Neuer Weg, 1970. október (22. évfolyam, 6657-6683. szám)
1970-10-24 / 6677. szám
Seite 4 •mm ......."fl." ... Von Elisabeth Axmann Auch wenn die Ausstellung der Gemälde Arthur Coulins, wie ursprünglich geplant, im Schatzkästlein (lies „Haus der Kunst“) eröffnet worden wäre, hätten wir als Besucher zwei Vergangenheiten zu bestehen gehabt; die eine aber, die um so viel entferntere Vergangenheit des alten Baues, wäre eher vor der Tür des Ausstellungssaales geblieben, , wäre den Bildern selbst wohl nicht so unmittelbar konfrontiert worden, wie die viel anschmiegsamere und anspruchsvollere Art der Innenarchitektur des Brukenthalmuseums- Hier, in den drei als Barocksälen bekannten Räumen ist es also ein Stilelement mehr, das mitspricht — ziemlich laut mitspricht — und das System der das Bilderlebnis bestimmenden Momente bedeutend kompliziert. Vielleicht lohnt es sich, diesem Spiel mit drei Zeitebenen — unsere eigene mitgerechnet — zulieb ein wenig mehr Mühe auf das Suchen eines günstigen Blickwinkels für jedes einzelne Bild zu verwenden, als das in einem helleren, unproblematischeren Ausstellungssäal der Fall wäre. Drei Räume also : Zwei davon beherbergen Ölgemälde, einer Zeichnungen, Skizzen verschiedener Art und Arbeiten in Pastell. Dass Coulin als Zeichner auch irgendwie dem Malerischen nachgeht, das ahnte man eigentlich und auch, dass im Mittelpunkt seines Schaffens das Menschenbild steht. Dennoch wird man hier von der durchdringenden Klarheit seines Blicks und der fanatischen Treue überrascht sein, mit der der Künstler dem Sichtbaren nachgeht, bis es eben nicht mehr nur Oberfläche ist, was uns gezeigt wird, sondern — von Fall zu Fall natürlich und zu verschiedenen Graden — in seiner Eigenart, im spezifischen Rhythmus seiner Innerlichkeit erfasstes Leben. Von „reinen Zustandsschilderungen menschlicher Existenz“ spricht, als von Coulins eigentlichstem Anliegen, Professor Harald Krasser, der nicht nur das Werk des Künstlers genauestens untersucht hat und uns in der kürzlich erschienenen Monographie auch eine eindrucksvolle Darstellung seines bewegten Lebens bietet, sondern immer wieder auch die Wirkung in Betracht zieht, die Werk und Persönlichkeit ausgeübt haben. Hören wir — eine Briefstelle zitierend, die Harald Krasser in der eben erwähnten Monographie verwendet — Coulins eigene Ansicht zu diesem Punkt. Coulin spricht, seiner Abneigung gegen, das Titelgeben Ausdruck verleihend, von seinen Bildern als von „Sachen, die ganz ausschliesslich einen Inhalt bloss fürs Auge haben“. Freilich würden wir die Dinge forcieren, werm wir ähnliche Äusserungen von Künstlern, die die verschiedenen Tendenzen der heutigen Avantgarde repräsentieren, neben dieses Wort von Coulin setzen würden. Und doch können wir nicht umhin, festzustellen, dass gerade in dieser Achtung vor dem Bild als einem Objekt des Anschauens und in der Vorurteilslosigkeit des kritischen Examens der Wirklichkeit für uns Heutige eine Brücke zu Coulins Bilderwelt gegeben ist. Und doch : „Zuständigkeit“, was heisst das eigentlich ? Bedeutet es das gleiche im Falle des schönen Gemäldes „Der Kunstkritiker“ und im Falle des Idylls „Vor dem Samovar“ ? Im Falle des Porträts der Elsa Fogarascher und der Bildniskomposition „Margarethe Deppner“ ? Es sieht auf den ersten Blick so aus, als würden diese vier Bilder vier sehr verschiedene Auffassungen repräsentieren. Und in bezug auf die Stilmittel stimmt das auch weitgehend. Impressionistisch gelockert aber’, mit