Oedenburger Zeitung, 1879. Februar (Jahrgang 12, nr. 15-26)
1879-02-14 / nr. 20
auf den Fuß getreten war, ohne fs deshalb entschuldigen zu wollen. + Medaillen von der Pariser Ausstellung. Die auf der Pariser Weltausstellung für ungarische Aussteller zugesprochenen Medaillen werden im Monat April anfangen und den Betreffenden feierlich übergeben werden. «Programm der vom hier.»Vereine ,»-«-—f-—ük«-Ungarische Literatur und Kuns«am 19.d.im kleinen Casinosaale abzuhaltenden literarischmtistischen Svitåe: »f- 1.Adagio und Rondo für Vcolmne und Klavier von Vieuxtempg.Vorgetragen von Ludwig Munczi und Dr.Ignaz Wallner.2.Vorlesung des Fräuleins Gisela v.Kenedy.3.a)Lieder ohne Worte(Nr.27,12) von Mendelssohn;b)»Aven,«»Promenade«,fikdag Klavier von Schumanm Gespickt von Friera Glozen4?.Die Varden von Wale ö.Gedicht von Johann Amny.Declamitt von Jufes Veres.5.sonata appasionata (Nr. 57, 2. und 3. Sag) von Beethoven. Vorgetragen auf dem Klavier von Fl. Irma Glozer. — Hierauf folgt eine Tanzunterhaltung, wozu für jene, die daran Theilzu nehmen wünschen, Familienstarten zu 3 fl. Eintrittösarten zu 1 fl. 50 fl. und Galleriesige zu 1 fl. in der Redaktion des „Sopron“ (Pfarrwiese Nr. 6), in der Buch und Sunfthandlung des Heren Karl Schwarz, und Abends an der Caffa unter Verweisung der Einladung Pfarte zu bekommen i dv. ii * Thaumwetter. Blau ladt der Himmel mit seinem freundlichsten Unflig auf und hernieder und die Sonne hat bereits den fegten Schneehügel in einen Wasserstrom verwandelt, der lanzsam sich hinschlängelnd in Ihon vorhandene Plügen fi ergießt und so sehen wir denn nicht,ald Wasser (leider jeder Schmußiges) so weit unser Blick reicht, auf Straßen, Plägen und Prosmenaden. Nah fällt es aus den Wolfen, tropft e8 von dem Dade und quillt e6 aus der Erde hervor. E8 ficht recht trostlos aus. Und aus dem schönen weißen Hermelinsbelag, womit der Winter die Erde liebevoll zugedecht hatte, ist Koth entjeßlicer Koth geworden ! Es ist Thaumetter! Verrauscht, vielleicht bis zum näcsten Winter sind die schönen Gislauffeste, die Wandorfer Virtuosenihaar bläst (wenn sie überhaupt bläst) höchstene Trübsal und pfeift aus dem Icgten Loche und beneidet die Bäume nächst der Aktienschwimmschule, denn die haben Aussicht auf einen grünen Zweig, auf den die Mufiker in dieser Saisor kaum mehr kommen werden. Afie dürfte wohl schon vorbei sein, die fröhliche wilde Sglittiguhjagd. Das junge Bol hängt mit trauriger Miene das eiserne Raufzeug an den Nagel. Das liebevolle und so angenehme Verhältniß, welches die Eischede bisher mit uns unterhielt, erfährt einen unheilbaren Bruch, der no brüchiger ist das Glüc des Kaufmannes geworden, welcher Wintertoiletten am Lager hält. Da stehen sie die Lichtensteine und Willigut, die Gallauner und die Schmidt und übersehen ihre ressortirten Waarenvorräthe. Tiefe Bolzen des Unmuthes behecken ihre Stirne. Die Bälle matt besucht, Sotreen beinahe gar feine, der Eis sport ein Opfer des Thauwetters! Ja. Tiefe Falten des Kummers ziehen über die Stirn der bes nannten Konfestionäre. Du schwerer, brurer Kleiderstoff mit dem förmlich die Jahreszahl tragenden Cluster, du seidener Band mit der Zeichnung, die Niemand mehr tragen will, du unmodern werdende Spißenegarnitur, du Schleife mit vergangener Pracht, ag’ an, du Kram, den ich nicht loß werden kann, giebt es einen größeren Ladenpüter al Dich? Wo ist eine Macht der Erde, die mich von Dir befreit ? Und wüihend schlagen sie, die Kaufleute, mit der Elle auf den Zih um ein Mittel verlegen, welches sie von diesen „Lappen“ befreit, für die «8 nur ein Wort giebt, wilches eben dafür auch mit einer wahrhaft erfütternden Gewalt die vernichtendste Verachtung ausdrückt: das Wort Bovel! — Und während der Kaufmann noch sinnt und grübelt, fält sein Blidk auf die