Neues Pester Journal, Februar 1878 (Jahrgang 7, nr. 32-59)

1878-02-21 / nr. 52

A 1­ ­ a [4­ rbonnements Ganzi. fl. 14, halbi. fl.7, Das „Neue Reiter Journal“ erscheint viertelj. fl. 3.50, monatlich fl. 120. |. täglich), « auch an Montagen Redaktion und Administration: Leopoldit. Kirchenplak Nr. ?. Einzelvse Nummern 4atr + Suferate. nacz anfliegenden -Barif. Yapst Keo XI. Budapes­t, 20. Februar: „Habemus papam !” Diesser Ruf durfchallt heute die katholische Christenheit und ihm Tauscht die gesa­mte gebildete Welt. Beim dritten Wahl­­gange, in einem Konklave von kaum mehr als 24­0­tunden wurde der Kardinal Joachim Becci bisher Erzbischof von Berugia und Gamerlengo der Kirche zum Nach­folger Pius des Neunten erwählt und es hat derselbe unter dem Na­men C Leo XIII. d­iese auf ihn gefallene Wahl auch angenommen. Die kurze Dauer v8 Konklaves, die in den lesten drei Jahrhunder­­ten nicht ihres Gleichen­ besitt, denn bei der Wahl Pius IX. dauerte das Konklave drei Tage, wirkte überraschend, beweist jedoch, daß die wahlberechtig­­ten Kardinäle während der zwölftägigen Kongre­­gationen reichliche Gelegenheit zur gegenseitigen Ver­­ständigung gesucht und gefunden haben. Der Wahlakt selbst liefert den­­ ferneren­­ Be­­weis von der vollen ‚Freiheit­­ und Unabhängigkeit, womit die wahlberechtigten Kardinäle, die­ Bapst­­wahl in Rom vollziehen. .konnten, „und , von . der Korrektheit, womit, Diese­ Wahl, ‚erfolgt ist.. Die „gelanti”, welche, eine Verlegung­ des Konklaves von Rom anstrebten, sind Durd.den ‚ebenso. unge­­störten als befriedigenden Verlauf des Wahlaktes entschieden. ‚widerlegt: "Das von der italienischen Regierung­ gegebene Versprechen der strikten Einhal­­tung des Garantiegefeges, der volle "Schuß des Konklaves dur die weltliche Macht des einigen Italiens. Die ungestörte Teilnahme aller einheimi­­gen und fremden Kardinäle an der höchst wichti­­gen Neubewegung des päpstlichen­­ Stuhles sino gat­ten, deren Nachtwirkungen" auf das "künftige Ver­­hältniß" zwischen Staat und Kirche nicht ausbleiben könmen­. Was nun die Persönlichkeit des neuen Papstes selbst betrifft, so gehörte der frühere Kardinal, Erzbischof Becei zu derjenigen­­ Gruppe der römis­­chen Kirchenfürsten, welche die starre "Politik " der Sesuiten und des Kardinals Antonelli nicht billigte. Erst nach dem­ Tod des Legieren Tam Pecci in Die nächste Umgebung des legten Bapstes, und­­ wie ehr Pius der Neunte ihn vertraute, wie­ hoch er­­ Dessen persönliche und ‚Kirchliche Tugenden schätze, beweist der Umstand,­­ daß er ihn zum „Kämmerer der heiligen Kirche‘, das ist zum provisorischen Zeiter der Kirche während­ des ‚päpstlichen "Interz­­egnums ernannte. Am 2... März 1810, zu Car­­pineto, in­­ der Diözese Anagni, geboren. und, seit dem 19. Dezember 1853 Kardinal, steht der jenige Papst Leo XIII. ‚in seinem 68. . Lebensjahre, erfreut sie aber der „besten Gesundheit und wurde als eines­ der rüstigsten Mitglieder des Kardinals-kol­­legiums­ geschildert. Als ehemaliger Nuntius in Brüssel erfreute­ sich.. der nunmehrige Papst der besonderen Gunst des­ belgischen Königs Leopold, so,daß­ dieser ihn, dem Papste zur Kardinalswürde dringend empfahl, was jedenfalls­ eine günstige Meinung