lichtschimmemden, subtil harmonisierten Tonwerten (Bildnis Dr. Viktor Klöss), streng beobachtend, die Detailtreue fast bis an die äusserste Grenze vorantreibend und dennoch dem Zug zum Ganzen gehorchend (Bildnis Elsa Fogarascher) oder eben mit mehr Freiheit im Zusammentragen der plastischen Werte arrangiert (das Porträt der Bildhauerin Margarethe Deppner darf wohl zu den schönsten Gemälden der Ausstellung gezählt werden), bleibt Arthur Coulin im Grunde jedesmal seiner Grundhaltung treu. Ein stilles Beobachten also, ein Aufnehmen der Aussenwelt, das, in dieser Fülle malerisch bewältigt, seelische Kraft und Grosszügigkeit voraussetzt; man kann wohl sagen, dass es eine — besonders Gemälde der reiferen Zeit bezeugen das — von südlichem Formempfinden stark beeinflusste Malerei ist. Und kommt hier neben den in Italien verbrachten Jahren nicht auch der — freilich entfernteren — französischen Abstammung des Künstlers einige Bedeutung zu ? Man ist vor manchem Gemälde der Ausstellung fast geneigt, die Frage zu bejahen. So auch vor dem Bild, mit dem sich Coulin wohl am erfolgreichsten als Landschaftsmaler behauptet: vor dem lichtdurchtränkten, zarten Farbengefüge „Im Olivenhain“. Hier wächst das „schöne Handwerk“, dessen Meister Coulin seiner ganzen Veranlagung nach war, über die rein technisch-rezeptive Haltung hinaus und ermöglicht ein sehr fein ausbalanciertes Gleichgewicht der Farbakzente, der Lichtteile und Bewegungsimpulse; auf ein reich ausgebautes System, einander entsprechender Werte wird hier hingearbeitet, und es ist wohl die Genauigkeit in diesen Dingen, die das Bild davor bewahrt, dem Idyllischen anheimzufallen, und es zu einem der eindeutigsten Beweise von Coulins spannungs- und problemreicher künstlerischer Begabung werden lässt. Ja, es gibt hier in der Ausstellung neben Bildern, denen, ein bloss dokumentarischer Wert zukommt, und neben einer Reihe von Bildnissen, die jedes für sich ein Stück siebenbürgische Kultur- und Geistesgescihichte darstellen, noch manches Gemälde, das uns erkennen lässt, dass dieses Aufspüren künstlerischer Probleme dem Maler Notwendigkeit war. Eines dieser Bilder ist das bekannte Doppelbiidnis „Burzenländer Bäuerinnen“. Kompositorisch fällt aas Ganze freilich auseinander, da Gestalt und Gesicht des Mädchens mit dem geblümten Tuch in einer Art behandelt wurden, die ausdrucksmassig nicht über das im Naturalismus Übliche hinausreicht, und auch das Problem des Hintergrunds bleibt einigermassen ungelöst. Aber durch das Fenster schaut ein Stück Garten hervor, das wieder weitaus lebendiger ist als Coulins selbständige Landschaftsdarstellungen, und vor allem ist es die Hauptgestalt des Bildes, die geschmückte, junge Frau, die, mit ihrem schwermütigen Blick und ihrer unbequemen Schönheit, vor allem aber mit der übersteigerten Ausführlichkeit ihrer blumenverzierten Schleier — ein Bildelement, dem wir heute mehr abgewinnen können als Coulins Zeitgenossen — das Ganze in einen bizarren Kontext rückt. Man wird es als Besucher der Ausstellung im Brukenthalmuseum immer wieder bedauern müssen, dass ein grosser Teil dieses aufschlussreichen und bedeutsamen Werkes, das, da der Künstler mit 43 Jahren starb, auch noch ein Stück Entwicklung vor sich hatte, von hier fehlt: die vielen Gemälde — darunter besonders wichtige Stücke der reifen Schaffenszeit —, die sich im A-usland befinden und nicht gebracht werden konnten. Z wei Vergangenheiten Gedenkausstellung Arthur Coulin^ in