Neuer Weg, 1971. január (23. évfolyam, 6736-6760. szám)
1971-01-16 / 6747. szám
Seite 2 Ratssitzung der Investhank Moskau (Agerpres). — In Moskau fand die zweite Sitzung des Rates der Internationalen Investbank statt. An der Sitzung beteiligten sich die bevollmächtigten Vertreter der VR Bulgarien, CS.SR. DDR, Mongolischen VR, Polnischen VR, Sozialistischen Republik Rumänien, Ungarischen Volksrepublik und der UdSSR. Als Gäste waren überdies Vertreter des Rates für Gegenseitige. Wirtschaftshilfe und der Internationalen Bank für Wirtschaftszusammenarbeit zugegen. Der Rat der Internationalen Investbank genehmigte die Prinzipien, auf deren Grundlage die Bank Kredite gewährt. wie auch die Verzinsungsprinzipien der Bank. Ferner wurde das Problem der .Bankoperationen in frei konvertierbarer Valută und Gold erörtert, und es wurden der Vorsitzende und die Mitglieder der Revisionskommission ernannt. Der Rat fasste Beschlüsse im Zusammenhang mit anderen Problemen der Banktätigkeit. Die Ratssitzung verlief in einer kameradschaftlichen und einvernehmlichen Arbeitsatmosphäre. Besprechungen Sadat—Podgornyi Kairo (Agerpres). — Der Präsident der VAR. Anwar Sadat. und der Vorsitzende des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR. Nikolai Podgornyi. haben in Kairo offizielle Besprechungen begonnen. TASS meldet, dass ein Meinungsaustausch im Zusammenhang mit der ständigen Entwicklung der Freundschaftsbeziehurtgen zwischen der Sowjetunion und der VAR wie auch mit verschiedenen internationalen Gegenwartsfragen vorgenommen wurde. Besondere Aufmerksamkeit wurde der L"gs in Mahnst gewidmet. Sodann begab sich Nikolai Podgornyi in Begleitung von Amvar Sadat und anderen VAR-Fiihrern nach Assuan, um an den Festlichkeiten anlässlich des Abschlusses der Bauarbeiten an diesem hydroenergetischen Komplex teilzunehmen. Slariplan für „Kole“ Paris (Agerpres). — Das französische Landeszentrum für Raumforschung gab bekannt, dass Frankreich 1971 vier Satelliten starten wird, und zwar zwei in Guayana, einen in den USA und einen in der UdSSR. Der erst? Satellit — ..D 2 a“ — im Gewicht von 80 Kilogramm, ist dazu bestimmt, die Sonnenexplosionen zu erforschen. und soll zwischen dem 15. und 20. April von der Abschussrampe in Guayana mittels einer Diamant-b-Rakete gestartet werden, während der zweite Satellit — „D 2 a Polar“ — von derselben Abschussrampe gegen Jahresende auf Bahn gebracht werden soll. Der Wettersatellit „Bole“ wird im August mittels einer Scout-Rakete vom US-Stützpunkt Wallops und der Satellit „Sret“ für technische Forschungen im März von Baikonur (UdSSR) gestartet werden. Paris: Beratung über Ausbau der Kooperation Gemischte Rumänisch-Französische Regierungskommission zu ihrer dritten Tagung zusammengetreten Paris (Agerpres). — Eine Delegation unter Führung von Genossen Manea Mănescu, Vorsitzender des Wirtschaftsrates der Sozialistischen Republik Rumanian. ist in Paris eingetroffen, um an der dritten Tagung der Gemischten Rumänisch-Französischen Regierungskommission für ökonomische, wissenschaftliche und technische Kooperation teilzunehmen. Die Tagung dauert bis zum 18. Januar. Genosse Manea Mănescu hatte eine Aussprache mit dem französischen Wirtschafts- und Finanzminister Valéry Giscard d’Estaing. der die französische Delegation auf der Tagung leitet. Gegenstand der Erörterungen waren der gegenwärtige Stand und die Mittel und Wege für die Weiterentwicklung der multilateralen Kooperation zwischen Rumänien und Frankreich. Die dritte Tagung der Gemischten