Neues Pester Journal, September 1878 (Jahrgang 7, nr. 242-271)

1878-09-19 / nr. 260

«­­szscsnjzzxyegäsijxger.2ee.« N Bibonnemens: Ganyi. fl. 14, Halbi. fl.7, vierteh­. fl. 3.50, monatlich fl. 1.20. Pester purnal. Dunst­einede19.5epkxe·iee51878.s«z- Das „Neue Pester h. RAER en 7 engen Ginzelne Numutern, täglich­, and an Montagen. | Leopoldst. Kirchenplak Nr.2. DE Die heutige Nu­mmer umfant zwölf Seiten. "DER Infernte nach aufliegenden Carit.­ às deutsche Sozialisten-Debatte. Budapest, 18. September. Unter den Cnunziationen, welche die Debatte über das Sozialistengefeg im heutschen­­ Reichstage hervorgerufen hat, nehmen unzweifelhaft den ersten Rang ein die Nede des Sozialisten-Führers Bebel und die des Reichskanzlers Bismarc. Bebel’s Angriffe auf das Sozialistengefäß, welche von dem Neichstage­­ mit großer Aufmerksamkeit angehört wurden, richteten si vorwiegend noch zwei Sei­­ten : ihn galt es vor ilem, die allgemeine hö­­here politische Tendenz des Gelegentwurfes anzu­greifen und dem von der Regierungsbank erhobe­­nen Vorwurfe entgegenzutreten, daß die sozials demofrutische Partei Die Partei der Kaisermörder sei; dann aber handelte es sich für ihn Darum, darzuthun, daß es eine nicht gar ferne Zeit ge­­geben habe, in welcher die preußische Regierung mit den heute so verfeierten Sozialdemokraten überaus zärtlich umging, ihren Bestrebungen Vor­­­schub leistete und ihnen Förderung ihrer Zwecke versprach, um dur­ diesen Nachweis einerseits die Gefährlichkeit der Sozialdemokratie fraglich ernen­­nen zu lassen, andererseits dem Fürsten Bismarc die Berechtigung zu bestreiten, diese früher von ihm protegirte Partei zu verfolgen. Dem ersten Theile seiner Aufgabe it Bebel insoweit gerecht geworden, als er ihre überhaupt gerecht werden konnte. Gewiß wäre der Umstand an si), daß aus den Neihen der Sozialdemokraten zwei Kaisermörder hervorgegangen sind, no­­r ein genügender Grund, um die Partei als die Partei der Kaisermörder zu fligmatisiren ; aber anderer­­seits läßt sich über den unbestreitbaren Zusammen­­hang nicht hinwegko­mmen, der zwischen der That­­sache des zweim­aligen Mordversuches auf den deutschen Kaiser und der sozialistischen Lehre be­­steht. Eine Partei, welche dem Umsturz der ge­­genwärtigen sozialen Ordnung anstrebt, welche auf die Vernichtung unserer ganzen modernen Kultur, die in dem Rechtsinstitute des Agenthums und der wirtscchaftlichen Macht des Kapitals wurzelt, hinzielt ; eine Partei, welche die heutige Staats­­ordnung von oberst zu unterst fehren will, muß es über sich ergehen lassen, wenn der von einzel­nen ihrer fanatischen und überreizten Angehörigen unternommene V­ersuch, den obersten Träger der Staatsgewalt bei Seite zu schaffen und die oberste Spite der Staatsordnung zu zerstören, ihr selbst zugezeichnet oder zum mindesten­ mit­ ihren Prin­­zipien in innigsten Zusammenhang gebracht wird. Glück­her war Bebel im zweiten Theile seiner Ausführungen. Unter­ den Belegen, welche er dafür vorbrachte, daß die preußische Regierung und insbesondere Fürst Brättard die sozialistische Ber­egung zu einer gewissen Zeit freundlichen Auges betrachtet habe, ja derselben näher getreten sei, mag nicht Alles wörtlich wahr sei; manches darunter mag falseh, manches übertrieben, manches auf mehr oder weniger grundlose Wichtigthuerei einzelner sozialistischer Führer zurückzuführen sein, auf den unbefangenen Beurtheiler werden aber troßdem diese Ausführungen Bebels unbedingt den Gindiuch hervorbringen, daß Bismarc — was dieser übrigens nicht leugnet — nicht nur mit Ferdinand Laffalle, sondern auch mit anderen sozialdemokratischen Führern in intimer Verbin­­dung gestanden sei, die Sozialisten namentlich zur Konfliktszeit durch Versprechungen gefödert habe und dieselben gegen die liberale Bourgeoisie habe ausspielen wollen. Der Widerspruch, den Zürit Biernard in dieser Richtung­­ erhob, it wohl geeignet, die Glaubwürdigkeit einzelner Details abzuschwächen, die Thatjadie selbst wird dadurch nicht in Abrede gestellt. Dem Fürsten Bismard handelte es sich offen­­bar in erster Linie darum, möglichst flarhe und grelle Farben aufzutragen. Nur dieser Tendenz kann der Mißgriff zugeschrieben werden­, daß er Merenzoff neben