Oedenburger Zeitung, 1880. Oktober (Jahrgang 13, nr. 118-131)

1880-10-10 / nr. 122

IF. s. lzs »­­I­­­ PER. ER ! Allem schlüssig zu machen haben,ob sie der Politik Englands auch ferner folgen wollen oder nicht.Pari­­ser Nachrichten zufolge hört­e man in London,daß sich Oesterr.-Ung.der englischen Politik anschließen wird.In Berlin zirkulirt das Gerücht,won­ach England beab­­sichtige, die Mächte zu einer Konferenz einzuladen, behuft Berathung der Zwangsmaßregeln, die gegen die Pforte zu ergreifen sind. Die „Limes“ und die „Daily News“ bezeichnen die Note der Pforte als eine Beleidigung für Europa. „Daily News“ glaubt, Gladstone werde sich durch die Großsprechereien der Pforte nicht beirren lassen. Wenn England si zurückzieht, würde Rußland weiter vorgehen. Das Resultat künnte nur eine Verwirrung Europa’s sein. Das klingt Alles s­ehr spuckhaft und wenn all die Mächte der abenteuerlichen Politik Gladstone’s nicht folgen und dieser selbst durch den Unwillen des engli­­schen Volkes an seiner Friegerifgen Absicht gehindert werden sollte, so ist damit der Friede Europa’s noch nicht gesichert. Was dann folgen würde, deutet jener Vorschlag Ruslands an, man möge die Türkei ganz so selbst überlassen, weil dann sofort die Revo­­lution in A tumelien und Bulgarien die Türken derart schwächen wü­rde, daß es dann ein Leich­­ter wäre, sie zu zermalmen. Dean sieht Jonach, daß nicht bloß England, son­­dern auch Rußland darauf erpicht ist, den Weltkrieg, den wir das Gestpenst der Zukunft nennen, heraufzubeschwören. EEE EEE I Sr und re Be « ---—-s-·"T-ss:.s:s-T.s»wjwo-»so-.-:2.ss-s.si.»-i—;-J·T«-" Warum nimmt der Meister Lehrlinge, welche nicht die Normalschulen absolvirt, warum behält er faule oder unwissende Gesellen, warum führt er sein strenges Hausregiment über die Lehrlinge ? Um dieser Richtung wird das Gefeg nichts helfen können. Was würde es nügen, wenn nach den neu projektirten Gefeßparagraf ein Meister eine Werkstatt eröffnet und sich den ganzen Tag nicht umschaut was darinnen geschieht, was wer­­den alle Gefegesparagrafe nügen, wenn die Gewerbs­­leute nicht selber fleißig und gewissenhaft ihre Geschäfte betreiben. Gegen die Einfuhr billiger und vielleichht auch schlechter Industrieartikel aus dem Auslande Finnen Sie, meine Herren, sich doch meinen Schuh verschaffen. Ebenso wie wir eine Preifreiheit haben ohne präventive Zensur, ebenso sol man die Gewerbefreiheit belasten ohne Präventivmaßregeln, wohl aber soll man denjenigen der ohne Kenntnig ein Gewerbe unternimmt und sich und andere schndet, kriminell behandeln (Heiter­­keit, ironischer Beifall). Kiraly (Debrezin) spricht kurz für Beschränfung. Yonäs für schrankenlose Gewerbefreiheit. Müller (Pet) verwahrt sich dagegen, daß man beim Handel von irgend­welcher Regulierung sprechen könnte die Handelswelt it über jeden Bers dadt erhalten, daß nicht alles in schönster Ordnung sei, es ist auch die Beschränkung der Gewerbefreiheit ganz unnöthig. . (Hiermit schließt der Minister die erste Sitzung.) (Fortlesung folgt.) D Regelung des Gewerbewesens von der Buda­­pester Enquete. (E­rtregung.) Dr. Gaul. Es muß die Regelung der gewerb­­ligen Verhältnisse unter allen Umständen angebahnt werden, aber diese Regelung darf nicht nach wissen­­schaftlichen Theorien, sondern muß nach praktischen Lebenserfahrungen durchgeführt werden. Es muß daher, wenn es für unse re V­erhältnisse praktisch ist, die Dio­­difizierung des Gewerbegejeges selbst gegen den „mo­­dernen Zeitgeist“ erfolgen. Daß es im gewerb­­lichen Leben brennende Fragen gibt, it Thatjadhe, daß die Erwerbsverhältnisse schiecht, die Disziplin unter­graben, der Korpsgeist im Gewerbe verschwunden ist, kann Niemand leugnen. ch behaupte nicht, daß die Schaffung von Geiegesparagrafen allein dieses alles verbessern