über die­ kirchenpolitische­­­ Gesinnung des früheren Kardinals Becci,erwedt, obgleich es nicht immer­­ statthaft ist, aus­ dem­ früheren­ Verhalten eines Kardinals auf dessen Benehmen als­ Papst zu schließen. Als Erzbischof von Perugia war MBecci , ein Meister an Frömmigkeit und Frcchlicher­ Strenge, da) ohne übereifrigen Zelotismus. Bonghi nennt ihn einen der „auserlesensten Geister des Kardinals- Kollegiums“,­ von sehr gemäßigter Natur, der das deal eines Kardinals in sich­ verförpert habe. Von der gegenwärtigen Lage der Kirche und der bür­­gerlichen Gesellschaft machte er sich, jedoch sein freundlicheres ‚und dichteres Bild als irgend­einer seiner Kollegen. Geht schon­ daraus ungefähr Die­ kirchliche ‚Stellung und Haltung­ des neuen Papstes: hervor, ‚so beweist sein­ jüngstes Benehmen den weltlichen Mächten gegenüber, seine Erklärungen über, das Erflufio-Necht der katholischen Mächte, seine­ An­­deutung, daß­ der Fünfzige Bapst den Staaten seinen Anstoß bereiten werd, die Konziliante Mata, molche Vecci befeelt und läßt der Hoffnung Raum, das unter seinem Bontificate die Kirche friedlichere Zeiten erleben werde.­­« ven, doch zumeist im Einverständnisse mit der welt­lichen­ Gewalt. Als­ ein­ nachahmenswerthes Beispiel mag namentlich. jener 2e0 III. gelten, der im Jahre 800 dem Franzenkönig­ Karl die Kaiserfront auf's Haupt­feste und dann der "Erste" Dent „obersten Schirmbreren der­ Kirche” die Adoration darbrachte. Reich­ an menschlichen und­ christlichen Tugenden waren auch andere Tiaraträger dieses Namens; mit Leo X. ist die italienische­­ Renaissance in Kunst und Wissenschaft ungertrennlich verknüpft, aber auch die deutsche Kirchenreformation. Sehr übelw Andenfens it jedoch die Regierung, des zwölften. Leo, der im Jahre 1829 von hinnen. geschieden und­ durch fein zelotisches Eifern in der­ Kirche und­ fein despoti­­sches Walten im Staate: fi. Den­ allgemeinen Haß seiner Unterthanen zugezogen­ hat. «» -­ Y Ob Leo XIII.-diesem»zwölften«Leo-gleichen-s werde?Wir bezweifeln es.-Der ehemaliges Nuntiuszx und Kardinal-Erzbischof Pecci-kennt Mem­ode an Welt,er wird die Lage der Kirche i wohl zu wür­­­digen wissen und­ nicht übe­rsehen,daß­ in­»t,acht­· und Kirche«der Wunsch-nach aufrichtiger Versöhos­nung ein allgemeiner ist.sAchtet Leos XIIIL auf diesen Charakter der Zeit,sucht er als einst rechter Friedensfürst im Geiste des Stifters der Kirche« auch der Welt den Frieden zu geben,so bricht für Religion und Kirche selbst eine neueAeral der Blüthe heran,und sowohl die­­ eigene1r-Gläub­igen wie die gesam­­te gebildete Menschheit wird­ sode »Statthalteerhrifti«segneni und lobpreisen.Wan­­delt er aber die Wege LeoxILzGregor xVIxzz und PiuSDL—seiner drei­ nächsten Vorgäng­er.