Oedenburger Zeitung, 1883. April (Jahrgang 16, nr. 74-98)
1883-04-20 / nr. 90
Meisswa XVI Zweitens -Oedenburger Zeitung. (vormals „Bedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Landel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortieritt zur Ehr? — Beprichten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.” Administration, Merian und Inseratenaufnahme: Buchdenkerei &, Mountwalter , Sohn, Grabenrunde 121, BTE> Einzelne Nummern Rofen 5 Arenger. u Inferate vermitteln: Im Wien: Hafenstein , Vogler, Wall»eihgafse 10, U. Oppelit, 1., Stubenbastei 2, Heinrich Schalet, 1., Wollzeile 12, R. Mofse, Seilerstätte 2, M. Dules, ı., Riesmergasse 12. In Budapest: Saulus Gy. Dorotheagasse 11, Leop. Lang, Gisellaplag 3, A. B. Goldberger, Servitenplag 3, Insertions:Sebüßren: 5 fr. für die eins, 10 fr. für die zweis, 15 fr. für Die drei, 30 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für die durchlaufende Bettzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Ganz= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preife: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig » »2.soik.,’Monatsiaifi." Für Auswärts: Ganzjährig 12 Ar gelbjährig Tfl., Biertelährig . Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Insertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Die Moral aus dem lebten Konflikte im ungarischen Abgeordnetenhause. Oedenburg, 19. April 1883. (H. G.) € 8 ist nur selbstverständlich, daß der in unserem parlamentarischen Unterhause am Montag dieser Woche vorgefallene und durch den Antisemiten Fützesfery provozirte Skandal alle Schichten der Bevölkerung aufs Höchste erregt. Haben wir auch bereits gestern an dieser Stelle in nebensächlicher Weise darüber gesprochen, so erscheint es wohl heute publizistische Pflicht, der neuesten parlamentarischen Skandalaffaire neuerdings einige streng fachliche und dabei selbstverständlich objektive Worte zu widmen. Denn diese Beschuldigungen, welche Seitens eines Abgeordneten (der noch dazu Adootat und Honvedmajor ist, also zu den Gebildeten des Landes zählen sollte) in öffentlicher Parlamentsfigung gegen einen Kollegen in wahrhaft frivoler Weise vorgebracht worden sind, gehen über die Grenze des Erlaubten hinaus und zeigen, mit welchen Mitteln gefämpft wird, um der gräßlichsten Reaktion absichtlich im die Hände zu arbeiten. Denn dafür braucht wol nicht erst der Beweis besonders erbracht zu werten, daß all jene antisemitischen Heer, denen es no nie und nimmer um das Wohl des Dolkes, sondern stets und immerdar nur um die Erfüllung ihrer eigenen Pläne zu thun gerwesen, im geheimen Bode jener finsteren Parteien stehen, melde auch Ungarn allmälig mit einer „frommen Polizisten- Herrschaft“ & la Taaffe und Konsorten beglühen wollen. Bei der Welt werden jene Heßer freilich solche Bundesgenossenschaft aufs Entsiedelste ableugnen , sollte unser Vaterland aber wirklich die Schmach erleben, aufs Neue und Faudinische Zoche ‚der Ultramontanen und Staatspolizisten geprekt zu werden, dann würde er sich sofort zeigen, daß die antisemitischen Heger die intimsten und eifrigsten Helfershelfer jener Klique gewesen, die den autokratischen Despotismus „zur größeren Ehre Gottes“ auf ihre Fahne geschrieben hat. Zu unzähligen Malen ist an dieser Stelle darauf hingewiesen worden, daß selbst die aufrichtigsten Freunde und