Neues Pester Journal, Oktober 1877 (Jahrgang 6, nr. 272-302)

1877-10-10 / nr. 281

X rn­ ­­ si­­»Ein-Went.»1"4«,hlbj.fl";"7,­­viertsgj.fl.3.50,monanichftlea "Das ‚Neue elter Journal“ erscheint­­ teiln an Montagen. In Neuaktion und Administration: BALLADE GE Einzelne Rummern AU Inferale nach anfliegendem Tarif, ab Deutsch-italienische Beziehungen- Budapest,9­ Oktober. Gleich dem Stein, der in den See geworfen, auch sie werde in Folge der Neffe des angeregt „wurde, immer mehr um. fid­ und nachgerade nimmt dieser Besuch des Staltenerd in Deutschland­­ den Charakter eines hochwichtigen Ereignisses an. 63 ‚At das an fid eine merkwürdige Ernennung. Ohne eigentliche offizielle Mission, ohne im­ Staatsdienste­n selbst aktiv zu sein, erhält die Persönlichkeit Criopis unvermuthet die Bedeutung, welche man dem poli­­­­tischen Vertreter der italienischen Nation jederzeit beilegen wird. Ohne Stage ist dad und die natür­­liche Gemeinsam­­eit wichtiger öffentlicher Interesfen des deutschen und italienischen­ Wolfes ausgedrückt. Man kann indessen nicht leugnen, daß in der beson­­deren Auszeichnung, mit welcher der italienische Staatsmann namentlich von Seite der deutschen Bolitifer überhäuft wurde, ein großer Theil ab: Tichtlicher Gelegenheitsmacherei verborgen Tiegt. Deutschland und Italien befanden sich auch vordem in den freundschaftlichsten Beziehungen ; allein man trat in Berlin mit deselben nicht gern ostentativ ans Tageslicht. ES Ichten, ala wirfe noch jei­e ge­­wise Schen nach, welche die Berliner Bolttit im Jahre 1859 den Einheitsbestrebungen Startend und den damit in Verbindung stehenden Annerionen ge­­genüber mindestens äußerlich zur Schau getragen. Seitdem hat freilich die politische Anschauung und Weberzeugung auch an der Spree manche Wandlun­­gen durchgemacht, und besonders das Jahr 1866 ís in dieser Beziehung carakteristisch und Yehrreich zu­gleich. Daß man aber gerade in diesem Mom­ente mit den Sym­pathien für ‚„Italien, ja auffällig “ wacht, hat einen tieferen politischen Hinter­­gib. Anfänglich glaubte man diese plickliche Inf­timität mit dem transalpinischen Volke dahin deuten zu d­üssen, daß Teutschlands Staatölenter al bort­sichtige Männer bei Zeiten nach einem „Eriaßtmanne” Juden für den geschlagenen und damit inaftiv ge­­­­wordenen russischen Bundesgenossen. Diese Ansicht wird aber von Berlin aus mit aller Energie demen­ Hirt. Deutschlands Bundestreue richte sich nicht nach den politischen Witterungsberichte und es habe nicht die mindeste Veranlassung , seinen altbewährten Freund an der Newa den Rüden zu wenden. Um der­ That bemweist­and die neueste Haltung der deutschen Negierung in der Orientfrage, das Bemülen, der Zürfer neuerdings eine Siollettin-Note der Mächte wegen der „Verlegung“ der Gen­er Konvention auf den Hals zu fcniden, komnte endlich das schroffe Auf­­treten .de5 Prinzen Neuß, daß man in Berlin ent­­[hlosfen ist, dem­ bedrängten Rußland mindestens durch, diplomatischen Sufford unter die Arme zu greifen. Der italienische Bundesfreund wird hierbei ohne Zweifel bereitwillig Affistenz leil­en ; die rufio­­philen Anwandlungen des Quirinals sind ja oh­ne: bin Schon längst fein. Geheimmiß mehr. Darnach würden also die neuestens enger gef­ührten