Oedenburger Zeitung, 1879. September (Jahrgang 12, nr. 106-117)

1879-09-19 / nr. 113

LustYIQSeptembekis7u Nr. 113. Dedenburger Zeitung. (vormals „Oedenburger Nachrichten‘.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr! — Berrückten zur Mehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Einzelne Nummern kosten am Kreuzer. Das Batt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: ür toco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 fl. 5 Vierteljährig 2 N.’25 fl, Go 1 fl. 2 Flr Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vier­­teljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, ee und Intersions­­gebühren sind an die Nedaction portofrei einzusenden. Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. IM.­­Neugasse Nr. 18, im A. Stock. Redaktion: BEER BEE TEE ERBETEN EHOESEERSREN SInferate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, Walls­tifhgasse 10, Wien, Budapest, U. Oppelns, I. Stubenpartei 2 Wien, Heinrich Schaler, I, Singerstrasse 8, Wien. 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Die Abgeordneten von „haben“ und von „prüben‘ der Leitha. Aber nicht bloß die, welche duch ihr Freiwilliges Fernsein die „rochte Saisson“ in dem heimischen Städten geschaffen haben, nicht bloß jene Glückkichen, welchen es gewährt ist, Badereifen und Rundreife-Billets- Touren zu machen, oder ihre Rand-Billegiaturen zu be­­ziehen, auch ein großer Theil jener Fehrt heim. Die über militärisgen Befehl unfreiwillig, wenn auch freudig den österreichisch-ungarischen Fahnen folgten, die man aufzupflanzen ging auf Bislang türkischem Ge­­biete, in Novis Bazar. Wir hören nämlich, daß alle älteren Armeeange­­hörigen, nämlich die aus dem 1875er Jahrgange und selbst Viele der noch jüngern Diener aus den offupir­­ten Ländern in ihre Heimat entlassen werden. Es ist diese freudige Nachricht um so wahrseinlicher, als vor vier oder fünf Tagen auch von hier, von Oeden­­burg nämlich, ein Transport von zirka 170 Mann, unter der Führung des Herrn Lieutenants Eichin­­ger, nach Serajemwo abging, um bdaselbst die länger dienenden und beurlaubten Kameraden zu erregen. Sie fehren also heim: Die Mächtigen am Staatbruder und auch die, denen das harte Roos zu Theil wurde, von den Machthabern benügt zu wer­­den, um auf Gefahr ihres Lebens hin, die Pläne der Letzteren zur That werden zu lassen. Wir begrüßen freu­­dig die Heimkehr Beider, die der Ersteren, weil nun bald wieder rüstig an die Arbeit in den Parla­­menten gegangen werden wird, und hoffentlich Gebete zu Stande kommen, die heilsam für die bürgerliche Gesellschaft Ungarns sind; und die der Letteren, weil sie mit geraden Gliedern ihren Familien und der Thä­­tigkeit am Werktische zurücgegeben sind. Wir begrüßen nicht minder mit freudiger Genug­­thalung die Heimkehr derjenigen, deren Exittenz weder dazu angethan ist, ihnen eine politische, noch eine dienende Rolle anzumeisen, die Heimkehr der b­e­­mittelten Privatper­­onen nämlich ; denn die mit Glücksgütern Gesegneten werden vielleicht unse­­ren Gewerbsleuten Arbeit und mit derselben Ber­­dherunft geben. Vielleicht (leider nur „vielleicht") wird es in den Werkstätten der Schneider, Schuster, Z Tapezierer, Tischler, Wagner, Niemer 2c wieder Teb­­hafter zugehen, vielleicht in den Gemwölben der Kauf­­leute Handel und Wandel wieder blühen, auf daß der Meter und die Waage nach langer Nähe ihre Bestim­­mung fleißig erfüllen ; denn das Gewerbe in Ungarn liegt darnieder und bedarf viel dringender eines Auf­­schwunges als Oesterreich-Ungarn türkischen oder alba­­nesischen Länder-Zuwachses bedarf. Sie auch lehren heim, die