Ru-mänisch-Französischen Regierungskom- mission trat im Louvre-Palais zusammen. Die beiden Seiten hoben die Bedeutung des Frankreich-Besuchs des Vorsitzenden des Staatsrates Rumäniens, Nicolae Ceauşescu, hervor, den sie als ein wichtiges Moment in der Entwicklung der guten Beziehungen zwischen der Sozialistischen Republik Rumänien und Frankreich bezeichneten. Dieser Besuch erschloss neue Perspektiven für die intensivere Gestaltung des rumänischfranzösischen Handelsaustauschs, der wirtschaftlichen, industriellen, wissenschaftlichen. technischen und kulturellen Kooperation, die sich — ebenso wie die Beziehungen zwischen den beiden Ländern überhaupt — auf der festen Grundlage der Wahrung der Prinzipien von nationaler Unabhängigkeit und Souveränität. Gleichberechtigung und beiderseitig vorteilhaften . Zusammenarbeit entwickeln. Einigung in Amman Sofortprogramm zur Beilegung der Zwistigkeiten ausgearbeitet Amman (Agerpres). — Die jordanische Regierung und die Vertreter der palästinensischen Widerstandskommandos gelangten zu einer Einigung und legten ein Sofortprogramm für die Durchführung der Kairoer und Ammaner Abkommen im Hinblick auf die Normalisierung der Lage in Jordanien fest, meldet Radio Amman. Es wurde beschlossen, ein gemeinsames Komitee zu bilden, das die Standortverteilung der palästinensischen Kommandogruppen auf dem Territorium Jordaniens festlegen soll. Überdies sollen die Regierungsstreitkräften den Palästinensern innerhalb einer Woche alle erbeuteten Waffen zurückgeben. Aufgrund des neuen Abkommens wird den palästinensischen Widerstandskämpfern volle Bewegungsfreiheit auf dem Territorium Jordaniens zuerkannt. Sie dürfen ohne Zustimmung des palästinensischen Oberkommandos nicht verhaftet werden. Sowohl die jordanischen Behörden als auch die palästinensischen Widerstandskommandos haben sich verpflichtet, bis zum 20. Januar sämtliche Geiseln freizulassen. Wieder Unruhen in Belfast Belfast (Agerpres). — In der Hauptstadt Nordirlands kam es neuerlich zu Zusammenstössen zwischen Katholiken und Protestanten. Die schwersten Zwischenfälle ereigneten sich in den Stadtvierteln Springfield und Bally Murphy, wo Jugendliche eine Kaserne der in Nordirland stationierten britischen Truppen mit Steinen bewarfen. Die Polizei griff ein und nahm zahlreiche Verhaftungen vor. Wie aus Belfast verlautet, soll das Wiederaufflammen der Unruhen auf eine Kampagne der extremistischen Geheimorganisation, die sich als „Irische Republikanische Armee“ bezeichnet, zurückzuführen sein. £s*klärung Schröders Moskau (Agerpres). — Gerhard Schröder. Vorsitzender des Aussenpolitischen Ausschusses des BRD-Bundestags. Stellvertretender CDU-Vorsitzender, der sich in Moskau zu Besuch aufhält, hatte eine Aussprache mit Alexej Schjtikow, Vorsitzender der Parlamentsgruppe der UdSSR, Wie TASS meldet, betonte der Gast im Zuge des Gesprächs, dass in Westdeutschland „den Beziehungen zur UdSSR und den persönlichen Kontakten zwischen den Parlamentariern grosse Bedeutung beigemessen wird“. Schröder erklärte : „Unsere Zeit macht es dringend erforderlich, dass die europäischen Länder sowohl im Bereich von Wirtschaft, Wissenschaft und Technik, als auch in anderen Bereichen Zusammenarbeiten- Ich bin überzeugt, dass dieser Besuch in der UdSSR dazu beitragen wird, unsere beiderseitigen Kontakte auszuweiten“. Vor 23 Jahren wurden die Beziehungen brüderlicher Freundschaft zwischen Rumänien und Bulgarien, die sich auf marxistisch-leninistische Prinzipien gründen, in einem wichtigen Dokument