Oedenburger Zeitung, 1883. Mai (Jahrgang 16, nr. 99-122)

1883-05-30 / nr. 121

«gåittwdch,310.gaai 1883. Sedenburg M­L.Zaffgang. EEE EEE EEE EEE TEEN EEE TEE EEE SET erZeifun (vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortgeritt zur Ehr? — Beprü­dten zur Wehr” — Der Wahrheit eine Gaffe.“ ns. Das Blatt ersceint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn“ oder „Feiertag folgenden Tages. “Pränumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl, Vierteljährig · »2.501r.,Monatich 1. Fü­rAll Stuart: Gangjährig 12 AL Halofägers 7 fl., Viertel­­jährig 3 fl. 50 fl. Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerationeg- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administeation, Vering und Inseratenaufnahme; Buddenheri , Nomh­alter & Sohn, Grabemrnde 121, BE Einzelne Rummern Rotten 5 Stenger. u ‚ Betitzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 Er. 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Wenn diese von totaler geistiger Sinsterung umwogten, in thierischer Knechte­schaft dahin vegetivenden Waffe allein die Be­­völkerung Ruslands ausmachen möchten, er könnte der neue russische „Stellvertreter Gottes auf Er­­den“ nicht nur ruhig schlafen, sondern als fortan ein eben so sybaritisches Leben führen, als es sei­­nerzeit die Byzantiner, deren Krone Czar A­lexan­­der III. am Sonntage sich aufs Haupt­gefecht, Hi­­­storisch nachge­wiesen zu thun als erste Pflicht ber trachteten. Da aber genugsam bekannt ist, daß von den circa achtzig Millionen Bewohnern des asiatisch­­europäischen N­uflands etwa hunderttausend Indi­­viduen den Schweiß des D­olfes auf die [händlichste Art verpfaffen helfen, mindestens fünfzig Millionen den Namen „Mensch“ nach westeuropäischen Bei­griffen gar nicht verdienen, der Nest der­­ Bevölkerung aber aus „Unzufriedenen“ besteht, so­ll in Wahrheit die ganze Krönungsceremonie, welche, Dank der Entwicklung Folonialer Dentjen von Mili­­tär und Polizei, glückicherweise ohne jede Störung vor sich gegangen ist, doc weiter nichts als eine große Komödie gewesen, die an der in Nufßland berrfhenden allgemeinen Fäauling auch nicht einen Deut ändern wird. ° Dater des regigen Stars, nämlich Wlerander II, an derselben Stelle die „heilige Krone“ aufs menschl­iche Haupt, wo am Sonntage Alexander III. diese Zeremonie volldragte. Und nur volle fünfund­­zwanzig Jahre darauf (wie man weiß am 13. März 1881) wurde der „Gekrönte und Gesalbte“, den man, nach dem Glauben der russischen Maffen, doch gegen solche That als vollkommen gefegt be­­traten sollte, auf offener Straf­e in St. Peter­s­burg ermordet. Wenn man die Liste der rufsischen Herrscher seit Peter III., dem Zeitgenossen Fried­­rich’­ II. von Preußen, durchgeht, so konnte man faktisch zu dem Glauben gelangen, daß es eine Volfstradition sei, „es dürfe sein Czar länger als fünfundzwanzig Jahre „gekrönter und gefalschter ruffischer Cäfaro-P­apst“ sein" und daß sohin aus diesem Grunde der jegige Selbstherrscher des asia­­tische ruffischen Koloffes die Krönungskomödie zwei Jahre lang hinaus geschoben habe, um ebenso lange Zeit länger am Leben bleiben zu dürfen. Nach Beter II., den bekanntlich dessen „Lie­benswürdige“ Gemalin und Maitresse Potemkin’s im Gefängnisse ermorden ließ, kam eben diese „große“ Kaiserin zur Herrschaft. Dann folgte Paul I., welcher