Oedenburger Zeitung, 1873. Mai (Jahrgang 6, nr. 41-53)
1873-05-28 / nr. 52
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Harris To Halbjährig Verlag, Expedition befindet auf der Sraehrunde ee. “ Redaktion Theatergasse Nr. 112 Stud. — Ale für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Prämunivations- und Infertionsgebühren sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Organ für Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Steresfen. überhaupt, Husive der Stempelgebühr von 30 Er. Auskünfte in allen Richungen werden bereitwilligst erteilt, . AN. 50 f. Vierteljährig 2:78.20. if. — Für Auswärts: RL Act 4 Der Staatsvoranschlag für 1874. 1. Pet, 24. Mai. Wenn sich der vor wenigen Tagen der Legislative vorgelegte Staatsvoranschlag für 1874 der Form nach wenig von seinem Vorgänger, dem 1873er Budget, nieterscheidet, so findet dennoch, die Verhältnisse und der Zeitpunkt, in welchem derselbe zur verfassungsmässigen Behandlung gelangt, die, insoferne als sie auf die Ausübung der wictigsten Befugnisse des Parlaments von Einfluß sind, Beachtung verdienen. Dem Ausnahme» zustande der Indemnitätsertheilung, der seit der Amtsführung des ungarischen Ministeriums — mit oder ohne Verschulden der Regierung— mit jedem Sabre ji erneuerte, wird nun hoffentlich für immer ein Ende gemacht, der ziemlich umnverhohlene Widermillen, welchen Das Abgeordnetenhaus bei der jedesmaligen Auswendung dieser Maßregel zur Schau getragen, lieh er dem Kabinet Szlany gerathen erscheinen, diesmal rechtezeitig um die Vorlage des Budget zu denken und die Erledigung desselben no vor den Sommerferien zu ermöglichen. &8 schert somit, da die seinerzeit vom Finanzminister vorgebrachten Argumente, durch welche die Unmöglichkeit erwiesen werden sollte, die Budgetsvorlage früher als im September eines jeden Jahres dem Hause zu übermitteln, doch nicht ganz stichhaltig gewesen seien. G läßt sich nicht leugnen, daß das jeweilige Grnteergebniß für die Steuerfraft de Landes, mittelbar daher für die anzuhoffenden Einnahmen von schwerwiegender Bedeutung sei, da aber ohne viele Anhaltepunkte die Zeitstellung des Budgets eine baare Unmöglichkeit sei, wird wohl am besten durch die bereits im Monate Mai zur Thatsache gewordene Borslage des diesjährigen Staatsvoranschlages widerlegt. Freilich bietet dieselbe wenig mehr al eine Kupte der vorjährigen Borlage, natürlich mit den entsprechenden Renderungen, die aber fast durchgehends unwesentlic sind. Das Resultat des Operates ist die tröstliche Aufsicht auf ein Deficit von über 2 Millionen im Ordinarium und von ca. 31 Millionen im Extraordinas rium. Im Medrigen enthält die Vorlage, die ji auch äußerlich an den 1873er Entwurf anlehnt, so gut wie nichts, was auf eine Besseiung der gegenwärtigen, zur Genüge bekaunten Zustände hindeuten würde. Von all’ den guten Vorlägen, welche im, dem, vorjährigen Er pose des Finanzministers enthalten, waren, von al’ den wohlgemeinten und nachtrüdlich betonten Nachschlägen, welche der Stammzausshuß im vershm wenderishem Maße ertpeilt, zeigt Die Negierungsvorlage kaum einige blasse Spuren, hüppterne, kaum evfessbare Anlage zur Herbeiführung jener, sehnlichst herbeigesehnten geregelten Zustände: ‚Die Allem, Anschein nach noch ziemlich lange ‚auf fi, warten lassen dürften, si so muß sich Abgeordnetenhaus, wie Regierung das beschämende Geständniß machen, Dab die Dreimonatliche Budgetdebstte au nicht einmal den Nußen gewährt, den man unter ‚allen Umständen , derselben abzugewinnen gehofft, eine ‚Hare übersichtliche Gintheilung und, Anordnung der Budgetposten,, eine ystematisch aufgebaute Grundlage für künftige Budgetverhandlungen erlangt, zu haben. Mit dem, angekündigten „Normalbudget" ist es ‚Died‚mal wiederum nichts. Die ganze Arbeit macht überhaupt den Eindruck, den Oberflächlichen, Flüchtigen das allenfalls zur Not brauchbar til, einer eingehenden Kritik aber kaum Stand halten dürfte. Der Herr Finanzminister scheint über die eigenthümliche Belaffenheit seines neuesten Werkes nicht im Unflaren zu sein; wenigstend läßt der resignirte Zon ‚Jeiner Geleitrede, im welcher er die Regierungsvorlage dem Schuge des Hauses empfahl, verrathen, daß er ji Dessen wohl bewußt sei, hinter den an ihn gestellten Anforderungen zurückgeblieben zu sein. Mit besonderem Nachdruch betonte er die unaufschiebbare Nothwendigkeit der