Oedenburger Zeitung, 1887. Januar (Jahrgang 20, nr. 1-24)
1887-01-14 / nr. 10
Motto: xxzatjrgang Gedinburgerzeikung (vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. „Den Forttritt zur Ehr? — Bemühten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.” X« . ‘ nt Freitag, i43anner 1887 il ksicwfqdftws FFÆUÆWJTWHHIHHYP ::!-—-.—,·s:««».«,«««««-«--««».-«.««-«.««««««»,«,-—..·» «-II:-.»s«,s;rsz.k,;"-"fs«,kii»j-.seIII-«-fz«-«»·-· FEN ETF EN Ar. 10. Eur Administcation, Berlan und Inseraienaufnahme: Bedinnerrei &, Nomiwalter & Sohn, Grabenrunde 11. WE Einzelne Nummern Rolken 5 Kreuger. IN Bas Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen GSonn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Ser &oes: Ganzjährig 9f., Salbjährig 5 fl., Vierteljährig 0 fl.,Nonatlic 1 fl. Bär Auswärts: Ganzjährig Bet # „golbjährig 7 fl., Bierteljahri Alle für das Blatt Vefteninter einen, mit Ausnahme dem Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, und so die Nebaltion portofrei einzusenden. Inserate vermitteln: Tin Bien, Hafenstein ,Bogler, Waka 10, A. Oppelit, 1, Stubenbastei 2, BEN Schalel, olfeile 12 ,N. DVisite, "Seilerstütte 2, M. Dutes, ı., Niemergasse 12, Sn Budapest: Saulus Gr. Dorotheagasse 11, Leoyp Lang, Gisellaplag 3, A. VB. Goldberger, Bervitenplag g. t .Hebüpren: 5 fr. für die eins, 10 fr. für Die zweis, 15 fr. für die dreis, 39 Tr. für die vierspaltige und 25 fr. für die durchlauferis Betitzeile evclusive der Etepelgebühr von 30 kr. Bei mehrmaliger Einhaltung bedeutender Radass in Ruchenrer Rechtsflug. Dedenburg, 13. Jänner. Bekanntlich hat der jung. Finanzminister bei Gelegenheit seiner jüngsten Budgetrede nichts Geringeres bezweckt, als die Erhöhung der SDtempel-und Nechtsgebühren in —h: Auesicht zu stellen. Dagegen macht sich nun Bestimmung im Lande geltend Advokatenjammer, ein Zugtiefster und die Stuhlweißenburger weldge Niemand oppositioneller Velleitäten zeihen kann, erklärt offen und aufrichtig, er fühle jeder Bürger des Staates, daß die Steuern schon zu dieser Zeit so hohe und so belastend sind, daßhr Ertragen derselben selbst bei den größten Entbehrungen kaum mehr möglich ist und daß besonders die in WArneficht gestellte Erhöhung der Stempel und Rechtsgebühren weder regt noch billig ist. Sie ist nicht billig, weil die Stempelgebühr kaum vor einem Jahrzehnt bei und erhöht wurde, während jenseits der Leitha das alte Steuersystem in Kraft verblieb und auf diese Art in Ungarn eine billige Rechtssprechung, welche eine Hauptbedingung der Staatsregierung bildet, in Wirklichkeit auch bisher ein unbefaunter Begriff war Die Nechtsgebühren sind ebenfalls unverhältnigmäßig grone, dad weiß und fühlt. Jec, welcher erbt, oder kauft, in fjoldhen Fällen eht der Staat einen beträchtlichen Theil der Erbhaft oder des Kaufpreies an fi. Aber die Erhöhung der Stempel und Rehrlösgebühren ist auch ungerecht, denn diese bringen weit mehr ein, als der Staat für administrative und progessualische Ausgaben der Justizpflege jährlich verwendet. Haben jangen nach dem vor jährigen Budget die Stempel, und Be Brigeühren ein Ertragung von über 25 Millionen abgeworfen, während die jährliche Ausgabe der Justizpflege nicht ganz 12 Deiillionen ausmacht. Dr. Frangenpypejsy erklärt im „Bp. Tyblt.“, daß man es wohl wisse, daß schon bei den Atheniensern für die Rechtsprechung Gebühren gefordert wurden, man wise ferner, daß bei den Römern unter Caligula als Rechtsgebühr ein gewisser kleiner Perzentrag des Prozeßsubstrates eingehoben wurde und daß dies auch bei den germanischen Völkern der Fall war. Wer würde auch mit gesunden Sinnen die Beiseitelaffung dieser Gebühren verlangen ? Das sei aber unzweifelhaft wahr, was Hoc sagt: „Das Rechtspregen ist die eigentliche und unerläßliche Thätigkeit des Staates, es muß also auch der entfernte Anschein vermieden werden, als werde dasselbe ausfliegend oder vorzugemeije Jeskohneömegen geübt.