Oedenburger Zeitung, 1879. Februar (Jahrgang 12, nr. 15-26)

1879-02-21 / nr. 23

1373, ZI. Iahrgana. Freitag 21. Februar Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sorten Pränumerations-Preise: Ar­koco: Ganzjährig 9 fl. albjährig 4 fl. 50 fl. Bierteljägrig 2’M. 25 tr­ 1 fl. ’ Chr Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl. Bierteljährig 3 fl. Alle für das Blatt besti­mmten Sendungen, mit Ausnahme von er Pränumeration d« u. Infertion d« gebligten sind an die Nedac­ion portofrei einzusenden. (vormals „Wedenburger Nachrichten.“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Betrüchten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaff Redaktion : Aministration, Verlag, Expedition, Grabenrunde Nr. IM. | Hotel „Rose“ Nr. 19,2. Stock, ur­­ ,-'—.­­Einzelne Nummern offen WM. Kreuzer. es . MMII. Isiiferate vermitteln: Die Herren Paasenhein , Vogler, Wall­­fischgasse 10, Wien, Budapest, W. Oppelit, I. Etubinpartei 2. Wien. Heinrich Scaler, I. Singerstrasse 8, Wi­n. 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Aber die Herren Abgeordneten haben und drüben,­­einen feine rationelen Heilkünftler zu sein, denn sie verfallen nur auf Palliativmittel, den sieben Staats­­körper zu fristen, eine radifale Kur scheint nicht ge­­lingen zu wollen, so viel man auch experimentirt. Die meisten Ratbichläge konzentriren ss in folgenden Ber­haltungsregeln : Der Staatölörper muß Ruhe haben und recht gesch­ont werden oder mit andern Worten: Wir brauchen den Frieden und die Sparsame fest. Allerdings, diese Nachschläge sind ganz gut, auf das der Shon halb und halb Ausgegebene nicht vollends absterbe, damit allein jedoch, wird ihm die volle Gesund­­heit kaum wiedergegeben werden können; seine Natur ist zu tief erschüttert, als das man sie auf die ihr innewohnende eigene Lebenskraft auöfwi­eglic verlassen könnte, man muß in anderer, wirksamer Weise nach­­helfen, zur Genesung. Der­ wirtsschaftliche Verfall unseren Staatslebens dalirt übrigens nur bloß vom legten, muthwillig heraufbesjchwornen Kriege her, er ist vielmehr in einer Summe von Faktoren begründet, die fort und fort ihre Wirksamkeit äußern , wir sind dur langjährige Miß­­wirtsschaft, durch übertriebene Belastung unserer Steuer­­kraft und durch irrationelle Behandlung unsered erwer­­benden Bürger- und produzierenden Bauernstandes so tief herabgekommen, so weit herausgedrängt aus dem wirtschaftlichen Geleite, daß wir übergroße Anstren­­gungen machen müssen, um womöglich wieder einzulenken. Ein Mittel dazu verspricht man sich von der her­vorstehenden Revision der Gewerbegereged und einer ersprießlichen Reform desselben. Zu diesem Ende will der j­­unge Minister für Aderbau, Handel und Gewerbe eine Enquete demnächst einberufen, von deren Berathungen man praktische Resultate erwartet. Zwar ist es kaum leugbar, daß das, was geplant wird, ein entschiedener Rückchritt in freiheitlicher Bez­ziehung sein wird, ein Rückchritt, dessen Nothwendigkeit aber von Sedirmann anerkannt werden muß, der den fastiichen Verhältnissen Rechnung trägt und zu der Einsicht gelangt ist, daß das Gewerbegefeg vom Jahre 1872 ein saltus in natura war, Mir müssen also thatsächlich bis zu einem ger­eifsen Punkte zurückgeben und das Gemerke in wesentl­ich conservativerem Sinne organisiren, al dies im Jahre 1872 geschah, . Man verlange in deßronung nicht,daß wir bei dieser—wirmöchtensagen-Rücki­ärigeoncentrirun­g etwa ganz und gar zu den mittelalterlichen