Steuerreform, als, deren erste Barbedingung er die Revision der Grundsteuer hinstellte. Damit glauben wir, hat Herr v. Serrapoly stillschweigend das Geständnis gemacht, dab Die diesjährige Budgetvorlage die legte jener, Reihe von Cxperimenten und systemlosen, Kompilationen sein werde, welche bis num das Programm unseres Staatshaushaltes bildeten. Auf Grundlage umfassender Vorarbeiten sei nun eine planmässige, gerechte Vertheilung der Steuerlasten angebahnt, die endliche Consolidirung der Staatsfinanzen ermöglicht werden. Der politischen Motive, welche wohl an manchen Entschuldigungsgrund der gerügten Mangel enthalten dürften, geschah nicht einmal andeutungsweise Erwähnung - vielleicht deshalb, weil nicht erst der Vereicherung des Finarzministers bedurfte, daß es der sehnlichste Wunsch der Regierung sei, so al ald möglich über die Budgetdebatte hinauszukommen. Die gegenwärtige Vorlage läßt jedoch wenig Hoffnung auf die gewünschte Abkürzung der hierzulande beliebten Budgetverhandlungen aufkommen, denn Hr. v. Sterrapoly über die Klippe der 30 Millionen Deficite wiederum, mit einer wohlgefegten Rede über den zunehmenden Wohlstand und die tröstlichen Aussichten für die kommenden Geschlechter hinwegzufegen? Die stattliche Reihe von großartigen Staats« bauten, nußbringenden Imvestitionen, die in geschickter Gruppirung aufgezählt werden, kann da unmöglich den niederschmetternden Eindruck einer abermaligen Bestattung des überbürdeten Staatshaushaltes abschwächen. Wie sol dieses neue Deftcit bedeckt werden? Auf diese brennendste Frage bleibt uns der Herr Finanzeminister die Antwort schuldig. Daß der bisher beriebte Modus der Bededung im Wege von Ansehende aufnahmen nicht mehr zur Anwendung gelangen dürfte dad scheint der Finanzminister selbst zuzugeben, da er es sonst wohl nicht nöthig gehabt hatte mit solcher Destentation auf das schreiende Mischverhältniß hinzuweisen, welches zwischen der Höhe deh erborgten und des hiefür rückzuzahlenden Capitals besteht. Die Aufnahme, welche das 1872er Ansehen im Auslande, namentlich auf dem englischen Geldmarkt gefunden, lädt seine Hoffnung auf ein mögliches Gelingen einer ähnlichen, abermaligen Operation aufkommen. So wird es denn das Abgeordnetenhaus wohl oder übel dazu bequemen müssen, im diesjährigen Budget den DVerJuch zu wagen, in allen Posten, besonders aber im außerordentlichen Erfordernis, mit unnachsichtlicher Strenge alles nur irgendwie Entbehrliche und lieber auf die Ausführung jener problematischen Inevestitionen ganz zu verzichten, als durch unausgefete, übermäßige Belastung den, bedenflich erschütterten Gredit des Landes vollends preiszugeben. Slaubt ” a - & 2 a 3 "A A Ya « Feuilleton. Raiferin Maria THerefia’3 Bejud, in Epterhäz Solu.) Die Kaiserin verweilte, anderthalb Stunden in Während der am 31. August 1773, diesem Saale und joupirte sodann in ihren Gemächern. Später begaben sich Erzherzog Maximilian und Herzog Albert jament Gefolge, diesmal massirt auf den noch immer in voller Luft dahinwogenden Diassenball, der erst mit Tagesanbruchh endete. — An diesem Zuge war ‚im Practsaale öffentliche Tafel. Allen Fremden und Einheimischen jeden Standes war hier abermals Gelegenheit geboten, den kaiserlichen Hof zu sehen und die ERBE ENRS, eines fürstlichen Hauses zu bewundern. Zafel producirten si die vorzüglichsten Bittuosen der „Gapelle mit Goncertstüden. Bei dieser Gelegenheit wurde auch Haydn seiner Monarchin vorgestellt.. Ed war nicht das erstemal, das er ihr gegenüberstand, und um unwilkürlich mußte er wol bei dieser Gelegenheit an eine Episode aus seinen Jugendjahren erinnert werden. In den vierziger- Jahren nämlich besuchte Maria Theresia häufig die nahe gelegene Kirche. Beim Gottesdienste wirkte auch die Hofkapelle mit, Die, seit dem Jahre 1741 stark veduckt, nicht im Stande war, außer dem Dienste in der Hofburgkapelle auch bei auswärtiger Kirchenmufik die nöthige Anzahl Diusifer zu stellen. Sie mußte sich daher, in jeden Fallen Durch den Kirchenchor von St. Stephan verstärken. — Auch Haydn, damals Sängermabe im Dome, ‚traf die Reihe, und er wagte solche Gelegenheit, sie freier bewegen zu können, weidlich aus. Zunächst zogen ihn die zum Ausbaue des Schlosses aufgerichteten Gerüste unwiderstehih an; er kletterte von Stodwerf zu Stodwerf, die Kammeraden durch sein Beispiel aneifernd. Wiederholt, aber