Oedenburger Zeitung, 1884. Januar (Jahrgang 17, nr. 1-26)

1884-01-26 / nr. 22

u FRE­ET it- musikan 26. Jänner 18. = Dedenburger Zeitung TYormacs ,,9edenburgerYachrichten«.) Organ fürzspätitt,Handel,Industrie und Landwirthschaft dann für soziale Interessen überhaupt Roth­,,Dem Fortschritt zur Ehr’—Vedrückten zur Wehr’-Der Wahrheit eine Gasse.« Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen onne oder Feiertag folgenden Tages, Von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Betitzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung ( Rabatt, Administration, Derlag und Inseraienaufnahme: Buchbrukerei­­, Romtmwalter , Sohn, Grabenrunde 121, BE Einzelne Nummern Rotten 5 Kreuzer. = Pränumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Helbjährig 5 fl, Vierteljährig 2 fl. 50 fl., Monatlich 1 fl. · MAnsiväem Gszjtzhrisg 12 Ar Selbiärig 7 fl., Biertel= in Alle für das Blatt Bestimmte Sendungen, mit Ausnahme Inserate vermitteln: In Wien: Hasenstein , Vogler, Wale­fiihgafie 10, A. 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Tipa bewogen haben mag, die möglichst frühe Heimsendung der Wolfs­­boten als günstiges Expedienz zu betragen. Wir werfen zunächst diese Frage auf, weil wir bei ZTipa gewohnt sind, jede seiner Maßnahmen in allererster Linie vom Standpunkte der parlamen­­tarischen Taktik zu beurtheilen. Nun denn: Tipa will den gegenwärtigen Neidstag — je früher, je Deffer — beimihiden, weil er von demselben nichts mehr zu erhoffen hat und weil er sich nach einer Heinen Ruhepause vor der Wahlkampagne sehnt. Negierungsmüde ist er natürlich nicht, denn diesen Begriff fennt eine so zähe Natur, wie Tipa, höchstens vom Hörenjagen. Sein Wahlspruch ist: Dum spiro, spero! „So lange ich arhme, hoffe ich.“ Und Tipa athmet noch immer aus einer scheinbar sehr gesunden Lunge, er rüstet sich kampf­­lustig für die Wahlen und im Kämpfen verjüngt er sich, denn die parlamentarischen und sonstigen politischen Aufregungen sind ihm Bedürfung, wie dem Filhe das naffe Element. Es war daher red - naid, wenn einzelne oppositionelle Blätter aus An­­laß der Ablehnung der Din­hehevorlagen im Ober­­hause bereits ® vahlieder über den gestürzten TZipa anstimmten. Es ist unstreitig wahr, daß die so plöglich zu unerhört unbändiger Oppositionslust erwachten Magnaten Tipa ernste D Verlegenheiten bereitet haben, aber seine Verlegenheit ist noch nicht ihre Gelegenheit. Die Zeit der soge­­nannten „Konservativen” ist noch lange nicht da und wird hoffentlich an nicht so bald kommen. Es ist überflüssig, hinzuzufügen, daß wir nit um Die Existenz des Kabinetes TiKa besorgt sind, dessen verhänguisvolle Migmirthigaft wir an unzähligen Fragen zu beklagen Gelegenheit haben. Aber das Kabinet Tiga darf nicht aus solchem Anlass­ und nicht durch sol he Elemente gestürzt werden. Er wirft fir naturgemäß Sofort die Frage auf: Durch wen und wann denn ? Leider läßt sich das rauf heute nicht in befriedigender Weise antworten. Unsere Parteiverhältnisse sind derzeit die denkbar ungefundesten. Unsere Regierungspartei ist noch immer eine nach Außen hin kompakte Masfe ohne eigenen Willen, einem­ einzelnen Dann sdl er bis zur gedankenlosen Unterordnung ergeben — ein Prätorianerheer, welches sich nur denn vom Herrn und Weiter wenden würde, wenn dessen Stern definitiv gefunden, r­espektive wenn sein Einfluß bei der Krone geschwunden wäre. Die Wiener Helle Tiga’s säht Solches nicht als wahrscheinlich an­­nehmen. Die heutige Verlautbarung über den ver­­muthlihen