Neues Pester Journal, September 1878 (Jahrgang 7, nr. 242-271)

1878-09-21 / nr. 262

»­ fll.3aorgsing.zer.262. Bibonmements Ganzj. fl. 14, halbj. fl. 7, viertelj. fl. 3.50, monatlich fl. 1.20. ste Das „Neue Retter - Sournal“ erigeint | täglich, aid; an Montagen. . Bamslag, den 21. Septem­ber 1878... | Journals Nebaktion und Adminifiration: Zeopoldit. Kirhenplat Nr.2. Einzelne Rumme Inserate und­ aufliegenden Stimmungsmacherei in Ungar­t. Budapest, 20. September. Der Zusamm­entritt des Reichstages naht heran, der Hofstaat­­ übersiedelt in die ungarische Hauptstadt, das Ministerium des Auswärtigen steht im Begriffe, die übliche Expositur im Diner Stödel­­gebäude zu errichten. Kurz, die politische Saison bricht heran und ihre Vorläufer zeigen sich bereits in den­ Versuchen, die angestellt werden, um die Stimmung in Ungarn zu bearbeiten, Stimmung für die Politik Andraffy’s zu machen. Graf An­­draffy fürchtet offenbar, hier einer weit kühleren Stimmung zu begegnen, als welche er für­ seine politischen Zwecke für angemessen erachtet und da die Temperatur der Stimmung fi nicht von selbst auf natürlichen Wege erhöhen will, so wird zur fünftlichen Stimmungsmacherei gegriffen. Ein Ober­­offiziasus wurde vor anderthalb Wochen nach Buda­­pest beordert, um die Stimmung der Blätter zu beeinflussen ; was er als Resultat seiner Thätigkeit in Wien ausposaunte, wissen wir nicht ;­ aber das wissen wir, daß er nicht einmal den Muth fand, an die oppositionellen Blätter heranzutreten, wäh­­rend man ihm im den regierungsfreundlichen Re­­­daktionen zu verstehen gab, daß er bei der be­­währten Treue dieser Blätter sich die Mühe der Reife und des Besuches hätte ersparen können. Graf Andraffy will und muß aber um jeden Preis hier eine gute Stimmung finden, gleichwohl ob diese echt oder gemacht sei, denn das Geheimniß seiner Politik war ja das unausgefechte Streben, nach oben hin als unentbehrlich, unerreglich zu gelten. Dazu aber ist erforderlich, daß man auch von Unten her als unentbehrlich betrachtet oder doch angepriesen werde. Der Glaube an seine Un­­entbehrlichkeit würde in den ausschlaggebenden Re­gionen sofort ver­­winden, sobald der Nachweis er­­bracht wäre, daß Graf Andrasfy in Ungarn ein abgethaner Mann sei, daß es hier Niemanden gebe, der ihn oder seine Politik not wolle. Und darum werden alle Hebel angeregt, um eine Stimmung fünftlich zu erzeugen oder künftlich als vorhanden erscheinen zu lassen, welche thatsächlich nicht vor­­handen ist. Das Neueste, was in diesem Genre geleistet wird, ist k die Erzählung des Märchens: man wolle den Grafen Andräffg durchaus nöthigen, sich mit Rußland auf guten Fuß zu stellen und an der Rekonstruktion des Dreifaiferbundes theilzu­­nehmen. Graf Andräsfg aber sträube sich mit Händen und Füßen dagegen, denn er wolle den Dreifaiferbund nicht. Und zur Ilustierung dieses Morchens läßt man den Grafen Schumwald­f wäh­­rend seines legten Aufenthaltes in Wien über den Kopf des Grafen Andrafiy hinweg die diesbezügl­ichen Unterhandlungen führen. Was man mit sol­­chen Ausstreuungen bezweht, ist ziemlich deutlich erkennbar. Man will einmal den Grafen Andrafiy als den Gegner Rußlands einstellen, der für diese seine Gegnerschaft unausgejehte Kämpfe zu Ehe- Reden