wird ; aber ohne die bezüglichen Gejegartifel ist es nut möglich ,Verbesserungen anzubahnen. Strasser (Temesvär) sprigt dem Minister seinen Dank aus, daß er es den Kammern ermöglichte in dieser so hochwichtigen Frage ihre Ansichen offen auszuspregen. (Wendet sich gegen Jonas). Ich glaube aber wir sind nicht darum berufen, um zum Fenster hinauszuspregen und aus unseren Reden Kapital zu schlagen; es ist nnt unsere Aufgabe hier wissen­­schaftliche Theorien zu entwickeln und zu zeigen, was wir gelesen und was wir assimilirt oder nit assimi­­lirt haben (Heiterkeit Beifall), wir haben hier über wirflie Uevelstände und deren wo mögliche Sanirung unser Gutachten abzugeben. Die Herstellung der Zünfte verlangt Niemand von uns, ed will auch Niemand den Nummerusklaufus, aber das muß hier fonstatirt wer­­den, daß der jähe und unvermittelte Uebergang zur schrankenlosen Gewerbefreiheit für und jeher schädlig gewesen ist. Sie sagen, man kann Die Gewerbefreiheit nicht beigränfen, weil man Handel und Großindustrie nit beschränken darf, nun «8 wäre auch nicht das größte der Uebel, wenn auch dort einige Negelungen vorgenom­men würden, es gibt Kaufleute genug die nicht ihren Namen bereichen können, E83 ist beim Ge­­werbestand Intelligenz und Bildung zu heben, e& sollte sein Lehrling aufgenommen werden, der nicht wenig­­stens 4 Normalklassen absolvirt hat, er soll in den Sonntagsschulen mehr Gewigt auf den Sachunterrict gelegt werden ; zu dem Behufe müßte die diegierung fi zu größern pekuniären Opfern entschliegen als bisher. (Beifall). Es muß darauf gesehen werden, daß Die Lehrlinge nit alle Dienstboten und Kindsmädchen ‚ber­­wendet werden, es müssen regelmäßige Arbeitsbücer eingeführt werden. Alles das ist nöthig und all das zusammen ist ein Ausgangspunkt zur Hebung des Ge­­werbes. Dee hofft, daß die Regierung, wenn sie auch seine Opfer bringt, denn dazu dürfte sie schwerlich ge­­neigt sein, wenigstens einige Anstrengungen machen werde, um den gewerblichen Fachunterrigt zu heben und zu verbreiten.­­ Späteresfe des Gewerbes ist eine vers­­ünftige Beschränkung der Gewerbefreiheit nothwendig. Im Namen der Kargauer Kammer beantragt Hedner für den Paragraf 1 des Gewerbegeheges folgende Fassung: „Am Gebiete der ungarischen Krone kann jede großjährige oder großjährig erklärte Person ohne Unter­­schied des Geflegtes innerhalb der Schranken Dieses Gefeges jeden Erwerbszweig, den Handel mit inbegriffen, wo immer selbstständig ausüben und zwar unter eigener Leitung, wenn dieselbe die erforderlige Qualifikation in der vom Gefege vorgesgriebenen Weise nachmweisen kann, ist das mit der Fall doch einen qualifizirten Wert­­führer. Hinaly (Klausenburg) it der Ansicht, daß ein Kranker in der Regel nicht weiß was ihm fehlt, es ist Aufgabe des Arztes das durch die Diagnose festzu­­stellen und denselben dann entsprechend zu behandeln, ebenso ist es mit unfern gewerblichen Weberständen. Lokales. * Der Dedenburger Kaling-Berein veranstaltet in Gemeinschaft mit dem Dedenburger Mufitlapelen-Bereice am nächsten Sams­­tag, den 16.d. ein großes Konzert, „aus­schlieglig für Mitglieder beider Vereine im großen Kasinosaale. Die Mufik wird selbstrebend von der Stadt­­kapelle unter Leitung des Kapellmeisters Herrn 3. “. Ezerny exelutirt, das Programm, welches wir weiter unten folgen lassen, ist ein wahrhaft gewäh­l­­­ter und liefert den Beweis Lobenswerthefter Bestre­­bungen seitens unseres Kapellmeisters, denn kaum ging Strauß’ Operette in Wien über die Bühne, so wird schon ein Potpourri aus dem „Soigentuch der Königin“ zur Aufführung bei dem in Rede stehenden Konzerte vorbereitet. Den Zutritt zu diesem Konzerte haben (wie vor­­erwähnt) ausschließlich nur die Mitglieder für die auch das Entree auf die Gallerie (zugang­mä­­ßigen Preisen) reservirt bleibt. Einladungen an besagte Berechtigte werden in den nächsten Zagen ausgegeben, resp. ausgesandt, welche zugleich als Eintritts­karten giltig sind. Dieses philharmonische Konzert findet bei ge­dechten TZijchen statt und beginnt aus Rücksicht­ für den „K­odalmi &s müveszeti kör“ (welcher seinen Vereinsabend auch am nächsten Samstag, jedoch im kleinen Kasinosaale abhält) erst um 9 Uhr Abends, wobei nachstehendes, aus drei Theilen bestehendes Pro­­gramm zum Vortrag gebracht wird: 1. Theil. 