Termin der Wahlen läßt darauf fliegen, daß der Ministerpräsident eben die diesbezügliche Zustimmung­ des Vronarchen gewonnen hat. M­it der BZivilehevorlage wird Tipa, wie bereits be­­fannt, eine Rückwärtskonzentrirung vornehmen und so weiteren ernsten Konflikten vorbeugen, denn er hofft, durch diese Nacgiebigkeit Del auf die stür­­mi­gen, hochgehenden oppositionellen Wogen des Oberhanfes zu gießen und da wieder eine besänf­­tigte, spiegelglatte Oberfläche zu erzielen, auf welcher er ruhig, ohne weitere Gefährdung, weitersegeln kann. Freilich wird dieser Nachzug bei den opposi­­tionellen Parteien einen Sturm der Entrüstung er­­regen und es dürfte zu einem scharfen Wortkampfe kommen. Allein Tißga fürchtet denselben nicht, denn er fragt sich auf seine Meisterschaft in der Dolomit und auf die ihm Hier sichere Majorität. Er wird die ganze Schuld dem Oberhause zus­­chieben; er wird ferner bekennen, daß er ja der öffentlichen Meinung gerne einen liberalen Broden zugeworfen hätte­­— der Wi­derstand des Ober­hauses war eben­­ unberechenbar. War aber derselbe wirklich so unberechenbar? So viel steht fest: Tipa hat der liberalen Sache durch die miß­­glücte Operation unbedingt geschadet und zur Cal­­vanisirung schon ziemlich todter Parlamentsfaktoren beigetragen, ohne daß der Gegenstand all wirklich der großen Aufregung und der Bedeutung des Kampfes entsprochen hätten. Wenn Tipa gleich mit der obligatorischen Zivilehe herausgerüct wäre, er hätte seinen heftigeren Widerstand entfachen können, als durch die unglückelige Zwittervorlage, welche eigentlich seinen Theil der Bevölkerung ganz befriedigen konnte. Die Opposition wird diesen Umstand auch gelegentlich der in einigen Tagen unbedingt stattfindenden Verhandlung der Obere haueborschaft hervorheben. Ebenso trägt sich die Opposition mit der­ Absicht, die eigentliche Generale­debatte unter das Budget auf den Schluß der Spezialverhandlung der einzelnen Ressorts, also auf die sogenannten „Appropriationsdebatte“ zu ver­­legen. In einem Theile der gemäßigten Opposition hat besonders die jüngste Enunziation des Handel­s­ministers, Grafen Szecheny­i, große Bersttimmung hervorgerufen. Graf Szechenyi­ gilt ihnen nun al­s agrarischer Nenegat”, welcher seiner V­ergangen­­heit abgeschrieben, weil ihm ein bescheidener Miis nifterfig Lieber ist, als ein noch so glänzendes „Agrarprogramm“, welcher er früher­ umgebetet hatte und nun als ideologische und renktionäre Chimäre zugleich bezeichnet. Die gemäßigte Oppos­iE PERLE - Seuillelon. Biergetdeib­er &lee; D Original Novelle von Sermance Botier. Rahd und verboten. (Fortlegung Man nannte er das „Net“, denn Klotilde selbst hatte e8 sich zusammengestellt, um e8 so ge­­müthlich als möglich darin zu haben und e8 plauderte sich al in Wahrheit nirgends traulicher, als gerade da. Doch, wovon sprachen die Gräfin und der D­berst ? von — Politif, ja, ganz richtig, Politik war e8. Marie hatte sich fortgeschligen, sie fam sich bei diesem Diskurse überflüssig vor und ein dank­­barer, verstohlener Blid Klotildens wohnte sie für diese Einsicht. „Sie können mir also meine Vaterlandsliebe durchaus nicht verzeihen ?“ trug Ferdinand und sah die junge Wittwe von der Seite forschend an. „Nein“ erwiderte diese „nein “ tausendmal nein; ich begreife gar nicht, wie man in Wien sein und eine andere Stadt nicht vergesfen kann. Ich habe Franzosen, Engländer und Amerikaner kennen gelernt und sie alle haben mir gestanden, daß Wien herrlicher sei, als Paris, London und Phila­­de­lphia und Sie — Sie sehnen sich nach Ihrer westphälischen Landwirthschaft | das ist undankbar, das ist abscheulich — daß ist —.