den Despotismus auf's hhödhste frusti­­ficirte — (wer seinem Wagen begegnete, mußte, ohne Unterschied der Person, im Straßentothe nie­­derfrieen) —­ und deshalb schon sehr zeitlich, in der Stille der Nacht, den Tod durch Erwürgen mittels einer Schärpe fand. Der nächste „Gefalbte“ war Alexander I., ein Selbstherrscher wie jeder Andere, aber ähnlich mystisch und „freiheitlich­­human“ veranlagt, wie der Schöpfer des „B Verei­­nigten Landtags“ in Preußen, Friedrich Wilhelm IV., von dem kürzlich an dieser Stelle gesprochen Sm Jahre 1856 fette sich bekanntlich der worden. „Offiziell“ starb Mlerander­s an einer Gehirnerweihung, faktisc­h an durch schlei­­bendes Gift erzeugtem Stsinne. Nikolaus, der „Eiserne“, welcher nun als „Nurlands Gefäldter“ folgte, geberdete si­ch­ zu seinem Tode als der „Depler Europa’8" und starb, wie die Höflinge damals verlautbarten, an­­ Sebastopol, nämlich an „gebroenem Herzen“, während er unzweifele­haft ist, daß die Karalyse des „Eisernen“ durch schon sehr natürliche Mittelchen herbeigeführt wurde. Dann kam Alexander I., der gelegentlich seiner Selbstkrönung wenigstens doch Etwas that, nämlich die Leibeigenschaft nominell aufhob, dieses Werk während seiner folgenden Herrschaft aber dadurch wettzumachen suchte, daß er nicht nur das „polnis­che Weichseland" in eine einzige große SHenfers­­werkstatt verwandelte, ferner ganze „Heerden von Polen” ins sibirische Eldorado treiben ließ, sondern auch „ähnliche Heerden“ von Nuffen ohne jedes Urtheil der sheußlihsten Behandlung und DBer­­bannung überlieferte. Von dem Ende dieses „ge­­falschten“ Selbstherrschers ist Schon oben gesprochen worden, felches außerdem aber auch den Zeitgenossen noch frisch im Gedächtnis. Und nun herrscht der am Sonntage gekrönte Cesaro-Papst Alexander II., welcher, trog seiner Hünengestalt, genügsam beglaubigten Gerüchten zufolge, jene Eigenschaft besigt, welche man bei gewöhnlichen Sterblichen mit dem Epitheton „feige“ zu belegen pflegt. Vielleicht wird man, durch Die erfolgte Salbung und Krönung, diese rein mensc­­l­che Eigenschaft abgeschwächt werden und an Stelle derselben jenes Selbstgefühl treten, das man mit dem Charakter eines „Despoten von Fah“ zu vers­binden gewohnt ist. Sollte das thatsächlich der Fall sein, so wäre das ein Glück für den Czaren selbst. Die von ihm Negierten werden dadurch freie Jeuilleren. WELDER. Roman von * * (Alle Rechte für den Mutor vorbehalten ) (Sortfegung ) Da wurde er unten lebendig; Stimmen und Schritte ertönten; sie hörte Thüren öffnen und schließen. Das Geräusch des Tages begann. Eilig flog sie das Fenster, ließ den Vor­­hang hinab und huschte wieder in das Bett. Sie wagte die Augen nicht mehr zu öffnen, um das herrliche Bild nicht zu zerstören, das sie vor ihren Bliden entrollt hatte und noch immer lebendig vor inrer Geele stand. Weshalb Hatte sie nit der kommenden Sonne entgegen sehen künnen? — Ach, zum An­­fhauen des Schönsten und Erhabensten war sie nicht befähigt gewesen, und da erfüllte sie eine tiefe Sehnsucht darnach. Ihre Gedanken begannen sich zu verwirren und gestalteten sich allmälig zu einem Traume, wie sie den zwischen Schlummer und Waden schwankenden Seelen der Menschen zugeführt wer­­den, und in diesem Traume vernahm sie eine so bezaubernde Mufit, daß sie wähnte, den Himmel sich öffnen zu sehen. Noch im Banne