Verehrer der Freiheit nicht blind für die Fehler, Schwächen und anwidernden Eigenthümlichkeiten der semitischen Nace sein können und dürfen ; ebenso oft ward aber auch dargelegt, das durch Heeresen und grobe Verunglimpfungen der Israeliten fein dem Wohle des Vaterlandes günstiges Resultat erzielen werden könne Wir müssen die Juden so nehmen, wie sie sind, und da die Belehrung nit ausreicht, um sie zu befsern, so möge Jeder in geschäftligen oder sonstigem BVerfehre jene Vorsicht beobachten, wie sie ihm geboten erscheint, damit er nit zu Schaden komme, wenn er nämlich von dem Wahne befangen ist, waß Solches eintreten kanne Das sind also praktische Regeln für die privaten Verhältnisse. Im öffentlichen Leben gibt und darf er aber derartige Windsichtnahmen oder, sagen wir, lieber, Zurückkegungen der Suden nicht geben. Denn da sind sie eben solche Staatsbürger wie die Magyaren, Deutschen, Slawen, oder wie die Römischkatholiken, Protestanten, Griechischgläubigen. Das Riedertal oder die Grundlage für alle ungarischen Staatsbürger muß allein die politische Freiheit, das gleiche Recht für Alle und die größtmöglichste Bildung sein und bleiben. Wer an diesem Fundamente rüttelt, ist aber in Wahrheit ein Lansdesperräther, und nebenbei ein Mamelus und Söldner jener finsteren Mächte, denen das wahre Wohl des Bolfes von jeher ein Gräuel gewesen. Die Antisemiten zählen nun wahrhaftig und gewiß zu dieser erbärmlichen Kette, denn ihr Streiben ist es, die unwissende Masse gegen die Juden aufzuhegen, damit diese neuerdings zu Parias herabrinden, denen ex officio das erworbene Eigenthum gestohlen werden könne. Und jene Hetzer zählen bei ihrem bekannten Vorgehen darauf, daß wenn sie die uden neuerdings zu Knechten erniedrigt haben werden, er ihnen seitens der dann zur Macht gelangten finsteren Gewalten ho angerechnet werden möchte, daß sie Syenes gethan, weil ein Theil des den Studen abgenommenen „volkswirthschaftlicen Raubes" — (um uns der Sprache der Antisemiten zu bedienen) — dann sicherlich den „Gewaltigen der „rechten Hand“ zu „frommen Zrieden“ überantwortet würde. — In dem speziellen Falle betreffs der unerhörten Anklage des Antisemiten Fitzeffery gegen den Abgeordneten Bolonyi, handelt es ft aber, wie wir schon gestern kurz angedeutet, um einen persönlichen Naheakt gegen jenen Kern der parlamentarischen Linken unseres Abgeordnetenhauses, welche den Nachschlägen des großen Patrisoten Kossuth gefolgt und sich von den S Helfershelfern der staatlichen Reaktion, nämlich von den Antisemiten, öffentlich losgesagt hatten. Das Tünnen die Legieren nit verwinden , das ist die Grundursache ihres Wüthens,. Denn ihre Absicht gipfelte darin, die Linke als Hebel zu benügen, um die gegenwärtige Regierungsstern aus den Angeln zu heben und si selbst an deren Stelle zu fegen. Wäre das gelungen, dann hätte sich schon ein Kompromißgeschäftchen mit Ultramontanen, Altkonservativen und wie ebenso wos die aufrichtigen Freiheitsmänner, wie die verhaßten Juden, leicht zu beseitigen gewesen sein. Daß die von dem Antisemiten Hüzeffery erhobenen Beschuldigungen gegen Bolonyi auf den Verbündeten entirren lassen, und dann würden Seuilleton. Die schöne Schneiderstocher. Noman aus dem Wiener Bolkleben von Heinrich Frey. (Bortregung:) „Du bitte nun, Herr Sangerschmied, nachdem bisher Alles was Sie auf meine Fragen geantwortet, mit dem übereinstimmt, was ich über Ihre Familie erfahren, mir gefähigst offen und rüde haltlos zu jagen, aus welchem Geschlechte Sie stammen 2“ „Bitte, wie meinen Sie dag ?" „Sind Sie bürgerligen oder adeligen Hekommens?" „Adeligen.