Straße. Da fährt Etwas vorbei, langsam und dröhnend. CA ist ein Kärrnerwagen vor Mozast. Und über des Kaufmannes Gesicht fliegt ein mattes Räceln. BVergebt mir ihr Bänder und Soigen, so ruft er, ich habe Euch Unrecht gethan! Ja, x8 giebt auf der Welt noch Schlimmeres, als Cud;ed eriftirt etwas, was si zu Nichte verwenden läht: eine Buhre Koty! Das ist der größte Bowel — und doc wird man ihn loß, wenn nämlich die Stadtbehörde ihre Wägen und Pferde nicht zu was Anderem braucht, was die biß zu den Schäften hinauf über und über forhigen Stiefeln des Schreibers dieser Zeilen leider aber anzudeuten scheinen. Vielleicht schwemmt der Himmel selber den unergründligen Schmuß weg, es ist ja Thauwetter! * Wiederaufnahme der Silberzahlung. Die „Graz. Xageöp.“ enthält nacstehendes Telegramm aus Wien: „Die Wiederaufnahme der Sile berzahlungen von Seite der Staatsverwaltung und der österreichisch-ungarischen Bank steht unmittelbar b:vor. Die Noten des Staates zu Einem Gulden und zu fünf Gulden werden allemacht eingezogen, dagegen Silbermünze ausgegeben und nach Ölabgabe des Bes darfes die Zahl der im Umlaufe befindlichen Staatesnoten zu fünfzig Gulden vergrößert werden.“ * Firma-Protofolirumg. Der oberste Gerichtshof hat es anläßlich eines konkreten Sales ausgesprochen, daß die Behauptung, daß eine nicht protofoliirte Firma als rechtlich nicht bestehend zu betrachten sei, ganz irrig is. Die Firma ist nichts Anderes als der Name, unter welchem der Kaufmann — ein einzelnes Individuum oder eine Handelsgesellsgaft — sein Geschäft führt und den er als Unterschrift gebraucht; dieser Name wird dur den Gebrauch festgestellt. Das Handelsgeseß macht zwar in der Regel die Protokollirung der Firma zur Pflicht und bestraft die dich fällige Versäumniß mit einer Geldbuße und der Nichte ze . gewährung gewisser Rechte,spricht aber nirgends a1w, daß die nicht protokollirte Firma rechtlich nicht existiren würde, sondern sagt das Gegentheil davon sowohl im Allgemeinen ($. 16.), wie auch im Besonderen ($. 87.) für die offenen Handels-Gesellschaften (közkereseti tärsasägok,) %auf dem legterwähnten Paragraphen beginnt die Wirksamkeit des gesellshhaftlichen Verhältnisses Dritten gegenüber nicht mit der Protofollirung, sondern mit der thatsächlichen Eröffnung des Geschäftes. * Der Bereinsbal der hiesigen Marquteure und Sellner, welcher im Kleinen Gastnosaale am vorigen Dienstag abgehalten worden ist, hatte sich zwar einer minder großen Theilnahme als der vorjährige von denselben Zeitgebern arrangirte Ball zu erfreuen und erreichte somit in quantitativer Hinsicht die diehe falsch gehegten Hoffnungen und Erwartungen nur theilweie, stand aber dafür in qualitativer Beziehung (was nämlich Distinction der Besucher betrifft) auf einer wirklich glänzenden Höhe. Man bemerkte in dem lichterstrahlenden Naume mehrere hiesige hohe Standespersonen, die sich auf das Fovialste mit den Herren Arrangeuren und anderen Ballgästen unterhielten , und die große Anzahl wirklich überaus anmuthiger Tänze tinen in meist sehr geschmachvollen mitunter sogar luzuriösen Toiletten, erfreute das Auge des Beichauers und verlieh dem Ballante ein brillantes Susfre. Weil wir ihon von eleganten und schönen Ballerscheinungen sprechen, müssen wir in erster Linie die Protektorin der Festen Frau Pfälz anführen, welche in einer superben Robe von Nohleide in buntem Blumenschmuch ericien und höchst graziös und zuvor kommend die Honneurs als ‚Ballmutter” machte. Freilich war sie eine gar zu jurgendliche „Mutter allein sie wußte doch Die mit dieser Stellung verbundene Würde harmonisch mit der Frische de Blüthenalterd zu verschmelzen. Sehr viel Bewunscherung erwecke an dießmal wieder die ebenso holdselige und zarte, als impotante Erscheinung des Frie. Th. ©. in weißer, rei