Oedenburger Zeitung, 1885. Januar (Jahrgang 18, nr. 1-25)

1885-01-14 / nr. 10

« $ ·­­ nn Wir . « EN I Er! . Der Mittelstand. —Oedenburg,13.Jäguar. + Unsere Zeit geht mit une­rbittlicher Konsequenz, dernichtend gegen Alles vor, was auf der „goldenen Mittelstraße“ wandelt. Handwerk hat goldenen Boden, hieß es einstens, als das Geschäft seinen Mann bei angewendetem­­ Steiß und gelibter Nechtlichkeit weichlich nährte und zum angesehenen Manne machte. Wo sind sie Hingelommen die schönen Zeiten­­ stolzen Bürgerthumes ?° Die heutige Zeit macht sic­h an die Arbeit bIo. Bettler und Kröfuße zu schaffen. Der biedere Meister, der mit­­ 5 Gesellen arbeitete, wird nach und nach zur mopthischen Figur, der Ge­­­schäftsjobber, Zabrisant, Unternehmer zum Vertriebe bea­rbeiten aus den Strafhäusern, verdrängt ihn und bald wird es seinen Gewerbestand, wenigstens nicht mehr in dem Sinne wie bis vor wenigen Jahren geben, sondern blos feistgemästetee Spekulanten und Großunternehmer einerseits und von der Hand in den Mund lebende arbeitende Sklaven andererseits, die dann durch Strikes, Dynamit und Attentate ein besseres Schicsal für si und ihre, dem gleichen­­ Elende entgegengehenden Nachkommen zu erzwingen suc­hen. Der­ Staat mit seiner Gewalt steht dabei an der Seite der Geldleute, seiner Kreditoren, und macht seinen­­Bersuch dem Elende abzuhelfen, im Gegentheil,­­ dieselben Bestrebungen, wie seitend der Großunterneh­­­­merschaft gegen Individuen, machen sich bei ihm be­­merkbar gegen die Selbstständigkeit und Existenz von Korporationen und Munizipien. Der Kampf der Staatsgewalt gegen die, allerdings eingreifender Re­­­­formen bedürftigen Komitate ist ja an der Tagesord­­nung, aber nur nur gegen die, früher allerdings manchmal­ widerhaarigen Komitate ist der Angriff gerichtet, auch den stets getreuen Fönigl. Freistädten wird das Messer an den Hals gefegt und ihre Er­i­ttenzbedingungen Stüd für Stüd unterwühlt. Welche­­ förmliche Heßen die feile Regierungspresse gegen manche Städte in ihren ernsten Organen und auch in den anflächigen, sogenannten Wigblättern, die in ihrem Dienste stehen, inszenixt, ist zur Genüge bekannt. Der aber glaubt, daß diese Heen nur gegen deutschsprachige Städte losgehen, und wer da der Meinung ist, daß rein ungarische Städte etwa geschont werden, der ist in einem großen Irrthumte befangen. Nein, der Kampf ist gegen die Mittelstädte Ungarns überhaupt gerichtet, seien sie wedcher Zunge immer. Man will nur den großen Moloch Budapest noch mehr füttern und die strebsamen Mittelstädte soien ." Das Butter dazu hergeben. 0 ° Auch aus unserer­ Schwesterstadt Raab, der rein ungarischen Stadt, ertönt dieselbe Klage. 688 geht das Gerücht, so heißt'es dort, ja es ist sogar schon ' gewiß,» daß der Zentralbahnhof der­­ Budapest-Raaber Linie der ungarischen Staatsbahn niiht in Raab, sondern im Uj Szöny, errichtet werden wird. In Folge dessen wird Raab auf das Niveau der unbewentendsten, elendesten­‘Brovizstädte herabgedrückt, ab­er Attribute eines einst blühenden Handelsplages ‘ beraubt und der materiellen, industriellen und merfan­­­filen Entwicklung der Stadt der Todesstoß gegeben. “Denn ech’ ist leicht einzusehen, Daß der Bau des' Cen­­tralbahnhofes in Uj Szöny ‚mit der dYiegelung der oberen Donau im Konnere steht. Raab wird von der Wasserlinie des ung. Handels abgedrängt und von den bei­ der Donaureguliung maßgebenden