“ „Warum nennen Sie sich denn einfach Hangerschmied ?* „I“ wollte meine Familie nicht kompromittiren.“ „Sagen Sie lieber, Sie waren zu stolz, um als Graf bürgerliche Dienste zu nehmen.“ „I habe viel Elend erlebt, mit meiner Familie schredliche Tage durchgemacht.“ „Auch das ist mir bekannt geworden. Deshalb interessire ich mich schon lange für Sie. Aber ir Stolz ist sehr viel Schuld daran, daß Sie in solche traurige Lage geriethen.“ Hangerschmied Schwieg: „Runno eine Frage. Nennen Sie mir gefälligst den vollen Namen Ihres Vaters, sowie den Ihrer Mutter und wo Ihre Familie begütert war.“ „Ich stamme aus dem alten Grafengeschlechte der Hangerschmied in der badischen Pfalz. Mein Vater war Graf Leupold von Hangerfchried, meine Mutter hieß Leonore und war eine geborne Gräfin von Gaftilli.“ „Auch das stimmt. Sind Sie vielleicht mit einer hier in Wien lebenden armen Häuserin, Frau Therese von attilli verwandt ?" „Verwandt ?“ fragte Hangerschmied verwundert. „Das müßte Hölstens durch meine Mutter sein. Aber ich Fenne that fählich eine solche Frau. Es ist eine arme, aber sehr ehrliche und brave Arbeiterin, eine Bekannte meiner Gattin ; soviel ich weiß, stammt sie auch aus einer adeligen Familie; weshalb sie aber nicht den Namen ihres verstorbenen Mannes, sondern den ihres Vaters führt, weiß ich nicht.“ „Nun, mir ist der Grund zufällig bekannt, da das hat mit der Sie betreffenden Angelegenheit nichts zu schaffen. Seien Sie fest gefälligst diese Aufforderung im „Frankfurter Journal.” Hangerschmied nahm die ihm gereichte Zeitung und las in derselben die Aufforderung des Advokaten seines verstorbenen Bruders Leonhard, gerichtet an den unbekannt wo sich aufhaltenden Grafen Hofer von Hangerschmied, längstens binnen drei Jahren fich wegen der Erbsansprüche nach dem „But, so können wir fortfahren. Ich war Verstorbenen bei dem in Frankfurt wohnenden Testamentspolfftreder desselben zu melden. „Sie befigen doch die zur Legitimation erforderlichen Papiere ?" fragte der Chef, nachdem Hangerschmied "die Aufforderung durchflogen hatte, na" vor zwei Monaten draußen in Deutschland auf dem Eisenbahn-Kongresse und berührte an Frankfurt. Da fiel mir diese Zeitung in die Hand. Weil mir nun der Name auffiel, telegrafite ich um ir Grundsuchsblatt und begab mich mit demselben zu dem Advokaten hres verstorbenen Herrn Bruders. Ich wollte Ihnen über diese ganze Angelegenheit nicht früher sagen, als bis ich volle Gewißheit hatte, daß Sie auch der Nechte sind. Heute nun sind alle Belege von Frankfurt eingetroffen, und wenn Sie si gehörig legitimiren können, so steht, wie mir der Advokat schreibt, dem Antritte Ihrer Erb[hhaft nichts entgegen. — Sind Sie etwa schwachnervig?“ „D nein, das fenne ich nicht.“ „Also wird Sie die Freude über eine sehr große Erbschaft nicht alteriren ?“ „Gewiß nicht." a Sie heffen ganz sicher ?“ „Also, wie Hoh jragen Sie die Summe, die ihr Herr Bruder hinterlassen hat?* „Auf zirfa zwei Millionen.“ „Mark oder Gulden ?* . ” » RS 2 Biss N ET ER EMS ze ER ARE VS Frl RER N N 8 33 2 a 2 31 Ra ES ae ae « REN .« .-» -«.-(»-.-1-«-| RER 5 Nr I ans? Sant es =