verankert. Am 16. Januar 1948 Unterzeichneten die Vertreter beider Staaten den Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand zwischen der Sozialistischen Republik Rumänien und der VR Bulgarien. Bekanntlich wurde am 21. November 1970 in Sofia ein neuer Freundschaftsvertrag unterzeichnet. — Unser Bild: Der Leninplatz in Sofia I Ausland Die Sozialistische Republik Rumänien und die DDR haben ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich von Post- und Fernmeldewesen abgeschlossen. Das Dokument wurde in Berlin von den Ministern für Postund Fernmeldewesen der beiden Länder — Mihai Bălănescu und Rudolph Schulze — unterzeichnet. Auf Einladung des Präsidiums der Deutschen kommunistischen , Partei ist eine KPdSU-Delegation untpr Führung von W. A. Demtschenko. Stellvertretendes Mitglied des ZK der KPdSU, zu einem Besuch in Düsseldorf eingetroffen. Gestorben 1st der ehemalige SS-General Heinz B. Lammerding, seinerzeit Kommandeur der berüchtigten Division „Das Reich“, der „Henker von Oradour“. Lammerding hatte während des zweiten Weltkrieges, im Juni 1844, das Massaker von Oradour-sur-Glane angeordnet, bei dem 642 Personen, vorwiegend Frauen und Kinder, getötet wurden. Von einem französischen Gericht in Abwesenheit zum Tode verurteilt, hatte sich dieser Kriegsverbrecher später in Düsseldorf als Inhaber einer Baufirma niedergelassen. Mit einem Zahlungsdcfizit von mehr als 1 Milliarde Gulden hat Holland Ende des laufenden Finanzjahrs zu rechnen, erklärte Wirtschaftsminister R. Nelissen im Zuge einer Debatte im holländischen Senat. Infolgedessen soll dje Masshaltepolitik der holländischen Regierung unverändert beibehalten werden. Der Aussenminister der UdSSR, Andrej Gromyko, empfing den US-Senator Edmund Muskie, der sich in Moskau zu Besuch aufhält. An der Aussprache, auf der verschiedene internationale Probleme und die sowjetischamerikanischen Beziehungen erörtert wurden, beteiligte sich auco der bekannte amerikanische Politiker Averell Harrimán, der Senator Muskie auf seiner Reise begleitet. NEUER WEG / 16. Januar 1971 Bombe platzte Mitte November Die illustrierte „Stern“: Wie geht es uns im neuen Jahr? / Westdeutsche Realitäten und Prognosen Das Hamburger Magazin „Stern“ veröffentlichte in seiner letzten Dezember-Nummer einen Ausblick auf die 1971 in Westdeutschland zu erwartende Wirtschaftskonjunktur. Nachstehend bringen wir die Prognose in gekürzter Form zum Abdruck. Die Bombe platzte Mitte November, als (West-)Deutschlands zweitgrösster Elektrokonzern ankündigte, was drei Jahre lang aus dem Wortschatz der (west-) deutschen Industriekapitäne gestrichen war : Kurzarbeit. AEG schickt 7200 Arbeiter im Dezember für elf und im Januar für zehn Tage, in Zwangsurlaub. Hatten Konjunkturexperten zunächst noch versichert, es handele sich um einen Einzelfall, so wurde ihr Optimismus schon wenig später etwas gedämpft. Denn eine Reihe renommierter Firmen aus anderen Branchen kündigte inzwischen ebenfalls eine Produktionsrücknahme an. Kurzarbeit gibt es jetzt auch bei Bosch, Conti-Gummi, Kienzle-Uhren, Salamander-Schuhen, in den Valvo-Werken der Deutschen Philips, bei einigen Porzellanfabriken und in den Nähmaschinen-Werken von Adler. Während die Deutschen Linoleum-Werke 250 Mitarbeitern blaue Briefe nach Hause geschickt haben, geben in der Textilindustrie viele Unternehmen, wie die Spindler-Werke, das Opal-Werk in Reinfeld oder Krefelder Baumwolle, die Produktion vollends auf. weil die Verluste nicht mehr tragbar sind. Selbst hoch bezahlte Spezialisten