«,­dann wird auch der traurige Kampfeszustand in und mit Ner Kirche farm­auern : Segen: und­ Fluch ruhen in­ der Hand des neuen, Frchlichen Bontifer Marimus; seine bis­­herige Frschliche Wirksamkeit und seine­ persönlichen Eigenschaften gestatten jedoch die frohe Aussicht, daß­ er als ein versähnlicher „Uebergangspapst“; die Wege ebnen, werde zu einer fruchtbringenden Ver­­ständigung. zwischen­ ‚Staat und­ Kirche, gun der ersehnten­­. Aussöhnung­. zwischen Vernunft und Glauben. In dieser­ Hoffnung rufen wir dem neuen Oberhaupte­ der Katholischen­ Kirche zu: „Ad mul­­tos annos!" Auf den Yrimzen-Inseln. (Originals Feuilleton des ‚Neuen Peer Iomenal”.) ‘Budapest, 20. Februar. Wenn ich im Teßten Dezember Früh Morgens auf meinen Balkon in Vera trat und den Bli nach Süd­westen wandte, war auf dem Marmara Meere eine gewaltige weißgraue Nebelmauer aufgethürmt, welche jeden Ausbau­ hemmte. Darin leuchtete plöglich blasses, verflärtes Noth am fernen Südhimmel 5; langsam ent­­hüllte der Olymp sein greifes Haupt, von welchem die Schneeloden zur Schulter nieder wallten, und reich darauf wurden auf der Marmara -See purpur= farbene bee sichtbar . Die Gpiken der zahlreichen Hügel, aus welchen die Prinzen = Inseln gebildet wer­­den, und Deren immer eine" über die Schultern Der anderen hinüberblicht. Die Gipfel glänzten bald im Sonnengolde, der Nebelmantel fiel in’s Meer, und Die blauen Inseln wurden sichtbar, bis zum Fuße, auf welchem die rothen Dächer und weißen Mauern eini­­ger stattlichen Rillen ‘glänzten. Zahlreiche Dampfer zogen ihre eg Surhen dur) Die grünen, in der gyerme tiefblauen Fluthen; Boote blähten ihre Segel oder tanzen, von Rudern beflügelt, zwischen den bei­­den Welttheilen hin und her. Das ganze farbenpräch­­tige, berauschende Bild der türkischen Hauptstadt wurde lebendig auf dem­chmilen Hintergrunde der Inseln. Aber das Wetter wurde bald miserabel in Kon­stantinopel, das sich überhaupt ob eines nicht allzu zärtlichen Klima’s befragen darf, und tagelang war’s auf dem Balkon nicht geheuer und die Aussicht reichte kaum über die enge Gasse hinüber. Die Prinzentnseln waren mir früher einmal wegen ihres besonders mil­den Klima’s als Winterresidenz empfohlen worden und 10 padte ic) denn nteme sieben Sachen und fuhr mit dem nächsten Dampfer nach Proti hinüber. Der Him «Endlich versucht man bei jedem neuen Papste seine kü­nftige kirchliche Tendenz zu erforschen mit dem Namen,den er sich­ nach jetze neunhundert­­jährigem Gebrauche bei der Annahme seiner Wahl beilegt. Der ehemalige Kardinal Becci nennt sich heute £e0 XIII, gewiß in der Absicht, einen­ der Vorgänger dieses Namens als sein eigenes Vorbild zu betrachten. Die bisherigen zwölf Bäpste mit dem Namen Leo sind zum großen Theil als sehr­ be­­deutende, hervorragende Männer der Kirche bekannt. Fünf davon werden in der Kirche als Heilige ver­­ehrt. Die meisten derselben besaßen das Streben, die Autorität der Kirche zu befestigen und zu wahr mel­fohren mit meinem Entschluffe zufrieden zu sein; er entringelte die Düstere Stine und goß feine uner­­schöpfliche sonnengoldige Gnade über das kleine, reis­­ende Giland und bessen wenig größere und­­ nicht mei­niger liebliche Nachbarn aus. Es fehlt an Wäldern auf den Inseln, wie überall, wo Griechen, Italiener oder Armenier gekauft haben , doch in den herrlichen Gär­­ten der Villen, die von griechischen und armenischen Kaufleuten dort errichtet sind, wie Der. Hotel, finden sich Bosquets von Brnten , und viele immergrüne Sträucher, deren Anbli mit den­ fahlen Gipfeln ver­­fühnt. Die Häuser der Heinen Städte, sämtlich nett, zumeilen prächtig, sind über weite Räume zerstreut und wo Aderbau getrieben wird, geschieht es