Hermannstadt Arthur C oulini Die Gattin des Künstlers Ilse Hehn Und irgendwo Apfelblüten UND IRGENDWO APFELBLÜTEN und immer der Körper der Körper und immer dein Körper und immer dein Körper und irgendwo Apfelblüten und immer und immer und immer immer und irgendwo Apfelblüten — DEIN GESICHT SCHLÄFT IN ALLEN DINGEN, im Tag. im grauen Rest der Worte, im Gelächter der Knospen, in der Schwere des dunklen Begehrens wo ich erfahren hab stürzende Erkenntnis suche den Tau nicht in Schmieden rotreife Pfade bröckeln aschenstill ins bleiche Angenehm der Tümpel o lass mich diese Sandglocke durchschwingen und nordwärts ziehn endlich zur Spange des zerschmetternden Hagels — DU KOMMST wie die Scheibe Brot, die auf meinem Abendtisch liegt, wie das Lied, das irgendwo im Teppich wartet oder das Gedicht, das ich schreiben werde, wenn du nicht mehr hier bist und ich den Vorhang zuzieh für die Dunkelheit um mich. DU LIEBST DEN TIGER, ich die Jagd — doch keiner kennt das Töten. SANDKÄLTE zersingt die Horizontale des Ufers an das die Flut dein grosses Schweigen warf — muschelgrau kantig erfroren die Lippe des Meeres — HOLZERN DROHEN RHYTHMEN UNSEREN SAGEN VERRAT wir graben das Zelt in die Winde verkaufen unseren Namen dem Gras schale Erinnerung — Bilder rauchen langsam. DU KENNST DAS HUNDEBELLEN — es ist da — wie du — und die Götter — und ich — und die Nacht, es gehört in das Lied der alten Kleeblattbogen, in die Säulen des Schlosses, in die hundert Stiegen, die immer fallen und immer steigen, in die Teppiche, die die Blumen mir aus dem, Herzen nehmen und sie dir unter die Füsse wiegen. Wie ein heisser Mond liegen unsere Körper über dem Traum, der uns nie vergessen wird — Kühl ist nur das Dorf, in dem die Hunde bellen. Kultur Hin Zentenarium in Temesvár <> Von der alten Oberrealschule zum Lenau-Lyzeum der Gegenwart / Über Schulhäuser, Professoren und Absolventen / Von Franz Liebhard Das einstige Temesvarer Realgymnasium, früher Oberrealschule, seit der Schulreform Staatslyzeum Nr. 2, das seit kurzem auf seinem goldgeletterten Namensschild in Versalien die Bezeichnung „Nikolaus Lenau“ trägt, begeht in diesem von echter rotgelber Banater Herbsthelle durchleuchteten Oktober das Jubiläum seines 100jährigen Bestehens. Hundert Jahre einer Lehranstalt sind ein nicht alltäglicher Anlass, Betrachtungen anzustellen. Allein schon wegen der Tatsache, dass in diesem Zeitraum nicht weniger als hundert Jahrgänge nacheinander, Stapfe in Stapfe, durch das grosse Tor ihren Einzug in das Schulgebäude gehalten haben, um nach Jahren, gereift an Wissen und damit an Lebenskraft gestärkt, sich dem Ringen zu stellen, das für jeden, der sich behaupten will — und wer wollte das nicht? —, ein unausweichliches existentielles Pensum darstellt. Kommen dann noch besondere Umstände hinzu, aus denen sich ein denkwürdiger Hintergrund zusammenbaut, in dam sich Merkmale des Zeitalters, seiner Bewegungen und Zeichen seiner sich von Generation zu Generation verändernden Problematik einprägen, dann lohnt es sich um so mehr, Rückschau zu halten, die verschiedenen Inhalte seiner Geschichte an den Tag zu fördern und auch den Beitrag der Anstalt zum geistigen Leben der Gemeinde, die hinter ihr steht, im Verhältnis der gegenseitigen Abspiegelung zu erfassen. Papierkrieg um die Realschule Begonnen hat es fast zwei Jahrzehnte vor der eigentlichen Gründung. Nach den Ereignissen von 1848—49 war in den Reihen der Temesvarer Bevölkerung, offenbar unter dem Eindruck