hat, und man will damit ferner die Gefahr eines Nachtritts des Grafen Andraffy an die Wand malen und die politisgen Streife mit dem „apres nous le deluge”, mit der Behauptung ín­ Bod­­horn jagen, daß nach den Grafen Andraffy die lavische Sandfluth hereinbreche. . . Graf Andraffy sol der Gegner Rußlands sein! Möglich, ja sogar wahrscheinlich, daß er auf Rußland nicht gut zu sprechen i­; es wäre dies sogar nur naturgemäß; hat ihm ja bob Ruß­­land Niederlage auf Niederlage beigebracht, hat ihn de Rußland gänzlich des Prestige’s entkleidet, das er einst als Staatsmann besessen hat. Den persönlichen Groll Andráffya gegen Rußland ÉSZAK wir also begreiflich; unfaßbar aber erscheint es uns, daß Graf Andráffy­a Widerstand leisten sollte, wenn Fürst Bismarc wünscht, daß er si mit Rußland auf guten Fuß stelle Denn Halt Graf Andraffy dem deutschen Reichskanzler in irgend einer Frage ernsten Widerstand leisten sollte, er­­achten wir für Taum denkbar. Ist es ja doc Fürst Bismard, der Andraffy gehalten hat und noch hält, dem Andraffy jeden seiner Gebanken, jeden seiner Pläne verdankt, ohn­e dessen vorherige Approbation der Minister des Aeußern unserer Monarchie seinen Schritt unternommen hat. Wenn also Fürst Bismarc wünschen sollte, daß Graf Andraffy zu Rußland in freundliche Beziehungen trete, dann wird dieser einen solchen Wunsche seinen nennenswerthen Widerstand entgegenlegen, sondern sich dem überlegenen Willen Bismard’s fügen. Beweise seiner Akkommodationsfähigkeit an die Bismard’schen Pläne hat er ja bereits in weihsten Make gegeben und so wird er auch diese mal den Modus finden, in dem deutschen Kanzler zu Willen zu sein und si mit Rußland auf guten Fuß zu stellen. Wie der Vogel, den die Klapper- Das Panorama [lange mit ihrem Blide gefangen hält, so ist ja Graf Andraffy im Zauberbanne­r Bismard’s gefan­­gen, jede selbstständige Initiative it ihm fremd, sein Gedanke wird von ihm ausgeführt, der nicht aus Bismarc’s Kopf entspringt. I·Wagner-I aber gar den Schreckschuß mit dem Nacktritt Andrassy­s,mit dem Hereinbrechen der flavischen Hocfluth betrifft, so ist das Manöver ebenso läppisch als lächerlich. Gibt es denn ein System, unter dessen Herrschaft eine schlechtere, ver­­derblichere Politik hätte gemacht werden können oder noch gemacht werden könnte, als unter jenem, welches durch den Namen Andraffy’s repräsentirt wird ? Hätte Baron Nodich oder Baron Philippo­­vics als Minister des Aeußern eine mehr flavische, mehr antisungarische Politit machen können ? Net und­ laufendmal nein! Ein promonzirt flavischer Minister hätte aus Ungarn die sorgfältigste Nach­­sicht nehmen, hätte sich winden und drehen mi­­sen, um ja nur den Schein eines Scheines zu ver­meiden, als ob er flavische Politik mache, beim hätte er diese Vorsicht nicht beobachtet, dann wäre in Ungarn ein Sturm des Unwillens und der Ent­­rüstung loggebrochen, dem sein Nachh und sein Philippovics auch nur einen Tag lang hätte wider­­stehen können. Nur mit Andraffy, dem Staats­­manne ungarischer Nation, konnte man hoffen, Uns garn zu blenden, zu täuschen, irrezuführen, und. Andrafiy hat die auf ihn gefegten Hoffnungen glänzend gerechtfertigt, fettte Politik ist eine echt farbige flavische, an der die Nodic’ und