Oedenburger Zeitung, 1882. Februar (Jahrgang 15, nr. 27-49)
1882-02-23 / nr. 45
,staatlichen Bedürfnisse erforderlichen Geldmittel,nach dem Grundsatze der materiellen Gerechtigkeit und der Gleichheit gesetzlich festzustellen. Es ist seine Pflicht zu verhindern,daß willkürliche Anforderungen die Bürde der Abgaben unbefugterweise erschweren,und nicht das bittere Gefühl der Schutzlosigkeit «vor den Gesetzgebern im Reiche im Volke erwachen. Eine doppelte Belastung eines und desselben Steuerobjektes aber unter Spiegefiechtereien und Listen eintreten zu lassen,ist eine——Erpressung. Das Amendement des Herrn Reichstagsabgeordneten Odön Steinacker’6 bezüglich der Befreiung der vor dem 15.Februar ausgegebenen "Kaffeesendungen von der Entrichtung des höheren Zolles,ist für das größere Publikum von geringem Belange und wäre hauptsächlich nur für einige Großhändler von Vortheil,welche aber an den größeren Vorräthen,welche sie besitzen,dem Detailhandel und dem Publikum gegenüber ohnehinden ".Vortheil einer freien Prämie genießen.E.M. · sz sz — in Namen der Gerechtigkeit, im Namen der Humanität muß von demselben Staate, dessen richterliche Organe die Todeswunde schlugen, auch die Heilung der septeren, soweit es eben möglich ist, gefordert werden. Diese Nothwendigkeit stellt sie umso erlatanter heraus, als irrige Rechtsprechungen nicht mehr zu den Seltenheiten gehören, und die Verurtheilung auf Grund des Indizienbeweises solche Irrthümer offenbar ermöglicht. Wer bürgt und dafür, daß nicht auch ungarische Nichter sie einmal irren künnen? — Menschen sind wir alle, Menschen die irren können. Aber solch fürchterliche Irrthümer müssen nach Möglichkeit gut gemacht werden, wie entschädigt man die Opfer der Justiz? Oedenburg,22.Februar 1882. Soeben ist die——aller Wahrscheinlichkeit nach —unschuldig verurtheilte,wegen angeblichen Todtschlages bereits vier Jahre im schweren Kerker angehaltene Katharina Steiner in Wien eingetroffen und in die bloße Untersuchungshaft auf so lange genommen worden,bis es gelungen sein wird,den Beweis für ihre vollständige Schuldlosigkeit an dem Morde der Balogh zu erbringen,die bekanntlich Selbstankläger Waschauer(allerdings absichtslos)um’s Leben gebracht zu haben sich erklärt. .«Wie,sosrägt man sich,wird nun das Opfer »der Justiz für die erlittene Schmach,die ausgestandenen Schrecken des Kriinals,den Verlust der Freiheit, die Einbuße am Erwerb etc.entschädigt? Es ist allerdings noch immer möglich,daß die Steiner,dennoch schuldig und Waschauer ein hirnverbrannter Simulant ist,aber ein anderer Fall eklatanter Unschuld liegt vor,«wo ein ehrenwert der k.k.Stabsoffizier ganz unverdientermaßen als Schurke behandelt und bestraft wurde.Muß sich da nicht das «tiefste Mitgefühl regen für die siebzehnmonatlichen Qualen eines unschuldig verurtheilten Ehrenmannes, der wegen Amtsveruntreuung und Verleumdung zu fünfjährigem schweren Kerker verurtheilt,seine Existenz nach einer 23jährigen verdienstvollen Militärdienstzeit vernichtet sehen und seine zahlreiche Familie hilflos zurücklassen mußte,um schuldlos in den Kerker zuwandaan Der pensionirte Major Helle in Krzenovize in Galizien bekleidete dort die Stelle eines Postmeisters. Zweimal machte derselbe die Anzeige,daß ihm Geldbriefe mit größeren Beträgen abhandenkamen,und