Streifen Hänzlich umgangen, . Der geehrte Deputirte Baross aber,den sich die »liberale Partei der Stadt Raab als Vertreter «.erkoren hah faxtd kein vermittelndes Wort für Raab, daß Raab wenigstens durch den Bau des Zentralbahn­­«hyfes»der S­taatsbahn in Raab entschädigt worden wäre. Die Wähler des Herrn Baross können­ dann an die Ufer,der großen regulirrten Donau weit hinausgehen, um zu sehenn sie die tausende von Schiffen lustig vor »ihren Nasen«vorübersegeln und können sich an dem ««­lebhaften Verkehr im Uj Szönyer Bahnhof»und an dem Emporblühen der Städte und Dörfer am Ufer der Donau ergegen, denn in Raab selber finden sie dann ohnehin nichts zum Bewundern, als höchstens die diefgemästeten Ochsen der Spiritusfabrik und die Bewohner der Gefängnisse des neuerbauten Gerichts-­­Hauses. Und dieses Alles blos darum, weil man maß­­gebenden Dried der Ansicht ist, daß Die merkantilen Interessen von Raab mit den Interessen von Budapest im Widerstreiten sind. SIE Aber so geht es nicht nur Raab allein, sondern den meisten Mittelstädten, den Stieffindern der Negie­­rung, denen das Brod aus der Hand genommen wird, um blos, die eine Lieblingstochter Budapest zu mästen. Me­difasterien und Yemter des Landes müssen ihren Bedarf von­­ Budapest beziehen, zum Schaden der einheimischen Geschäftslente jener Städte, wo sie domi­­zilirm « Wohin dieser geschäftliche Zentralismus führen­­«wird,das wird sich noch zeigen,und die Städte haben die­­ h­öchste Zeit an Abwehr gegen diese mörderischen Tendenzen zustimmem SL, OD Spenden des Königs. Für die ref. Kirche in Miglecz, für die Schule der röm. lath. Gemeinde Nemet-Zsidany, für­ die gr.lath. zu Andrasö6cz, für die Schule der ref. Gemeinde Neklezseny, für die Schule der evang. Gemeinden Lufavicza und Talya je 100 ft. , «. 0 Vomxlke h­öchste gxofaSe.Majestä­t der König verläßt am nächsten Samstag Budapest und trifft Sonntag, den 18. d. M., um 6 Uhr 20 Minuten Früh mit dem Postzuge der Staats­­bahn aus Ofen in Wien ein. Am Montag, den 19. d. M., wird der Kaiser-König dort allgemeine Audienzen ertheilen. — Die Königin und Cız­herzogin Marie Valerie treffen mit ihrem Hofstaate fhen Donnerstag, den 15.9. M., um 4 Uhr Nachmittags mittelst Separat-Hofzuges der Staatsbahn aus Oien zu dauerndem Aufenthalte in Wien ein. « · O­rdensverleihungen.Se.Majestät­ hat dem Herrn Major Eduard Prihoda des Armeestandes den Orden der Eisernen Kronpdritterklasse,den­ Major Heinrich He­nnig,gleichfalls des Armeestandes,das Ritterkreuz des Franz Josefsorden­s und dem technischen Offizial erster Klasse,Jsrae­l Wellisch,das goldene Verdienst­­kreuz verliehen Diese»2lllerhöchsten Auszeich­­nungen sind für verdienstvolle,kartographische Leistungen erfolgt. «.­­ OS oder fi­lkeindergerwer.Jannsbruck starb am ll.d.M.,Abend 6,der Generalmajor Karl Sonklar,Edler v.Innstädten,64 Jahre alt. In Wien starb an demselben Tage der greife, pensionirte Oberst Stefan Wellenreiter. Beide sehr gewiegte Militärs,die auch so in der Fachliteratur Verdienstvolles geleistet haben, mes demmtxk Vegeordnetenhaus a In der Sigung vom 12. d. wurde das Budget v8 Handelsministeriums in­­ Bera­­thung gezogen. Julius Horváth verfocht die Vorlage und fonstatirte, daß das Aufgeben der früheren , Bolitit und die Pflege der volfswirth­­ichaftligen Synteressen, welche­ vom Grafen Stefan Szechenyi inaugurirt wurde, der einzige rich­­tige Weg sei. Nedner