Philippo­­vics' ihre helle Freude haben. Graf Andrafiy hält das Stalpel in der Hand, ihm zur Seite als Ai­­­zent steht sein getreuer Schildm­appe Koloman-­­Tipa ; die Hand des unglückeligen, verblendeten Deperateurs aber führt — der deutsche Reichskanz­ fer, Fürst Bismarc. Man lasse uns also mit der weiteren Stim­­mungsmalerei in Nübe und höre endlich einmal auf, das so­ oft getäuschte und betrogene Land miez der täuschen und betrügen zu wollen. Wir glauben es nun einmal nicht mehr, daß Graf Andrasy der Mann sei, der die Fähigkeit befsst, ein großes Staatswesen zu leiten; wir glauben nit mehr, daß er je in seinem politischen Wirken selbststän­­dige Seen gehabt; wir glauben es nicht, daß er sie von dem Einflusse Biernard’s je emanzipiren könne; wir glauben es nicht, daß Graf Andrassy überhaupt mehr andere Politit, als flavisch gefärbte Ein erlauchter Künstler. (Original-Feuilleton des „Neuen Pester Journal.) Fiume, 18. September. Einsam und verlassen, kaum berührt von dem Webhaften Getriebe Triest­’3, blicht das reizende Ke­ftenschloß Miramar in melancholischer Selbstvergessen­­heit und nie endenwollender Trauer,auf die herrliche blaue Adria, deren Wellen sich an den Felsenmauern des Schlosses brechen, wie huldigend vor dem Genie, das einst dieses Paradies geschaffen. Die Geschichte hat ein blutiges Kreuz­ auf diese Stätte gemalt, das­ herre­liche Fürstenschloß ist seit Jahren verödet — doch nur belauscht, fast unbemerkt hat sich ein neuer Fürstenfuß an der Adria erhoben, in dessen bescheidenen Räumen Erzherzog Ludwig Salvator, dieser für Die Kunst und Literatur begeisterte Prinz, die Sommer­­monate in wastloser Arbeit und gründlichem Studium zuzubringen pflegt. Im Osten von Trier, über der Bucht von Muggia, welche Heine Drtihhaft einst mit Triest riva­lisirte, aber troß ihrer günstigeren, geschütten Lage den Sieg über den Hafen von Triest nicht davontra­­gen konnte, erstand der Erzherzog von dem Kaufmann Edel die bescheidene Villa tBindio, die, beiläufig 600 Fuß hog über dem Meeresspiegel gelegen, eine der prachtvollsten Aussichten gewährt und auch auf ihren erlauchten Befiser eine solche Angisbungeiias ausübte, daß­ er, dem Hofleben und dem Aufenthalte auf seinen übrigen Befigungen (von den legteren dürfte Brandeis in Böhmen ziemlich allgemein bekannt sein) entsagend, von seinen langen und zahlreichen Reifen immer wie­­der an diesen entlegenen, idyllischen Ort zurückzukehren pflegt, wo er die nöthige Muße findet, um das wäh­­rend der Reifen gesammelte Material sorgfältig und wissenschaftlich zu sichten und in prachtvollen Druck­­werden zu veröffentlichen, gerade unvergleichlic, dechten Spiten der Alpen, umfaßt ein eins­tiger Blid Grado, das verschollene Acquileja, das im­­posante Schloß Duino, das trauernde Miramar, Sta. Croce, Contovello, Sommerfrischen des wohlhabenden Kaufmannsstandes von Triest Schmü­­den. Und Berge spiegel der durchfurchen, schlichte fein Interesse zu fesseln; fein Gründlichkeit feinem sagt man sid­ werfe liest, die den julishen die und Häufere Burgen, der ärmsten Landi­aftsszenerie, dem Häglichten Erdenmwin­­tel ein Stüdchen Boefie abzulaufhen. feine Jeder fügt einige von 28 Jahren erstaunlich Gegenstand und Städte drängen sich im Halbfreise um