sind ihres Jobs nicht mehr sicher : So hat die Team-Werbeagentur 39 Werbeleute, zehn Prozent der gesamten Belegschaft, vor die Tür gesetzt. Welche Branchen sind in der Zwickmühle ? Auch in anderen Firmen haben sich die heissgelaufenen Räder abgekühlt. BMW hat einige Tausend unverkäuflicher Autos auf dem Fabrikhof herumstehen und verfügte einen Einstellungsstopp. Zweifel gibt es nicht mehr — die Zeiten der Überbeschäftigung gehen zu Ende... Die Aufträge für die (west-) deutsche Industrie fliessen seit kurzem nicht mehr so reichlich. Während Teile der Industrie wie etwa die Werften und der Maschinenbau noch über gute Auftragspolster verfügen, spielen andere mit dem Gedanken, die Produktion kräftig zu drosseln. Unsicher ist die nächste Zukunft vor allem, — in der Schuh- und Textilindustrie. Zwar hat die Midi-Mode vorübergehend etwas Erleichterung gebracht. Um wei-tere Entlassungen, Kurzarbeit und Betriebsstillegungen wird die Branche jedoch nicht ganz herumkommen ; — im Tiefbau. Für viele im November beendeten Strassenbauarbeiten liegen keine Anschlussaufträge vor, so dass keine durchgehende Beschäftigung im Winter gesichert ist; — in der Stahl- und Giessereiindustrie. Die Auftragseingänge sind bereits seit Herbst 1969 scharf rückläufig, so dass die einstmals hohen Auftragsbestände weggeschmolzen sind : — in der Porzellanindustrie. Zehn Prozent der 26 000 Beschäftigten wurden im Dezember in Zwangsurlaub geschickt. Ursache ist das schlechte Exportgeschäft, nachdem Lohnsteigerungen und Aufwertung zu empfindlichen Verteuerungen geführt haben ; — in Teilen der Glasindustrie. Branchenkenner vertreten die Meinung, dass etwa 10 Prozent der 20 000 Beschäftigten künftig kurzarbeiten müssen. Welche Firmen machen Verluste ? Ein Fragezeichen hinter der Lohntüte steht aber auch bei etlichen Arbeitern in der Maschinenbauindustrie, obwohl sie bis heute Rekordauftragspolster vorzuweisen hat. Denn viele Auftraggeber ziehen ihre Bestellungen zurück. Überdies haben sich nicht wenige Maschinenbauer verkalkuliert. 1968 zu Festpreisen hereingenommene Aufträge werden wegen der scharf gestiegenen Lohn- und Materialkosten heute zum Teil mit Verlusten abgewickelt, so dass der Boden unter diesen Gesellschaften wankt. Die Werft Blohm & Voss hat an solchen Altaufträgen 115 Millionen Mark verloren. Nur eine neue Kapitalspritze der Eigentümer verhinderte den Gang zum Konkursrichter. Mit Verlusten arbeitet auch der Ingolstädter Textilmaschinenhersteller Schubert & Salzer, die rheinische Maschinenfabrik Schiess geriet mit drei Jahren Auftragsbestand in eine schwere Krise, und die hessische Pintsch Bamag ging schlicht bankrott. Schon Mitte Oktober machte sich das Wirtschaftswissenschaftliche Institut der Gewerkschaften unbeliebt, als es als erstes eine Rezession prophezeite. Inzwischen zeichnet sich von Tag zu Tag eine wirtschaftliche Abkühlung immer deutlicher ab. Die Anzeichen : — Manche Unternehmer weigern sich, weitere Anlagen zu kaufen, seitdem die Kreditkosten gestiegen sind und die Gewinne fallen. Lakonisch stellte dazu der Präsident der Arbeitgeberverbände, Otto A. Friedrich, fest: „Viele Unternehmer sind schon pleite — nur wissen sie es noch nicht“ ; — die Geschäfte der Exporteure werden schwerer. da in allen wichtigen europäischen Ländern die Konjunktur zurückgeht und sich die USA in einer Rezession befinden ; — die Bonner Koalition hält sich mit Ausgaben zurück, um die Preise zu dämpfen ; — die Bundesbank nimmt nur zaghaft und nur unter dem Druck Amerikas den Griff von der Kreditschraube. Sie fürchtet. eine frühe Lockerung könnte der Inflation neuen Auftrieb geben. So warnt denn auch das Wirtschaftswissenschaftliche Institut der Gewerkschaften vor Produktionseinbrüchen für den Fall, dass Bundesregierung und Bundesbank ihre Bremsmassnahmen nicht aufgeben. Und wörtlich : ,,Es hat den Anschein, als ob die wirtschaftspolitischen Instanzen wieder einmal zu lange zögern und damit der Rezession im nächsten halben Jahr den Weg bereiten.