu nehmen. Die Früchte werden auf Form (gross oder klein, manche haben eine fast unglaubliche Grösse, fast wie ein mittlerer Apfel), auf Geschmack. Farbe, Aroma usw. geprüft. Nach jeder Probe greifen die Ko­ster zur Schnapsflasche und spülen sich ge­wissenhaft den Mund. Ob da nicht mancher hie und da verstohlen einen Schluck wagt ? Nach jeder Probe aber verstohlen einen Schluck zu tun. wäre allerdings riskant, denn es sind viele Dutzende Proben. Dann hat die Jury ihre Arbeit beendet und gibt die Ergebnisse bekannt. Madame Moutout ist mit leeren Händen ausgegan­gen, der erste Preis wurde einer Sorte verliehen, die man hier erst seit kurzem kennt. Auch die besten Erdbeerproduzenten des Kreises werden ermittelt und prämiert. Der erste Preis geht diesmal an die LPG Turulung, der zweite an die LPG Tătăreşti und Corumbeşti und der dritte an das Oaşer Dorf Turţ und die LPG Livada. Auf Podsolboden In Turulung — grösster Erdbeerproduzent des Kreises und des Landes — heissen die Leute Nagy und Schönburger, Szónto und Bauer, Mezei und Wagner. Tibi Keller, Chef­ingenieur der LPG, soll, wie man uns bei der einschlägigen Dienststelle in Sathmar versicherte, einer der besten Spezialisten des Landes sein, was Erdbeerzucht betrifft. Dabei befasst sich die Wirtschaft erst seit 1963 mit Erdbeeren. Frisch gewagt ist halb gewonnen: Im ersten Jahr ein Hektar, im

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