gesellschaftlicher Regungen, die mit zunehmender Stärke auf ein anders geartetes Leben gerichtet waren, das Verlangen erwacht, eine Mittelschule zu besitzen, die den Anforderungen des Handwerks und des Handels zu entsprechen hätte- Das Lateingymnasium der Piaristen, das in der Hauptsache der Kirche und dem Komitatsadel zu dienen hatte, galt als Vorbereitungsstätte für theologische und juridische Studien, als Bildungsstätte für zukünftige Beamte der Staats- und Komitatsverwältung. Demgegenüber meldete sich immer gebietender das Bedürfnis nach einer anderen Schule an, die den Söhnen der allmählich erstarkenden bürgerlichen Schichten eine interessengemässe Bildung sichern sollte, die durch die Wirklichkeit des Lebens bestimmt war und anstelle eines konversationsfähigen Lateins, der Bewandertheit in den überlebten Requisiten antiker Geistesbildung Erziehungsziele und Lehrfächer aufzustellen hatte, die, in den bürgerlichen Lebensformen verankert, diesen im allgemeinen zum Vorrang Verhelfen sollten : Mathematik, Naturwissenschaften, lebende Sprachen, mit einem Wort reale Studien, die unmittelbare Beziehungen zur Wirklichkeit der Erzeugung und des Austausches von Gütern hatten. Der Bürger, im Gefühle seines nunmehr unbestreitbaren Aufstiegs zu einem erstrangigen Faktor, begehrte ein Wissen, das ihm in seinem Beruf, in der Wirtschaft, in seinen Handelsrelationen zur Umwelt weiter zu helfen vermochte. Die Stadt braucht eine Realschule, das wurde zum Schlagwort Mit der Lateinschule sei den produktiven Schichten der Gesellschaft nicht gedient. Beinahe ein Jahrzehnt dauerte der Papierkrieg um diese Frage, die der Stadtrat von Temesvár mit der obersten Landesschulbehörde des Banats, die ihren Sitz gleichfalls in Temesvár hatte, zu führen gezwungen war. Und glaubte die Stadt schon, einen überzeugenden Ausweis ihres Vermögpnsstandes geliefert und die bürokratische Landesschulbehörde zu ihren Gunsten gestimmt zu haben, da stellte es sich heraus, dass auch der als Grundlage der Schullasten angebotene Ertrag der städtischen Wassermühle noch immer nicht vertrauenerweckend war. Dass in diesem Für und Wider auch die eigenartige Idee, die Schulgründung mit einer regelrechten Lotterie zu kuppeln, aufgetaucht war, ist überhaupt nicht wunderzunehmen, werm man bedenkt, wieviel gründlich durchgearbeitete Dokumentation erfolglos geblieben war und wie oft in diesem langwierigen Ringen zwischen realem Bedürfnis und bürokratischer Verstocktheit nach neuen Formeln, nach neuer Argumentation Ausschau gehalten werden musste. Schule und Spital unter einem Dach Während in jahrelangem Feilschen — von 1852 bis 1870 — die Ansprüche, sehr ge» gen den Willen der Stadt, über eine Unterrealschule nicht hinauswachsen konnten, fiel dann die Zustimmung zur Errichtung einer Oberrealschule dem Temesvarer Stadtmagistrat sozusagen über Nacht in den Schoss. Dieser hatte sich zu verpflichten, für provisorische Räumlichkeiten zu sorgen, nach drei Jahren jedoch ein eigenes Schulgebäude zu errichten. Die Stunde der Erfüllung hatte geschlagen, aber damit war auch die Zeit ständiger zusätzlicher Sorgen gekommen. Die Unterbringung der ersten Klassen im rechten Flügel des Bürgerspitals, dessen Räumlichkeiten als Wohnungen vermietet waren, sollte sich alsbald als überaus anfechtbar erweisen. Nicht nur wegen der Enge — schon im ersten Jahre musste einer beträchtlichen Anzahl von Schülern die Aufnahme versagt werden —, sondern vor allem, weil es nicht angehen