Neues Pester Journal, Februar 1877 (Jahrgang 6, nr. 32-59)

1877-02-21 / nr. 52

nr Mittwoch, den AL Febtnars,, _ va. Zanrgang Mir, 5%, umal 1 oe Abonnements Ganzi. fl. 14, halbi. fl. 7, vierteli. fl. 3.50, monatlich fl. 120.­­ Das „Neue Reiter Journal“ erscheint ad an Montagen. Neuaktion und Adm­inistration: Reopordft. Kirdenplakt Nr. 2. täglich, Ginzelne Nummern 4 Ír­ Inserate nach aufliegenden Tarif. Abdul Hamid, Budapest, 20. Februar. Zum­ dritten Male seit faum Jahresfrist scheint der Thron in Konstantinopel zu t­anfen. P­alastrevolution folgt auf Balastrevolution, und die Bevölkerung steht mit Staunen und Bangen daz bei, ‚wie beim Außbruche des Vesuvs. Man ergeht sich in Vermuthungen über Irrache und Absicht die­ser Eruption, aber das Geheimniß kommt nicht zu Zage. Im Innern des Serails wirken Elemente, die nichts mit der öffentlichen Wohlfahrt gemein haben. Beleidigter Stolz, Eifersucht, Genußsucht, Bestechlichkeit Schnellen wie im Ruppenspiele Günste­linge und Minister und sogar Sultane in Die Höhe und zerren sie wieder in den Abgrund hinab. Die V­erschmwörung gegen Abdul Aziz ging­ allerdings von Männern aus, denen­ das­ntereife des Staates an Herzen lag. Aber das Serail nahm­ für diese That Made durch die Maflacke, welche es durch jenen Haslan im Ministerrathe an­­richten soh, und seine Nähe hat jüngst auch auf das Haupt Midhat­a gezielt. Al Abdul Hamid den Thron der Khalifen bestieg, stieß Yama in die Volaune, ein Züngling voll Kraft und gefunden Eim­er sei endlich an die Spike des Osmanen­­reiches getreten. Zivar kam der Hinfende Bote mit­­ der Meldung nach, daß der neue Sultan seine Zeit im Spielen mit Bestien zugebracht habe, was gerade nicht als Zeichen besonderer Intelligenz gelten kann; allein es hieß zugleich, er habe den Ent­schluß gefaßt, dieser Liebhaberei zu entsagen. Ber fchiedene Personen, die ihn mit eigenen Augen gesehen, erklärten, daß sie sein Fehl an ihm entdeckt haben. Mehr no! Delegirte, Botschafter und sonstige Honoratioren sind von ihm­ in Audienz empfangen worden und haben mit ihm Lebhafte Gespräce ge­­führt. Allein dies sind Yanter Dekorationen im Schauspiele. Ein Sultan kann nicht Leicht mit einem Europäer ein Gespräch führen; die verschiedene Denkweise macht Died beinahe zur Unmöglichkeit. Die Botschafter und sonstigen Persönlichkeiten, denen das höchst seltene , Glück" einer Audienz zu Theil wird, haben vorher, den Inhalt ihres Anliei­gend anzugeben, und der Kultan antwortet dann mit einigen einftudirten Worten. Weiß der Empfan­­gene eine Entgegnung oder will er überhaupt in seiner Liebe weiter gehen, als er angegeben hat, so winkt der "bereunuch mit der Hand zum Mund und die Audienz ihr Ende. AS Abdul Aziz, dessen blutiger Ken jo verderblich auf seine Nachfolger zu wir tut, in Wien weilte, konnten die Höchsten Per­ seinen Diösurs mit ihm kommen, sondern alle derartige Bessuche nur einige wie arten zur Antwort. Daß der In: die Monaschen Europa’d geschab nicht aus dem genauer Fannten oder "du Hatten, sondern Brüder nicht nur bes "ihren und das Ge­­schen­­ gefrönten anderer Mei­ an überhaupt dond, ber jekt­­ gteten nehmen "ab ist, ob sit leidet "het, ob schrei ned längere Zeit den Ü­erstand verliert. Ob nun Abdul Hamid einer Intrigue zum Opfer fallen soll, ob die siegreiche Partei des Gerail3 einen anderen L­ieb­­lings-Brinzen auf den Thron feßen will, oder,ob wirklich der Wahnsinn in Dolma-Bagdid­e das Scepter des Neid­es führt, läßt sich nicht entscheiden, wird sich vielleicht nie aufklären, wahrscheinlic steht aber wieder die Türfei vor neuen Gechütterungen und Ummälzungen, welche endlich die Grundwerten aller Verhältnisse umzufü­rzen drohen. Denn die türfische Bevölkerung hat zwar bisher mit uners fhütterlicher Naturkraft als Noth und alles Elend ihrer Mißregierungen ertragen und war bei jeder äußeren Gefahr bereit, ihr Alles für Thron und Neid­ einzufegen. Ja, sie scheint sogar in ihrem Glauben und Hoffen einen größeren Fond von Lebenskraft bewahrt zu haben, als der stark ernüchterten abendländischen Bevölkerung Europa’s jeßt innen wohnt. 