Bande zwischen Deutschland und Italien nicht nur feine Entfremdung oder Abwendung von Ruhland her deuten, sondern im Gegentheile diesen zu Gute fommei. Allein der Schwerpunkt dieser deutsch-italieni­­schen Beziehungen liegt dennoch in anderer Nichtung, em es ob) zweifelhaft war, der konnte die aus den jüngsten Äeußerungen der bestinformirten Blät­­ter Died= und jenseits der Alpen entnehmen. Mir haben gestern die bezüglichen Erklärungen des „Di­­ritto“ und der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung” gebracht; diese beiden offiziösen Organe der herr­­schenden politischen Parteien in Italten und Deutsch­­land gestehen es offen, daß die jüngste­ Annäherung zwischen beiden Staaten eine nothb­endige Folge der in Frankreich erstarrten Elek­falen Elemente sei. Der Ultramontanismus, dem die französische Negierung verfallen scheint, bildet den gemeinsamen Feind, ge­­gen welchen man­­ auf beiden Seiten der Alpen kämpft. Angesichts des nahen Wahlganges in Frankreich, über welchen man troß der günstigen Aussichten der Republikaner füglich noch keine, zu­­persichtliche Ansicht ansprechen kann, fühlten die italienischen und deutschen Staatsmänner das Bes­­dürfniß, Verhandlungen anzuknüpfen, welche nac­h den offiziösen Versicherungen aus Rom und Berlin­ die Tendenz haben, „ein gegenseitiges Zerfanmeiz! Halten zu sichern, wenn Diese Regierungen nach den Wahlen sich einem Eler­talen, also aggressi­­ven Frankreich gegenüber finden sollten ; aggresiie fon deshalb, weil ein fler­tales Tranfreich eine­ne Drohung gegen Italien (und Deutschl­and) ein. Diese offizielsen Auslassungen bestätigen voll­ auf unsere eigenen Ansichten über die Bedeutung hin so dringender tritt jecht an sie die Pflicht­herz der „Milton Crispi’s” und rechtfertigen andererseits ebenso sehr die­­ Besorgnisse der republikanischen Presse Sranfreichd, welche in bündiger Weise dar­­ethan hat, wie nur die Klerital­ bonanartistsche arteiströmung im Schoße der französischen Re­­gierung vom 16. Mai Italien neuerdings Deutschz­­and in die Arme getrieben habe. Der leidenschaft­­te Haß, der Kleritalen gegen das Italienische Köt­­igreich, der unsinnige Ruf der Sehnitenfre­unde nach einem Kreuzzuge zur Wiederherstellung des Kirchenstaates und zur Befreiung der „Gefange­­nen im Datifan” , die hpolitische Hinterfist der Bonapartisten, sowie die Keritalen Schrullen der Legitimisten, endlich die Schwachmattigkeit des von allen monarchistischen Fraktionen gegängelten Mars­chall-Präsidenten, der zudem im Tatifan als „eiter Protektor der Kirche“ gilt — Alles das mußte Italien besorgt machen und zur regstzeit­tigen Vorsicht mahnen. ·Noch ist allerdings kein­ Schritt geschehen­,der zwische in Frankreich unthalien einen Bruch be­­deuten würde.Vielmehr ist man im Quirinal ernst­­lich bemüht,allen Anlaß zu Differenzen zu beseiti­­gen und so müßte sich auch der an Staats­kosten reisende Crispidas Desarous einer Regieru­ng ge­­fallen lassen.Ebenso zeigt das französische Kabinett wenigst­ens durch Wox­te das Bemühen,die­ besten Beziehungen mit Italien aufrechtzuerhalten und Minister Fourtou schreibt entrüstete Cirkulareau­ seine Präfektet­ weil man die Regierung Frankreichs klerikaler Alltoren beschuldige und droht