immer vergebens, hatte Die Kaiserin, von ihrem Senfter aus das waghalsige Treiben der Jugend bemerkend, Befehl gegeben, den Jungen das Hemmiklettern zu untersagen. Endlich wurde ihr die Sache zu arg. Sie wendete sich an ihren Hofcapellmeister Neutter, dem sie, namentlich einen blonden Didfopf als Rädelsführer bezeichnend bestahl, daß diesem ein tüchtiger Schilling zugemessen werde. In dem mittlerweile zum berühmten Manne gereiften Sängerknaben tete auch, jegt no der Shyalf: er be»dankte ich gehorsamst für den „allergnädigst” verordneten Schilling, worauf die gutmüthige Monarchin Libgelnd meinte, daß ihm jedenfalls dieser Schilling gute Früdhte getragen habe. Für diesmal aber gelang es einer goldenen, mit Ducaten gefüllten Zabatiere, gegenseitige Versöhnung herbeizuführen. EERITE — Um 4 Uhr wohnte die Kaiserin mit ihrem Hofstaat einer Vorstellung im Marionetten = Theater bei. Puppen.komödien, schon im fünfzehnten Jahrhundert bekannt, waren sehr beliebt ; die Figuren hatten bewegliche Glieder, die mit einem Draht von oben dirigirt wurden. Man führte nicht nur Volksstücke auf, sondern machte sich auch an Shakspeare, an Dperetten und wassentlich gefielen travertirte heroische Opern. — Diesmal nun wurde vor der Kaiserin die Marionettes Oper „Philemon und Baucis“ aufgeführt, nebst einem Beispiel: „Der Götterrath, oder Jupiter's Reise auf Die Erde,“ von C. Gottlieb Pfeffel geschrieben. Hatte schon beim Aufziehen des Vorhangs die Darstellung des Olymp und der versammelten Götter überrascht, so erregten Die folgenden Scenen no mehr die Bewunderung der Zuschauer. Die Schönheit und Vollendung der Decorationen, die Trefflichkeit der Maschinerien und die ernden Bewegungen der reicheostümirten Puppen riefen lauten Beifall hervor. der feinen Gipfel erreichte bei den allen gernlten Darstellungen am Schlusse der Oper. Die hier zu einer Huldigung der Minarpin und des Herrscerbaujes umgeändert, war, Maria Theresia erstaunt über Ales, sprach dem Fürsten wiederholt ihr Wohlgefallen aus und steigerte durch ihr DBeispiel den Beifall ihres Gefolges. — Der Eindruch dieser Vorstellung war so nachhaltig, dab Die Kaiserin einige Jahre später das ganze Personal, Oper und Orchester, rammt den Pupspen-Apparat nach Schönbrunn kommen und sich Datelbft ebenfalls eine italienische und eine Marionetten - Oper aufführen ließ. Bekannt ist auch ihr Aussprug: ‚Wenn ich eine gute Oper hören will, gehe ich nach Echterhä." — In der Vorstellung begab sich die Monarchin mit ihrem Gefolge in den unteren Saal zum Souper und nach dessen Beendigung außerhalb des Parks, um ein von Nabel veranstaltetes Kunstfeuerwert anzusehen. Der Weg zur Tribüne führte durch eine doppelte Neihe farebiger Laternen. Die Kaiserin selbst jegte mit der Stoppine* die Feuerkörper in Thätigkeit, deren Zusammenstellung, Reichhaltigkeit und Pracht allgemeines Erstaunen erregten. Der Zürst geleitete hierauf den fatserlichen Hof zu einem andern, seitlich decorirten und den EIE beleuchteten Theil der Parkanlagen. Besonderes Interesse erregten hier namentlich die in einer bis dahin unbekannten Art von südwärts erleuchteten ‘Darstellungen nach Gemälden von Vandys. Der ganze, über achttausend Besucher fassende Flächenraum war wie überragt mit buntfarbigen Lampions, die verschiedensten Figuren fort mirend. — Im festlichen Aufzuge, ihre Fahnen be Ichwingend, erschienen nun bei tausend Zandleute beiderlei Geschlechts, geschmückt mit Bändern und Blumen, und führten beim lange nationaler Musik feurige Tänze nach Art ihres Landes auf. Um ihrer Freude die geliebte Landesmutter in ihrer Mitte zu sehen, erfüllten sie die Luft mit Zurufen: „Es lebe Maria Theresia! Ho une jere Königin!" während das kaiserliche Gefolge si un«ter die Fröhlichen mischte und an ihren Tänzen theil« nahm. Mit Mühe entzog si endlich die Monarchin . Der reich gearbeitete Stab, an welchem die Lunte angebracht war, entfiel, vor Ueberraschung über die schnelle Ent-A ascidlung des Feuerwerfes,den Händen der Monarchin und wurde von Herrn Schiller, Großonkel von Hochzeihäpten Oedenburger Bürgers Herrn Braun, aufgehoben. Dieser Stab, den die Familie Braun als eine führbare, Erinnerung an jenem dur die Gegenwart der Königin, verherrlichtem Abend "2 in Ehren haltet, war seiner Zeit im hiesigen Museum ausgestellt und ist gegenwärtig im Wiener Industrie-Palast zu finden.