Oedenburger Zeitung, 1878. August (Jahrgang 11, nr. 92-104)

1878-08-04 / nr. 93

· · ER kai reee % ERTERSENG­EN Nr. 93. Sonntag, 4. Auguit 1878, XI. Sahrgang. den | Redaktion : Inserate vermitteln: Die Herren Be­i Vogler, Walls fishgasse 10, Wien, Budapest. A. Oppelit, I. Stub­ upartei 2, Wien. Heinrich Schalek, 1. Singerstreffe 8, Wi­n. SInfertions-Gebühr : Organ für Solitik, Handel, Indu Das Blatt ersceint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränuumerations-Preise: A­retjährig 3 f- Alle fir das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahm­e von De Pränumerationd­ 1. gebügten sind an die Nedaction portofrei einzusenden. K­ 2ocos Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 Fr., a ereährig 2 f. 25 fr., Monattic) 1 fl. ärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl. | he (Bormals „Oedenburger Nahridten“.) frie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Betrüchten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gasse.* Administration, Verlag, Expedition, Grabenrunde Nr. AA. [Hotel Bose‘ Nr. 19,2. Stock, Einzelne Nummern offen MW Heuer. 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. fü­r die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. fü­r die durchlaufende Petitzeile ex­­elasive der Stempelgebühr von 30 kr. Auskünfte in allen Nichtungen werden bereitwilligst erteilt. Oedenburg, 3. August 1878. (Die bosnische Frage, die türkische Srage, die italienische Brage und die­­ Existenz­frage) Fragen schwirren wie Schwalben im Lenz in der Luft herum. Die Politik aller Länder ist heutzue ‘tage auf sturmbewegter See ein schwankendes Boot, das seinen Kompas verloren hat, bald hieher bald dort­hin treibt und dessen Ziel­ung ein großes ? ist. Dichfahren,weichennstn»BoSnceverkwartem «nehmen bereits eine bestimm­mtere Gestalt an.Daßesda Gefahren in Hülle und Fülle gibt, ernste, drohende Ge­­fahren, dieses Gefühl empfand Jeder, der auf das Chaos der boönischen Zustände einen Blick warf, wels­cher unter Jeltsames Verhältnis zu den zu offupirenden Provinzen und den nationalen Aspirationen ihrer Bev­völkerung in Erwägung 309. Doch ein banges Duntel umhüllte Charakter, Tendenz und Größe der Gefahren. Es ist natürlich, das unsere Feinde­farbe berennen mußten in dem Momente, da unsere Truppen die Diens­ten überschritten. Wir willen nun, von welcher Geste die geahnten Gefahren uns drohen und hinter, welchem Bujce sie si verbergen. Das ist nun wenig tröstlic, denn wir haben gehofft und die offiziöse Schönfärberei bestärfte ung in der Hoffnung, dab Das boßnische Unters nehmen, bei welchem wahrlic wenig Ehre zu holen ist, wenigstens unsere Sicherheit und unsere Ruhe nicht ers­chüttert werde, haben Szenen herbeigeführt, die, obwohl sie bis jeit nur in ihren dürftigsten Umg­riffen bekannt geworden sind, sei an Blutvergießen, Plünderung, Brand und Gematthätigkeiten aller Art gewesen zu sein scheinen und auch noch nicht ihr Ende erreicht haben. An der Spipe der bosnischen Comma­­nuarde steht Hadihikoja. Dieser Räpelsführer ist, obspon er sich für einen Profeten (9) aus Dem ist aber leider nicht so, denn Bosniens Hauptstadt Serajewo war in den legten Tagen der Schauplag von Vorgängen, die in einem gewissen Mühe an die Tpaten erinnern, Durch welche die Pariser Com­­mune die Geschichte Frankreichs für alle Zeiten befledte. Die entfeffelten Leidenschaften empörter und sünftlich erregter Wöbelhaufen gibt, nichts al ein gemeiner Mörder und Strakenräus­cher, der ji mit einem von Stolz geschwellten Bewußt­­sein rühmt, hab er wohl nie einem Mohamedaner ein Haar gekrümmt, dagegen aber bereits vielen tausenden von Chhristen im Laufe seines ruhm- und thaten­­reichen Lebens den „Saraus“ gemacht habe. In den neuesten Vorgängen in Serajewo Spielt war die Christenverfolgung noch seine