1. Ouverture zur Oper „Wilhelm Tell", Roffini. 2. „S­­höner Mai-Walzer, Strang. 3. Paraphrase zur Loreley, Neswadda. 4. Die Afri­­kanerin „ginale‘, Meyerbeer. — U. Theil. 5. Kay Blas, Ouverture‘ Mendelssohn.6. Csárdás „Tokaji csep­­pek“, Keler Bela. 7. „Air“ Gavotte compos6 par Louis XIII. 8. Reise duch Europa, Botpourri, U. Conradi. — II. Theil. 9. Ouverture zur Operette „Die Mün­­chener Ehsenten“ (mit Auffängen bayrischer Volkslieder) Ezerny. 10. Neu: „Das Soigentuch der Königin“, Potpourri, Strauß. 11. „Aida“, Fantasie, Berdi. 12. Ernest­indule, Kaulig. * Südbahn. Vom 15. Oktober tritt auch bei dieser und am meisten interessirenden Eisenbahn-Gesell­­shaft die Winter-Sahrordnung in Wirkam­­keit. Im Lokalverkehr von Wien bis Wiener-Neustadt wird die Zahl der Züge herabgefegt und mit dem von Wiener-Neustadt um 5 Uhr 45 Minuten früh nach Oedenburg abgehenden Güterzuge Nr. 392 vom 15. Oktober an keine Passagiere mehr befördert wer­­den. Alles Nähere über den Winter-Fahrplan enthalten die auf hiesigem Bahnhofe affiliirten Plakate. * Der hief. Verein für „ung. litera­­tur und Kunst“ beginnt den Neigen seiner Produk­­tionsabende in dieser Wintersaison am 16. Oktober (Samstag) 1. 3. Abends 7 Uhr im Kleinen Kasino­­saale. Bei dieser musikalifepedeflamatorischen Soiree ge­­langt nachstehendes Programm zur Aufführung: 1. Elektrische Beleuchtung. Verfaßt und gelesen von Leo Salamin. 2. Arie an dem „Nachlager von Granada“ von Konradin Kreuzer. Gesungen von Fräulein Bilma Pertl. Klavierbegleitung von Julius Kapy. 3. Das größte Leid. Skizze. Berfaßt und ge­­lesen von Johann Dengi. 4. Zwei „Lieder ohne Worte“ von Mendelssohn für Violoncello und Klar­vierbegleitung. Vorgetragen von Johann Alexander Wallner und Doktor Jgng Wallner 5. a) Arie aus „Freishng von CE. VW. Weber, b) Unga­­risches Lied. Gesungen von Frl. Bilma Pertl, mit Klavierbegleitung von Julius Kapy. 6. „Dort an Wal­deshöhe, Gedicht von Daniel Erödy, vorges­tragen von Wierander v. Szigethy. Bei so an­ziehenden und schon dur ihre Mannigfaltigkeit viel­­fachen Genuß versprechenden Veiträgen ist wohl Mit Zuversicht auf einen zahlreichen Besuch zu rechnen. * Eine neue Grundbuchs-Abthei­­lung im Dedenburger Komitate. Wie be­­richtet wird, Hat der j­­ung. Justizminister unter be­­stimmten Modalitäten erklärt, daß für den Kapuvarer und Esprnaer Bezirk, bei dem ersteren Bezirksgerichte eine Grundbuchsabtheilung Freict, respektive dem obigen Amte einverleibt werden wird. Diese neue Behörde dürfte im Laufe des kommenden Jahres in’s Leben gerufen werden. * Beloh­nung von Lehrern. Der Unter­richtsminister hat zur Belohnung jener Lehrer, welche sich um die Einbürgerung der Institution der Schul­­spartasten V­erdienste erwarben, einen Betrag von 1000 fl. gespendet, welcher Betrag für den V­orkämpfer dieser Institution in Ungarn, z. B. Weiß auf 1500 fl. ergänzt wurde. Diese Summe wurde in 4 Beträge zu 50 fl. und 52 Beträge zu 25 fl. getheilt, deren Aus­­losung heute in der Sagung des volkswirthschaftlichen DBereined vorgenommen wurde. Den Vorsig führte d. B. Weiß; das Ministerium des Innern war der Staatssekretär Baron Prónay, das Handelsministerium durch Staatssekretär Matlejovics, das Unterrichtsmini­­sterium durch Ministerialsekretär Buzogany vertreten. Nach