Robiling htelt; denn darin liegt unbedingt nicht nur eine Vergleichung der Sozia­­listen mit den ruffischen Nihilisten, sondern im­ plierte auch eine Vergleichung der­ deutschen Zus­­tände mit den ruffischen und Diese Beleidigung hat denn das deutsche Bolt trug Hoedel und Nobiz­ling nicht verdient. Die Zustände, aus denen der russische Nihilismus si entwickelt hat, sind Groß einzelner Endziele, in welchen Nihilismus und Sozialismus, zusammentreffen, Gott sei Dant in Teutschland noch nicht vorhanden, und Höchstens das Sozialistengefäß mit seinen unausbleiblichen Konsequenzen wäre im Stande, dieselben zu schaffen. Ist es ja doch in hohem Grade für die Tendenz des Sozialistengefäßes bezeichnend, daß der Urreak­­tionär Kleist:Rebow dasselbe jubelnd begrüßt und die Ketten- und Brügelstrafe nit wieder einführt, an den­selben nichts auszufegen findet, als daß es Herr dr. Kleist.Nebow ist heute in Preußen eine lächerliche Figur geworden, aber in seiner Argu­­mentation Liegt Logik, vom Sozialistengefeß zur Das ganze gewaltsame Auftreten Bismarc’s in der Frage des Sozialistengesehes macht den Eindruck, als wäre es dem deutschen Reichskanzler um jeden Ketten, und Prügelstrafe ist nur mehr ein Schritt. Preis darum zu thun, einen Konflikt heraufzube­schwören. Die großen Konflikte sind ja das Ele­ment, in welchem sich der eiserne Kan­zler wohl fühlt und das er daher auch nicht entbehren mag. Sein ganzes bedeutsames staatsmännisches Wien und Schaffen war denn in der That nichts als eine ununterbrochene Kette­ von Konflikten. Mit dem großen­ Verfassungskonflikt begann er seine Ministerpräsidentschaft und er verstand es meister­­haft, in kürzester Zeit fs zum verhaßtesten Wanne in ganz Deutsäland zu machen. Noch war dieser Konflikt nicht beendet, und schon begann er den schleswig-holstein’schen Konflikt, den basch der deutsche Verfassungskonflik­, der Krieg mit Oesterreich, ab­­löste. Wenige Jahre nur nach dem Nikolsburger Frieden entbrannte wieder ein großer europäischer Krieg, Bismarc hatte seinen französischen Konflikt. Dann amen die kleineren Konflikte mit den deutschen Partikularisten, an welche fi der große­ Kultur­kampf mit seinen verschiedenen Episoden, insbeson­­dere mit dem chronischen­ Konflikt wider die Hof­­partei — vide Affaire Arnim — anschließt. Ueber den Werth des Kulturkampfes scheint Fürst Bisz i­ardt heute: selbst anders zu denken, als ehedent, denn. eben­ vor wenigen Wochen exit stand er im Begriffe, seinen Frieden mit der Kurie zu machen, Sozialistenkampf, zu stürzen. Wie aber im Kulturkampf die angewandten Mittel weit über das Ziel hinausschaffen, so auch im Kampfe gegen­­ die Sozialisten. Gewiß,­ der Staat darf seine Banditen, seine Königsmörder in seiner Mitte dulden, er sol und w­uß sie bestrafen mit den strengsten und härtesten Strafen, die das Strafgeset rennt. Aber der moderne M­­edisz und Kulturstaat fennt seine Bestrafung der Gedanken und Ueberzeugungen, die sich nicht in einer äußeren Handlung verkörpern und gegen dieses Prinzip, meldes eine Hauptgarantie der bürgerlichen Frei- um fi in seinen neuesten Lieblingstampf, den 2 Die­ ner Eine ungarische Adelsgallerie, (Original-Feuilleton des „Neuen Peter Journal".) sr und war seines Zeichens Kupferstecher. Er stammt aus Augsburg, nach Anderen aus Prag, und war zwischen 1640 und 1660 in Wien und Presburg, der damaligen ungarischen Hauptstadt (denn Dfen war in türkischen Händen) mit seiner Kunst thätig. Er widmete sich vornehmlich dem P­orträtiven. Zu den großen Meistern­­ des Kupferstiches gehört er nicht und die erehrten „Forscher“ auf dem Gebiete der Kupferstich­­unde thun ihn, wenn sie seiner erwähnen, mit einigen Worten ab. Auch weiß man nichts über seine näheren Lebensumstände, was uns mit Hinblick auf­ unseren heutigen 3wed, wie sich noch zeigen wird, bedauerlic genug erscheinen muß. Die Kupferstecherei hatte vormals eine ganz andere Bedeutung als heutzutage. Heute ist sie eine s­chöne, formvollendete Treibhauspflanze, die, möchte man jagen,­­lediglich um ihrer Vergangenheit willen gepflegt wird und der si ganz zu widmen gegen­­wärtig nur den wenigsten Künstlern in den Sinn kom­men wird. Nicht einmal als lediglich reproduzirend Lohnt sie, jegt der