des Traumes öffnete das junge Mädchen die Augen und sah ihre Mutter vor si stehen, welche sie freundlich und liebevoll anblidte. „Adrienne”, sagte Diese, sanft des lieblichen Kindes geröthete Wangen streichelnd,,,erwachen! Du hast wol schön­ geträum­t,denn Du lächeltest im Schlafe.Das ist eine gu­te Vorbedeutung heute­­an Deinem Geburtstage." „Aber die Musik, die himmlische Musik, Mutter, hörst Du sie auf oder —“ ‚Sie bringen Dir ein Morgenständchen, mein Kind, und spielen schon längere Zeit. Stehe auf, stehe auf, wenn er au erst sechs Uhr ist, tritt an das Fenster und danfe den Leuten doch einen freundlichen Gruß. Du wirst sie damit erfreuen.“ Während Adrienne eilig und enttäuscht dieser Aufforderung genügte, tönten die lang getragenen, sanften Akkorde eines Chorales fort. Dann ver­­stummten sie, um noch, bevor die Komtesse ihren Anzug vollendet hatte, der auffordernden Weife eines feurigen Csäardas Pla zu machen. Sie öffnete das Fenster und schaute an der Seite ihrer Mutter hinaus, neigte danfend ihr Haupt und wirfte freundlich mit der Hand. Die Mufti brach mitten im Sage ab und fiel in einen raushhenden Zurch, in welchen die zahl­­reich unten Anmwetenden mit einstimmten. Adrienne wurde von dieser Ovation sehmerz­­lich berührt; ihr Auge wandte si jenen Fernen zu, denen die Sonne so wundervoll­­ hmn entstiegen war. Set stand sie wie sonst am Himmel. — Alles, Alles war unverändert, altäglich, gewöhn­­lich. Auch die vielen Menschen unten und die wies der den Tanz spielende Musik überraschten sie nicht mehr. Hatte sie den Sonnenaufgang an nur ges­träumt? Sie wußte nicht mehr, was Traum und was Wirklichkeit gewesen, wirkte noch einmal dan­­kend mit der Hand und trat dan­n befangen und schweigend vom Fenster zurück. Gräfin Etelfa ließ es sich angelegen sein, ihrer Tochter Anweisungen über ihr näcstes DBer­­halten zu geben, und benaichtigte sie, daß in der großen Gartenhalle das gemeinschaftliche Frühfiück servirt und man sich in Morgentoilette versammeln werde. Die Zofen brachten nun eine Menge Car­tons mit Kleidern, Kragen, Bändern und allen übrigen­­ Requisiten eines luxuriösen, weiblichen Anz­­uges, eilten dienstfertig ab und zu; auch der Fit­­feuer wurde gemeldet. Und in all diesem wirren und geschäftigen Treiben lösten si­che Bilder und die Eindrücke des schönen Traumes wieder auf, gleich den goldenen fladernden Wolfenstreifen, welche dem Sonnenaufgange vorangeleuchtet und von denen sie auch nur geträumt hatte. Endlich war Adrienne fertig.Ein um­ die Taille eng anschließender,in­ weiten bauschigen­ Fal­­­ten herabfallender,einfacher Morgenüberrock von­ schwerer dun­kelbleiuer Seide umfloß ihre schlan­ke ju­gendliche Gestalt.Das blonde Haar schim­merte, in reichen Wellen aus dem­ darauf gestreuten Puder,­­hervor;die kleinen zierlichen Füße umschlossen schwarz-seidene Atlasstiefelchen,vorn mit dunkel­­blauen Rosetten un­d hinten mit hohen Absätzen, die schmalen Hände verbargen sich in­ weißen Hand­­schuhen und die eine spielte mit dem köstlich­en­ Fä­cher,als die Eign­erin all dieser Schönheiten­ un­d Herrlichkeiten nochmals vor den großem bis auf die Erde reichenden Spiegel trat, um sich mit­ findlichem Wohlgefallen darin zu betrachten. BE­N .»-—.. -..»-.«-» MADE-i- BEER RER LE a ae re ER EAN a RR RE

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