“ „Aber pardon, theuere Gräfin, Sie vergessen, gesehen, und genossen habe und daß ich nur so glüklich Bin von meinem Krankenstuhle aus die Tauben auf der Dachrinne des gegenüberliegenden Hauses betrachten zu künnen; denn meine verehrte Freundin ignorirt, dag i­ ein Stüppel — ein­­ns valide bin und fegen Sie einen solben in ein Paradies, was hat er davon ? es wird ihm lieber sein, die trauten Berge seiner Heimath schimmern zu sehen, als das Rauschen des heiligen Baches ferne zu hören und da nicht die Kraft zu haben, um an seinen geweihten, wunderbaren Ufern luftwandeln zu können. Vergefsen Sie nicht, Klotilde, wen Sie vor sich haben ; ich bin Fein Jüngling, dem die Nähe der Geliebten über Alles geht; ich bin ein Soldat, der in dem Vaterlande sterben will für das er gefochten hat. Verstehen Sie mich ? Klotilde bejahte durch stummes Niden ihres Köpfchens; sie war bewegt und Ferdinand fuhr weicher­ fort: „Und sehen Sie, Klotilde, wenn ich gesagt habe: „so ein Vaterland ist doch schöner, als alles andere“ nun ja, ist’s nicht so? Habe ich nicht Recht ? ein Weib kann sehr schön sein, aber — ein Vaterland hat unverwerfliche Netze und es gibt nur zwei unerregliche Dinge im Leben — ein Vaterland und — eine Mutter. Ob wir sie immer so hoch fragen, wie wir sollten, ich weiß es nicht. Eines indeß ist gewiß — nur meiner Heimat, nur meinem Kaiser mein Leben , wenig genug, das wh bieten farn! Ich habe oft fanatische Ehrwärmer ausrufen hören: „Weadame, meiner Leben it in ihrer Hand“ und ic habe dieselbe Dadame lächelnd ihre Hand fliegen und das fostbare Gut um der­­selben zerdrüden gesehen, was lag daran ? die waren und­s besseres werth! Wenn ich Ihnen aber daß ic von ihrem herrlichen Wien noch blummwenig tuage, Gräfin, Freundin — Kiotilde — nit mein Leben, aber mein Herz, das größte, kunftvollste, herrlichste Kleinod aus Gottes Hand — ein Lreueg, biedered Menschenherz liegt Ihnen zu Füßen ; zer­treten Sie e8 nicht — schieben Sie es nicht achtlog bei Seite, e8 schlägt ja für Sie und nur für Sie allein. Still, Klotilde, antworten Sie nicht! Wozu? %h habe Ahnen meine Gefühle gestanden, ad’ ich scheide und — ich weiß, was ich Ahnen sein kann ; ich bin nur einmal im Stande, aufzustehen, um Sie etwa an meine Brust zu drüden, ich bin ja lahm­­e, ich weiß es wohl.'ch liebe Sie, gut, Sie hören ed, bewahren Sie’8 und vergeben Sie mir, shel­en Sie mich seinen Undankbaren, der Ihre­ Saftfreundschaft migbraucht hat — denn — mie, fann man einen Wohlthäter besser danken,­­als daß man ihn ewig von ganzer Seele liebt. Und jebt, Klotilde, verlassen Sie mich, ich brauche Ruhe und Zeit, um mich wieder zu sammeln und um Ihnen die wenigen Stunden, die ih no hier zubringen werde, so fühl — so’ förmlich als möglich zu bes­­egnen.“­­ Die Gräfin erhob sich, doch sie verließ nicht das Gemach, sondern soritt auf Ferdinand zu,f l­gte jaht den Arm um seinen Hals und flüsterte: „So also — das glauben Sie wäre genug, wenn. Sie mir sagen „Ich Liebe Sie“ ? Sie wollen gar seine Antwort? Sie finden­­ mich fort, noch­­ bevor ich Ihnen gestanden habe _— — —* Sie stodte. „Was — Klotilde, was ?“ Ferdinand erfaßte stürmuh ihren Arm und 303 sie näher zu sich heran. „Daß ich Sie wieder Liebe“ fahm e8 endlich bebend von ihren Tippen, auf denen, kaum gedacht, ein glühender Kuß brannte, Kortfegung folgt?

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