erklärte die Aufgabe der landwirthsschaftligen Kreditverbände, reflektirte auch auf die Frage der Theiß-Regulirung, erörterte im Allgemeinen die volle wirthischaftliche Lage des Lan­­des und betonte das Vorhandensein separatistischer Tendenzen, denen gegenüber er die­ Gesellsshafts­­ftaffen zur Rettung des Baterlandes auffordert. ALS, zweiter Nenner: bei der Verhandlung des Budgets des Handels- und Aderbau-Ministeriums trat der Führer der Wgrarier, Graf Alexander Karolyi, in die Schranken, ohne aber die Er­­wartungen,­­welche die­­ gemäßigte Opposition an seine Rede knüpfte, zu erfüllen. Anstatt eines ein­­heitlichen Programmes dragte er 6108 die bekamn­­ten, Details über die agrarischen Bestrebungen be­­züglich des Landpwirihichaftlichen Kredite und den Sägug des Kleingrundbefigerd vor, um dann auf je Besprechung der wirthischaftlichen Krise und die Gründung von landwirthschaftligen Kredit-Associa­­tionen überzugehen. Er schlug mit der Erklärung, daß er, weil er die Errichtung der Kredit-Associa­­tionen von dieser Regierung nicht erwarte, gezwun­­gen gewesen sei, aus der Regierungspartei zu tre­­ten. — Dr. Alexander Ullmann (Regierungs­­partei) war bestrebt, nachzumeisen, daß eine Kapi­­talömacht, welche für die agrarische Bewegung das stete Angriffsobjett Bilde, in Ungarn noch immer eine ganz untergeordnete Rolle spiele, trogdem ge­­trade das mobile Kapital berufen sei, Ungarn aus seinen drohenden wirtschaftlichen Gefahren zu er­­retten. — Yulad Enyedi (äußerste Linke) plais dirte für die wirsthscaftliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit Ungarns Oesterreich gegenüber. — Svarn Simonyi beantragt, daß ein B Vorberei­­tungs-Komit mit der­ Feststelung der Nichtung für eine Agrarpolitik Ungarns betraut werde. — Minister Graf Paul Szehenmpyis erklärte, er halte es für berechtigt, wenn die agrarische Bewe­­gung, von dem Principe ausgehend, daß ohne ges­unde wirthschaftliche Bergäb­niße kein Handel und seine Industrie gedacht werden könne, die radikale Verbesserung der Landwirtschaft in allen Zweigen ih zum Ziele steht. In diesem Sinne sei auc­her Agrarier gewesen und ist ed auch no heute. Die agrarische Bewegung enthalte viel Gutes und Nüg­­liches, wenn man das P­raktische vom Idealen zu unterreiden und entsprechend anzuwenden vermag. Auch er (Nedner) müsse die Existenz der wirt­­schaftlichen Krise eingestehen, aber die Ursache der­selben sei nur in der Ueberproduktion und über­­seen­den Konkurrenz, sondern in dem allgemeinen Geldmangel zu suhen. „Wir müssen traten, bil­­liger zu produgiren, damit wir unsere Brodukte au bei billigeren Preisen verwerb­en können." “ Abgeordnetenwahl. in Kolozier Wahlbezirke, wurde am legten Montag der Kaus­didat der Liberalen Partei, Karl Zeyl und (wie­­ wir bereits telegraphisch gemeldet haben), in Ta 6­ und Herr Andor v. Pech­y mit Afflamation zum Abgeordneten gemählt.­­ Die Agramer Landtags-Hiltung vom 12. Jänner lernte einen Dringlikeitsantrag des Herr v. Folnegopvics wegen Entsendung eines Ausschusses ad hoc zum Behufe der Aus­­arbeitung einer neuen Hausordnung. Hier­auf beantragte der Präsident die Abstimmung über die Ausschließung Pifacic’d von zwanzig­ Sigungen. Gyurgyievics nahm mittlerweile den­ Präsidentenfig ein. Pifacics und Fame­nar, welche sprechen wollten, wurde das Wort unt ertheilt, da seine Debatte gestattet ist. Der­ Antrag des Präsidenten wird hierauf