Zuständen zurückkehren. Wohl wird das neue Gewerbegesetz eine Reihe von Zwangsmaßregelndecreib­en müssen,s­ieden­ Ge­­nossenschaftszwang für den selbstständigen Gewerbetreis benden und dem­ Un­terrichtsziwang für den gewerbebe­­flissenen Jüngling und einen­ Nachtreib des Besitzes jener unumgänglich nöthigen Kapitalien,um ein Ges­­chäft eröffnen und fortführen­ zu können.Aber es wird sorgfältig alle Maßregeln vermeiden müssen,w­elche ges­eignet wären,das Kapital und den Untern­ehmungsgeist von dem Boden des Gewerbes zu verdrängen, oder ihnen dieses Gebiet der Thätigkeit und der Spekulation zu entfremden. So viel steht fest, daß eine außgiebige Hebung der gewerblichen Zustände eine der wichtige­sten Schritte wäre zur Genesung. Ben fast ebenso bedeutenden Belang ist die im Werke befindliche Kreizung der Banffilialen im Lande. Und dabei sind wir Oedenburger Gottlob­ auch, ganz direkte betheiligt. Wir lesen nämlich in der zumeist richtig informirten „Budapester Korrespondenz:“ „Der Generalrath der Örsterreichisch - Ungarischen Bank hat in einer Zuschrift an den ungarischen Finanz­­minister sich bereit erklärt, außer den im Sinne der Bankstatuten im Jahre 1879 zu errichtenden drei neuen Bankfilialen weitere drei Filialen, deren Erricte­tung das Bankstatut für „später“ anordnet, in der Messe zu errichten, daß man zwei im Laufe des Jahres 1880 und eine im Laufe des Jahres 1881 akfiviren würde. Die sechs Filialen, welche hier in Frage stehen, sollen wie die „Bud. Kerr.” erfährt in Oedenburg, Preßburg, Groß.» Kamifa Karlsburg, Urach und Effegg errichtet werden." Uns ist die Nachricht nicht neu. Schon vor etwa vier Wochen kam uns von hochgeachteter, wohlinformir­­ter Seite die beruhigende Bereicherung zu, dab­­er»­denburg eine Banffiliale erhalten und nur noch der Zeitpunkt der Errichtung­ zu bestimmen sein werde. Obige Meldung, so freudig sie an und und gewiß sei den Dedenburger berührt, der für seine Vaterstadt warm und treu fühlt und für ihre Zukunft Sorge trägt,­­ ist und daher bloß eine willkommene Ergänzung unserer früheren Information, von der wir unseren Lesern freu­­­h seine Mittheilung machten, um nit vorzeitig „arm zu Schlagen“. Willein, wenn wir auch nicht frü­­her Kunde gehabt hätten vom Stande unserer jo vita­­len Angelegenheit, in uns lebte stets die Welterzeugung, daß unsere Negierung seine andere Entscheidung treffen könne, als sie getroffen hat. Wir waren und immer der Bedeutung unserer Stadt bewußt, waren daber unerschütterlic in dem Glauben, die Regierung könne sich der Erkenntniß dieser Bedeutung nicht verschließen und werde umso gewisser auch für unsere Stadt eine Bank­­filiale bewilligen als dadurch eine wahrhaft nationale Wirthschaftspolitik bethätigt wird. Für jept haben wir nur no abzuwarten, in welcher Jahl hinsichtlich der Errichtung der Bantfiliale wir eingereiht werden, ob in 1880 oder 1881. All in diesem Punkte vertrauen wir auf die Würdigung des Nanged unserer Stadt und al in diesem Gefühle der Sicherheit hoffen wir nicht getäuscht zu werden. Der neue Finanzminister des Tiharstabinets, Graf Sza­­pary, hat bereits in seinem legten Finanz-Programm gezeigt, Daß es ihm sehr ernst ist um die Besserung unserer wirtsschaftlichen Zustände, unser Herr Abgeord­­neter Minister v. Trefort ist gewich an ein Mann von Wort und wird sein Versprechen: Dedenburg in der Bankfilialfrage besonders zu be­fürworten, hoffentlich einlösen und so schreiten wir denn vieleicht auch vorwärts auf der Bahn zur Genesung. THe ne­w BEER greuilleton. Eine edle Nade. Aus der Mappe eines österreichischen Offiziers von Leander Mer; (Schluß.) 