da er die Ausfolgung derselben an den Briefträger behauptete,so mußte er diesen der Veruntreuung beschuldigen. Bei der eingeleiteten Untersuchung konnte er aber nicht nur für seine Beschuldigung keinen Beweis erbringen, sondern es ward von Seite der untersuchenden Postknrektion konstatirt,daß zu jener Zeit,als die beiden Briefe in Verlust gerathen waren,in den Büchern des Postamts Krzeonvnze nicht einmal die Gesammtsumme aller eingelangten Gelder die Höhe jenes Betrages erreichte,der angeblich durch den Briefträger veruntreut sein sollte.Damit glaubte man den Beweis erbracht, daß die Eintragung des bestaucirten Briefes unterlassen worden war,und da der beschuldigte Briefträger eidlich bekräftigte,vom Postmeister keinen auf die in Frage stehende Summe lautenden Brief übernommen zu haben,wurde Major Helle vom zuständigen Gerichtshofe auf Grund des gegen ihn erbrachten Indizienbeweises der Amtsveruntreuung,sowie der Verleumdung des Briefträgers schuldig befunden,seines Offizierscharakters und seiner Pension sowie der Postmeisterstelle verlustig erklärt und zu fünfjährigem schweren Kerker verurtheilt. Nachdem der Unglückliche in heller Verzweiflung siebzehn schreckliche Monate in Sträflingskleidung unter dem Auswurfe der Menschheit verbracht hatte,kam endlich seine Unschuld zu Tage;das Ober-Landesgericht konnte nicht anders,als auf Grund der beigebrachten Daten die Wiederaufnahme der Untersuchung anzuordnen.Das Resultat war,daß Helle sofort schuldlos erklärt und auf freien Fuß gesetzt werden mußte. Wir fragen angesichts dieses konkreten Falles noch einmal,werden Unglücklichen für sein zerstörtes Lebensglück entschädigen,wer ihn für die siebzehn Monate Kerkerhaft,für die sich endlos dehnenden Tage, Stunden und Minuten der schrecklichsten Seelen sein, für die erduldeten Qualen und die entnervende Verzweiflung schadlos halten werde? "In dieser Beziehung herrsche nicht nur in der Gesetzgebung Oesterreichs,auch in der unseren,selbst in jener frem der Staaten eine klaffende Lücke,ihre Existenz ist ein bedauerliches Versäumniß des allgemeinen Strafrechts.Dieses Versäumniß muß behoben werden. Vom Kriegsschauplage im Süden. Wien, 22. Februar 1882. Aus Zara wird unterm 21. d. berutet: „Die Crivoscianer, doch die Ansurgenten von Vratlo und die Banden des DVufalovic und Kovacevic verstärkt, möchten einen verzweifelten Angriff verfügen, und sich Nachts mit gezogenem Handidat auf unsere Truppen werfen. Zu diesem Behufe gebrauchen sie eine sonderbare Lift. Sie zünden des Nachts mehrere Feuer auf einer Position an und traten durch heftiges Geschrei die Aufmerksamkeit der Truppen auf die entgegengefegte Seite zu lenken, während sie von der anderen Seite duch Abstürze und ungangbare Strafen sich auf die Truppen zu werfen versuchen. Das geschieht fast jede Nacht. Unsere Kommandanten sind sehr vorsichtig. Die Wachen bekamen Befehl, in der Nichtung der Lagerfeuer fortwährend zu flhießen, während alle Positionen in den anderen Richtungen überwacht werden. Iu einer der vergangenen Nächte wollten siche Crivoscianer in der den zweitern fast entgegengefesten Richtung auf unsere Truppen werfen, stießen aber auf zwei Juger-Kompagnien und wurden verjagt. Von den Crivoscianern blieben auf dem Felde fünf Todte und mehrere Derwundete. Nach einer