Oedenburger Zeitung, 1881. Juni (Jahrgang 14, nr. 65-77)

1881-06-03 / nr. 66

­ Freitag, 3. uni 1881. Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. From­merations-Preise : Barkoco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 kr. Vierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl. , Kür Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vier­­teljährig 3 fl. Alle für das Dich bestimmten Sendun­gn, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertions­­gebühren sind an die Nedaction portofrei einzusenden. ZEV Spt­gun: Dedenburger Zeitung, (vormals „Dedenburger Nachrichten“. Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt: Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr’ — Beorachten zur Mehr’ — Der Wahrheit eine Warfe.“ Redaktion: | Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. AM. |Neugasse Nr. 18, im A. Stock. AAAIAHAIAAHALIN­TUR­TI Einzelne Nummern kosten im Kreuzer. ae M.. EEE NETTER EZERERRN Inserate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, in Wien, Eni, Budapest sowie in den Hauptstädten Deutschland und der Schweiz. A. Oppelit, I., Stubenpartei 2 Wien. Heinrich Scalet, I. Wollzeile 12 Wien. Infersions-Hebüpr : 5 fr. für die einpaltige 10 fr. für die zwei ig: 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. für die durchlaufende Petitzeile er­­ek­sive der Stempelgebühr von 30 kr. Bei mehrmaliger Einschaltung entsprechender Rabatt. Parlamentarischer Hochlendrian. Debenburg den 1. Juni. 1881. Die ungarische Reichstags-Session bereitet mit Nierenfpritten ihrem Abschluße entgegen und wie Alles, was bergab geht, in immer beschleunigterem Tempo seinem Ziele zueilt, so entwickelt jegt, am Ende seiner Tage, auch das Parlament eine fast fieberhafte Haft. E83 hätte sich zwar eine rasche Geschäftsabmwidelung au fen früher mit unserem obigen Gleichunge (von dem Bergabhange) rechtfertigen Lasten, denn Ungarns Legislative hatte diesmal seine andere Tendenz als die Nation von ihrer Höhe immer tiefer herunter zu bringen; aber dennoch wurde nie mit der Erledigung der Gefegentwürfe so sehr gehudelt, wie seit etwa einer oder zwei Wochen. Freilich bestehen die sogenannten Erledigungen in der Befrefung des be­­treffenden Gefegentwurfes. Die Abgeordneten fonversiren während dieser Prozedur über verschiedene Privatange­­legenheiten, sie promeniren im Korridor oder glänzen auch mitunter dur ihre Ab­wesenheit. Auf diese Art wird am Schluffe einer jeden Reichstagssession regel­­mäßig mit dem Wuste aufgeräumt, der sich während dreier Jahre aus verschiedenen Verlagen und Eingaben aufgehäuft hat. Der Grund dieses unzweemäßigen und der­ Würde der Volfsvertretung kaum entsprechenden Verfahrens, liegt hauptsächlich in dem Umstande, das die Vorlagen seitens der Negierung nicht immer mit gehöriger Gründlichkeit ausgearbeitet werden. Mit un­­wichtigen, oft ganz unnügen Dingen werden Wochen vergeudet und oft hält der Neichstag Wochen hindurch feine Sigungen, weil es ihm an vorbereitetem Mtate­­riale gebirgt. Zum Schluffe bleibt dann seine Zeit selbst für das Wichtigste und Dringlicste. Da haben wir beispielweise das für das ganze Land so hochwichtige Ehegefeg (betreffend Verbin­­dungen zwischen Chhristen und Israeliten) dasselbe wurde noch immer nicht in spruchreifer Fassung der Legislative unterbreitet, obschon darüber bereits endlose Verhandlungen gepflogen worden sind. Nun mußte dieser Defegentwurf, wegen mangelhafter (!) Klärung des Gegenstandes definitiv ad acta, bis zur neuen Reichstagsperiode gelegt werden. Ein von der Nation als dringendes, ja unab­weisliches Be­dürfnis anerkanntes eigentliches Chegefek (über obligatorische oder fakultative Zivilehe) hat die Negierung überhaupt nicht eingebracht ; man be­­gnügte sich mit dem bloßen Torso eines derartigen Gefeges, denn das was seither bei Ehebündnisen zwischen Chhristen und Auden gefeglich festgestellt wurde, hat Niemanden befriedigt. Kurzum! Die schielende, foquettirende