Rolle. Vorläuf­ig scheint er Hadidhi Loja nur auf einen seinem Cha­­rakter zusagenden Protest gegen den Berliner Vertrag abgesehen zu haben. Wie und mitgetheilt wird, bemäch­­tigte er fi den Gouverneur? Mazhar Palda, als dieser in den Moscheen die Aufforderung an die Bevölk­­erung richten ließ, der österreichisch - ungarischen Dikue­pation de A Armee nicht nur seinen Widerstand zu leisten, sondern derselben in jeder Weise freundlich entgegenzuk­­ommen; er seßte, an der Soige eines durch ihn (Hadidi Loja) aufge­wiegelten Pöbelhaufen den genannten Gouver­­neur und den Militär-Oberkommandanten Hafiz Paldın gefangen und gab die Häuser dieser türkischen Würden­­träger der Plünderung preis. Dann ging der Pöbel an die Erstürmung des Zeughauses, und so darf man da­­rauf gefaßt sein, daß die österreichisch-ungarischen Trup­­pen — wenn sie in Serajewo eintreffen — blutige Händel auszutragen und wir nur zu bald die Kunde von einer itjegen erregenden Vergewaltigung der Schristen in Bosnien, entgegenzunehmen haben werden. Eine weitere Drohung für die Zukunft scheint und auch der Beschluß der serbischen „Slupidtie­na“, bei den Mächten ein Plebiszit in Bosnien anzur­­egen, damit «6 offenfundig werde, was die bosnische Bevölkerung wünscht: den Anflug an Serbien oder den an Oesterreich-Ungarn ? Gewiß. Diejer Slebiszit wird nicht zu Stande kommen; die Mächte, welche so­­eben den Berliner Vertrag unterschrieben, werden wis­­sentlich seine Grunchütterung seiner Beichlüffe zugeben, u. a. um so weniger, als sie sich ja gegenüber Serbien auf Kosten der Türkei sehr freigebig gezeigt haben. Doch mit diesem Beichluffe der serbischen Slupihtina wahrt auch Serbien seine angeblichen Rechte auf das bosnische Nachbarland, die Rechte, welche die Stammesverwandte haft und das Nationalprinzip dem kleinen Fürstenthu­­me in die Hand geben. Zu einem geeigneten Zeitpunkte dürfte auch­­­ieser Beschluß der serbischen Sfupjatina, den heute die Mächte ad acta legen, aus dem verstaubs­ten Archive hervorgeholt werden und das bietet und wieder eine Aussicht, die eroberten Provinzen einmal mit der Gewalt der Waffen vertheidigen zu müssen. Ob c8 fi verlohnt allen diesen Gefahren zu tra­­gen, die wir in Bosnien und der Herzegowina finden, und neue Feinde zu den alten zu schaffen für den sehr problematischen Gewinn, der und aus dieser Eroberung erwachsen sol­l daß ist die erste ? Mit Bosnien fängt man an und mit der Türkei hört man auf, denn daß die Herrn Muslims nur zum Scheine unsere Freunde sind, daß beweist folgende offiziell verbürgte Thatsache : Während die österreichische ungarischen Truppen mit flingendem Spiel über die Save zogen, fachte Herr General Philippovich dort body zu Noß, von seinem ganzen Generalstab umgeben. Posto­­da trat ein tür fic­her Herold auf ihn zu und überreichte dem Kom­­mandirenden einen Brief mit sieben Siegeln. Auf die Frage, nach dem Inhalt des geheimnißvollen Schreibens, gab der Muslim zur Antwort, er habe den Auftrag, den Protest der Pforte gegen die Ossu­­pation zu überreichen. Der Feldzeugmeister erwiderte hierauf mit einem Adhiel zu den, er sei Soldat und erfülle die Befehle seines Kaisers und Königs, habe sich daher um politische Schriftftücke nicht zu fümmern. Der Türke aber war auf diesen Bescheid offenbar gefaßt, denn er legte seinen Brief mit einer tiefen Verbeugung zu den Füßen des Generals nieder, und ents fernte sie ohne eine weitere Bemerkung. Seine Mission war erfüllt... Diese sieben Siegeln sind noch nicht gelöst, bes­weisen aber sicherlich, dab Desterreichellngarn im Osten seinen einzigen Freund belegt. Wir lassen den Blie über den Schauplag unserer Aktion gleiten, und was tritt und vor Augen? Der Türke protestirt, der Bosniake grolt, der Serbe und Montenegrie­ner sinnen auf Zukunfts-Attentate, und wir sollen mit dem