einer Rede Matlekovics’, der die Bedeutung der Schulsparkassen hervorhob, nahm %. W. Weiß das Wort, der über die Schulsparkassen interessante Daten mittheilte. Gegenwärtig beschäftigen sich 224 Lehrer mit der Verwaltung derseiben; 7300 Schüler haben ber­­eit8 Gesammteinlagen von 54.000 fl. gemacht. * Chromophotographien. Wir erwähn­­ten bereits in der vorigen Nummer, daß, hier bei Herrn Ludwig Thiering, sowohl das Verfahren wie man Chromophotographien erzeugt, gegen billiges Honorar gelehrt wird, als auch alle Utensillen Hierzu das selbst angeschafft werden können. Die EChromophotographie hat nicht nur den Zweck, das Bild naturgetau mit Yarben wiederzugeben, son­­dern auch demselben eine unbescränkte Dauer zu filtern, wozu besonders das präparirte Transparenzmittel dient, 8 werden bei dem Verfahren speziell dazu präparirte Mineralfarben verwendet, welche ohne die mindeste Ver­­änderung dem Einflusse des Lichtes und der Atınos­­phäre widerstehen. Ohne besonderes Talent oder jahrelange Uebung zu bedingen, wie sie in der gewöhn­­lichen Malerei nöthig sind, ist diese neue Kunst von einer so systematischen Natur, daß Jeder, der den natürlichen Gebrauch seiner Augen und Hände und nur einigermaßen Geschmack befigt, wunderbare Effekte und Resultate erzielen kann. Gleichzeitig erlauben wir uns die Aufmerksamkeit der Kunstliebhaber und Derjenigen auf diesen Gegen­­stand zu leuten, die si eine elegante, unterhaltende und lehrreiche Beschäftigung während ihrer Mußestun­­den zu siltern wähnften, die zugleich den Sinn für das Schöne weht und Fultivirt. Bei Herren 8. Thie­­ring werden auch gewöhnliche Bistierarten-Photo­­gramme in obiger Weise zur Kolorirung übernommen und auf das Schönste billigst effektuirt. Weil das Ueber­­raschende und Anmuthende dieser imponirenden Del- Portraits Herstelung durch bloße Beschreibung, ohne das Resultat und den Effekt gesehen zu haben, gar nicht zur gebührenden Geltung und Beurtheilung gelangen fanıı, so laden wir nochmals Jedermann zu einem Be­­such des Thiering’schen Atelier’8­­ (Grabenrunde Nr. 66) ein, wo über alles Einschlägige bereitwilligst Auskunft ertheilt wird. *"Ungarischerd Alepfelerport. Die Budapester Handels- und Gewerbekammer wurde von Seite des Königl. ung. Ministeriums für Acerbau, Ge­­werbe und Handel verständigt, daß eine in Hirschberg in preußisch-Schlesien etablirte Firma sich an Dieses Ministerium um Namhaftmachung solcher ungarischer Orts­­chaften oder Obstzüchter gewendet, an die ss die Firma wegen Abnahme von größeren Quantitäten Aepfel wen­­den könnte. Auch bisher wurde eine hierauf Bezug ha­­bende Anfrage gerichtet, da bekam­tlich im Oedenburger und Eisenburger Komitat die Obstzucht in größerem Diafitaire betrieben wird. Auf die Aepfel - Lieferung Neflektivende erhalten nähere Auskunft im Bureau der Handels- und Gewerbekammer (Budapest, Maria Ba­­leriagasse, neues Börsengebäude, 2. Stob). Zage­neuigkeiten. + Kindesmord. In dem Aborte des Haus je8 Nr. 4 in der Fleischhauergasse zu Kashau wurde während des Neinigens ein neugeborenes Kind aufge­funden. Die polizeilich angeordnete Untersuchung führte zu der Entdefung, daß die in demselben Hause bedien­­stete Magd­ella Miltifovice, aus Szepsi gebürtig, 16 Jahre alt, dieses Kind am 19. d. an dem besagten Orte geheim zur Welt brachte, und nach deren Aussage das neugeborne Kind ohne ihren Willen oder Vorhaben in den Abort fiel. Sonderbar ist es, daß Niemand im Hause von dem Zustande des Mädchens eine Ahnung hatte und daß dieses ihren Dienstverpflichtungen ohne Unterdres­hung gerecht wurde. + Hundert Traub denforten Wie man mitteilt, enthält der neu angelete Garten der Versuchs­­station für Weinkultur in Klosterneuburg bei Wien hun­­dert verschiedene Traubensorten, welche in so großen A­ue

Next