“ Was wird alles teurer ? Was es in der Bundesrepublik drei Jahre nicht mehr gab, ist zu Weihnachten Wirklichkeit geworden : eine Preissenkung. Farbfernsehgeräte haben sich dank den energischen Attacken auf die Preisbindung, die vom Radiogrossmarkt und von den Warenhäusern Kaufhof. Karstadt und Horten geritten wurden, um etwa 15 Prozent verbilligt. Weniger günstig sieht es in anderen Branchen aus. Opel hat Ende November die Preise um 7,7 bis 9,6 Prozent heraufgesetzt, Ford um 5 bis 7,5 Prozent. Auch BMW erhöhte die Preise, und VW lässt durchblicken, dass man sich diesem Preisdruck anschliessen möchte. Weitere Preissteigerungen durchgedrückt oder angekündigt haben : Zeiss für Fotoapparate und optische Geräte, die Motorrad- und Fahrradhersteller, die Büromaschinenindustrie. die Elektroindustrie für elektrische Geräte, die Kraftfahrzeugversicherungen und nicht zuletzt die staatliche Post, die die Telefonierer wieder einmal schröpfen möchte. Aber auch Kohle, vor allem für Heizungskoks, für Heizöl und für elektrischen Strom muss der Verbraucher tiefer in seinen Geldbeutel greifen. Was wird aus den Mieten ? Einen Aufpreis dürften künftig auch Wäschereien. Schuhmacher, Friseure, Verkehrsbetriebe. Ärzte, Autoreparatur-Werkstätten und andere Dienstleistungsbetriebe verlangen, obwohl ihre Preise schon heute um acht bis elf Prozent über Vorjahresniveau liegen. Die Berliner und Hamburger Taxifahrer haben gerade wieder einen höheren Tarif durchgedrückt. Weitere Verteuerungen für Lebensmittel würden Ende September auf der IKOFA in München in Aussicht gestellt, nachdem die Nahrungsmittelpreise seit dem Frühjahr um 2 bis 3 Prozent gestiegen waren. Die Fleisch Verarbeiter wollen um 2 bis 2,5 Prozent erhöhen, Bäcker und Nudelhersteller möchten gern die steigenden Getreide- und Mehlpreise weitergeben. Nur die Schweinepreise dürften wegen des immer noch anhaltenden Überangebots weiterhin einem Preisdruck ausgesetzt bleiben. Zum weiteren Höhenflug haben die Vermieter in der Bundesrepublik angesetzt. Lagen die Preiserhöhungen 1970 bei etwa 4,2 Prozent, so haben die Diskussionen um die Mietpreise manche Hausbesitzer noch in ihrem Wollen bestärkt. Nun werden die Mieten wohl 1971 um 6 Prozent klettern. Dieser Trend dürfte wegen der schwachen Wohnungsbautätigkeit der vergangenen Jahre auch trotz Wuchergesetzes anhalten. Etwas günstiger sind dagegen die Aussichten auf dem Baumarkt. Nachdem die Preise im Jahresvergleich um 15 Prozent heraufgesetzt worden waren, haben, sie sich wieder etwas beruhigt. Alles in allem : Die Preise werden 1971 weiter steigen. Wenn die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit westlicher Länder) mit ihrer Prognose von 5.5 Prozent für die Bundesrepublik die Dinge auch etwas zu schwarz sieht, schätzen die (west-)deutschen Sachverständigen wohl realistisch : Sie prophezeien einen Anstieg der Lebenshaltungskosten von 3,5 Prozent... Mietswucher blühte 1970. und nichts lässt darauf schliessen. dass die Hauswirte im neuen Jahr entgegenkommender sein werden Erstmalia sind