Mühe, denn auch dies hat ihr der Salbenbind und die­ Photographie­ abgenommen. ‚Anders in früherer Zeit, noch bis an 1800 heran. Da hatte der Kupferstich für das praftische, für die Ber­­schönerung des täglichen Lebens jenen unfrägbaren Werth. Der Holzschnitt war in der Kindheit und als die anderen Surrogate, ‚die heute ben­­­ötig über­­wuchert haben: Lithographie, Chromographie, Photo­­graphie und die sonstigen Arten des Kunstprades, sie waren damals noch nicht erfunden. Wir Laffen unser werthes 39 photographiren, kaum mehr in Del malen, auch das Aquarellporträt der Dreißigers und Vierziger- Sabre ist uns längst überwundener Standpunkt : wie sollten wir daran Denken, für unser Konterfrei den Kupferstecher zu benüten, gleich unseren Ahnen ? Bifites farten brucht uns die Schnellpresse in fünf Minuten, faum daß wir uns solche noch lithographiren lassen ; fast grotest scheint uns die verschollene Kunde, daß noch vor 30 Jahren Meister des Kupferstiches sich gerne herbeiließen, P­ersonen der guten Gesellschaft Visitefarten zu stehen, die allerdings nicht blos den Namen, sondern einige zierliche Arabessen und Figür­­chen oder dergleichen aufwiesen. Jede Kunst aber, die in’s praktische Leben hin­­überlangt, bringt nicht blos Künstler, sondern auch Kunsthandwerker hervor, und einer von den letteren war Elias Wiedeman. Er ist sein guter Zeichner, und sein Stiel findet nur in seltenen Fällen jene kräftige Farbe und jenen satten Glanz, die beide zu den ersten Erfordernissen eines guten Stiches gehören. Das sachliche Interesse überwiegt bei seinen Produk­­tionen fast immer das künstlerische. Aber eben dies fachliche Interesse nimmt uns bei Wiedeman gefangen, denn er hat eine Reihe der hervorragendsten ungari­­schen und österreichischen Persönlichkeiten seinerzeit porträtirt und in Kupferstich ausgeführt, und naments lich die vielen ungarischen Helden, Staatsmänner und Eichhenfürsten des siebzehnten Jahrhunderts in eine Adelsgalerie vereint, in deren Gesichtern und stolzen Namen Ungarns Geschichte jener Tage in ganz eigen­­thümlich anziehender Weise verewigt ist. « Es sind zwei solche Porträtsammlungen,die M­iedeman geschaffen hat. Die eine führt den Titel: „Comitium gloriae” (Ruhmesgenossenschaft, Fühnten wir etwa überlegen) und enthält Hundert Brustbilder ungarischer und österreichischer Helden. Sie ist in einer, von­ Wien, 1. Januar 1652, datirten lateinischen Borz­rede dem General Grafen Johann Christoph von Buchs­haim gewidmet, der, wie es scheint, die Kosten der Bublikation bestritten hat. Einzelne der Bilder (sie sind sammtlich mit der Jahreszahl ihrer Entstehung versehen) gehen bis 1620 zurück, die meisten aber stammen aus den Jahren 1646 bis 1652. Das gleiche in der Zahl mit der ausschließlich ungarischen (auch hier hundert P­ersönlichkeiten gewidmeten) zweiten Sammlung,­­die in der ebenfalls lateinischen Vorrede von Breßburg, 25. November 1646, Datirt und einem ungarischen Kavalier gewidmet ist. Nicht ohne Feinheit sagt Wiedeman in dieser Vorrede: „Image e luce ac tenebris constat­­ illi illustrissimam sanguinis vel virtutis suae lucem dederunt, ego umbram addidti, et ecce imago si non placet, quia umbram a me habet,­­placeat, quia lucem ab illis accepit." (Das Bildniß besteht aus Licht und Dunkel: jene [nämlich die abgebildeten Gelehritäten] haben das Licht ihres Geblütes oder ihrer Tüchtigkeit gespendet, ich Den Schatten dazu gegeben; und Steh’, wenn das Bild­ nicht gefällt, weil es den Schatten von mir hat, so gefalle es, weil­ es von jenen das Licht empfing.) Das Urtheil ist ganz­ treffend; denn, wie gesagt, große Kunstwerte sind diese Porträts nicht. Was ihnen einen Werth gibt, der Jahrhunderte überdauert, e3­st die ihnen innewohnende historische Wahrheit. Und da thut­ uns leid, nicht zu wissen, un­­ter welchen Umständen namentlich die ungarische Adela=­galerie zu Stande kam. Im jenen unruhigen Zeiten fortwährenden Kriegslärms gehörte eine Neffe nach Ungarn, und nun gar zu einem künstlerischen Zmwede, gewiß nicht zu den Annehmlichkeiten. Wenn wir auch annehmen dürfen, daß Wiedeman die meisten Herren in dem verhältnismäßig ruhigen und sicheren Brekburg -

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