Songreitresultate zufrieden sein, daß er so glücklich gelöst habe — die türkische 2? So sieht er auf der einen Seite aus, von der andern Seite der Adria tönt uns das feindselige Ges­tühle der Italiener entgegen. Der Monarch sieht sie genöthigt, auszurufen : Ba Ten ha . Feuijlglom Ein gebrochenes Herz. Von 3. Walther. (Fortlegung.) Oscar schüttelte den Kopf über meine, für einen Arzt höchst gefährliche Nervosität, wie er sie ausdrückte, ich selbst schüttelte auch den Kopf über das, für was ich seine Grllärung finden konnte. Wen wirst Du vertheidigen? frug ich nach einer Weile. Eine Kindermörderin, war die Antwort. Mir war's gerade als seien mir all’ meine Ge­­danken im Mbsterben, als schnürte mir jemand die Stehle fest zu bei jedem Worte, das ich jagen wollte. Dear, im Gegentheile, war an diesem Tage lebe­hafter und gesprächiger, als ich ihn nur jemals sah. Am nächten Vormittag, als ich soeben aus dem Hause einer meiner Patienten trat, kam Oscar vorüber. Hast Du Zeit?Dann komm mit mir,rief er mir zu. Ich sah nach meiner Uhr. Eine halbe Stunde, aber seine Secunde mehr, war meine Antwort. St­au nicht nöthig, entgegnete mein Freund, ich will mir die Acten zu dem Griminalprozeb holen und das ist Schnell geschehen. Wir ftiegen in einen Wagen und waren bald zur Stelle. In einem der Gänge des Griminalgebäudes begegneten wir einem Collegen Decar’s. Da nimm Deinen Kopf in strenge Gewahrsam, dab er mit dem Herzen nicht davonläuft, rief der junge Mann, als ihm mein Freund von dem Prozesse sprach . Deine Seugbefohlene ist jedenfalls die schönste Sünderin, welche jemald die Schwelle dieses Hauses überschritt. Ich sah sie noch nicht, sagte Oscar, weiß über­­haupt noch gar nichts von dem ganzen Processe, mein Prinzipal hat mir denselben erst gestern übergeben. Dann sehr wieder um, sprach der Beamte, bevor Du in diese gefährlichen Augen hineingeschaut hast, Dein Prinzipal so­wie einen anderen Glienten und einen anderen Prozeß übertragen, aber nicht eine Sache die a priori­schon eine verlorene ist, und wo man überdies noch seinen Berstand verlieren könnte. Ich fürchte weder die schönen Augen, no den Prozeh selbst, entgegnete Oscar. Deine Skepsis wird si diesmal bitter rächen. Scherzte der junge Mann, dody wart‘, wenn Du Did nur eine ganz kurze Zeit gedulden willst, so kannst Du aus eigener Anschauung bestimmen, ob die Sad­e so ganz ohne Gefahr sei; die schöne­­ Verbrecherin muß bald hier vorüber kommen ; ah, da ist sie Schon, rief er plöglich aus, mit der Hand nach einer Thüre weisend, aus welcher eine Frau heraustrat. Also, viel Glück und viel Ruhe, mit diesen Wor­­ten entfernte sie der Beamte. Die Frau näherte sich und jept, an der Seite eines Dieners der Gerechtigkeit. &8 war eine mittelgroße, sc­hlanfe Gestalt, die Gesichtszüge der Unglücklichen konnte ich nicht so deute ich ausnehmen, denn sie hatte den Kopf zur Erde gez­­eigt, doc sah ich ein tadellose Prostel, und eine Ües­berfülle von Haaren. Deren röthliches Goldblond einen­­ Schein auf die nächste Umgebung zu werfen s­chien. U die Frau nur mehr einige Ehhritte von und entfernt war, erfaßte plöglich D8car meinen Arm, und preßte ihn so heftig, daß ich nur mit Mühe einen Schrei unterdrückte. Ich sah zu ihm auf, Gerechter Gott wie sah er aus! Das war nicht mehr Oscar, das war der helle Wahnsinn dem ich jeßt in’d Auge sah. Eine Leichenfarbe lag über dem Gesichte, und die Augen traten aus ihren Höhlen, während sie nach der Frau blichten. Unwillkürlich, aber auch bligihnell, fuhr ich mit einer meiner Hände über seine Augen, dann ergriff ich ihn am Arme, und so rasch­ald nur möglich, eilte ich mit ihm durch die Gänge und die Treppe hinunter. Willenlos, ohne eine Silbe zu reden, folgte er . Ei­ne un Are ee WEITEN 1 Be a N BE RE WS F r u

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