Grossfirmen wie Bosch (unser Bild) zur Kurzarbeit übergegangen, weil ein Überangebot von Waren keinen Absatz findet. Trotzdem wollen die Unternehmer die Preise nicht senken Der Sudan und se SANU und Anya-Nya drängen auf Sezession / Separatstaat „Anzania“ wäre aber keine Lösung Dokumentarbericht von Franz Köhler Dem Analphabetentum hatte die neue Regierung den Kampf angesagt und damit die innenpolitischen Fronten erst richtig in Bewegung gebracht. Das Erziehungswesen sollte im ganzen Lande vereinheitlicht werden. Aber: Weil die etwa 600 Stämme im Süden keine Schriftsprache haben, sollte Arabisch als Einheitssprache eingeführt werden. Um die „Einheit“ noch mehr zu betonen, wollte man auch den Islam zur Staatsrsligion erheben. Dass man damit die Leidenschaften im Süden anheizte, braucht nicht erst betont zu werden. Die im Südsudan weiterhin agierenden christlichen Missionsgesellschaften inspirierten die Gründung einer „Föderalen Partei“ (1958), die ihrerseits das Christentum zur Staatsreligion und Englisch zur Staatssprache erklärt haben wollte. Diese Partei konnte bei den nachfolgenden Wahlen 40 von 46 der dem Süden vorbehaltenen Sitze im Parlament einnehmen. Dieser Wahlsieg ermunterte jene Juba- Meuterer. die 1955 geflohen waren, zu neuen Aktivitäten. Sie begannen Angriffe gegen die „Allmacht des Nordens“ durchzuführen, wobei ihnen die allgemeine Unzufriedenheit unter der Bevölkerung des Südens weitere Ansatzpunkte für eine „politische Begründung“ dieser Überfälle gab. In dieser Situation ergriffen — ermuntert durch Exponenten der Oberschicht im Norden — rechte Militärs die Macht (November 1958). Die neuen Herren sahen in einer forcierten Verbreitung des Arabischen und des Islams das probate Mittel, die Einheit des Landes zu fördern und alle, die sich widersetzten, brutal zu verfolgen; Zahl der Flüchtlinge unbekannt Die repressive Politik bewirkte eine Massenflucht : nach Uganda, nach der' Zentralafrikanischen Republik, nach Kenia, Kongo (Kinshasa) und Äthiopien. Über die Zahl der Flüchtlinge sind die Meinungen geteilt : Während man in der Westpresse von rund 2,5 Millionen Flüchtlingen spricht, schätzt man in Khartum, dass von insgesamt 4 Millionen Südsudanesen etwa 125 000 das Land verhessen. Im Exil entstand in der Folge eine politische Organisation, die „Sudan African National Union“ ■ (SANU). während sich in Südsudan eine Guerilla-Organisation konstituierte, die 1963 unter der Bezeichnung „Anya-Nya“ erstmals in Aktion trat. Durch die innenpolitischen Wirren wurde nicht zuletzt die ohnedies auf schwacher Basis fussende Wirtschaft beeinträchtigt, weswegen sich auch im Norden die Unzufriedenheit verstärkte. Als die Militärdiktatur in Khartum auf Demonstranten schiessen liess. hatte ihre Stunde geschlagen (Oktober 1964). Nach dem Sturz der Militärdiktatur schöpfte man erneut Hoffnung auf eine friedliche Lösung der Südsudan-Frage durch eine Konferenz in Khartum, die im Frühjahr 1965 Vertreter des Nordens und des Südens unter Teilnahme afrikanischer und arabischer Beobachter zusammenführte. Sie scheiterte aber an den Forderungen der Extremisten auf beiden Seiten. Die neue Regierung konnte sich die Einheit des Landes ebenfalls nur unter dem Motto vorstellen : „Ein Land, eine Sprache, eine Religion“. Überdies war sie darauf bedacht, dass das Wenige, - das in der Wirtschaft erzielt wurde, lediglich dem Norden zugute kam. Mit erbeuteten Waffen Im Sommer 1965 begann dann jener Kleinkrieg, der bis heute andauert. Warum dieser Kleinkrieg gerade 1965 