deshalb den»Verleumdern«mit dem Staatsp­rokurator Allein trotz«dieser Bemühungen leidet es keinen Zweifel,daß wir in dem­ Auge exblikte,1voltr Frankreich ein klerikales Regim­e in der Kammer die Majorität erhielte,vor dem nassen Ausbruch eines Konfliktes mit Italien und dann auch mit Deutschland­ stände11.Der Klerikalismus—insbe­­sondere in seinem Bunde mit dem Bonapartismus —müßte schon um seiner«11·1nere 11 Gegner willen die französische Fskation für Aktionen nach außen engagir.Diese verbündeten Feinde der Freiheit wü­rden keinam­stand nehmen,die Brandfackel des Krieges über die Grenzen des Nachbars zu schleudert,um einerseits ihrei­ vaterlandslosen hierarchischen un­d absolutistischen Herrschaftsgelüsten, andererseits­ dir chauvinistischen Leidenschaft des Volkes zu fröhnen. «­­Somit knüpft sich die hoch xvichtig ngxgge,—17hs zur Aufführung kaszind seit Jahret­ nicht gegeben wor­­den.Es br­aucht nicht erst darau­f hingewiese­n werden, daß darum der Mangel an entsprechendent weiblichen Kräften Schuld trägt.Leider sitzt hier«dasUebek­skoch tiefer,als in dem vorerwähn­ten­ Falle;d««iel­eidige Sprachenfrage ist ist der überall mit dem gesprocheen Dialog behafteten­ kleinen Oper­ naturgemäß von ungleich­ größerer Bedeut­ung.Wir müssen uns eben in Geduld be­­scheidem bis uns der Gott der Magyaren,der««die Seinem niemals ganz untergehen ließ,irgendein­ heimisches Genie beschmi­nenn nicht vorher einfindiger Impresatio den seltenen Schatz für sich wegkapert.Umso eifriger müß­e man daher«auf eine sorgfältige Besetzung der sonstigen Par­­­tien bedacht sein.Wäre dies der Fall,so hätte es sich kaum ereignen können,daß die seit dem Beginne der Saison ange­­kündigte und von einem großen Theile des Publikums m­it einiger Spannung erwartete Aufführung der Oper«Mignon« immer wieder verschoben werdennußte und bis zur Stunde noch immer nicht zur Wirklichkeit geworden ist, immer weitere MWellenfreife politifge Diskussion, ittelienischen Tchlägt, Kamm­erpräsidenten ageist Grispi Siege ziel Selten Bellage, Musik. (Oper, Vergangenes und Zukünftiges,) Budapest, 9. Oktober, Selten möchte wohl ein Gastspiel an unserer Oper 10 allgemeines Interesse erregt haben und mit so lebhaft­ter Theilnahme begleitet worden sein, wie das neuerliche Debüt unseres Landsmannes Sigmund Hajós am Nationaltheater. Die batale Phrase von dem Längst ges­tühlten Bedürfniß paßt vollkommen auf dieses Gastspiel wie auf die Persönlichkeit des Dängers. Man ist in den reitenden Kreisen unserer Oper endlich — spät, aber doch — zur Erkenntniß geformten, hab die Senoregrage eine afute geworden sei, und sich nicht Länger verschleppen laffe. Das Fach des ersten Tenors, zunächst des Helden: " tenor, tt Heute an unserer Oper so gut wie unbefeßt, "oder eigentlichh nach schlim­mer als das. Ein Gefühl peint­lichsten Unbehagen überkommt und, wenn mir den der­­­zeitigen Inhaber dieseS Faches, dem die gütigen Götter­n vielleicht andere Gaben, aber sicherlich nicht die der ewigen Er­ugend verliehen, zu Tontinu frichen Dienstleistungen fom= Ianandirt jeder müssen; den „waderen”, „verdienten”, „uns­­ vervi­ftlichen“ (und wie alle die fggonendenümschreibungen des einen Begriffes des physischen Unvermögens lauten) Veteranen unserer