angenommen. · ENTE RENTE * Aus den Komitaten. Gyöngyös, 11. Männer. (Verhaftung eines Roftdiebes.) Im April des Jahres 1884 wurde die hiesige Post bestohlen ; es fehlten 4800 fl., theils in baarem Gelde, theild in An­weifungen der Wechsler und Efremptebanf. Der Diebstahl wurde auf dem Wege zur Bahr verübt und hatte man damals den Postkutscher Sofef Szölöly, einen 23jährigen Bursc­ken, und den ihn begleitenden­­ Briefträger verhaftet. Die Unter­­suchung blieb aber resultatlos. Sowohl der Post- Kutscher wie der Briefträger" wurden enthaftet, zugleich aber auch von der Post entlassen. Am 3. d. meciselte der gewesene Postkutscher Szölöm­ bei einem Kauf­­manne eine 100 fl. und zwei 50. fl. Noten. Dies war dem Kaufmanne auffallend; er meldete es dem Stadthauptmann, der sogleich nach dem Kutscher fahn­­den ließ. Im der That gelang es auch, denselben in Harpan bei der Bahn zu verhaften. Man fand be ihm 1700 fl. baares Geld und eine An­weifung der E3romptebant auf 1000 fl., so daß das Aerar fest 2700 fl. von dem gestohlenen Gelde zurüderhält. Muttersdorf, 12. Jänner. (Jugendliche Diebe.) Zwei Bursche aus Grüttern, die einzigen Söhne wohlhabender Bauernleute, von denen der Eine bereit das elterliche Haus übernommen hat. Namens Slot und PBrantl haben die jüngstvergangenen Feiertage auf eigenthümliche Art geheiligt, indem sie Einbruchsdiebstähle der verwegensten Art im Drie aus­­führten; bei zwei Bauern stahlen sie Frucht (ziefa jed­8 Megen) 1 Faß Wein und eine bedeutende Duan­­tität geräuchertes Fleisch ; bei einem Anderen wollten sie Hühner stehlen,, drangen in den Stall und nach­­dem sie ihren Bwed nicht erreichen konnten, stachen sie aus Bosheit das im Stalle befindliche Pferd nieder, welches schwer verlegt, beinahe dem DVerenden nahe, aufgefunden wurde; auch in einem anderen Stall drangen sie ein, wurden aber durch den im Stalle befindlichen Knecht ver­ heucht. Man vermuthet, daß das Gaunerpaar fon lange sein » Unwesen treibt und daß er bei mehreren Diebstählen im Bezirke mit Hand im Spiele gehabt haben „dürfte; gegenwärtig befinden sich diese hoffnungsvollen, in ihrem Auftreten frecden und verstoften Sänglinge hinter Schloß und Riegel beim Mattersdorfer Bezirksgerichte, «"­­ » Mäsk- Hian ZZ Jännerg Gestern wurden dis Gø­sselschafter der Urfahrer Weinhandlungsfimmern­«« der Heinrich wksgen Verbrechen­s«d­es Betrages verhaftet und dem hiesigen Lan­­desgerichte eingelieferL In den Büchern soll ein­ großes,angeblich durch Beusug entstandenes Defizit vorhanden sein. * Munizipal-Ausschuß-Sigung. Heute Mitt­­woch findet, unter VBorfig Seiner Durchlaucht des Herrn Fürsten Obergespan, Nichmittage 3 Uhr, im Nathhaussaale eine General-Versammlung der hiesigen Stadtrepräsentang statt. Sollte die 19 Verhandlungs-Gegenstände umfassende­ Tagesord­­­­nung nut erschöpft werden können, so werden die­­ Gestern Abends vergiftete sich in Urfahr der Apotheker Ernst Eichhorn aus Hochpetsch im­ Bezirke Brüx. VeapehlzJännen Die Einschiffung des für die Garnison von Affabd bestimmten Denteriales wird heute beendigt. Morgen gehen die Fregatte „Principe Amadeo“ mit Artillerie, Genie und dem Generalstabe und übermorgen das Pas etboot „Lottardo" mit Chaffeurs zu Fuße ab. Wien, 13. Jänner. Die hiesige Filiale der Firma August Tihintel Söhne wurde gerichtl­­g gesperrt. £okal-Beitung. $Kokalnotizen

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