63 ist anch sch­wer, mit europäischen Augen einen Maßstab an türkische­­ Verhältnisse zu legen. Manche, was unseren Staat auf’5 Tiefste erschüttern würde, geht im Orient wie ein Falter Donnerschlag spurlos vorüber. Dann treten wieder im Orient gewaltige Wirkungen hervor, von denen wir kaum die Irsache wahrnehmen. Allein so viel läßt sich voraussehen, daß die Demoralisation von den und der jähe Wechsel der Zustände, wenn er sich stetig erneuert, die Zabel vom Fransen Manne endlich zur Wahrheit machen müßte. Auch die Märchen von „Tausend und Eine Nacht“ nehmen einmal ein Ende. Natürlich sind diese Zustände in der Türkei Wasser auf die Mühle Rußland. Die Demoralisa­­tion in Dolma-Bagdidhe muß auf die Zeitung und Verpflegung der türkischen Armee den verderblichsten Einfluß üben. Die Auffen dirfen sie der Hoffnung hingeben, daß sie bei der Invasion in Bulgarien auf eine schwanfende Führung stoßen und daß sie manche Schwierigkeit durch den Gilberglanz des Hubeld besiegen werden. Ein größeres Necht zur Sontervention bemühen sie aber die Arifien vergeb­­lich aus den traurigen Zuständen der Türfei her­­zuleiten. Denn es ist nicht Gerechtigkeit, wenn man einen Theil der Bevölkerung auf Stoffen des anderen zu protegiren sucht, und es ist nicht Gerechtigkeit, wenn man in einen ohnedied Teidenden Körper die mörderische Lanze flogen will. Leider tritt auch seit erst Die ganze Verderb­­lichkeit der Konferenz-Stomololie zu Tage. Die Bot­­schafter und Delegirten aller Mächte reisten­ von Konstantinopel ab, um die Ehre Nußlands zu ret­ten, nur Ignatieff blieb, von Gegenmwinden gehemmt, in Bujufdere zurück und benütze diese Zeit seiner Alleinherrschaft, um Midhat zu stürzen. Hätten sie die Mächte auf das russische Spiel gar nicht einge­­waffen, hätten sie, wie es die Gerechtigkeit und die Erhaltung der Türkei fordert, die all­­gemeine Reform, nämlich die Verfassung, anerkannt, gesrüßt und gefördert, so hätte sich Rußland wohl bedacht, einen Vorwand zum Striege vom Zaume zu brechen und dem Willen aller Mächte entgegenzutreten. Verfahren, wie die Sachen feßt sind, meint es eine Unmöglichkeit, den Zusam­­­menstoß und die unabsehbar daraus erwachsenden Folgen zu verhindern. Und der Garantievertrag, der das Ergebniß eines blutigen Krieges war, der den Mächten nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte gab, besonders das Recht, die allgemeine Verfas­­sung, wenn an nicht mit Waffengewalt, je Doch mit allen moralischen Mitteln zu fordern, dieser Vertrag it heute beinahe zerrissen, bevor noch ein russischer Soldat türkischen Boden betreten hat, Stimmung eingefunden, und in den Reihen der liberalen Partei machte sich eine bedeutsame Unzufriedenheit bemerkt­ sich. Schon heute verlautet, daß sich die liberale Partei den Eröffnungen gegenüber, die ihr Tia morgen machen will, fühl und zurückhaltend benehmen wird. Sie wird die Eröffe­nungen anhören und einfach­ zur Kenntniß nehmen, aber sie wird daran seine Em­igrationen knüpfen und man allerwenig­­sten an einer solchen fi verleiten lassen, welche ihr irgend­eine Verpflichtung für die Zukunft auflegt. Wir wollen Hof­­fen, daß es Tiba nicht gelingen wird, die Partei von diesen ihrem Vorlage abzubringen. Die Erfahrungen, die man mit den Man­tipulationen gemacht hat, sind wohl geeignet, die Partei zu der größten Vorsicht zu veranlasssen. Nicht auf die Mittheilungen der Minister hin darf sie bindende Beischlüsfe rafsen, sondern erst dann, wenn der auf den­ Banfausgleich bezügliche Gefäßentwurf ige­­r und bestimmt tertirt vor­ liegt. So lange die Minister wieder nur einfache Mittheis­tungen machen, die nichts enthalten, als ein paar prinzipielle Weltstellungen, bleibt der Schönfärberei­ ein viel zu großer Spielraum übrig. Liegt einmal der Gelegentwurf vor, dan­y nüßen beschönigende Berhüllungen nichts mehr. Es ist übris­gens eine charakteristische Erscheinung, daß die li­berale Partei auf Tipa’s Eröffnungen hin seinen Bejchlub mehr fafsen will. Diese Erscheinung hat eine bedeutsame Trags­­eite, denn