Meldung, die der „Narodni Kitty“ zukam, fielen in diesen Angriffsversugen bis nun zirka dreißig Crivoscianer. Unsererseits blieb ein Soldat tedt, drei wurden schwer verwundet und zwei Wachposten wurden zerstüdelt. Sobald die Befestigungs-Arbeiten vollendet und größeren Verstärkungen angelangt sein werden, werden unsere Truppen zur gänzlichen Offupirung der Crivogole fortspreiten. Das General-Kommando Serajewo meldet am 20. Februar Nachmittags im Nachhange zum Berichte über das am 18. d. von der Golonne Oberst Zambauer durchgeführte Gefecht bei Foca nachstehende Verluste : om 1. Infanterie-Regimente: schwerverwundet : Infanterist Franz Kalus — ist seiner Verwundung am 19. erlegen: Infanterist Adolf Profner; leicht verwundet: Iinfanterist Johann Bar, Infanterist Johann Putska. Von der Gebirgs-Batterie Nr. 6/XI, schwer verwundet : Unter Kanonier Ilia Giavardfi. Lokal-Reitung. Kommunale Streiflicher. Eine als geistige Kapazität und als ausgesprochen oppositionell bekannte Persönlichkeit, tat in jüngster Zeit an einem öffentlichen Orte folgenden Aussprug: „Nicht das Wohl der Kommune sondern Parteiinteressen und [chlechtes Komödienspiel bilden Heute die Kommunallebens*. Und der Mann hat red. Triebfedern unsere Der Repräsentantenklub der eigentlich seinen ausgesprochenen Namen hat und den man, als Gegenfaß zum Klub der Volkspartei, den „Klub der Maßgebenden“ nennen könnte, trat im corpore in alle Sachfektionen, vollzog bei der Konstituirung derselben einen Massenaufmarsch, um seinen Willen durchzufegen; jegt aber, da die Kommissionen arbeiten sollen, bleiben die Herren fein zu Hause. Am 15. d. M. hielt die Finanz- und Kontrollfektion, ihre erste Sigung und siehe da, von den 63 eingeschriebenen Mitgliedern waren 20 auswesend,von diesen 20 war an nur zirka die älfte dem „Klub der Maßgebenden“ angehörig. a, die Herren haben e8 halt gut! Denn der nach ihren Klubstatuten als neutral erklärte Herr Brügermeister, ist ihr ganz spezieller Freund und hit durch das städt. Expedit eine Abschrift des jedesmaligen Sigungsprogrammes früher an den Präses seines befreundeten Klubs, ehe «8 no der Druderei übergeben wird. Es ist ja in ihre Hand gegeben fs jedesmal dur Entfaltung alle ihrer Streitkräfte für ihre Wünsche eine Majorität zu schaffen, und zu beschließen, wie sie es eben haben wollen. Mögen sich die „Don Quixotes“ der Volkspartei mit ihren antiquirten Yoeen: „us tereffe der Gesammtbürgerschaft”, „gleiches Net für Ale”, „Streben nach der Deden“ u. w., in den Kommissionen und Sektionen die Köpfe zerbreen; in den Plenarversammlungen, wo Heute die Debatte nur mehr eine Formfade ist und auf den Gang der Abstimmung seinen Einfluß hat, werden besagte „Ritter von der Mann“ niedergestimmt. Ueber unsere berühmte rasche Administration konnte man in der obbezogenen Sigung an eine sehrreiche Studie machen. Die hiesigen Selder machten am 22. Jänner 1881 eine Eingabe an den Dagistrat, um egelung der Schlachthaustüren. Welche Reifen durdiverse Streibtischladen diese Eingabe Bis jegt durchhwandert hat, ist vor» derhand noch nit eruirt, nur soviel ist zu Konstantiven, daß sie schon (ll) am 15. Februar 1882 bei der Finanzsektion zur Verhandlung anlangte, und alldort einer Subkommission, bestehend aus den Herren: Julius Graf, M. v. Szilvásy, ©. Dörfler, u. Denmy, 