konnte, unter dem gleichen Dach Spital und Schule zu unterhalten. So musste das zweite Schuljahr vorzeitig geschlossen werden, weil unter den Spitalskranken ein Cholerafall festgestellt wurde, der eine Ansteckung im Krankenhaus selbst nach sich zog. Der Spitaldirektor lehnte hierauf jedwede Verantwortung ab, ein Ubergreifen der Seuche auf die Schule verhindern zu können. Auch sonst waren .die hier gebotenen, räumlichen Möglichkeiten bald vollkommen erschöpft. Einige Klassen müssten in anderen Gebäuden untergebracht werden, zumal sich die Durchführung des Neubaues sehr in die. Länge zog. Die Innere Stadt war noch vom Festungsgürtel eingesöhnürt, da gab es kein verfügbares Baugelände, bis zur Schleifung der inneren Wälle aber sollten noch Jahre vergehen. Der Plan, die Schule in der Fabrik, in der Nähe des heutigen Kinos aufzubauen, scheiterte daran, dass aus dieser Vorstadt bloss die relative Mehrheit der Schüler stammte, so dass der grössere Teil einen allzu langen Weg hätte zurücklegen müssen. Der Stadtmagistrat biss schliesslich in den sauren Apfel und beschloss, das alte deutsche Theater, das damals als Liegenschaft noch einen verzinsbaren Wert von 30 000 Gulden besass, schleifen zu lassen und damit, um den Preis eines recht empfindlichen Verlustes, für die Oberrealschule einen Bauplatz zu schaffen. So kam die neue Schule, von dem Fabriker Baumeister Johann Reiber erbaut und 1878 feierlich eröffnet, an einem kulturgeschichtlich bedeutungsvollen Orte zu stehen. Teile der alten Grund- und Hauptmauern, wohl weniger als ursprünglich geplant, wurden in den Neubau einbezogen. Dass sich Eminescu als Souffleur der Pascaly-Gesellschaft 1868 auch in diesen Mauern bewegte, gehört mit zu den kulturgeschichtlichen Merkwürdigkeiten dieses Baues. Ebenso die Tatsache, dass Franz Lisizt hier konzertiert hat und dass auf dieser Bühne die erste Oper Temesvarer Autoren, „Die Alpenhütte“, Text von Theaterdirektor Alexander Schmidt, Musik vom Dirigenten des Theaters und Domkapellmeister Franz Lirnmer, 1845 hier ihre Uraufführung hatte. Sternwarte und Chemie Die Verbindung der Lehranstalt mit den Realwissenschaften äusserte sich nicht nur in der Struktur der Schule, sondern auch durch eine über den Unterricht hinausge* hende Praxis, wovon hier nur das Bezeichnendste angeführt werden soll. Detf erste Direktor der Anstalt, der in Orawitza aus einer alten Montanfamilie geborene Franz Fülepp, ursprünglich Ingenieur, der in den drei Jahren seiner Amtszeit weit über seine budgetarischen Möglichkeiten hinaus für die Ausrüstung der physikalischen und chemischen Lehrsäle sorgte und dabei auch vor dem Gespenst quälender Schulden nicht zurückschrak, fasste den Plan, an der einen Ecke der zu errichtenden neuen Gebäude einen Turm erbauen zu lassen, in dem eine kleine Sternwarte eingerichtet werden sollte- Was nach seiner Versetzung daraus Wirklichkeit wurde, war eine meteorologische é Beobachtungsstation, die dann später die Schulbehörde nach Hatzfeld verlegt hat. Die Chemie hatte zu jener Zeit ihren Siegeszug durch die Welt angetreten. Es ist ein Ruhmesblatt für Temesvár, dass die Stadt in all diesen Jahrzehnten, an der Oberrealschule eine verdienstvolle chemische Lehr- und Forschungsstelle besass. Die Chemieprofessoren der Anstalt waren bis zum Ende des ersten Weltkrieges Fachexperten der Stadtverwaltung und des Gerichtshofes. Von Dr. Johann Gáspár bis Wilhelm Gero reichen die Unterlagen, die bescheinigen, dass diese Chemiker im