sie bedeutet nichts weniger, als­­ Tipa’s Kredit­st im Wanfen begriffen. Inzwischen suchen die Offizieren für die heimfehren­­den Minister Stimmung zu machen. Man veröffentlicht Details aus den Feststelungen, welche den Glauben erregen sollen, es sei ausnehmend viel, was Zita heimbringt. So weiß heute „Hon“ zu berichten : „Hinsichtlich der Zusammenlegung des Generalans­chusses lagen während­ der Verhandlungen die meisten Variationen vor und es ist daher sein Wunder, wenn in den verschiedenen Stadien der Konferenzen bivergirende Nachrichten in die Oeffentlichkeit kamen. So viel können wir bereits jet mitteilen, daß der Plan, wonach die Dis­tertionen je zwei Mitglieder für den Gentralausshuß ers nennen sollen, nur ein Antrag war, dem ein Gegenvors­flag gegenüber stand, nach welchem die Direktionen auch die Vizegouverneure wählen und mit diesen zusammen je vier Mitglieder in den Gentralauss­chuß entsenden sollen. Wir hören, daß die Bank diesen legten Antrage mehr zugeneigt war und daß derselbe gez ftern mehr Aussicht auf Annahme hatte. Da dies geschehen ist, darüber sind wir noch nicht unterrichtet. Hinsichtlich des Wirkungskreises der ungarischen Dir­­ektion künnen wir bestimmt versichern, daß dieselbe über den Kreditverkehr Ungarns , über die Dotation der Fis­k­alen und die Geschäftseintheilung­ der legteren volk­om­­men selbstständig verfügt. Dem Generalausschusse stöht nur in zwei Fällen ein Recht der Ingerenz zu : erstens, wenn er zu beweisen vermag, daß die Firma, um deren Kredit es sich handelt, von der Gefahr des Konkurses bes droht ist; zweitens in dem­­ alle, wenn er nachweist, daß die betreffende Firma auch bei den österreichischen Filiale einen Kredit in Anspruch genommen hat, durch welchen der von der Direktion festgestellte Mam­malivebit übers­­chritten wird. In dem ersten der beiden Fälle haben auch die leitenden Beamten der Filialen ein Betorecht , wenn die Genforen den Kredit nicht einstimmig bewilligt haben. Was die Filialen anlangt, so werden jet in Ungarn noch sieben Filialen errichtet und in den nächsten zwei Jahren werden nach vorhergegangener Verständigung zwischen der ungarischen Regierung und dem Generalauss­­chusse noch drei Filialen sreh­t. Der Wirkungskreis der Filialen wird ein weiterer sein, als der bisherige, die Beamten ernennt die Direktion, die Beamten der Direk­­tion ernennt der Generalausschuß aus der Reihe ungaris­cher Staatsbürger. Die Minimaldotation für Ungarn bes­trägt wahrscheinlich 51—52 Millionen und außerdem wird von der sich auf­ 29 Millionen belaufenden Neserve ein der obigen Summe: entsprechender­ Theil zur Verfügung stehen. Sollte das Kreditbedürfniß sich seigern, dann ist eine Bermeherung des Bankkapitals aß möglich in Aussicht genom­men ımbd von der sohin erhöpf­ten Notenemission erhält Ungarn die seiner Minimals­­otation entsprechende Quote.»­­ Die lombardfähigen Werthpapiere werden von den beiden Negierungen und der Bank­ gemeinsam festgestellt und in die Statuten aufgenommen. Die Feststellngen der Bedingungen für die Lombamwirung fällt in den Wirk­kungskreis der Direktionen, ebenso wie die Feststellung der Kreditfähigkeit mit Ausnahme der beiden oben erwähns­ten Fälle.” I­st unstreitig eine Fülle von Details, die hier an die Oeffentlichkeit gebracht werden und die Tendenz ist Flar. Man hebt die am günstigsten scheinenden Bestimmungen hervor und glaubt damit die öffentliche Meinung blenden und bestechen zu können, Was wird da für Aufhebens ges macht mit der Selbstständigkeit der ungarischen Direktion ! Und worin besteht diese vielgepriesene Selbstständigkeit? Die Direktion wird die in die Liste aufgenommenen Papiere: Leitung, solche 988 „Ehlater­ und Bergnügungsblatt”. Zur Krise. Je Abends treffen die Herren Fifa und Széll auf . Wir haben nicht gehört, daß ihre Getreuen den Gedanken getragen hätten, ihnen am “zu­­bereiten und wir möchten ernst­­an Tipa, wenn er morgen das betritt, mit einer so lebhaften wie ihm vor vierzehn Tagen ‚Reichstagsfaal: betraf.:. An a bat fich jeßt tiefe Mi: 3

Next