mit Blau geschmückter Toilette und jene des Fris. Schw. (ebenfalls weich, jeduch mit Silberflittern) womit die liebenswürdige Trägerin gleichsam wie eine Zee die ammierenden Herren bezauberte. Nieberhaupt befanden sich die für junge Mädchen so fleichsamen weißen Toiletten in der Majorität. Die Kapelle geradezu virtuos geleitet vom Conesrtmeister Herrn Munczy Lajos, bestand aus den Mitgliedern der hiesigen Nationalmusik, verstärkt durch jene der Theaterkapelle und leistete dieses Orchester bis 1,7 Uhr Früh dad Allerbefte. Indem wir anführen dab die Duadrillen und der Gotillen durchschnittlich weit über dreißig Paare vereinigten, können wir nicht umhin, die honungsvolle Rüge in die Oeffentlichkeit zu bringen, daß einige junge Tänzer so unritterlic vorgingen, ich vom Ganze audzuschießen und alle Zuseher zu plastiren; folge dessen auch einige Damen theilweise da „ruhen“ mußten, wo sie es am allerwenigsten wünschen. Ungeachtet dieser dunklen Wolle an Xerpsihorens heitterem Pirmamente war die gelammte Ballgesellschaft ungezwungen heiter, und in fröhlichster Laune wurde der Göttin wie bereits erwähnt bis nach 6 Uhr Morgend gehuldigt und auch zu bdieser Stunde war das Steiden noch schwer. Der „Kellner - Bereinsball” hat seinen bewährten Ruf: als einer der „anis mirtesten“ im Garneval, auch bießmal aufs glänzendste aufrecht erhalten und ist nur no zu bedauern, daß die Herren Wirthe und Kaffeefieber mit ihren Brauen nicht eben vorzählig theilnahmen, sondern sich leider sehr viele nur durch ihre Abwesenheit bemerkbar machten. * Der Baftenmark zu Dedenburg wird am 3., 4 und 5. März I. 3. abgehalten werden. «.«·I-«’-T,T-' Tagesneuigkeiten. Meber das Brubenunglück bei Dur Aus Prag wird vom 11. d. M. berichtet: „Die Zahl der bei dem Grubenunglücke von Offegg ertrunfernen Bergleute soll größer sein, als zuerst gemeldet wurde, da das Wasser in die Nebenschächte eindrang. Der Schade trifft die Warnddorfer Kohlenbergbau-Gesellsshhaft als Belißerin der mundirten Schächte. Gestern bis um 5 Uhr Nachmittags war ein Wasserquantum von circa 30.000 Kubikmetern eingedrungen. Die verunglückten Bergleute (bei 30 an der Zahl) hinterließen eine große Anzahl unverforgter Kinder. — Soeben trifft die Nachricht ein, daß all die SKohlenmwerke „Bortschritt" und „Nelson-Schacht“, infolge des Wasserdurchbruches im Döllinger-Schacht, überfywemmt wurden und gernöthigt sind, den Betrieb bis auf Weiteres einzustellen. Mehrere Bergleute des Nelson-Schachtes werden vermißt. Sehr hundert Familien der Kohlengewerkschaft sind nun brodloß. + Säbelduel. Aus Hermannstadt, 8. d., wird und geschrieben : Gestern fand im nahen Hammerssdorf zwischen dem Lieutenant Bornemika vom 2. Hu- Baren-Dregimente und dem Lieutenant Göliner vom 39. Infanterie Regimente ein Säbelduell statt, in welchem Ersterer am Kopf, im Gesicht und am Fingergelenk, Legterer am Arme verwundet wurde. Als Zeugen des Ersteren fungirten die Leutenantd Baron Gablenz und v. Ebersberg, vom 2. Hubaren Regiment, als Zeugen des Lepteren Lieutenant Xider vom 31. Infanterie Regimente und Lieutenant Baricdic vom 8. Felde Artillerie-Regimente. Der Herausforderer war der aus Bohenien zum Besuche seiner Verwandten bieher gekommene Lieutenant Göllner, weil ihm Baron Bornemißa auf dem hiesigen Frauenvereinsbase während der Duadrille ee TE EEE Naubanfall auf ein Damen-Eoupe. Bei dem auf den 10. Becher d. 3. zwischen Pest und Wien verfehrenden Nachtpostzüge wurden, wie man und mittheilt, auf der Strecke Groß-Marofjd Szobb von einem bisher wo nicht befaunten Thäter drei in einem Damenfoupe befindliche Damen überfallen, in der Absicht, dieselben zu berauben. Der Räuber muß diesed Zweckel wegen auf den Zug in der Station Groß-Marosch hinausgesprungen sein. Der Zug war in vollem Gange, der