Dienste der . Allgemeinheit Untersuchungen durchführten, die das leidige Problem des Temesvarer Trinkwassers, die Frage der Abwässer, die Luft- und Wasserverunreinigungen durch die in stürmischer Entwicklung stehende Industrie, Lebensmittelfälschungen u. a. betrafen. Von Bürgermeister Telbisz betraut, hatte Dr. Gáspár, der Mitglied der Berliner Chemischen Gesellschaft war, Vorschläge zur Versorgung Temesvars mit gutem Trinkwasser auszuarbeiten. Er plädierte für artesische Brunnen oder dafür, dass das Begawasser in einer Anlage über Sandschichten geführt gereinigt werde, um für den menschlichen Konsum geeignet zu sein. Eine Kämpfernatur durch und durch, zog Dr. Gáspár damals die Konklusion, die Selbstverwaltung der Stadt müsse aufgehoben werden, wenn sie nicht imstande wäre, für dieses lebenswichtige Problem eine zufriedenstellende Lösung zu finden. j Schüler der XL Klasse vor dem Tor der Temesvarer Lenauschule Foto l Walther Konschitzly Neue Bücher von Kriterion Franz Liebhard: „Menschen und Zeiten. Aufsätze und Studien“. Ein vielerwartetes Buch, in dem uns der Dichter aus seiner langjährigen Publizistik zwölf seiner interessantesten kulturpolitischen und geschichtlichen Beiträge vorlegt. Heimatliebe und Entdeckerleidenschaft kennzeichnen dieses Buch, das die Spannung des Forschers unvermindert auf den interessierten Leser zu übertragen versteht. Camil Petrescu: „Letzte Liebesnacht — erste Kriegsnacht“. Roman. Deutsch von Hermine Pilder-Klein. Einer der grossen Kriegsromane der rumänischen Literatur, in dem mit Subtilität die Krise einer Generation gezeichnet wird. Die Handlung des Romans trägt sich zum Teil im Raum zwischen Kronstadt und Hermannstadt zu und vermittelt ein reiches Bild der Ereignisse des Kriegsjahres 1916. Oskar Paulini: „Lüns der Lahme. Tiergeschichten“. Fünf grössere Erzählungen füllen dieses bisher umfangreichste Buch Oskar Paulinis, der mit seinen bisherigen Tier- und Jagdgeschichten aus dem Barnar auf dem Buchmarkt erfolgreich war. André Gide t „Die Verliese des Vatikan“. Ein ironischer Roman. Ein abenteuerliches Buch mit tieferen Zusammenhängen des französischen Nobelpreisträgers. Ein Buch, das 50 Jahre nach seinem Erscheinen nicht aufgehört hat, seine Leser zu fesseln, das durch sein Eintreten für die individuelle Freiheit des Menschen an Aktualität nur noch gewonnen hat. Karl May: „Old Surehand“. Reiseerzählung. 2 Bände. Zwei der beliebtesten und von jeder Generation neu für sich beanspruchten Abenteuerbücher des erfolgreichen Autors. Die Kriterion-Ausgabe fusst auf der im Karl-May-Verlag Bamberg erschienenen ursprünglichen Fassung der Bände. Lotte Berg! „Der verschwundene Wagen“ oder „Fast ein Krimi“. Kinderbuch. Illustriert von Edith Gross. Die Geschichte um einen verschwundenen Kinderwagen und was sich dabei alles zuträgt, schildert Lotte Berg in sieben kurzen Kapiteln. Im Mittelpunkt steht eine frohe Hausgemeinschaft pfiffiger Kinder. Preisregen in Mannheim Mit dem obligaten grossen Preisregen gingen die XIX. Internationalen Filmwochen in Mannheim zu Ende. Der Grosse Preis wurde zwischen zwei sozialkriti-, sehen Filmen geteilt- Je einen Preis erhielten der französische Erstlingsspielfilm „Das Ende der Pyrenäen“ von Jean-Pierre Lajournade sowie der von Georg Lehner (Westdeutschland) gezeigte Beitrag „Alles besiegt die Liebe“. Fünf weitere Auszeichnungen fielen an Streifen aus Ungarn, Polen, Brasilien, Grossbritannien und Westdeutschland, NEUER WEG / 24. Oktober 1970