mit einem Fleiße und einer Intelligenz, die im Ungarn nicht ihres Gleichen haben. Weberall herrscht benennenswert der Wohlstand, die beste Widerlegung der Märchen von der Auslaugung der Najah Dur die Türken. Die Veranda des englischen Hauses, in welchem ich ein Unterkommen fand, war einer­ der herrlichsten Erdenmwinsel. Durch die blauen Wolfen des Tihibuf schweifte der Blid über das ewige Meer und Dann nach dem Arganthonius hinüber, einer freundlichen kleinasiatischen Bergfette, und ein wenig in den Golf von Nitomedia hinein und über alle Herrliche Zeit hinweg grüßte Vater Olymp mit seinem Schneehaupte und­ seinem grünen Wannenkleide so freundlich, als wolle er mich für­ all das Nachfisen und die Vrügel entschädigen, so ich, seinetwegen oder eigentlich des auf ihm hausenden­­ Göttergefindels mes­­­s­gen in den Knadentagen erdulden mußte. Und dicht vor mir promenirten die üppigen griechischen Meiber und gluthäugigen Mädchen, Die ich gern für­ Entlaus­sene vom Olymp gehalten hätte, wären sie nur a la Benus und nicht nach der neuesten Variser- Mode ge­­kleidet und­ derart mit Gold und Edelsteinen belastet . „raffen wir die Redensarten und­ halten wir uns an die Sache!” rief­­ einmal­ der Führer der gewesen, daß der Thierschugverein hätte einschreiten möüssen, wenn ein Esel in gleichem Maße­ überbürdet worden wäre. Es ist­ leicht begreiflich, warum der Lebenslauf der orientaliigen Christen eine einzige, kaum durch den­ Schlaf unterbrochene Gaune rei tt, warum­ ihnen jedes Laster und jedes Verbrechen, den Mord­ des eigenen Vaters, die Mithandlung der eiger­nen Mutter nicht ausgenommen, gerecht scheint, wenn er­ nur Geld­ bringt; auf weltlichem Wege sind die Mittel zur Befriedigung der Bitjucjt der Weiber nicht aufzubringen, selbst Faum von den genialsten griechischen Unternehmern und den geliebensten arme­nischen Bankiers. Allerdings sind die Frauen bemüht, den Männern die sauere Frohnarbeit zu erleichtern — ‚so viel ich sehen und hören konnte, war unter den schönen, faullenzenden und fofettirenden Frauen feine, deren Herzensthor sich nicht mit­ goldenen oder Diaz­mantenen Schlü­­seln öffnen ließ. Leider, leider mußte der Schlüssel so schwer­ sein, daß ich armer Journalist ihn nicht beschaffen konnte, und daß ich mich begnügen mußte, von fern sehnend die Elassischen Profile, Die üppigen Büsten, die glühenden, rollenden Augen und die Schwarzen babylonischen Thurmbauten auf den Köpfen zu betrachten und dann, den Dualm des Tihibuf zu Ningeln blasend, ein mehrrüthiges „March- Allah!" zu seufzen.­­ Dieser Tihibuf war der "Stein des Anstoßes für die Mitgäste in der Bension, einen endlos langen, Dürren, wahrscheinlich aus Leder verfertigten englis­chen ‚pater familias, eine polizeiwipzig - Dice, watschelnde Mutter mit scharfer Kommandostimme, deren jedes Mort wie eine Reitpertsche auf den nie glücklichen Garten niederfaufte,­­ fünf­­ tornisterblonde, blauäugige und trümpfige Mifses — wären sie ihrer fieben­ gewesen, ich hätte am Die mageren Jahre Egypt­­ten­ geglaubt — "und den etwa fürfund zwansia fäh­ 2". Die heutige Nummer umfaßt zehn Seiten. "EZ Yismard’s Eröffnungen. Budapeft, 20. Februar.

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