Politik des Herrn Minister-Präsi­­denten von Ti­fa, tritt durch die Halbheit der Maß­­nahme, auch in gedachter Nichtung wieder einmal in das rechte Licht. Den Anforderungen des Liberalis­­mus glaubt man Genüge geleistet zu haben, wenn man ihm einen Broden hinwirft, um aber die Ultrameranen nicht zu verlegen und deren erprobte Unterfrügung bei den Wahlen nicht zu vermissen, mischt man die Karten so, daß schlieglich der Gelegentwurf ausge­spielt wird. Treilich ist man von Seiten der Regierung nicht verlegen, Gründe für­­ diese Verschleppung vorzubringen. Der Herr Ansttzminister stellt dem Rechtsausschuß for mell einen F­leißzettel aus, er habe alles erledigt, nur gerade dieser Gefegentwurf mußte zurückleiben. Ein anderer Medner der Regierungspartei erklärt sogar, der Gefegentwurf sei viel zu wichtig, als daß er rasch durch­­berathen werden könne. Vielleicht wollte der Herr Abge­­ordnete damit einen Beweis seines Libralismus geben und andeuten, daß auch er die Vorlage für absolut mangelhaft halte und daß derselbe daher einer gründlichen Umarbeitung bedürft hätte. Das aber eben ist es, was wir immer behaupten: Die Gefeggebung bringt für das Land nachtheilige, die Nation bedrühende oder doch zum mindesten ganz mangeln­hafte,Borlagen­ vor das Haus. Und ein solches Ministerium, unterfragt von einer solchen Reichstagsmajorität, vermöge deren Zusammenwirfen drei volle Jah­re hindurch mit den Millionen herumge­worfen, aber nicht ein bef­­riedigendes Landesgefeg geschaffen wurde, will aber­­mals sein Mandat Seiten­ der Wahl­bürgerschaft erhalten? Und wenn Man­­date so billig wie Brombeeren zu haben wären, jene Majorität, welche seinem einzigen von oben kom­­menden Drude ein Veto entgegenzufegen den Muth fand, jene Majorität, welche nur für sich selber, jedoch niemals für die Wohlfahrt der Bürger, für die Existenz mögli­eit der Gewerbetreibenden und des kleinen Mannes überhaupt eintrat, soll sein Mandat mehr erhalten, zum Mindesten dort nicht, wo noch gesunder Bürgersinn, wahrer Batrivotismus, echte Liberalität und ein Herz fürs Volt die Wähler befeelt, also Bier in Oedenburg . Diese Tresorts und Konsorten möchten gerne Alles durch das Volk erreichen,allein Alles gegen das Volkthum.Sie möchten gerne weiter herrschen,wenig­­stens wieder auf die nächsten drei Jahre­n sagt das ,,N.P.J.«diese Elemente eines von der Korruption angetreffenen Opportunismus, diese Elemente ohne Prin­­zip, ohne Muth, ohne Begeisterung. Das Land soll sich fortfloppen nach der alten Methode, im alten Geleite. Regierungssysteme sind wie die Pyramiden, sie stehen doch ihr eigenes Schwergewicht, denn sie haben eine breite Basis, was schadet es, wenn sie auch nichts weiter in ihrem Innern bergen, als einen Kadaver? Der Schweiß von Tausenden Fleht an jedem der Steine, aus denen der schwerfälige Bau­ zusammengefügt ist, aber wer oben steht auf der Spige, der kümmert fi nicht um die Leiden der unter der Laft ächzenden Ar­­beiter, er genießt das großartige Panorama, welches fi ihm von der Spie darbietet. Wie bezaubernd ist da von jener Höhe der Aublid — in die Würste. Un­­garn soll aber feine Wüste, sondern ein blühendes, gottgesegnetes Reich sein, wir wollen also feine Mauro- Seuilleton. Mein Wanderleben. Erzählungen eines „Achtundvierziger“". (Hortregung.) Elfe hatte auf diese Art den größten Theil der Erlebnisse unseres Freundes erfahren ; sie hatte seine ihm wärmerische Liebe für die Verstorbene vernommen, sie war sozusagen in alle Mysterien seiner Seele ein­­geweiht worden und hatte nach und nach, ohne daß sie es selbst wußte, sich im Herzen ein deal gebildet, das sie, ohne die Person zu kennen, verehrte, anbetete. Und als nun Linke eintrat, als er, von ihrer Aehnlichkeit erschüttert, oinmächtig der Bäuerin in die Arme fant, da hatte der Gott der Liebe über sie einen Grieg er­­rungen und in ihrer Seele zitterte, einem Gebete gleich, die Gewißheit, da dieser Mann, daß Gustav es sei, den sie ersehnt, den sie