3. Schneeberger und Dr. Keßler zur Berathung und Eindringung eines motivirten Beschlages hinaus gegeben wurde. Die Subkommission zur Kontrollirung der Brennberger Paytung wurde in derselben Ligung gewählt. Mitglieder derselben sind Die Herren: 9. Kugler, Dr. E. Artner, ©. Dörfler, A. Deny, I. Groß, 8. Thiering und Dr. Keler. Wegen Regelung des Burschenschanfes, refte Ueberwachung desselben, damit nur Eigenbau ausgeschänzt werde und solche Schänfer, welche den Wein von Weinhändlern in Ausichant bringen, zur Zahlung einer Schankwüre verhalten werden sollen, wird eine gemischte Kommission vorgeschlagen, die zum Theile aus Mitgliedern der Finanz und zum Theile aus Mitgliedern der Rechtssektion Bestehen soll. Von Seite der Finanzsektion wurden die Herren Dr. 3. 4. C. Bor, M. v. Szilvasy und U. Demy gewählt. Am 18. d. M. war die erste Situng der politisgen und Nechtssektion. In dieser Sektion sind etwa 40 Mitglieder eingeschrieben, weil sich von Seite der Volkspartei bles qualifizirte Mitglieder dazu,vermerkten. Anwesend waren: ‚ Den Juristen die Herren: Dr. Kania, Z. Montag, M. v. Vagdy jun., Fr. Rund, M. v. Szilvasy, U. v. Szigethy, Z. Gebhard, von Nichtjuristen die Herren: X. Ritter, v. Slandorffer de Kömal, M. Lipta, 2. Lend, G. Bausmann, ferner der Herr Bürgermeister und der städt. Revierförster A. Mud., Gegenstände der Verhandlung waren : 1. Ober opportun sei für Rettung der 10.000 fl., welche die von der Kasino-Aktien-Gesellschaft in Liquidation zu fordern hat, Etwas zu thun. In dieser Angelegenheit lautete das Gutachten der Sektion abweislich: 2. Das Gesuch des städt. Nevierförsters Laus fota um Aufnahme in den Gemeindeverband wurde befürwortend begutachtet. 3. Das Pensionirungsgesuch der Witwe des verstorbenen Steueradrepartirungs-Amtsleiters %. Brauh wurde abweislich beschieden und 4. die Benfionirung des Wevierfürsters €. Leden wurde der Berücksichtigung empfohlen. Die oben ausgewiesene schwache Betheiligung von Seite der Herren Stadtpäter verdient aber eine ernste Nüge. Mit der Ehre und dem Rechte Repräsentant zu sein, sind auch Verpflichtungen verbunden und im Sinne des S Al unserer Organisationsstatuten ist ein Seder, der in eine Sektion eingetreten, verpflichtet, bis zum Ablaufe seines Mandates in derselben mitzuwirken. " vom Lage, O Opationen für ungarische Berühmtheiten. Zwei Größen der ungarischen Nation: Moriz Zobai und Michael Munfácsy feierten am 20. d. ihren Geburtstag. Ersterer vollendete mit diesem Tage sein 57., Letterer sein 38. Lebensjahr. Selbstverständlich wurden diesen beiden Gelehritäten alle möglichen Auszeichnungen an dem gedachten Festtage bereitet. Deputationen der Wissenschaftlichen- und Kunstwelt fanden sich bei ihnen ein. Abends waren Festbanfette mit begeisterten Trinfsprücen und die Adressen, sowie Begrüctwünschungs- Telegramme würden vielleicht eine volle Wagenladung geben. OZMS. Graf Thun-Hohenstein. Der durch den erfolgten Tod des ZZM von Sigel- Hofen vakant gewordene Posten des Landes-Kommandirenden von Brag fol, wie in militärischen Streifen verlautet, mit dem bisherigen Landeskommandirenden von Tirol, FZM, Grafen Thun- Hohenstein, belegt werden, und zwar soll diese Ernennung schon in dem demnächst erscheinenden Personals-Berordnungsblatte publizirt werden. L .