begann, darüber gibt és zwei Versionen: Die einen behaupten, ausschlaggebend sei die Krise in Kongo gewesen. Ausländische Mächte, die in Kongo mitmischten. hatten nämlich versucht, Waffen durch Südsudan in den benachbarten Kongo zu schmuggeln. Und diese Waffen waren der Anya-Nya in die Hände gefallen, die prompt eine Offensive auf breiter Front einleitete. Die andere Variante : Das Scheitern der Konferenz in Khartum habe den Kleinkrieg ausgelöst. Zwar wird nicht bestritten, dass die erbeuteten Waffen eine Rolle gespielt haben, man betont aber, die Anya-Nya habe gleich nach der gescheiterten Konferenz die Losung ausgegeben: „Wir wollen keine Gnade, und wir geben keine.“ Und seither wird der Kleinkrieg von beiden Seiten gnadenlos geführt, wobei insbesondere die Zivilbevölkerung zu leiden hat. Viele Frauen, Kinder und Greise, die den Weg ins Exil beschwerlich finden, halten sich im Urwald verborgen — seit vielen Jahren. Es stimmt: Die Anya-Nya kämpft für die Lostrennung des Südens und und die Gründung eines Staates „Azania“. Dazu wird sie auch von jenen ausländischen Kreisen ermuntert, die aus verschiedenen Überlegungen die Demokratische Republik Sudan schwächen möchten. Wahr ist aber auch, dass nach den Wahlen von 1966. an denen der Süden nicht teilnehmen durfte, die arabische Parteienmehrheit das Mandat bekam, eine Verfassung auszuarbeiten. Zwar wurde diese Verfassung nicht verabschiedet, die darin formulierten Bestimmungen machen aber deutlich, wie man im Norden die Einheit des Staates verstanden haben will. So lautete Artikel 1 : „Der Sudan ist eine demokratische und sozialistische Republik, auf den Islam gegründet.“ Und Artikel 3 : „Der Islam ist die offizielle Staatsreligion und Arabisch die offizielle Sprache.“ Dennoch sollte man nicht von einem „Rsligionskrieg“ oder gar von einem ..Rassenkrieg“ im Sudan sprechen, was verschiedene Zeitungen im Westen seit Jahren eifrig tun. Gewiss : Religiöse und ethnische Probleme komplizieren die umstrittene Frage, doch wie in aller Welt geht auch im Sudan die Liebe durch den Magen. Verhandeln — einzige Alternative Gemessen am Nationaleinkommen (85 Dollar je Kopf der Bevölkerung), gehört der Sudan zu den armen Ländern. Die Konservierung der überkommenen gesellschaftlichen Strukturen und die einseitige Orientierung der Wirtschaft auf Rohbaumwolle brachten es mit sich, dass der Sudan an der technisch-wissenschaftlichen Entwicklung in der Welt^ bisher kaum teilzunehmen vermochte. Äusserst prekär war und ist die Lage im Süden, wo keine Baumwolle gebaut wird, wo wegen der fehlenden Transport- und Vermarktungsmöglichkeiten allenfalls von Anfängen einer Geldwirtschaft gesprochen werden kann. Die wirtschaftliche Entwicklung des Südens würde zwar die Süsudan-Frage nicht spontan lösen, immerhin wäre aber damit eine solide Grundlage für die Bereinigung des Streitfalles geschaffen, der nur — und nur — durch Verhandlungen beigelegt werden kann. Diese Notwendigkeit hat auch der seit Mai 1969 an der Macht befindliche Revolutionäre Kommandorat erkannt. Gleich wurde das Programm einer regionalen Autonomie für den Süden und eine Generalamnestie verkündet. Im neuen Fünfjahrplan, der seit 1970 läuft, haben die Projekte des Südens absolute Priorität. Freilich bindet der Kleinkrieg, der auch heute weitergeht, viele Kräfte und Hilfsquellen, die zur Lösung der sozialen und ökonomischen Entwicklungsaufgaben dringend gebraucht werden. Eben deshalb muss ein Modus gefunden werden, der dem Konflikt zwischen Nord und Süd ein Ende setzt.