den tiefblauen Künstler natur und weiß ist feines nach: die jeneebe: Billengruppen Triest’s, das Fort St. Giusto, dann das feste Schloß von Bervola, das grüne Zaule und das Kleine Mug­­gia, betet Mordtüste die bescheidenen Billen Wasser: Nationen Erzherzog Ladwi Salvatorsf exxx Brther des Erzherzogs Johann Savator,der die österreich­isch-un­­garische Fahne zuerst auf Bosniens Boden auspflan­zte —ist doch und durch Eine Baum­­gruppe, eine einsame Fischerhütte, eine Felsenformation, an der andere Menschen gleichgiltig vorübergehen, ver­mögen treuer Griffel zaubert sie aufs Papier, Worte Hinzu und man staunt über die wirk­­ungsvolle, echte Boefie, die nicht Das Genie des Künst­­ler geschaffen, sondern das Auge des Künstlers geoffenbart hat. Und dabei sind. Wie viel muß dieser junge er von einer des Miffenz, die bei Prinz gelernt haben, seine Reifes Studiums in der eingehendsten, den Anforderungen der Wissenschaft durchaus entsprechenden Weise erörtern und beleuch­ten. Er ist ebenso bewandert in Der Geographie, Geo­­logie, Mineralogie, Botanik und Geschichte, wie in den Sprachen, in der Ethnographie, der Archäologie und der Seeschifffahrt. Dabei wirkt, Groß der wissenschaft­ hen Färbung, seine Schilderung nie ermüdend, denn die Künstler­, die Poetennatur macht sie überall geis­tend und streut gleich duftenden Blüthen sinnige, herz­­liche, Land und Leuten abgelauschte, oft tief empfun­­dene poetische Bildchen und Skizzen unter Die wissen­­schaftlichen Daten und Erläuterungen seiner Werke. Am Fuße der Zindios Höhe schaufelt sich auf den Wellen der Adria die Dampf-Yacht des Erzherzogs, die flinte „Nire“, ein eleganter, mit dem größten Komfort eingerichteter Dreimaster, der nach den Plä­­nen von Schlid und Robert Whithead auf der Werfte des nunmehr in die berühmte Torpedo Fabris umgez­wandelten Stabilimento Zecnico bei Fiume gebaut, im August 1872 vom Stapel gelassen und von dem erlaubten Befiber seither zu se mancher fr­eibringen­­den Studienreife benuzt wurde. Doch nun lange be­­vor noch dem Erzherzog zu seinen maritimen Streif­­ügen eine eigene Yacht zur Verfügung gestanden, alte dieser, von unermüdlicher Forschungsluft getrie­­ben, so manche entlegene Küste und viel des Mes­diteraneo und insbesondere der Adria durchschweift, und dann das Gesehene, Entdeckke und Erlebte in Bild und Wort fir­rt. Außer einer Reihe von Treines ren Skizzen über eine Reise nach Tunis und eine Sen­lung von Kostümebildern, die unter dem Titel : „Die Serben in der Adria“ erschienen, entstand in dieser Epoche das erste seiner großen Messewerte, eine Beschreibung des Golfes von Buccart — Porto Né.­wei Monate weilte der Erzherzog in Fiume und fast täglich führte ihn ein kleines Nudelboot in die stille Bucht des nahen Buccari, dessen Höhen und Thäler er nach allen Richtungen hin unermüdlich Durchwans­derte. E83 wird dem Leser gewiß nicht unwillkommen sein, den Cipheraos 149­ seinen Streifzügen dur­ die Buccaraner Märchenwelt, wenn au nur flüchtig, zu Aorta, und von der Zindio-Höhe Am Hintergrunde den die jugendlichen Alter, unwillstürlig, Schiffe Vielseitigkeit aller , wenn man ist und selbst 3 WE Die heutige Nummer naht aiwölt Sehen. BR . -

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