erhofft, den sie unbe­­wußt angebetet. Aber noch ein anderer Umstand kam dazu, un­ jerem Freunde die Wege zu Elfens Herz zu ebnen. Linke hatte nämlich, gelegentlich eines Besuches bei Frau Hagen in Kairo, derfelden­au mitgetheilt, wie er im Jahre 1860 im Hafen von Neapel ein kleines Mädchen, welches vom Dampfer aus in’s Wasser gefallen, aus den Fluten geholt. Frau Hagen war über die Erzählung betroffen gewesen, hatte aber nichts darauf erwidert, obgleich ihr ein Schrei der Weberraschung entfuhr, den unser Freund auf Konto ihres Erstaunens schrieb. SJenes eine Mädchen, welches Linse damals ge­­rettet hatte, war Elfe und die Dame, welcher er das Mädchen übergeben, eine Dienerin der Frau Hagen gewesen. Frau Hagen hatte, wie bemerkt, über diesen Punkt nichts zu unserm Freunde erwähnt, dagegen ihrer Freundin, der Klausner Pepi, sowie auch ihrer Enkelin sofort geschrieben, daß der Doktor Gustav Linke es gewesen, welcher damals Elfe mit eigener Lebensgefahr aus dem Meere gerettet. Alles dieses in Betracht gezogen, wird selbst der schärfste Kritiker und größte Psychologe zugeben müssen, daß es nur natürlich war, wenn das junge Mädchen, das die ganze Leidensgeschichte seiner, Mutter Fannie, das gehörte hatte, mit welcher schwärmerischen Liebe diese an Linke gehangen, daß deren leßtes Wort vor ihrem Scheiden von dieser Erde jener Name gerwefen, wenn dieses etwas schwärmerisch angelegte Mäppenherz mit der vollen Glut ihrer jungfräuligen Seele jenen Dann liebte, der so treu, ja mit fat unglaubliger­­ Ver­­ehrung und Anbetung an seinem peale gehangen, daß er bei ihrem Anlel­e geglaubt hatte, den Geist der­ Verstorbenen vor sich zu sehen. — — Nachdem die ersten Tage und Wochen nach Linke’s Ankunft in Mariabrunn unter Plaudern und Erzählen von Messeabenteuern so schnell verstrichen waren, daß sowohl Erzähler wie Zuhörer kaum wußten, wo die Zeit hingenommen, und unser Freund es sich nebenbei reiflich hatte angelegen sein lassen, Elfens Geist, Seele und Gemüth in jeder Nichtung zu durchforschen, faßte er endlich den Entschluß, mit Elfe in’s Reine zu kommen. Er hatte gefunden, daß Elifens Toter der Da­­hingeschiedenen in allen Stüden so ähnlich, sei, daß sie sozusagen die Seele der Verklärten in si trug. Linke vergaß hier nur auf Eines, nämlich, daß er in Wahrheit Elife ja gar nicht gekannt Hatte und daß das, was er Jahre lang in seiner Seele als. Elife barg, doch nur ein Seal, sein Jünglingsideal, ge­wesen, das freilich, zu seinem Glücke, mit der­ Tochter der Dahingejciedenen, nämlich mit Elfe, in allen Stüden zusammentraf, so zwar, daß er, im Hinblick auf Beide, mit dem Mathematiker, ausrufen konnte: „Hürwahr, sie sind einander — Fongruent !“ Und dieses war feine Uebertreibung. Denn: Elfe besaß neben ihrer Schönheit ein wahrhaft edles Herz, eine große­­ Seele und in derselben einen unerschöpflicen Schaß an treuer unvergänglicher Liebe. Wir sagten vorhin, daß unser Freund, nach reif­­licher Erforsschung Elfens, zu dem Entschluffe gekom­­­men­ war, ihr seine Liebe zu gestehen. Eine gewisse Scheu ließ ihm dieses aber von Tag zu Tag verschieben. Da kam ihm ein glücklicher Zufall oder vielmehr eine unverhoffte Ueberraschung zu Hilfe. Der Sommer des Jahres 1873 brachte Frau Hagen mit ihren Töchtern nach Wien, und als der erste Begrüfungstaumel vorüber war, da warf sich eines Abends Elfe vor dem Schlafengehen in die Arme ihrer Großmutter und gestand ihr unter Thränen, daß sie den Doktor liebe und anbete. Frau Hagen war von diesem Geständniß keineswegs überrascht, obgleich sie als kluge Frau­en zu sein schien. „Meine Elfe", fjprach sie, „hast Du all in Wahrheit Dein­ Herz geprüft “. Der Doktor ist kein junger Dann mehr, er hat tausend bittere Erfahrun­­gen hinter sich und es müßte ihm das Herz brechen, wenn er einst die Entdeckung machen sollte, daß Du ihn und Di selbst getauft, daß Deine Liebe nur ein Rausch gewesen.! — (Sclup folgt.)

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