Schüler, welche Lerien, und die Professoren, welche Ruhetage hat­­ten. In den Unterrichtsanstalten herrscht wieder reges Leben und die Schäle des Wissens sprudeln wieder aus bewährten Quellen, den nach Weisheit Dürftenden zu. Wahrlich in Ungarn fehlt es nicht an hervorragenden Pflanzstätten der Gelehrsamkeit und an tüchtigen Gärt­­nern im Reiche der Erziehung. Möge das segensreiche Werk der Wolfsbildung immer weitere Dimensionen annehmen und Kultur und Fortseritt alle Schichten der Bevölkerung emporheben aus wüster Geistesnacht. Möge auch die leider in unseren Tagen arg verlästerte Religion wieder erstarren in dem Gemüthern der Völker. Es gibt für die mindern Slaffen der Gesell­­schaft no­r ein Surrogat für die Religion, twir halten­­ dieselbe für die wichtigste Schulwehr gegen das Umsichgreifen des Lasters, gegen die in erschrechen­­der Ausdehnung zunehmende Korruption in den untern Schichten. Und nit allein, daß manche Verbrechen, vor deren Verübung auch die strengsten Strafgesetze weniger fhngen, als das moralische Gefühl in den Her­­zen der Menschheit, das also durch gute Schulen und erhebendes Beispiel gefäet, gepflegt und großgezogen werden muß, so ist auch die­­ Religion meist der einzige Trost der Unglücklichen, die einzige Stüße der durch Widerwärtigkeiten des Lebens Niedergebeugten. Die Ge­­sellschaft — wie sie heute no ist — Fan ohne Reli­­gion, ohne sittliche Grundlagen so wenig bestehen, als ohne wissenschaftliche Bildung und man glaube ja nit, daß die Doktrinen der Wissenschaft mit den Grundlehren der Religion im Widerspruche seien, nur darf man gedanken- und willenlose Bigotterie und star­­res Festhalten an irrigen, sogenannten Glaubensjägen, nicht mit der wahren Religion, verwechseln. An den Priestern und Lehrern ist es, ihre Hörer gegebenen Ortes gehörig aufzuklären, ohne deren Religiosität zu untergraben. Nun, sie sind keingefehrt, die Bildner unserer Jugend, die Blüthe der ungarischen Nation, und werden hoffentlich ihres fewierigen, dafür aber auch Lohnenden Berufes beste Früchte emsig zur Reife bringen. Auch die aderbautreibenden Bewohner unseres schönen Baterlandes sind von den Feldern, die sie, mit ihrem Schweiße gedüngt, heimgekührt. Aber ah! Heuer war der Kohn der Thätigkeit ein geringer, die einge­heimste Ernte genügt kaum für dem eigenen Bedarf und die Aussaat. Möge wenigstens der bis jet no zu Hoffnungen berechtigende Weinbau Heuer die in seine Resultate gesetzten Erwartungen nicht trügen. Wenn der Ertrag des Nebstodes nur zum Theile wenigsteng den u­nn mist asenmer sernsene - Seuffleton. Verien-Ausflüge. Bon 9. (Fortlegung.) » Brünn,die berühmte Tuchfabrikstadt,das Mani­chester Oesterreichs,mit seinen Hunderten von Tuchs und Schafwollstofffabriken,mit seinem»Spielberg«dem Gefängnisse u und der Grabstätte des Pandurens Obersten Freiherr v.Trenck,der dabei den Kapuzinern ruht, hat manche Interessante für sich und namentlich für uns Ungarn in der Beziehung, daß hier die Wolle von den Millionen Schafen, die auf unseren Weiden ge­­zogen werden, zumeist verarbeitet werden und als theure französische und englische Kleidungsstoffe zu uns zurück­­kehrt. Ich verschaffte von Wien aus mir eine Empfeh­­lung in eine der ersten Fabriken, die mit 1500 Per­­sonen und einer großen Zahl von Webestühlen neuester Konstruktion arbeitet, und konnte somit von Stufe zu Stufe die aus Ungarn importirte Schafwolle in die Kunstwäscherei, Färberei und Weberei verfolgen, bis die Wolle als herrlichster Kleidungsstoff in Ballen ges­iegt, gepackt zum Versandt an unsere Kaufleute herge­­richtet wird. Wahrlich man bekommt einen Nespelt vor dem Menschen­ Geiste vor der Betriebsamkeit, vor den herr­­lichen Erzeugnissen dieser Etablissements. Freilich ist dies nicht mehr das einst so berühmte, durch mehrere Generationen ausdauernde « farb» und stichhaltige Erzeugniß unserer alten „Sünjer Zug» macher*, auch nicht das frühere so solide „Bränner Tod“, — 8 schillert und schimmert all dies viel schöner, ist an dem Griffe nach viel feiner, und scheint haltbarer, aber es ist dies eben alles „Schein‘‘ wie in allen und den meisten Erzeugnissen unserer sehwindeligen Zeit zumeist der „Schein“ figurirt. So wird in unseren Kaufläden auch manches Kamm-Garn, manch anderer schön meh­rter Stoff die in Brünn erzeugt werden, als echt englisch oder echt französisch verfauft und theurer bezahlt, denn kaum sind die ersten Muster der Miedestoffe in Paris oder London sichtbar, so wissen unsere Industriellen sich die felben zu verschaffen, und sie dem Scheine nach wenigstens ganz machzuahmen, um die Niederlagen unserer Städte bevor die betreffende Saison eintritt, schon damit reichlich zu versehen. Don Brünn fuhr ih nach Prag. Die Gegend wird hier freundlicher, es wechseln Berg und Thal, Stüffe und Tiebliche Auen. Böhmen. Gegen Böhmen sind wir Ungarn gewöhnlich voll Vorurtheil. Quid boni provenit ex Nazareth ? „Was kann in Böhmen und aus Böhmen Gutes vorkommen‘, sagen wir oft. “8 fallen uns da nebst den taufenden herumziehenden böhmischen Mufikanten, Köhinnen 2c, auch jene Schwärme von Beamten ein, die während des Provisoriums aus den Landen der Wenzelsfrone auf manchen Karren ohne Pferde-Gespann hereinkamen, und hier die Admi­­nistration, die unsere Landesfinder als Hochverrath an der Nation entrüstet ablehnten, gefügig übernahmen, hier „Snädige Herrn“ in goldschnürigen Attilas wurden, und sich amnfchieten wahrhaftige, zwei und vierfspännige Equipagen anzuschaffen, die Töchter unserer besten Familien und deren wohl berechnete Mitgift zu heirathen, und sich für alle Ewigkeit hier niederzulassen, als die für sie so verhängnißvollen­ sechziger Jahre kamen, mit ihnen der Ausgleich mit der Krone, und die Rehabi­­litirung unserer­ Konstitution und deren treuer Anhänger. Nun natürlich zogen die Meisten wieder zurück in die fast vergessenen heimischen Gefilde — und die da blieben, die lernten nebenbei schön fleißig „ungarisch‘‘ und wurden in ihren Kindern und Engeln die treuesten arbeitsamsten Unterthanen der heiligen Stefansfrone — wodurch beide Theile nur gewinnen künnen. Ungarn ist ein schönes, herrliches Land, aber im Verlaufe der S­ahrhunderte oft und oft ent­völkert, durch die vielen verheerenden Kriege, wurd­en stets als das Kanaan anderer übervölkerter Länder betrachtet, und wollten wie heute die ganz reinen Ab­­tümmlinge jener Hunnen und Magyaren herausfinden, die mit den sieben Heeresführen aus Asien hereinkamen, und in Etelköz, ihren Fürsten wählten, dann dieses ge­­lobte Land Ungarn offupirten, und dasselde unter sie als gute Beute vertheilten, wahrlich wir würden un­­übersteigbaren Hindernissen begegnen, und in den vor­­lautesten Chauvinisten die Engeln von Schwaben, oder Slaven erkennen. Daher nur fachte, liebe Herren ; facte! der un­­garische Patriotismus ist sein Monopol irgend einer Klasse von mehr oder weniger ungarisch klingender Na­­men! Seien wir die Apostel der schönen ungarischen Sprache, die an und für sich schon wunderschön klingt, und im Geiste unserer Gefege, und im wohlverstande­­nem­nteresse der Bürger ihre Wege in alle Schichten der Einwohner finden wird, ohne irgend­welcher Eifer­­süchtelei, oder ungeizigen Heeres. (Sortfegung folgt.)

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