“ Su der That, der Staat verwaltet die Justiz nicht,damit diesjer oder jener@iuzg erne einen Bartheiler lange, sondern damit in möglichster Ausdehnung das Neht im Volke sich entwicle! Wir können auch die Entstehung der Stempelgebühr bis uftinianus verfolgen, obwohl es am mahrjeinzigsten ist, daß Ddieselbe wirklich von einem Holländer im Jahre 1624 erfunden wurde, als die General Staaten einen Preis auf eine solche Steuer ausbrlegten, welche möglichst ergiebig sein und dennoch die Bürger wenigen Chifanen ausjegen solle. Wer würde es leugnen, daß der Stempel — zum Glüce Szapäarys! — die genialste Steuergattung ist und daß man dieselbe auch bei ung fra lange her kennt. Aber Sruf Szapäary solle doch den Ausspruch Leroy:Brauliew’8 kennen: „Ein großes soziales A Interesse erheicht es, daß das Vort die Regierung nich dal Tyrannen betrachte, welcher in Geldfahen nigt auf die Gerechtigkeit sieht." Und wir fünnen hinzufügen, auch nit auf Die Gerechtigkeitspflege Dun die beabsichtigte Erhöhung der Stempel- und Rechtsgebühren fügt Direkt der Rechtspflege einen unberechenbaren Schaden zu. Wo ist nun aber der Justizminister Ungarns ? Wo ist Ministerr Fabiny, der jenes schon von Allen genannte Yaktum erklähren sol, daß er in unserem Diaterlande, ohne ihmwerer Gefährdung großer Spatereffen ganz uns möglich ist an die Erhöhung der Stempel und Gebühren zu denken. Den Justizminister mußte eine bescheidene, aber andere Advolatenkammer an s eine Pflicht erinnern, sie mußte aussprechen, daß die Stempelerhöhung unter Anderem auch einen Faktor der Nehtepflege, den Advolatenstand, im größten Maße herrühen wird, daß sie den Arbeitskreis, den Erwerb desselben verkleinert ; denn wenn man an dur die Stempelpfligt unmittelbar die Prozeßparteien belastet, so wird dennoch die allzugroße Gebühr die 3 hi der fünf gerechten Prozesse verringern, wodurch gerade das Entgegengefeßte jenes großen Nehteprinzips erreicht wird: „Da in mögligster Ausdehnung das Recht im Byffe sich entwickelen. Wir sind dahin gelangt, daß das Bolf lieder seinem offenfundigen Nichte entsagt, als dag «8 dasselbe im Prozeßwege ruhe und sich bei unseren ungeordneten privatrechtlichen Verhältnissen einer überaus „tbeueren“ Nechtsprechung aussehe. Und was dann kommen wird, wenn der weise Plan der Regierung ins Leben tritt, wenn Die ohnehin hohen Stempel und Gebühren no erhöht werden, das wird eh einjeden. Ju 0 gewaltsamer Wei): fam mannein Land nicht regieren Die Stuhlweißensburger Odoofatenfammer jagt es an ganz richtig, daß die Neg’erung nur an die ungerechte Steuererhöhung denken möge, sondern an die Unterlassung überflüssiger Ausgaben und an das Sparen bei den Betonal- und Nealausgaben. Mögen die wohlbegründeten Vorstellungen der Suhlweißenburger sennlieren. Modernes Eheleben. Bon $. Beldi. — Gut, Marion, Sie kannen gehen, jagte Gräfin Leona zu ihrer Kammerzofe, die sie soeben entkleidet und ihren sehlanfen Leid in einen faltigen, jpigenbejegten Salafrod gehüllt hatte. Ich will wo ein wenig hier im Gartensalon bleiben und die Zeitungen Ddurchblättern, ihre Dienste brauche ich für heute nit mehr — gute Not! Dearion hatte soeben ein paar Sammspanstoffel an die Leinen Süße ihrer Herrin gezogen, stand nun auf, führte die Hand der Gräfin an ihre Lippen und entfernte sich mit einer tiefen Beibeugung. An der Schwelle blieb sie jede einen Augen» bcli stehen und warf einen sonderbaren, fast