3d war gerade von einem längeren Spaziergange zurückgekehrt, ins Hausthor getreten, ald mir plößlic Alice — Yo hieß die Schöne — entgegen­sam, ein wohlduftendes Bouquet in der Hand, ein Buch unter dem Arm. „Wie ich glüclich bin, Di hier zu schauen !" rief ich freudig aus, ihr die Hand reichend. Wo warst Du denn, mein Engel?“ „Im Garten“, verlegte sie, mich voll und treu anblidend. : „Im Garten?" sagte ic, sie an mich ziehend und meinen Blick in den Haren Spiegel ihrer blauen Des­manten tauchend, Dann schlob ich Sie in meine Arme was sie ohne Widerstand geschehen ließ, und F küßte sie wiederholt auf ihre Rosenlippen mit al’ der Gluth meiner brennenden Seele. Fortan sahen wir und im Garten. Ich schwamm in Glüh und Seeligkeit, do nicht allein, weil ich auf das Gelingen meiner Race rechnete, sondern, weil mir das holde unschuldige Kind wirklich gefiel. Das Glücksvährte aber nur kurz.Eines schönen­ Tages war Alice verschwunden,und Niemand konnte mirsagen,wohin sie der Vater,gewiß von einem Vert­räther mit unseren verstorbenen Zusam­menkünften ver­­traut gemacht, entführt, verbannt hatte. Ich war trostlos, vergebens hatte ich die ganze umliegende Gegend ausgesundh­aftet, vergebens. Agen­­ten ausgeschidt, sie ausfindig zu machen. * Drei Wochen waren wieder­um. Ich sah eines Morgens in meinem Zimmer, unwehmüthige Gefühle im Herzen, ein vermwelftes Bouquet betrachtend, had mir Alice zu meinem Geburtstage gegeben, als es plöglich an meiner Thür pochte: „Herein !“ rief ich gespannt nach der Thüre sehend. Mer beschreibt mein Erstaunen ? Herein trat Der­­jenige, der mich noch Feines einzigen freundlichen Biides gewürdigt, der mich als seinen größten Feind ansah, weil ich Oesterreich diente. Ich erhob mich rasch und ging ihm freundlich entgegen. Erst fest konnte ich ihn gut sehen. Seine Züge waren entstellt, seine Gesichtsfarbe fränzlic, sein Auge gebrochen. „Ih wird Sie überraschen, mir hier zu fjehen “" begann er nach einer Pause, während welcher er sie gefaßt zu haben seien. „In der That“, entgegnete ich. „&8 ist das Glück meines Kindes, dad mich hier ber geführt", unterbrach er mich, ohne mir anzusehen. E r schien einen fürchterlichen Kampf zu kämpfen. Ich zuchte zusammen. “ „Meine Tochter liebt Sie, dad wissen Sie, nicht wahr ." Ich schwieg, den Blick zu Boden gesenzt. „Mit diesem­­ Verhältniß nicht einverstanden, habe ich sie nach Mirandola auf meine Belegung geführt.” Ich wußte noch immer nicht, wo hinaus er wollte. „Diese plögliche Entfernung“, fuhr er fort „hat ihr das Herz gebrochen ; sie ist frank, sehr frank, sie sehnt sich nach Ihnen.” Er sprach diese Worte mit beinahe unhörbarer Stimme. 3h schwieg noch immer. „Sie will Sie sehen.“ Er fahle mich forschend an. „Gleich sehen, sonstt — — —' Er stehte. Eine Thräne entbebte seinen Augen. „Ich bin bereit“, sagte ich aufs Tiefste bewegt. „Der Wagen steht unten“, lud er mich ein, ihm zu folgen, indem er sich gleichzeitig mit dem schnee­weißen Batisttiche die nassen Augen abtrocknete. Eine Viertel Stunde später fuhren wir bereits Mirandola zu und acht Wochen nach den soeben er­­zählten Ereignissen, war die schöne, wieder gesund ger­mwordene Alice mein angetrauter Weib, So hatte ich mir gegen Defterreihe größten Feind gerät, — ee » . Sa

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