Oper, dem wir den Triumph sein, fünfzig­­jährigen Künstlerjubiläums vom Herzen gern gönnen, aber nur im dem wohlerworbenen Genisse eines Nähegehaltes und — womöglich fern von Madrid. Man wird in der wahrheitsgetreuen Schilderung dieses Zustandes Feinen Borz­wurf gegen die Leitung der Oper erblicen, denn 25 ist bes "gennt, bab die Zebtere, in richtiger Erkenntni des Möbels,­­angst auf paffenden Cr­ap bedacht war, und nicht ihre Sub­it­es, wen sich in unserer sebigen „tenorlosen, ic­redligen Zeit” Felt­at Ausweg finden ließ, an, diesem Zustande ein Ende zu machen, wenn auch der neueste Kandidat für den verwaisten Pfosten ihren Ideale Lange nicht entsprechen mag. Unter­ den heutigen Verhältnissen bedeutet das Engagement Has­jós' ohne Frage einen entschiedenen Gewinn für unsere­ Oper, bei dem Mangel einer Konkurrenz sogar eine Not­wendigkeit. Man vergefte nicht, daß das unerläßliche Erforderniß der Kenntniß der Landessprache (das und freilich für die Oper nicht gar so wesentlich scheinen möchte) die Zahl der möglichen Aspiranten auf das Mi­­nimum reduzirt. Die sonftigen künstlerischen Eigenschaften des Sängers würden in ihren Gesammtbilde wohl erst im weiteren Verlaufe des Gastspieles eine allseitige Ber­leuchtung erfahren, daß er aber die erforderliche Qualifik­­ation besißt, in den Verband unserer Oper zu treten, läßt sich aug nach dem ersten Abend getrost behaupten. Mit der Begebung des Tenorfaches ist freilich die Haffendste Lüde im Ensemble des Opernpersonales aus­­gefüll, aber noch nicht Alles geihan. Wenn nicht eine ganze Reihe der effek­tvollsten Nummern des Opernrepertoires auf die Dauer aus den letteren verschwinden sol, so thut eine entsprechende Veränderung im Personale der­­ Spieloper dringend Noth. Die Spieloper erfreut sich­hei­­ner sonderlichen Gunst und Pflege an unserem National­­theater, obgleich schon die Dimensionen unseres Hauses, wie auch die mäßige Anzahl des Personales die Pflege des klei­­neren Genres nahelegen sollte. Opern, wie „Miignon”, „Der Barbier", „Sra Diavolo”,„Der schwarze Domino” — um nur einige von den vielen zu nennen und von den Älteren deutschen Komponisten Lorking und Kreußer ganz zu schweinen — sind überhaupt nur mit hervorragenden tremden Kräften in den Hauptpartien möglich, andere, wie „Sigaro’s Hochz­zeit" (die einzige von Mozart’s komischen Opern, die Hier Das Interesse des Bublitums gilt in diesem Falle nicht der Oper selbst, die wir ja oft genug einem an uns­terem Theater heimisch und häuslich gewordenen Gaste­­n verbanten hatten (und, wie wir unseren Leiern vers­tathen wollen, auch im nächsten Frühjahre verkaufen werden), sondern hauptsächlich dem ersten Berjuche einer beliebten Sängerin unserer Oper, welche die Brobe in an­­deren selbstständigen Partien bereits mit Erfolg bestanden hat. Durch Die anhaltende, Monate lange Unpäßlichkeit einer anderen Sängerin wurde dieses Debut bisher vers­eitelt, zum großen Verdruffe des Bublitums und ohne Zweifel zum Schaden der Oper. Der Schluß, den wir daraus ziehen, ist vielleicht wenig galant, aber berechtigt. Man ist entweder Künstlerin oder — unpäßlich. Auf die Dauer sind die beiden Charaktereigenschaften mit­einander

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