jüdischen Blik auf die in der Chaiselongue ruhende Gestalt der Gräfin. Ein schadenfrohes Lächeln überflog die hübschen Züge des Mädchens und in ihren Augen birgte er unheimlich auf. Doch nur einen Augenblick — die Thüre fällt in’8 Schloß und Marion eilt die Gallerie entlang in’8 Erdgeschoß. Gräfin Leona ist allein. Anfangs blättert sie mechanisch in den Zeitungen, dann steht sie auf, macht einige Spritte durch den Salon und tritt zur Glasthüre, die in den Garten führt. Das Gewitter, das den ganzen Abend bins dur getobt, hat sich verzogen, doch schwere Wolfen stehyen noch am Firmament, Kein Lichtstrahl mbofft/ Die dunkle Nacht. Garten und Park sind in tiefer Sınsterung, feine Weöglichkeit, an nur den dlanfen Streöweg, der vom Wäldchen herüber zum Schloß sich schläugelt, zu entdecken. Ein Windstoßfahrer durch die Bäume, ächzend fnarrt die Wetterfahne am Dach. Die Gräfin fröstelt leicht, sie tritt von der Thüre zurück zum Zug und senft den Schirm der Lampe, deren heiks Licht ihr unerträglich wird. Da fällt ihr Blid wie zufällig auf das hohe, lebensgroße Bildniß ihres Gatten. Sie erbebt und fliegt die Augen. Dann si bemeisternd, blichte sie lange, unverwandt auf das Porträt, als wollte sie sagen: „Ich kann Deinen Bild ruhig ertragen, ich fühle mich frei von jeder Schuld." — Und es scheint ihr, als würde das Bild sich beleben ; die Lippen umspielt ein höhnisches Lächeln, und heimlich sprüht ed aus den Augen. Die Gräfin wanft zurück, fährt sich schwer aufathmend nach der Stirne und ihrem bleichen Mund entführt er leise, flagend . — Oh, wie unglüclich bin ich! Ya, sie ist unglüdlich, diese vielbewunderte, vielbeneidete Gräfin Xeona, unglücklicher als irgend jemand auf Erden. Sie hat Niemand, seine Vermandten, seine Freunde, Niemand, dem sie ihr Leid klagen künnte und dessen Zrost fir aufrichten würde. — Und ihr Gatte ? Graf Gea ist das Prototyp des eleganten Lebemannes ; unangefochtene Autorität in Ehrenaffairen und Sportfaden, tonangement in Mode= fragen. Er ist seit Jahren der Mittelpunkt der vornehmen Gesellschaft, die sich freiwillig seiner Führerschaft unterordnet. Dabei ist der Brar, wie alle Genugmenschen, herzloser Egoist , rücksichtslos brutal, wo es ji um Förderung seiner Ywede handelt. Um seine Verhältnisse zu rangiren, hatte er die Gräfin, die seit dem Tode ihrer Eltern in dem Hause ihredheim lebte, geheirathet; nun da er ihr Vermögen vergeudet, suchte er die drohenden Bande — womdzlich — mit Eklat zu lösen und abzustreifen. Der Trauring hatte all hier, wie so oft, nur zwei Wappen aneinander gefügt, zwei Namen vereint , aber die zwei Wesen ganz frei und selbstständig gelassen. Graf Geza veränderte in nihle seine gewohnte Lebensweise, er blieb nach wie vor der vielummorbene Liebling der vornehmen Dasmen; man erzählt sogar, daß er jedes Wochen nach der Trauung auf eine im Kasino an ihr gerichtete Frage, ob Leona blaue oder dunkle Augen habe, seine entschiedene Antwort geben konnte Anfangs war ihm Leona gleichgiltig, später wurde sie ihm verhaßt. Das Geld war zerronnen, die „eifeln waren geblieben. Wer den Grafen in der Theaterloge oder im Aktionärraum auf dem Zurf sah, das Haupt stolz zurückgeworfen, ein Weonoce graziö ® in’s Auge geflemmt, jede Bewegung voll gewinnender Grazie und Anmuth — hätte nie geahnt, wer’ grenzen» lose Verworfenheit sich unter diesem gefälligen Arußeren barg. .. .. Die Uhr schlägt elf; Die Gräfin fährt aus ihrem brütenden Nachdenken auf. Der Augenblick ist da, dem sie mit Bangen entgegensehen. Sie soll ihn wiedersehen, ihn , der duch sie so grenzen undl gelitten ; ihn heffen Abgott und Unstern sie gemejen: Georg. (Hortl. folgt.) EMER Sr