Verbrecher öffnete plöglich die Goupelhüre des Damenjouss, verfegte der in der Nähe eigenten Frau einen Schlag, so daß dieselbe sogleich betäubt war, die andere fiel aus Angst in Ohnmacht und nur die dritte Dame hatte Saftung behalten, und rief um Hilfe. Die im angrenzenden Korps befindlichen Herren hörten die Hilferufe, einer derselben, ein Bediensteter der Eisenbahngesellschaft, Schwang sich auf das Laufbrett und auf die Bewegung der angrenzenden Kouperhüre lich der Thäter ab von seiner Absicht. Derselbe flüchtete sich am Laufbrette nach vorne, endlich ronnte er nicht mehr weiter, er begann si gegen seinen Verfolger zur Mehre zu jegen und schlug denselben blutig, doch dieser war kräftiger und warf den Räuber vom Zuge hinab. Kurz darauf kam der Zug in die Station Szobb und von dort aus sendete man sofort auf die Strecke hinauf, um den jedenfalls verunglückten Räuber dingfest zu machen. Dieser Fall beweist neuerlich die Nothwendigkeit von Intercommunications-Signalen zwischen dem Solosmotivführer und den einzelnen Shoupes. « Eingesendet. *) Löbliche Redaktion. Von der Ueberzeugung durchdrungen durch ihr vielgeleienes Blatt eine große Verbreitung meines nachs stehenden tiefstgefühlten Danke-zu erwirken,bitte ich um freundliche Aufnahme folgender Zeilen. Anlässig meiner heute in der hiesigen evangelischen Kirche stattgefundenen Trauung danken ich und meine Frau verbindlichst für die gütige Zuvorkommensheit und tat die Bereitwilligkeit womit uns die hohe königl ung.Gerichtsbehörde und der Herr Bürgermeister,Königl-Rathburcz die Wege zu unserer Versbindung ebnete. Wir danken ferner auf das Herzlichste Seiner Ehrwürden dem Herrn ewvangelischen Pfarrer Morig Ritter von Kolbenheyer für dessen wahrhaft liebevolle, von echt schriftligem Sinne getragene ehrenvolle Fürsorge für uns und seinen erhebenden geistlichen Beistand in der Grreihung unseren Zieles. End» li) danken wir no innigst unseren lieben Anverwandten und hochverehrten Trauzeugen, den Herren Anton Bauer sen. und Raimund Schloßer sammt deren werthen Familien für alle und mit so außerordentlicher Liebenswürdigkeit gezeigte gütige Theilnahme und wohlthuendes Entgegenkommen in der Zeit unserer Antresenheit in Oedenburg. Eine so humane, so rücksichtsvolle, so wahrhaft herzliche Behandlung wie sie und die Genannten zu Theil werden ließen, wird uns ewig unvergeblich bleiben und ist vollständig geeignet uns über anderweitige unliebsame Erfahrungen während uns feld hiesigen Aufenthalte hinweg zu helfen, denn sie bewied und, dab der Glaubenjaß: „Liebet du untereinander!“ zumal von gewissenhaften und zartfühlenden Unverwandten hob und heilig gehalten wird. Dedenburg, am 13. Februar 1879. Fohann Groß fammt Gattin, Hauseigenthümer in Wien. * Fir unter dieser Rubrik befindliche „@ungesendet* über» nimmt die Revastion Feine Verantwortung. Literatur. Soeben erschien in U. Hartleben’s Verlag in Wien: Die asiatische Pest, ihre Entstehung Berhütung und die Mittel zur Bekäm«»pfung derselben. Nach den neuesten medizinischen Erfahrungen für weitere Streife bearbeitet von Dr. Rafael Soen, praktischer Arzt in Wien. 3 Bogen, flein Doctav, elegant geheftet, Preis nur 30 fr. d. W. = 60 Pf. Dieses zeitgemäße, gediegene Werfen wird gewiß Jedermann willkommen erscheinen, der das ganze Mesen der schredlichen Pestkrankheit näher fennen lernen will und dürfte dasselbe zahlreiche Käufer finden. Wir haben es daher nicht möthig und weiter darüber zu berichten. Dr. Rafael Groen, der Berfaffer desselben, ist derselbe Arzt, welcher das für sich im gleichen Verlage erschienene, mit so großem Interesse begrüßte Buch: ‚Die anstehenden Krankheiten: Typhus, Cholera, Poden, Shharlach, Diphteritis, Masern und die orientalische Pest" (Preis 1 fl. 10 ff. 5.8, — 2 Mark) bearbeitete, en #